BT-Drucksache 14/8854

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen

Vom 23. April 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8854
14. Wahlperiode 23. 04. 2002

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Monika Griefahn, Hermann Bachmaier, Eckhardt Barthel
(Berlin), Anni Brandt-Elsweier, Hans-Werner Bertl, Kerstin Griese, Hans-Joachim
Hacker, Alfred Hartenbach, Angelika Krüger-Leißner, Horst Kubatschka, Christine
Lambrecht, Gabriele Lösekrug-Möller, Winfried Mante, Dirk Manzewski, Lothar
Mark, Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Günter Oesinghaus, Margot von Renesse, Michael
Roth (Heringen), Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Gisela Schröter, Richard
Schuhmann (Delitzsch), Dr. Angelica Schwall-Düren, Erika Simm, Ludwig Stiegler,
Joachim Stünker, Jörg Tauss, Hedi Wegener, Gert Weisskirchen (Wiesloch),
HeinoWiese (Hannover), HannaWolf (München), Dr. Peter Struck und der Fraktion
der SPD
sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch
und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen

A. Problem und Ziel
Die Preisbindung von Verlagserzeugnissen ist bisher in Deutschland von den
Marktteilnehmern durch den Abschluss vertikaler Verträge geregelt worden.
Der Gesetzgeber hat hierfür in § 15 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
(GWB) die Preisbindung für alle Arten von Verlagserzeugnissen ermöglicht.
Dieses System der auf freiwilligen Absprachen der Marktteilnehmer beruhen-
den Preisbindung wird bei Büchern auf europäischer Ebene unter EU-kartell-
rechtlichen Gesichtspunkten sehr kritisch gesehen. Daher besteht ein dringen-
des Bedürfnis, dieses System durch eine zwingende gesetzliche Regelung zu
ersetzen, der keine kartellrechtlichen Bedenken entgegenstehen. Die vertraglich
vereinbarte Preisbindung für Zeitungen und Zeitschriften stößt dagegen auf
europäischer Ebene auf keine EU-kartellrechtlichen Bedenken und wird daher
beibehalten.
Ziel ist es, einen leistungsfähigen Markt für Verlagserzeugnisse in Deutschland
zu sichern und deren Rolle als Kulturgut und Kulturmedium zu fördern.

B. Lösung
Schaffung eines Gesetzes zur Regelung der Preisbindung für Bücher und Ände-
rung des § 15 GWB.

C. Alternativen
Keine

Drucksache 14/8854 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

D. Kosten der öffentlichen Haushalte
Es entstehen keine Kosten bei Bund, Ländern und Gemeinden.

E. Sonstige Kosten
Vom Gesetz betroffen sind die im Verlag, Vertrieb und Handel von Büchern tä-
tigen Unternehmen. Zusätzliche Kosten werden nicht erwartet, da schon heute
ca. 90 % der erscheinenden Buchtitel preisgebunden sind, wenn auch auf ver-
traglicher Grundlage. Es sind keine negativen Auswirkungen auf Einzelpreise
und das gesamtwirtschaftliche Preisniveau zu erwarten.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8854

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Gesetz über die Preisbindung für Bücher

(Buchpreisbindungsgesetz)
§ 1

Zweck des Gesetzes
Das Gesetz dient dem Schutz des Kulturgutes Buch. Die

Festsetzung verbindlicher Preise beim Verkauf an Letztab-
nehmer sichert den Erhalt eines breiten Buchangebots. Das
Gesetz gewährleistet zugleich, dass dieses Angebot für eine
breite Öffentlichkeit zugänglich ist, indem es die Existenz
einer großen Zahl von Verkaufsstellen fördert.

§ 2
Anwendungsbereich

(1) Bücher im Sinne dieses Gesetzes sind auch
1. Musiknoten,
2. kartographische Produkte,
3. Produkte, die Bücher, Musiknoten oder kartographische

Produkte reproduzieren oder substituieren und bei Wür-
digung der Gesamtumstände als überwiegend verlags-
oder buchhandelstypisch anzusehen sind sowie

4. kombinierte Objekte, bei denen eines der genannten Er-
zeugnisse die Hauptsache bildet.
(2) Fremdsprachige Bücher fallen nur dann unter dieses

Gesetz, wenn sie überwiegend für den Absatz in Deutsch-
land bestimmt sind.

(3) Letztabnehmer im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Bü-
cher zu anderen Zwecken als dem Weiterverkauf erwirbt.

§ 3
Preisbindung

Wer gewerbs- oder geschäftsmäßig Bücher an Letztab-
nehmer verkauft, muss den nach § 5 festgesetzten Preis ein-
halten. Dies gilt nicht für den Verkauf gebrauchter Bücher.

§ 4
Grenzüberschreitende Verkäufe

(1) Die Preisbindung gilt nicht für grenzüberschreitende
Verkäufe innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes.

(2) Der nach § 5 festgesetzte Endpreis ist auf grenzüber-
schreitende Verkäufe von Büchern innerhalb des Europäi-
schen Wirtschaftsraumes anzuwenden, wenn sich aus objek-
tiven Umständen ergibt, dass die betreffenden Bücher allein
zum Zwecke ihrer Wiedereinfuhr ausgeführt worden sind,
um dieses Gesetz zu umgehen.

§ 5
Preisfestsetzung

(1) Wer Bücher verlegt oder importiert, ist verpflichtet,
einen Preis einschließlich Umsatzsteuer (Endpreis) für die
Ausgabe eines Buches für den Verkauf an Letztabnehmer
festzusetzen und in geeigneter Weise zu veröffentlichen.
Entsprechendes gilt für Änderungen des Endpreises.

(2) Wer Bücher importiert, darf zur Festsetzung des End-
preises den vom Verleger des Verlagsstaates für Deutsch-
land empfohlenen Letztabnehmerpreis einschließlich der in
Deutschland jeweils geltenden Mehrwertsteuer nicht unter-
schreiten. Hat der Verleger keinen Preis für Deutschland
empfohlen, so darf der Importeur zur Festsetzung des End-
preises den für den Verlagsstaat festgesetzten oder empfoh-
lenen Nettopreis des Verlegers für Endabnehmer zuzüglich
der in Deutschland jeweils geltenden Mehrwertsteuer nicht
unterschreiten.

(3) Wer als Importeur Bücher in einem Vertragsstaat des
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu ei-
nem von den üblichen Einkaufspreisen im Einkaufsstaat ab-
weichenden niedrigeren Einkaufspreis kauft, kann den ge-
mäß Absatz 2 festzulegenden Endpreis in dem Verhältnis
herabsetzen, wie es dem Verhältnis des erzielten Handels-
vorteils zu den üblichen Einkaufspreisen im Einkaufsstaat
entspricht; dabei gelten branchentypische Mengennachlässe
und entsprechende Verkaufskonditionen als Bestandteile
der üblichen Einkaufspreise.

(4) Verleger oder Importeure können folgende Endpreise
festsetzen:
1. Serienpreise,
2. Mengenpreise,
3. Subskriptionspreise,
4. Sonderpreise für Institutionen, die bei der Herausgabe

einzelner bestimmter Verlagswerke vertraglich in einer
für das Zustandekommen des Werkes ausschlaggeben-
den Weise mitgewirkt haben,

5. Sonderpreise für Abonnenten einer Zeitschrift beim Be-
zug eines Buches, das die Redaktion dieser Zeitschrift
verfasst oder herausgegeben hat und

6. Teilzahlungszuschläge.
(5) Die Festsetzung unterschiedlicher Endpreise für

einen bestimmten Titel durch einen Verleger oder Importeur
oder deren Lizenznehmer ist zulässig, wenn dies insbeson-
dere entweder im Hinblick auf Ausstattung oder Erschei-
nungszeitpunkt oder Verpflichtung des Käufers durch Mit-
gliedschaft in einer Buchgemeinschaft sachlich gerechtfer-
tigt ist.

§ 6
Vertrieb

(1) Verlage müssen bei der Festsetzung ihrer Verkaufs-
preise und sonstigen Verkaufskonditionen gegenüber Händ-
lern den von kleineren Buchhandlungen erbrachten Beitrag
zur flächendeckenden Versorgung mit Büchern sowie ihren

Drucksache 14/8854 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

buchhändlerischen Service angemessen berücksichtigen.
Sie dürfen ihre Rabatte nicht allein an dem mit einem Händ-
ler erzielten Umsatz ausrichten.

(2) Verlage dürfen branchenfremde Händler nicht zu
niedrigeren Preisen oder günstigeren Konditionen beliefern
als den Buchhandel.

(3) Verlage dürfen für Zwischenbuchhändler keine höhe-
ren Preise oder schlechteren Konditionen festsetzen als für
Letztverkäufer, die sie direkt beliefern.

§ 7
Ausnahmen

(1) § 3 gilt nicht beim Verkauf von Büchern:
1. an Verleger oder Importeure von Büchern, Buchhändler

oder deren Angestellte und feste Mitarbeiter für deren
Eigenbedarf,

2. an Autoren selbständiger Publikationen eines Verlages
für deren Eigenbedarf,

3. an Lehrer zum Zwecke der Prüfung einer Verwendung
im Unterricht,

4. als Mängelexemplare, die verschmutzt oder beschädigt
sind oder einen sonstigen Fehler aufweisen.
(2) Beim Verkauf von Büchern können wissenschaft-

lichen Bibliotheken, die jedem auf ihrem Gebiet wissen-
schaftlich Arbeitenden zugänglich sind, bis zu 5 Prozent,
jedermann zugänglichen kommunalen Büchereien, Landes-
büchereien und Schülerbüchereien sowie konfessionellen
Büchereien und Truppenbüchereien der Bundeswehr und
des Bundesgrenzschutzes bis zu 10 Prozent Nachlass ge-
währt werden.

(3) Bei Schulbuch-Sammelbestellungen im Rahmen der
Lernmittelfreiheit und zur Verwendung im Unterricht, die
überwiegend von der öffentlichen Hand finanziert werden,
gewähren die Verkäufer folgende Nachlässe:
1. bei einem Auftrag im Gesamtwert bis zu 25 000 Euro für

Titel mit
mehr als 10 Stück 8 Prozent Nachlass
mehr als 25 Stück 10 Prozent Nachlass
mehr als 100 Stück 12 Prozent Nachlass
mehr als 500 Stück 13 Prozent Nachlass

2. bei einem Auftrag im Gesamtwert von mehr als
25 000 Euro 13 Prozent Nachlass
38 000 Euro 14 Prozent Nachlass
50 000 Euro 15 Prozent Nachlass

Soweit Schulbücher von den Schulen im Rahmen eigener
Budgets angeschafft werden, ist stattdessen ein genereller
Nachlass von 12 Prozent für alle Sammelbestellungen zu
gewähren.

(4) Der Letztverkäufer verletzt seine Pflicht nach § 3
nicht, wenn er anlässlich des Verkaufs eines Buches
1. Waren von geringem Wert oder Waren, die im Hinblick

auf den Wert des gekauften Buches wirtschaftlich nicht
ins Gewicht fallen, abgibt,

2. geringwertige Kosten der Letztabnehmer für den Besuch
der Verkaufsstelle übernimmt,

3. Versand- oder besondere Beschaffungskosten über-
nimmt oder

4. andere handelsübliche Nebenleistungen erbringt.
§ 8

Dauer der Preisbindung
(1) Verleger und Importeure sind berechtigt, durch Veröf-

fentlichung in geeigneter Weise die Preisbindung für Bü-
cher zu beenden, die zu einer vor mindestens achtzehn Mo-
naten hergestellten Druckauflage gehören.

(2) Bei Büchern, die in einem Abstand von weniger als
achtzehn Monaten wiederkehrend erscheinen oder deren In-
halt mit dem Erreichen eines bestimmten Datums oder Er-
eignisses erheblich an Wert verlieren, ist eine Beendigung
der Preisbindung durch den Verleger oder Importeur ohne
Beachtung der Frist gemäß Absatz 1 nach Ablauf eines an-
gemessenen Zeitraums seit Erscheinen möglich.

(3) Der Letztverkäufer ist zur Einhaltung des gemäß § 5
festgesetzten Preises nicht mehr verpflichtet, wenn die Aus-
gabe des Buches mehr als zwei Jahre zurückliegt. Die Be-
freiung von der Preisbindung gilt nicht für Musiknoten und
nicht, wenn der Letztverkäufer für die Ausgabe des Buches
ein Remissionsrecht hat.

§ 9
Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche

(1) Wer den Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderhan-
delt, kann auf Unterlassung in Anspruch genommen wer-
den. Wer vorsätzlich oder fahrlässig handelt, ist zum Ersatz
des durch die Zuwiderhandlung entstandenen Schadens ver-
pflichtet.

(2) Der Anspruch auf Unterlassung kann nur geltend ge-
macht werden
1. von Gewerbetreibenden, die Bücher vertreiben,
2. von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerbli-

cher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von
Gewerbetreibenden angehört, die Waren oder gewerbli-
che Leistungen gleicher oder verwandter Art auf dem-
selben Markt vertreiben, soweit sie insbesondere nach
ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstat-
tung imstande sind, ihre satzungsgemäßen Aufgaben der
Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahr-
nehmen, und die Handlung geeignet ist, den Wettbewerb
auf dem relevanten Markt wesentlich zu beeinträchtigen,

3. von einem Rechtsanwalt, der von Verlegern, Importeu-
ren oder Unternehmen, die Verkäufe an Letztabnehmer
tätigen, gemeinsam als Treuhänder damit beauftragt
worden ist, ihre Preisbindung zu betreuen (Preisbin-
dungstreuhänder),

4. von qualifizierten Einrichtungen, die nachweisen, dass
sie in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des
Unterlassungsklagengesetzes oder in dem Verzeichnis
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach
Artikel 4 der Richtlinie 98/27/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unter-
lassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen
(ABl. EG Nr. L 166 S. 51) in der jeweils geltenden Fas-
sung eingetragen sind.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/8854

Die Einrichtungen nach Satz 1 Nr. 4 können den Anspruch
auf Unterlassung nur geltend machen, soweit der Anspruch
eine Handlung betrifft, durch die wesentliche Belange der
Letztabnehmer berührt werden.

(3) Für das Verfahren gelten bei den Anspruchsberechtig-
ten nach Absatz 2 Nr. 1 bis 3 die Vorschriften des Gesetzes
gegen den unlauteren Wettbewerb und bei Einrichtungen
nach Absatz 2 Nr. 4 die Vorschriften des Unterlassungskla-
gegesetzes.

§ 10
Bucheinsicht

(1) Sofern der begründete Verdacht vorliegt, dass ein
Unternehmen gegen § 3 verstoßen hat, kann ein Gewerbe-
treibender, der ebenfalls Bücher vertreibt, verlangen, dass
dieses Unternehmen einem von Berufs wegen zur Ver-
schwiegenheit verpflichteten Angehörigen der wirtschafts-
oder steuerberatenden Berufe Einblick in seine Bücher und
Geschäftsunterlagen gewährt. Der Bericht des Buchprüfers
darf sich ausschließlich auf die ihm bekannt gewordenen
Verstöße gegen die Vorschriften dieses Gesetzes beziehen.

(2) Liegt eine Zuwiderhandlung vor, kann der Gewerbe-
treibende von dem zuwiderhandelnden Unternehmen die
Erstattung der notwendigen Kosten der Buchprüfung ver-
langen.

§ 11
Übergangsvorschrift

Von Verlegern oder Importeuren vertraglich festgesetzte
Endpreise für Bücher, die zum … (einsetzen: Datum des In-

krafttretens dieses Gesetzes) in Verkehr gebracht waren,
gelten als Preise im Sinne von § 5 Abs. 1.

Artikel 2
Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbs-

beschränkungen
Die Überschrift und Absatz 1 von § 15 des Gesetzes

gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der
Bekanntmachung vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2546),
zuletzt geändert durch …, werden wie folgt gefasst:

㤠15
Preisbindung bei Zeitungen und Zeitschriften

(1) § 14 gilt nicht, soweit ein Unternehmen, das Zei-
tungen oder Zeitschriften herstellt, die Abnehmer dieser
Erzeugnisse rechtlich oder wirtschaftlich bindet, bei der
Weiterveräußerung bestimmte Preise zu vereinbaren
oder ihren Abnehmern die gleiche Bindung bis zur
Weiterveräußerung an den letzten Verbraucher aufzuer-
legen. Zu Zeitungen und Zeitschriften zählen auch Pro-
dukte, die Zeitungen oder Zeitschriften reproduzieren
oder substituieren und bei Würdigung der Gesamtum-
stände als überwiegend verlagstypisch anzusehen sind,
sowie kombinierte Produkte, bei denen eine Zeitung
oder Zeitschrift im Vordergrund steht.“

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tage des auf die Verkün-
dung folgenden Kalendermonats in Kraft.

Berlin, den 23. April 2002

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

Drucksache 14/8854 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemein
1. Zweck des Gesetzes
Mit dem Gesetz zur Regelung der Preisbindung bei Verlags-
erzeugnissen wird ein leistungsfähiger Markt für Verlagser-
zeugnisse in Deutschland gesichert und deren Rolle als Kul-
turgut und Kulturmedium gefördert.
Das Gesetz zur Regelung der Preisbindung bei Verlags-
erzeugnissen ist außerdem eine Maßnahme zur Förderung
kultureller und sprachlicher Vielfalt und zum Schutz des
Pluralismus im Sinne des Artikels 1 Nr. 6 der Richtlinie
2000/31/EG vom 8. Juni 2000 über den elektronischen Ge-
schäftsverkehr (ABl. EG Nr. L 178 S. 1).
a) Bücher
Das Buch und der Buchdruck haben einen herausragenden
Beitrag zum heutigen Stand der Kultur in unserer Gesell-
schaft geleistet. Die Preisbindung für Bücher im deutsch-
sprachigen Kulturraum trägt entscheidend dazu bei, dass
l eine große Vielfalt und Zahl von Titeln lieferbar ist,
l kulturell wertvolle Bücher verlegt werden, die nicht von

vorneherein eine große Auflage erwarten lassen,
l Bücher überall zu gleichen Preisen erhältlich sind,
l die Versorgung mit Büchern nicht nur in urbanen Zent-

ren, sondern in der gesamten Fläche durch eine hohe
Dichte breit sortierter Buchhandlungen gewährleistet ist
und dass

l eine Fülle von kleinen und mittleren Verlagen besteht,
die wiederum einer Vielzahl deutscher Autoren die Ver-
öffentlichung ihrer Werke ermöglicht.

Das Buchpreisbindungsgesetz (Artikel 1) orientiert sich
aufgrund der angestrebten Harmonisierungswirkung an den
Preisbindungsgesetzen anderer EU-Staaten – insbesondere
Frankreich und Österreich. Es sieht wie diese eine gesetzli-
che Pflicht für Verleger und Importeure vor, die Preise von
Büchern zu binden.
Das Buchpreisbindungsgesetz dient dazu, die EU-kartell-
rechtlichen Bedenken an dem bislang bestehenden System
der vertraglichen Preisbindung auszuräumen.
b) Zeitungen und Zeitschriften
Die Herstellung und der Vertrieb von Zeitungen und Zeit-
schriften sind weitgehend aus dem Buchmarkt herausgelöst.
Der Vertrieb von Presseerzeugnissen ist durch eigene Ver-
triebsstrukturen und andere kalkulatorische Grundsätze ge-
kennzeichnet. Diese Unterschiede in der praktischen Hand-
habung verlangen eine gesonderte Regelung für Zeitungen
und Zeitschriften. Die in § 15 Gesetz gegen Wettbewerbs-
beschränkungen (GWB) eröffnete Möglichkeit, Preise für
Zeitungen und Zeitschriften zu binden, ohne eine Rechts-
pflicht dazu anzuordnen, hat sich in der Praxis bewährt
(Artikel 2). Es besteht kein europarechtliches Bedürfnis,
Zeitungen und Zeitschriften einer anderen Preisbindungs-
pflicht zu unterwerfen.

2. Vorgeschichte
Das Institut der Buchpreisbindung hat sich in Deutschland
seit 1887 bewährt. Vor Erlass dieses Gesetzes ist die Preis-
bindung für Verlagserzeugnisse in Deutschland von den
Marktteilnehmern durch den Abschluss vertikaler Verträge
geregelt worden. Der Gesetzgeber hat dazu im GWB die
Möglichkeit eröffnet. Bei der generellen Abschaffung der
Preisbindung der zweiten Hand im Jahr 1973 hat der Deut-
sche Bundestag nach Prüfung die Verwendung dieser sog.
Sammelreverse durch den Buchhandel im Kartellrecht ab-
gesichert.
Das System der vertraglich vereinbarten Preisbindung bei
Büchern wird auf europäischer Ebene unter EU-kartell-
rechtlichen Gesichtspunkten sehr kritisch gesehen. Hoff-
nungen, die im Frühjahr 2000 an einen nach langwierigen
Verhandlungen mit der Europäischen Kommission gefunde-
nen Kompromiss geknüpft wurden, haben sich nicht erfüllt.
Zwar wurde der Sammelrevers 2000 eingeführt, der sich auf
eine nationale Buchpreisbindung in Deutschland beschränkt
und keine grenzüberschreitenden Vereinbarungen im Ver-
hältnis zu anderen EU-Mitgliedstaaten, insbesondere Öster-
reich, mehr enthält. Gleichwohl besteht große Unsicherheit
darüber, inwieweit dieses Preisbindungssystem wirksam
verteidigt werden kann. In dieser Situation besteht ein drin-
gendes Bedürfnis, das System einer auf freiwilligen Abspra-
chen der Marktteilnehmer beruhenden Preisbindung für
Bücher durch eine zwingende gesetzliche Regelung zu er-
setzen, der keine kartellrechtlichen Bedenken entgegenste-
hen.
Das Buchpreisbindungsgesetz (Artikel 1) folgt dem Bei-
spiel vieler anderer Staaten, die nationale Preisbindungsge-
setze zum Teil bereits jahrelang besitzen: Dänemark, Frank-
reich, Griechenland, Niederlande, Österreich, Portugal und
Spanien.

3. Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem Recht der
Europäischen Union

a) Bücher
Das Buchpreisbindungsgesetz (Artikel 1) steht in Einklang
mit dem vorrangigen Recht der Europäischen Union. Der
Europäische Gerichtshof hat bereits im Jahre 1985 bei der
Überprüfung des französischen Preisbindungsgesetzes in der
Entscheidung Leclerc (EuGH, Slg. 1985, 1, 35, Rn. 26) die
Vereinbarkeit nationaler Preisbindungsgesetze mit dem
Grundsatz des freien Warenverkehrs nach Artikel 28
EG-Vertrag grundsätzlich bejaht. Diese Grundaussage hat er
seitdem in ständiger Rechtsprechung wiederholt und zuletzt
im Jahre 2000 in der Entscheidung Echirolles (Rechtssache
C-9/99: Échirolles Distribution SA ./. Association due Dau-
phiné u. a. vom 3. Oktober 2000, noch nicht in der Amtlichen
Sammlung veröffentlicht) nochmals bekräftigt.
Seit dem Maastricht-Vertrag hat die Europäische Gemein-
schaft auch die Aufgabe, einen Beitrag zur Entfaltung des
Kulturlebens in den Mitgliedstaaten zu leisten. Dazu gehört
die Sicherung der Existenz leistungsfähiger nationaler

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/8854

Buchmärkte, in denen sich die nationale und regionale Viel-
falt der Kulturen der Mitgliedstaaten entfalten kann. In einer
Zeit der Globalisierung der internationalen Informations-
märkte und der zunehmenden Bedeutung des Englischen
nimmt die Zahl der Mitgliedstaaten, die bereits eine gesetz-
liche Buchpreisbindung haben oder aber im Begriff sind,
eine solche einzuführen, stetig zu. Auch das Europäische
Parlament, der Rat und die Kommission haben sich mehr-
fach mit der Bedeutung des Buches und der Buchpreisbin-
dung befasst. Beispielhaft zu nennen sind:
l die Entschließung des EP vom 13. Februar 1981 zu fes-

ten Buchpreisen,
l die Mitteilung der Kommission an den Rat über gemein-

schaftliche Rahmenbestimmungen zur Preisregelung für
Bücher vom 25. Mai 1985 (KOM(85)0258),

l die Mitteilung der Kommission an den Rat über Maß-
nahmen im Bereich des Buches vom 27. November 1985
(KOM(85)0681),

l die Entschließung des EP vom 12. März 1987 zur Preis-
bindung bei Büchern,

l die Entschließung des EP vom 10. Juli 1987 zur Mittei-
lung der Kommission an den Rat über Maßnahmen im
Bereich des Buches,

l die Entschließung des Rats und der im Rat vereinigten
Minister für Kulturfragen vom 18. Mai 1989 über die
Förderung des Buches und der Lektüre,

l die Mitteilung der Kommission vom 3. August 1989 be-
treffend „Das Buch: ein unverzichtbarer Bestandteil des
kulturellen Lebens in Europa“ (KOM(89)0258),

l die Entschließung des EP vom 21. Januar 1993 zur För-
derung des Buches und des Lesens in Europa,

l der Beschluss des Rates vom 22. September 1997 über
grenzübergreifende Buchpreisbindung in europäischen
Sprachräumen,

l die Entschließung des EP vom 20. November 1998 und
l die Entschließung des EP vom 16. Dezember 1999.
Derzeit berät das Europäische Parlament über Empfehlun-
gen an die Kommission zur Ausarbeitung einer Richtlinie
des Europäischen Parlaments und des Rates über die Buch-
preisbindung (2001/2061(INI)).
b) Zeitungen und Zeitschriften
Das System der vertraglich vereinbarten Preisbindung bei
Zeitungen und Zeitschriften auf der Grundlage des Gesetzes
gegen Wettbewerbsbeschränkungen hat sich bewährt, stößt
auf europäischer Ebene auf keine EU-kartellrechtlichen Be-
denken und wird daher durch entsprechende Anpassung des
§ 15 GWB beibehalten (Artikel 2).

4. Preise und Kosten
Es entstehen keine Kosten für Bund, Länder und Gemein-
den.
Vom Gesetz betroffen sind die im Verlag, Vertrieb und Han-
del von Büchern tätigen Unternehmen. Zusätzliche Kosten
werden nicht erwartet, da ca. 90 % der einscheinenden

Buchtitel schon heute preisgebunden sind, wenn auch auf
vertraglicher Basis.
Es sind keine negativen Auswirkungen auf Einzelpreise und
das gesamtwirtschaftliche Preisniveau zu erwarten.

5. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Artikel 1
und 2 folgt aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der
Wirtschaft).
Die Berechtigung des Bundes zur Inanspruchnahme der
Gesetzgebungskompetenz für Artikel 1 ergibt sich aus Arti-
kel 72 Abs. 2 Alternative 2 GG. Die Regelungen dienen der
Wahrung der Wirtschaftseinheit. Sie sollen bundesweit ein-
heitliche Bedingungen für den Vertrieb von Büchern schaf-
fen. Dies liegt im gesamtstaatlichen Interesse. Es geht um
die Gewährleistung einer bundesweit flächendeckenden
Versorgung aller Bevölkerungsschichten mit diesen Ver-
lagserzeugnissen. Die Versorgung soll nicht nur in bestimm-
ten Regionen, sondern im gesamten Bundesgebiet gesichert
werden. Der Markt für Verlagserzeugnisse ist nicht von den
Besonderheiten eines Bundeslandes geprägt. Die Regelun-
gen des Artikels 1 sind auch notwendig, um das Ziel einer
flächendeckenden Versorgung zu erreichen. Dies setzt das
Bestehen eines leistungsfähigen Marktes für Verlagserzeug-
nisse voraus. Mit der Preisbindung für Bücher werden diese
Produkte für breite Bevölkerungsschichten bezahlbar gehal-
ten. Sie führt auch dazu, dass eine Vielzahl kleiner und
mittlerer Verlage und ein dichtes Netz von Buchhandlungen
auf dem Markt existieren können. Dies gewährleistet die
Verfügbarkeit eines vielfältigen und zahlreichen Produkt-
angebots. Zudem können Erzeugnisse verlegt werden, die
zwar von vornherein nur eine niedrige Auflage erwarten las-
sen, jedoch einen hohen kulturellen Wert besitzen. Dadurch
wird der Bedeutung von Büchern als Kulturgüter Rechnung
getragen.
Die Berechtigung des Bundes zur Inanspruchnahme einer
Gesetzgebungskompetenz für Artikel 2 ergibt sich ebenfalls
aus Artikel 72 Abs. 2 GG.

B. Im Einzelnen
Zu Artikel 1 (Gesetz über die Preisbindung für

Bücher – Buchpreisbindungsgesetz)
Artikel 1 schafft ein Gesetz zur Regelung der Preisbindung
für Bücher. Mit diesem Gesetz wird ein leistungsfähiger
Markt für diese Verlagserzeugnisse in Deutschland gesi-
chert und deren Rolle als Kulturgut und Kulturmedium ge-
fördert.
Zu § 1 (Zweck des Gesetzes)
Als Präambel zu den nachfolgenden Regelungen beschreibt
§ 1 Sinn und Zweck des Gesetzes.
Zu § 2 (Anwendungsbereich)
Absatz 1 führt die Verlagserzeugnisse auf, die in den An-
wendungsbereich des Gesetzes fallen. Das Gesetz verwen-
det „Bücher“ als Oberbegriff für diese Produkte. Diese

Drucksache 14/8854 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Verlagserzeugnisse wurden bislang auf der Basis der gesetz-
lichen Ermächtigung in § 15 GWB von den Reversen des
Buchhandels erfasst. Insofern behält ein Großteil der Recht-
sprechung zu Abgrenzungsfragen im Hinblick auf die Preis-
bindungspflichtigkeit bestimmter Verlagserzeugnisse ihre
Gültigkeit (z. B. Buch plus CD). Als Musiknoten gelten
Vervielfältigungen von Werken der Musik, die grafisch,
fotografisch, durch Fotokopie, Lichtpausverfahren, Mikro-
kopie oder handschriftlich hergestellt sind. Auf die äußere
Gestalt und die Verarbeitung kommt es nicht an. Sammlun-
gen von Liedern, Chören, Notenkartenspiele usw. fallen da-
her ebenfalls unter den Begriff der Musiknoten. Schließlich
wurde die Rechtsprechung des BGH (insbesondere BGH
WuW/E 1463 ff.; KG WuW/E 1708 ff. sowie BGH NJW
1997, 1911) zur Festlegung von Kriterien, welche Produkte
Verlagserzeugnisse reproduzieren oder substituieren und da-
mit unter die Preisbindung fallen, kodifiziert. Dies ent-
spricht der Neuregelung von § 15 Abs. 1 Satz 2 GWB.
In Absatz 2 wird geregelt, in welchen Fällen fremdspra-
chige Bücher in den Anwendungsbereich des Gesetzes fal-
len. Ausschlaggebendes Kriterium ist dabei der Zielabsatz-
markt der Publikation. Für fremdsprachige Bücher gibt es
damit in der Regel keine Preisbindungspflicht. Dies gilt
nicht nur für aus dem Ausland importierte Titel, sondern
beispielsweise auch für wissenschaftliche Publikationen
deutscher Verlage in englischer Sprache, die für den Absatz
in der weltweiten Gemeinde von Fachwissenschaftlern her-
gestellt werden. Hingegen sind Wörterbücher, Sprachlehr-
bücher und fremdsprachige Schulbücher für deutsche Schu-
len preisbindungspflichtig.
Da die Preisbindung im Markt für Bücher nicht mehrstufig
ist, sondern nur gegenüber dem Letztabnehmer gilt, grenzt
die Definition in Absatz 3 den Verkauf an Händler aus dem
Geltungsbereich des Gesetzes aus.

Zu § 3 (Preisbindung)
§ 3 enthält die grundlegende Pflicht zur Einhaltung des ge-
bundenen Preises beim Verkauf von Büchern. Dabei sind
die von Verlegern und Importeuren gebundenen Preise
keine Mindestpreise, von denen nach oben beliebig abgewi-
chen werden kann, sondern jedem Letztabnehmer gegen-
über verbindliche Bruttopreise. Die Preisbindung gewähr-
leistet, dass Bücher überall zu gleichen Preisen erhältlich
sind. Dies gilt nicht nur im stationären Buchhandel, sondern
auch für Fernabsatzgeschäfte. Ziel des Buchpreisbindungs-
gesetzes ist es, die Versorgung mit Büchern nicht nur in ur-
banen Zentren, sondern in der gesamten Fläche durch eine
hohe Dichte breit sortierter Buchhandlungen zu gewährleis-
ten. Die Preisbindung stellt keine unverhältnismäßige Ein-
schränkung der Berufsausübungsfreiheit der Buchhändler
dar. Zumal die Buchhändler gemäß § 8 Abs. 3 nach einer
bestimmten Frist nicht mehr verpflichtet sind, die Preisbin-
dung einzuhalten. Die Preisbindung wirkt preisstabilisie-
rend. Sie schafft Markttransparenz.
Gewerbsmäßig handelt im Sinne dieses Gesetzes, wer
berufsmäßig in der Absicht dauernder Gewinnerzielung
geschäftlich tätig wird. Geschäftsmäßig handelt derjenige,
der – auch ohne Gewinnerzielungsabsicht – die Wieder-
holung gleichartiger Tätigkeiten zum wiederkehrenden Be-
standteil seiner Beschäftigung macht.

Für die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallenden
Produkte gelten im Übrigen auch die Vorschriften der
Preisangabenverordnung.
Die Pflicht zur Einhaltung des gebundenen Endpreises
bezieht sich wie nach bisher geltendem Recht nur auf den
ersten Verkauf von Büchern an Letztabnehmer. Der Weiter-
verkauf z. B. auf Flohmärkten sowie der Handel mit ge-
brauchten Büchern und antiquarischen Titeln wird durch
das Gesetz nicht erfasst.
Zu § 4 (Grenzüberschreitende Verkäufe)
Absatz 1 bekräftigt im Hinblick auf das vorrangige Recht
der Europäischen Union den Grundsatz, dass die Preisbin-
dung nur für Verkäufe innerhalb Deutschlands gilt.
Absatz 2 sieht im Einklang mit dem Leclerc-Urteil einen
Schutz der nationalen Buchpreisbindung vor Umgehungs-
geschäften vor. Die Europäische Kommission hält die
grenzüberschreitende Buchpreisbindung für unvereinbar
mit den Grundprinzipien des EG-Vertrags. Rein nationale
Buchpreisbindungssysteme sind dagegen auch nach ihrer
Auffassung europarechtlich unbedenklich. Der Europäi-
sche Gerichtshof hat in der grundlegenden Entscheidung
Leclerc (EuGH, Slg. 1985, 1, 35, Rn. 26) anerkannt, dass
eine nationale Buchpreisbindung auf reimportierte Bücher
angewandt werden kann, wenn sich aus objektiven Umstän-
den ergeben sollte, dass die betreffenden Bücher allein zum
Zwecke ihrer Wiedereinfuhr ausgeführt worden sind, um
die gesetzliche Buchpreisbindung zu umgehen.
Ein Fall nach Absatz 2 könnte ggf. vorliegen, wenn aus
Anlass des konkreten Letztabnehmergeschäfts tatsächlich
keine grenzüberschreitende Lieferung nach Deutschland er-
folgt oder wenn der Verkauf von Büchern deutscher Verlage
mittels Fernkommunikationsmitteln durch einen im Aus-
land ansässigen Verkäufer oder ein mit ihm verbundenes
Unternehmen ausschließlich auf Letztabnehmer in Deutsch-
land ausgerichtet ist oder wenn jemand Bücher in einen aus-
ländischen Staat ausführt oder dies veranlasst, um diese spä-
ter aufgrund eines einheitlichen Plans von dort selbst oder
durch ein verbundenes Unternehmen an Letztabnehmer in
Deutschland zu verkaufen.
Zu § 5 (Preisfestsetzung)
Anders als im bisherigen vertraglichen Reverssystem wer-
den die Verleger und Importeure von Büchern durch § 5
Abs. 1 verpflichtet, ihre Endpreise zu binden. Ferner haben
sie die Pflicht, die festgesetzten Endpreise „in geeigneter
Weise“ zu veröffentlichen. Die Anforderungen an die Veröf-
fentlichung sind nicht weiter spezifiziert. Ausschlaggebend
ist, dass der Verleger oder Importeur eine lückenlose Infor-
mation aller seiner Händler sicherstellt. Es wird für Händler
für zumutbar gehalten, sich über den aktuellen gebundenen
Letztabnehmerpreis zu informieren. In der Regel genügt ein
bundesweit agierender Verleger oder Importeur der Veröf-
fentlichungspflicht, wenn er den festgesetzten Endpreis sei-
ner Erzeugnisse an eine der branchentypischen Datenban-
ken oder Mitteilungsorgane zur Veröffentlichung meldet
(z. B. das „Verzeichnis lieferbarer Bücher“, die „Gelben
Seiten“ des Börsenblatts, Veröffentlichungen im Musikhan-
del oder in der Musiknotendatenbank). Auskünfte aus die-
sen Datenbanken sind für den Kunden im Buchhandel oder

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9 – Drucksache 14/8854

über kostenlose Internetangebote zugänglich. Bei einem le-
diglich regional tätigen Verleger oder einem Unternehmer,
der einen klar abgegrenzten Händler- und/oder Kundenkreis
bedient, wird bereits dann eine geeignete Veröffentlichung
der Endpreise vorliegen, wenn alle in Frage kommenden
Händler auf sonstige Weise informiert sind und der Letztab-
nehmer bei ihnen zuverlässige Preisauskünfte einholen
kann. Da die Endpreise vom Verleger oder Importeur jeder-
zeit geändert und neu festgesetzt werden können, gilt die
Veröffentlichungspflicht auch bei Änderungen sowie bei
vollständiger Aufhebung der Preisbindung.
Die Preisfestsetzung durch deutsche Importeure nach Ab-
satz 2 erfolgt nach Regelungen wie sie auch in den entspre-
chenden Gesetzen in Frankreich und Österreich zu finden
sind. In der Praxis wird im Wesentlichen auf den vom aus-
ländischen Verleger für Deutschland empfohlenen Letztab-
nehmerpreis Bezug genommen. Der ausländische Verleger
erhält dadurch die Möglichkeit, einen Preis unter spezifi-
scher Berücksichtigung der Marktverhältnisse in Deutsch-
land zu empfehlen. Der Referenzpreis des ausländischen
Verlegers wirkt für den deutschen Importeur mit Rücksicht
auf das Prinzip des freien Waren- und Wirtschaftsverkehrs
innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums faktisch le-
diglich als Mindestpreis. Damit wird dem Importeur die
Möglichkeit einer Abweichung nach oben eröffnet, um be-
sondere Beschaffungskosten weiterzugeben. Hat der Verle-
ger keinen Preis für Deutschland empfohlen, so tritt an des-
sen Stelle ein von ihm für den Verlagsstaat festgesetzter
oder empfohlener Nettopreis für Letztabnehmer zuzüglich
der in Deutschland jeweils geltenden Mehrwertsteuer.
Absatz 3 ermöglicht die Weitergabe von Preisvorteilen,
wenn ein Importeur Waren im Europäischen Wirtschafts-
raum zu einem günstigeren als dem üblichen Einkaufspreis
beziehen kann. Bestandteil des „üblichen Einkaufspreises“
sind neben den ausdrücklich im Text genannten Men-
gennachlässen als „entsprechende Verkaufskonditionen“
auch Boni auf Gesamtumsätze oder Boni auf Umsatzsteige-
rungen, Naturalrabatte, Kostenzuschüsse für handelstypi-
sche verkaufsfördernde Maßnahmen des vertreibenden
Unternehmens, Kostenzuschüsse für Sortimentsservice, ins-
besondere die laufende Bestückung von Verkaufsregalen
(„Regalpflege“) durch den Händler sowie Regalmieten.
Keine Einkaufspreisbestandteile sind u. a. Lieferungsbedin-
gungen („frei Haus“, „portofrei“), Remissionsrechte sowie
– jeweils im Rahmen des Üblichen – Skontierung, Zah-
lungsziele, Kosten für Zentralfakturierung (Rechnungsstel-
lung, Inkasso, Delkredere) und Kosten für Verpackungsent-
sorgung.
Absatz 4 ermöglicht es, zusätzlich zu dem nach Absatz 1
festgesetzten Endpreis auch im Buchhandel übliche Sonder-
preise festzusetzen. Diese sind z. B. Serienpreise, Mengen-
preise und Subskriptionspreise.
Serienpreise sind Preise für den geschlossenen Verkauf ei-
ner Reihe zusammengehöriger Werke ein- und desselben
Verlags; für einzelne Werke der Reihe darf der Serienpreis
nicht angewandt werden. Mengenpreise (Staffelpreise) sind
besondere Preise für den Verkauf einer größeren Anzahl
desselben Werkes an denselben Letztabnehmer. Subskrip-
tionspreise sind ermäßigte Preise, die bis zum vollständigen
Erscheinen eines Werkes und unter Angabe des Subskrip-
tionszeitraums verwendet werden können. Nach bisheriger

Praxis konnte der Subskriptionspreis bei einbändigen Wer-
ken und bei gleichzeitig erscheinenden mehrbändigen Wer-
ken ausnahmsweise bis zu drei Monaten nach Erscheinen
angewendet werden. Die Preisermäßigung lag bei höchstens
20 %. Sonderpreise für Institutionen (Vereine, Behörden,
Organisationen oder Unternehmungen aller Art) können
dann festgesetzt werden, wenn diese Körperschaften bei der
Herausgabe einzelner bestimmter Verlagswerke vertraglich
in einer für das Zustandekommen des Werkes ausschlagge-
benden Weise mitgewirkt haben. Sonderpreise für zeit-
schriftenbegleitende Buchpublikationen werden traditionell
im Rahmen der Abonnentenbindungssysteme von Fachver-
lagen gewährt.
Absatz 5 enthält Regelungen für die Herausgabe von Paral-
lelausgaben (wie z. B. Taschenbuchausgaben, Club-Ausga-
ben, Reader-Ausgaben, Jubiläumsausgaben). Danach be-
stimmen vor allem die Faktoren Ausstattungsunterschied,
Abstand des Erscheinens oder – bei Buchgemeinschaftsaus-
gaben – die Mitgliedschaftsbindung des Käufers über die
rechtliche Zulässigkeit des Angebots eines Titels zu ver-
schiedenen Endpreisen.

Zu § 6 (Vertrieb)
Die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Bü-
chern wird wesentlich durch eine große Zahl von kleinen
und mittleren Letztverkäufern mit buchhändlerischem Ser-
vice und umfangreichem Sortiment (Sortimentsbuchhand-
lungen) gewährleistet. § 6 reguliert die Auswirkungen der
Preisbindung auf die unterschiedlichen Vertriebsformen.
Absatz 1 verpflichtet die Verleger dazu, ihren Händlern ge-
währte Rabatte nicht allein an deren Umsatz auszurichten,
sondern auch den Beitrag der Händler zur flächendeckenden
Versorgung mit Büchern sowie ihren buchhändlerischen
Service angemessen zu berücksichtigen. Die Einhaltung
dieser Regelung ist im Einzelfall zu beurteilen und kann
nicht für jeden Fall an einem Kriterium, einer Quote etc.
festgemacht werden. Entsprechend der gesetzgeberischen
Zielsetzung, im Interesse von flächendeckender Versorgung
und buchhändlerischem Service den Sortimentsbuchhandel
zu stärken, ist die in Absatz 1 enthaltene Regelung erforder-
lich.
Absatz 2 zielt entsprechend dem Gesetzeszweck auf die Si-
cherung eines leistungsfähigen Zwischenbuchhandels und
Sortimentsbuchhandels. Es steht Verlagen frei, nach Be-
lieben auch branchenfremde Zwischenhändler oder Letzt-
verkäufer zu beliefern. Dies darf jedoch nicht zu günstige-
ren Preisen oder Konditionen geschehen als gegenüber dem
Fachbuchhandel. Andernfalls besteht die Gefahr, dass durch
Verlagerung wirtschaftlich besonders interessanter Ge-
schäfte auf branchenfremde Unternehmen auf die Dauer die
Existenzgrundlage des Buchhandels ausgehöhlt wird.
Die gesetzliche Preisbindung für Bücher wird eingeführt,
weil sie eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung
mit diesen Produkten sicherstellt (§ 1 Zweck des Gesetzes).
Dem Zwischenbuchhandel kommt dabei eine entscheidende
Bedeutung zu, da er den Buchhandel und insbesondere auch
kleinere Buchhandlungen in strukturschwachen Gebieten
innerhalb kürzester Zeit mit einem breiten Titelangebot be-
liefert. In aller Regel können oder wollen die Verlage diese
Versorgung nicht selbst sicherstellen. Sie beziehen deshalb

Drucksache 14/8854 – 10 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Zwischenbuchhändler in ihr Vertriebssystem ein. Dann dür-
fen sie aber auch keine Maßnahmen treffen, die die Funk-
tionsfähigkeit des Zwischenbuchhandels und dementspre-
chend die flächendeckende Versorgung mit Büchern
gefährden. Eine solche, zumindest langfristige Gefährdung
ist gegeben, wenn Verlage Bucheinzelhändlern beim Direkt-
bezug bessere Konditionen einräumen als den Zwischen-
buchhändlern. Absatz 3 beugt einem solchen Verhalten vor.
Die Vorschriften des GWB bleiben unberührt. Dies gilt ins-
besondere für die Regelung in § 20 GWB. Danach dürfen
beispielsweise marktbeherrschende oder marktmächtige
Verlage kleine oder mittlere Sortimentsbuchhandlungen
weder unmittelbar noch mittelbar unbillig behindern oder
gegenüber Filialisten oder anderen Vertriebsformen des
Buchhandels ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmit-
telbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln. Die zustän-
dige Kartellbehörde kann Verstöße gegen dieses Verbot
nach den Vorschriften des GWB ahnden.
Zu § 7 (Ausnahmen)
Diese Norm regelt abschließend die Fälle, in denen beim
Verkauf von Büchern keine Bindung an den gemäß § 5 fest-
gesetzten Preis an Letztabnehmer besteht.
§ 7 Abs. 1 nimmt den Verkauf von Büchern an bestimmte
Personengruppen und von Mängelexemplaren gänzlich von
der Preisbindung aus. Verlagen und Buchverkäufern ist es
damit grundsätzlich freigestellt, welchen Endpreis sie von
diesen Personen oder bei Mängelexemplaren verlangen.
Diese Regelung entspricht den Traditionen des Buchhandels
und der bisherigen Praxis des Sammelreverses. Wie bereits
unter der Geltung des Sammelreverses ist eine enge Ausle-
gung dieser Bestimmung und ihrer einzelnen Tatbestands-
merkmale geboten.
Absatz 1 Nr. 1 bezieht sich auf im Buchhandel Tätige
einschließlich Antiquare (sog. Kollegenrabatt). Kommandi-
tisten einer KG und Gesellschafter einer GmbH können den
genannten Personengruppen im Einzelfall gleichgestellt
sein, nicht jedoch die Aktionäre einer Aktiengesellschaft
oder Mitglieder bzw. Angestellte einer Einrichtung oder
einer Körperschaft, die einen Verlag betreibt. Üblich ist die
Führung einer Verkehrsnummer, die von einem buch-
händlerischen Verband vergeben worden ist als Vorausset-
zung für die Gewährung von Kollegenrabatt.
Das Autorenprivileg nach Absatz 1 Nr. 2 bezieht sich nur
auf die Verlagserzeugnisse des das eigene Werk publizieren-
den Verlages, nicht hingegen auf die dritter Verlage.
Prüfstücke im Sinne von Absatz 1 Nr. 3 sind einzelne Bü-
cher, die der Lehrer vorab auf ihre Eignung zur Verwendung
im Unterricht prüft, nicht jedoch zusätzliche Gratisexemp-
lare, die dem Lehrer nach Aufgabe einer Klassensatzbestel-
lung dazugegeben werden. Die Dreingabe derartiger (Leh-
rer) Freiexemplare widerspricht der Preisbindungspflicht
und ist daher unzulässig. Lehrer im Sinne der Vorschrift
sind Lehrkräfte von Schulen im engeren Sinne, nicht jedoch
Hochschullehrer oder sonstige Dozenten.
Mängelexemplare gemäß Absatz 1 Nr. 4 sind beschädigte
Bücher, die äußerlich erkennbare Schäden oder Fehler auf-
weisen und deshalb nicht mehr zum regulären Endpreis ver-
kauft werden können. Unerheblich ist, ob der Mangel beim
Druck, beim Verlag, beim Buchhändler oder bei einer Rück-

sendung eingetreten ist. Der Begriff des Mängelexemplars
ist von dem der Remittende zu unterscheiden. Remittierte,
d. h. an den Verlag zurückgesandte Bücher können, müssen
nicht zwangsläufig Mängelexemplare darstellen.
Absatz 2 regelt die Möglichkeit Bibliotheksnachlässe ein-
zuräumen. Diese Möglichkeit geht auf kulturpolitische Be-
strebungen des Buchhandels zurück, öffentliche Bibliothe-
ken in finanzieller Hinsicht zu unterstützen. Daher ist die
allgemeine Zugänglichkeit der Bibliothek auch zentrales
Kriterium für eine Nachlassgewährung. Für jedermann bzw.
für jeden wissenschaftlich Arbeitenden zugänglich ist eine
Bibliothek nur, wenn sie von ihrer Widmung bzw. Zielset-
zung für jedermann nutzbar ist. Es genügt nicht, wenn eine
Bibliothek, z. B. eine Amtsbibliothek, Dritten eine Nutzung
in Einzelfällen gestattet. Der Buchhändler ist nicht ver-
pflichtet, Nachlässe zu gewähren. Macht er von dieser Mög-
lichkeit Gebrauch, ist er je nach Art der Bibliothek auf ma-
ximal 5 oder 10 % Nachlass beschränkt.
Die unterschiedliche Nachlassregelung für wissenschaftli-
che Bibliotheken und gewöhnliche Büchereien berücksich-
tigt, dass Fachliteratur traditionell knapper rabattiert wird
als andere. Dies beruht darauf, dass der Einzelpreis wissen-
schaftlicher Bücher wegen der wesentlich geringeren Auf-
lage regelmäßig deutlich über dem von Werken des bellet-
ristischen oder allgemeinen Sortiments liegt.
Die in Absatz 3 geregelten Schulbuchnachlässe sind ein
Spezialfall der Mengennachlässe. Sie tragen den Besonder-
heiten des Schulbuchgeschäfts Rechnung. Die Nachlassstaf-
fel geht zurück auf die Verordnung des Bundesministeriums
für Wirtschaft VO PR Nr. 1/77 i. V. m. § 4 Abs. 4 VO PR
Nr. 30/53. In Bundesländern, in denen die Schulbuchauf-
träge von Schulen im Rahmen eigener Anschaffungsbud-
gets erworben werden (derzeit Hessen, Niedersachsen,
Sachsen-Anhalt und Thüringen), wird sie durch einen ein-
heitlichen Rabattsatz ersetzt, da dort im Vergleich zu Bun-
desländern mit kommunalen Vergabesystemen pro Sammel-
bestellung deutlich geringere Umsätze und Mengen erzielt
werden.
Absatz 3 gilt nur, wenn die öffentliche Hand selbst kauft
und Eigentum erwirbt. Nicht erfasst werden Sammelbestel-
lungen von Schülern, Eltern oder Klassen. Schulbuchsam-
melbestellungen sind solche, die der Buchhändler durch
eine Lieferung, wenn auch an verschiedene Lieferstellen,
ausführen kann. Die Nachlassstaffel gilt dagegen nicht für
einen Rahmenvertrag, bei dem der Buchhändler die Bücher
nach und nach auf Abruf liefern soll. Nachbestellungen
können als noch zur Schulbuchsammelbestellung gehörend
angesehen werden, wenn sie innerhalb von 4 Wochen nach
Schuljahresbeginn erfolgen. Im Gegensatz zu Absatz 2 ver-
pflichtet Absatz 3 zur Nachlassgewährung.
Die Einführung der Preisbindungspflicht für alle Arten von
Schulbüchern ist notwendig, weil eine große Zahl kleiner
Buchhandlungen und mittelständischer Schulbuchverlage
auf den Weiterbestand einer Preisbindung für Schulbücher
angewiesen ist. Auch die Einbeziehung der Berufsschulbü-
cher, die bislang teilweise preisbindungsfrei verkauft wer-
den, ist aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich, da
eine trennscharfe Abgrenzung zwischen Schulbüchern und
Berufsschulbüchern nicht möglich ist.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11 – Drucksache 14/8854

Absatz 4 zählt weitere Fälle auf, in denen ein Letztverkäufer
beim Verkauf von Büchern seine Pflicht zur Einhaltung der
Preisbindung nach § 3 nicht verletzt. In allen anderen Fäl-
len liegt ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einhaltung
des gebundenen Endpreises vor. Grundsätzlich nicht zuläs-
sig ist insbesondere die Gewährung von Barzahlungsnach-
lässen. Ebenfalls nicht zulässig ist die Gewährung von indi-
rekten Nachlässen beim Verkauf an Letztabnehmer, z. B. in
Form von Naturalrabatten, Freiexemplaren oder Boni. Bei
der Gewährung von Vermittlungsprovisionen ist sicherzu-
stellen, dass diese nicht, auch nicht teilweise, an den Letzt-
abnehmer weitergegeben werden.
In den angeführten Fällen des Absatzes 4 ist es sachgerecht,
diese noch als Einhaltung der Buchpreisbindung anzusehen.
Absatz 4 Nr. 1 erfasst geringwertige Reklamegegenstände,
wie z. B. Luftballons, Kugelschreiber oder Bonbons. Zuläs-
sig ist auch die Verwendung von Kundenbindungssystemen
im Buchhandel in Form einer Sachprämie, soweit sie im
Hinblick auf den Wert des gekauften Buches wirtschaftlich
nicht ins Gewicht fällt. Absatz 4 Nr. 2 ermöglicht die teil-
weise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von
Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Nahver-
kehrs oder von Parkgebühren des Letztabnehmers im Zu-
sammenhang mit dem Besuch der Verkaufsstelle. Absatz 4
Nr. 3 erlaubt die Übernahme der Kosten beim Versand von
Büchern, mit dem der Versand- und Internetbuchhandel im
Servicewettbewerb mit dem stationären Sortiment das Feh-
len persönlicher Kaufberatung auszugleichen sucht, und die
Übernahme auch außergewöhnlicher Beschaffungskosten
(z. B. bei Eilbestellungen oder Bestellungen aus dem Aus-
land). Handelsübliche Nebenleistungen im Sinne von Ab-
satz 4 Nr. 4 sind beispielsweise die Bereitstellung von Ge-
schenkpapier, die Übergabe eines Werbemagazins, die
fachliche Beratung des Kunden, das Bibliografieren oder
Ausdrucken von Literaturzusammenstellungen.
Zu § 8 (Dauer der Preisbindung)
Das Preisbindungsgesetz bedient sich nicht des Modells ei-
ner durch Zeitablauf seit Erscheinen automatisch endenden
Preisbindung, sondern ermöglicht die Preisbindung für die
gesamte Lebenszeit eines Produktes. Dies geschieht insbe-
sondere im Hinblick auf die große Zahl kulturell wertvoller
Bücher, die über viele Jahre und Jahrzehnte unverändert im
Markt bestehen können und sollen. Für diese Verlagser-
zeugnisse sollen gleiche Rahmenbedingungen geschaffen
werden wie für Produkte, die aufgrund ihres Inhalts von
vorneherein kurzlebiger sind.
Der erste und zweite Absatz von § 8 regeln die Vorausset-
zungen für die ausnahmsweise Beendigung der Preisbin-
dung durch den Verleger oder Importeur. Im Regelfall wird
es zwar einem Verleger oder Importeur möglich sein, einen
eventuell schleppenden Verkauf seiner Produkte nach ange-
messener Zeit und im Rahmen der Anforderungen lauteren
Wettbewerbs durch eine Herabsetzung des gebundenen
Endpreises zu beschleunigen. Bei bestimmten Konstellatio-
nen, z. B. bei allgemein veralteten Publikationen oder bei
Sonderfällen wie Jahrbüchern, jährlich erscheinenden juris-
tischen Kommentaren oder anderen Fachperiodika sowie
Ereignisbüchern hat es sich aber als sachgerecht erwiesen,
eine individuelle Verkaufsmöglichkeit durch Aufhebung der
Preisbindung („Verramschung“) anstelle einer zentralen

Preisherabsetzung durch den Verleger bzw. Importeur zu
ermöglichen. Da es sich bei der Preisbindungsaufhebung
um den actus contrarius zur Preisfestsetzung gemäß § 5
Abs. 1 handelt, werden an deren Veröffentlichung die glei-
chen Voraussetzungen geknüpft.
Absatz 3 dient dem Händlerschutz. Hat der Händler ein be-
stimmtes Kontingent von Ausgaben eines Buches erworben
und stellt er fest, dass er zu dem vom Verleger festgelegten
Preis keine Abnehmer findet, so ist er nicht mehr an den
festgesetzten Preis gebunden. Voraussetzung ist, dass die
Ausgabe des Buches mehr als zwei Jahre zurückliegt. Diese
Vorschrift ist vergleichbar mit einer entsprechenden Rege-
lung der Buchpreisbindung in Österreich und Frankreich.
Musiknoten sind überwiegend zeitlose Produkte. Die Um-
schlagsgeschwindigkeit ist bei vielen Noten sehr gering. Ein
Remissionsrecht ist daher im Musikalienhandel unüblich.
§ 8 Abs. 3 findet aus diesem Grund keine Anwendung für
Musiknoten. Ein Bedürfnis für eine Befreiung des Händlers
von der Buchpreisbindung besteht ebenfalls nicht, soweit
ihm ein Remissionsrecht eingeräumt ist. Dies kann durch
den Lieferanten (Verleger oder Zwischenbuchhändler) in
allgemeiner Form oder durch Stempelaufdruck bzw. textli-
che Gestaltung konkreter Bestellunterlagen geschehen.
Zu § 9 ( Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche)
Die in Absatz 1 vorgesehenen Sanktionen bei Zuwiderhand-
lung gegen die Preisbindung entsprechen der im Recht des
unlauteren Wettbewerbs bewährten Trias Unterlassungs-
pflicht – Auskunftspflicht – Schadensersatz.
Ebenso ist der Kreis der gemäß Absatz 2 Anspruchsberech-
tigten dem sehr ähnlich, der in § 13 Gesetz gegen den un-
lauteren Wettbewerb (UWG) festgelegt ist. Erweitert wird
die Aufzählung um den näher definierten Preisbindungs-
treuhänder. Die Institution des Preisbindungstreuhänders
hat sich seit vielen Jahren bewährt. Das Gesetz geht von de-
ren Beibehaltung aus und berechtigt den Preisbindungstreu-
händer zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen.
Es wird auch erwartet, dass sich dadurch viele Fälle von
Preisbindungsverstößen weiterhin branchenintern regeln
lassen.
Absatz 3 verweist auf die Verfahrensvorschriften des Geset-
zes gegen den unlauteren Wettbewerb bzw. des Unterlas-
sungsklagegesetzes.
Zu § 10 (Bucheinsicht)
Die Möglichkeit einer Bucheinsicht ist notwendig, weil die
Verfolgung von Preisbindungsverstößen durch einzelne Un-
ternehmen des Sortiments voraussetzt, dass der betroffene
Wettbewerber die Tatsachen, die seinem Anspruch zu-
grunde liegen, beweisen kann. Ein Verdacht im Sinne des
§ 10 ist begründet, wenn für einen Verstoß objektive An-
haltspunkte vorliegen.
Würde das Gesetz die Möglichkeit des § 10 nicht vorsehen,
müsste ein betroffener Wettbewerber versuchen, seinen An-
spruch nach den allgemeinen Regeln des Zivil- und Zivil-
prozessrechts durchzusetzen. Um seinen Hauptanspruch
ausreichend begründen zu können, müsste er zunächst einen
Auskunftsanspruch gegen das Unternehmen geltend ma-
chen, das in Verdacht steht, gegen das Gesetz zu verstoßen.
Diese Verfahrensweise wäre für das in Anspruch genom-

Drucksache 14/8854 – 12 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

mene Unternehmen gravierender und problematischer als
der Weg, den dieses Gesetz mit § 10 beschreitet, denn nach
dieser Vorschrift hat nur der Buchprüfer Einsicht in die Bü-
cher und Geschäftsunterlagen, nicht jedoch der Wettbewer-
ber, der den Anspruch geltend macht. § 10 dient also der
Verwirklichung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Zu § 11 (Übergangsvorschrift)
Diese Übergangsvorschrift dient der Vermeidung unnötiger
Belastungen für die Marktteilnehmer durch das Inkrafttre-
ten des Gesetzes und den damit verbundenen Wechsel von
der vertraglichen Preisbindung auf freiwilliger Basis zum
gesetzlichen Preisbindungszwang. Die unter dem alten Sys-
tem gebundenen Preise behalten ihre Gültigkeit.

Zu Artikel 2 (Änderung des Gesetzes gegen Wett-
bewerbsbeschränkungen)

Für Zeitungen und Zeitschriften verbleibt es bei der durch
§ 15 GWB gesetzlich gestatteten vertraglichen Preisbin-
dung. Die von der Rechtsprechung im Zusammenhang mit
dem Begriff „Verlagserzeugnisse“ entwickelten Definitio-
nen (insbesondere BGH WuW/E 1463 ff.; KG WuW/E
1708 ff. sowie BGH NJW 1997, 1911) bleiben zur Abgren-
zung des Begriffs „Zeitungen und Zeitschriften“ auch für
die neue Fassung der Vorschrift weiter gültig.

Es ist erforderlich, die Preisbindung bei Zeitungen und Zeit-
schriften zu ermöglichen, weil der Staat verpflichtet ist, die
Pressefreiheit zu schützen. Zur Pressefreiheit zählt auch der
Vertrieb von Presseprodukten (BVerfGE 77, 346, 354 f.).
Das historisch gewachsene, zeitungs- und zeitschriftenspe-
zifische Vertriebssystem gewährleistet, dass die Pres-
seerzeugnisse zu einheitlichen Preisen überall erhältlich
sind, damit sich Bürger in allen Teilen des Landes unter den
gleichen Voraussetzungen eine eigene Meinung bilden kön-
nen. Die vertragliche Preisbindung für Zeitungen und Zeit-
schriften dient vorrangig dem Zweck, diese Überallerhält-
lichkeit sicherzustellen. Die in § 15 GWB eröffnete
Möglichkeit, Preise für Zeitungen und Zeitschriften zu bin-
den, ohne eine Rechtspflicht dazu anzuordnen, hat sich in
der Praxis bewährt; nahezu alle Zeitungs- und Publikums-
zeitschriftenverlage haben von der Möglichkeit einer Preis-
bindung Gebrauch gemacht und gewährleisten damit eine
flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Presse-
erzeugnissen. Die Gründe für die Regelung des § 15 GWB
gelten fort.
Die EU-Kommission stellt die Zulässigkeit der in § 15
GWB verankerten Erlaubnis zur Preisbindung für Zeitun-
gen und Zeitschriften nicht in Frage.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.