BT-Drucksache 14/8114

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kenzeler, Jelpke, Jünger und weitere Abgeordnete und der Fraktion der PDS -14/5612- Aufhebung der nationalsozialistischen Unrechtsurteile gegen Deserteure

Vom 30. Januar 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8114
14. Wahlperiode 30. 01. 2002

Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)
gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Ulla Jelpke, Sabine Jünger,
Heidi Lippmann, Heidemarie Lüth, Petra Pau, Christina Schenk, Roland Claus und
der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/5612 –

Aufhebung der nationalsozialistischen Unrechtsurteile gegen Deserteure

A. Problem
Die Antragsteller halten es 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges für
dringlicher denn je, für eine eindeutige Rehabilitierung und für eine angemes-
sene Entschädigung aller Opfer der nationalsozialistischen Zwangsherrschaft
zu sorgen. Dies gelte für die Opfer der nationalsozialistischen Militärjustiz
ebenso wie für die verfolgten Schwulen und Lesben und die Zwangsarbeiter.
Dabei sei es moralisch unangemessen und praktisch auch nicht möglich, Ein-
zelfälle zu untersuchen. Es müsse deshalb eine Regelung geschaffen werden,
die zweifelsfrei gewährleiste, dass die Unrechtsurteile der faschistischen Mili-
tärjustiz per Gesetz aufgehoben werden.

B. Lösung
Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, noch vor Ab-
lauf der Legislaturperiode einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die Re-
gelfälle der durch das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechts-
urteile in der Strafrechtspflege aufgehobenen Entscheidungen (§ 2 NS-AufhG)
um Urteile gegen Deserteure der nationalsozialistischen Wehrmacht ergänzt
wird.

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Keine

Drucksache 14/8114 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Margot von Renesse, Norbert Geis, Volker Beck (Köln),
Jörg van Essen und Dr. Evelyn Kenzler

I.
Die Fraktion der PDS hat gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäfts-
ordnung einen Zwischenbericht des Rechtsausschusses über
den Stand der Beratungen des Antrages – Drucksache
14/5612 – beantragt. Die Voraussetzungen für die Berichter-
stattung liegen vor.

II.
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag – Drucksache
14/5612 – in seiner 167. Sitzung am 10. Mai 2001 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem
Rechtsausschuss und zur Mitberatung dem Finanzaus-
schuss, dem Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung und
dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
überwiesen.

III.
Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert wer-
den, das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Un-
rechtsurteile in der Strafrechtspflege vom25.August 1998 zu
erweitern. Die Urteile gegen Deserteure der Wehrmacht sol-
len in die Auflistung der Regelfälle aufgenommen werden,
die gemäß § 2 des Gesetzes aufgehoben sind. Weiterhin soll
eine Regelung gefunden werden, die sicherstellt, dass Ehe-
gatten und Kinder von zum Tode Verurteilten und Hingerich-
teten eine Entschädigung erhalten können. Weiterhin soll
geprüft werden, ob Kinder und Ehegatten, die unter der Ver-
folgung des Antragsberechtigten zu leiden hatten, eine Ent-
schädigung erhalten können, auch wenn der Antragsberech-
tigte vor Antragstellung verstorben ist.

IV.
Der Finanzausschuss hat in seiner 101. Sitzung am 27. Juni
2001 bei Abwesenheit der Fraktion der PDS auf eine Stel-
lungnahme zu dem Antrag verzichtet, da für ihn keine Zu-
ständigkeit ersichtlich war.
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung hat den An-
trag in seiner 95. Sitzung am 27. Juni 2001 beraten und mit
den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
der PDS beschlossen, die Ablehnung des Antrags zu emp-
fehlen.
DerAusschuss fürMenschenrechte und humanitäreHilfe
hat den Antrag in seiner 65. Sitzung am 27. Juni 2001 beraten

undmit den Stimmen der Fraktionen der SPD undCDU/CSU
gegen die Stimmen der Fraktion der PDS bei Stimmenthal-
tung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Ab-
wesenheit der Fraktion der FDP beschlossen, die Ablehnung
des Antrags zu empfehlen.

V.
Der Rechtsausschuss hat den Antrag in seiner 90. und in
seiner 109. Sitzung beraten und jeweils vertagt.
ImRahmen der erstmaligen Beratung am 27. Juni 2001 bean-
tragten die Koalitionsfraktionen die Vertagung der Bera-
tung bis zur Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs
der Bundesregierung. Sie erklärten, dass es sich bei vielen
nationalsozialistischen Urteilen gegen Deserteure wie gegen
Homosexuelle um typisch nationalsozialistisches Unrecht,
also um Nicht-Urteile handele. Die Urteile entsprächen nicht
den juristischen Anforderungen, sondern zielten allein auf
die Vernichtung der Beschuldigten. Aus diesem Grund habe
der Deutsche Bundestag mit seinem Beschluss vom Dezem-
ber des Jahres 2000 eine Überprüfung und die Vorlage eines
entsprechend differenzierten Gesetzentwurfs verlangt.
Die Fraktion der CDU/CSU forderte die Bundesregierung
auf, einen sehr differenzierten Gesetzentwurf vorzulegen.
Anders als im Fall der nationalsozialistischen Unrechts-
urteile gegen Homosexuelle könne einer pauschalen Aufhe-
bung aller nationalsozialistischen Urteile gegen Deserteure
nicht zugestimmt werden.
DieFraktion der FDP betonte, dass es sich um einewichtige
Problematik handele, deren Lösung baldmöglichst erfolgen
sollte.
Die Fraktion der PDS stimmte der Vertagung in der Hoff-
nung zu, dass den Betroffenen mittels des von der Bundes-
regierung noch für das Jahr 2001 angekündigten Gesetz-
entwurfs geholfen werde.
Auf Antrag der Fraktion der PDS wurde der Antrag auf die
Tagesordnung der 109. Sitzung des Rechtsausschusses am
12. Dezember 2001 gesetzt. DieKoalitionsfraktionen stellten
mit dem Hinweis auf den noch ausstehenden Gesetzentwurf
der Bundesregierung erneut den Antrag auf Vertagung der
Beratung. Der Antrag wurde mit den Stimmen der Koaliti-
onsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und der PDS bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP
angenommen.

Berlin, den 30. Januar 2002
Margot von Renesse
Berichterstatterin

Norbert Geis
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Dr. Evelyn Kenzler
Berichterstatterin

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