Vom 25. Oktober 2000
Deutscher Bundestag
Drucksache
14/
4419
14. Wahlperiode
27. 10. 2000
Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)
zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 14/2668 –
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 16)
A. Problem
Deutschland kann aufgrund des Auslieferungsverbotes in Artikel 16 Abs. 2
des Grundgesetzes bislang Deutsche nicht an internationale Gerichtshöfe über-
stellen oder an Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausliefern.
B. Lösung
Durch eine Ergänzung des Artikels 16 Abs. 2 des Grundgesetzes wird dem
Gesetzgeber ermöglicht, für Auslieferungen an einen internationalen Gerichts-
hof oder an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union eine abweichende
Regelung zu treffen, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.
Einstimmigkeit im Ausschuss
C. Alternativen
Keine
D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.
Drucksache
14/
4419
– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Beschlussempfehlung
Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf – Drucksache 14/2668 – mit folgender Maßgabe, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:
Artikel 1 (Änderung des Grundgesetzes) wird wie folgt geändert:
Am Ende werden nach dem Wort „werden“ der Punkt durch ein Komma ersetzt
und folgender Satzteil angefügt: „soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt
sind.“
Berlin, den 25. Oktober 2000
Der Rechtsausschuss
Dr. Rupert Scholz
Vorsitzender
Margot von Renesse
Berichterstatterin
Norbert Röttgen
Berichterstatter
Volker Beck (Köln)
Berichterstatter
Jörg van Essen
Berichterstatter
Dr. Evelyn Kenzler
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –
Drucksache
14/
4419
Bericht der Abgeordneten Margot von Renesse, Norbert Röttgen,
Volker Beck (Köln), Jörg van Essen und Dr. Evelyn Kenzler
I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf – Druck-
sache 14/2668 – in seiner 90. Sitzung am 24. Februar 2000
in erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung
an den Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Aus-
wärtigen Ausschuss, den Innenausschuss, den Ausschuss
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss
für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe sowie an den
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
überwiesen.
II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
Der
Auswärtige Ausschuss
hat den Gesetzentwurf in sei-
ner 45. Sitzung am 17. Mai 2000 beraten und mit den
Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90 /
DIE GRÜNEN und PDS bei Stimmenthaltung der Fraktion
der F.D.P. empfohlen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Der
Innenausschuss
hat den Gesetzentwurf in seiner Sit-
zung am 10. Mai 2000 beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und PDS gegen die Stimmen der Fraktion der F.D.P. emp-
fohlen, dem Gesetzentwurf mit der Maßgabe zuzustimmen,
Präzisierungen in Artikel 1 vorzunehmen.
Der
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend
hat den Gesetzentwurf in seiner 37. Sitzung am
10. Mai 2000 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und PDS
bei Stimmenthaltung der Fraktion der F.D.P. beschlossen,
die Annahme des Gesetzentwurfs zu empfehlen.
Der
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre
Hilfe
hat den Gesetzentwurf in seiner 37. Sitzung am
10. Mai 2000 beraten und einstimmig bei Abwesenheit der
Fraktion der F.D.P. empfohlen, dem Plenum die Annahme
des Gesetzentwurfs vorzuschlagen.
Der
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union
hat die Vorlage in seiner 54. Sitzung am
25. Oktober 2000 beraten und einstimmig empfohlen, den
Gesetzentwurf in der Fassung des interfraktionellen Ände-
rungsantrags anzunehmen.
III. Beratung im Rechtsausschuss
Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf – Drucksache
14/2668 – in seiner 51. und 56. Sitzung am 10. Mai und
28. Juni 2000 sowie abschließend in seiner 63. Sitzung am
25. Oktober 2000 behandelt.
Nach den Beratungen im Ausschuss und ausführlichen
Berichterstattergesprächen brachten die Fraktionen SPD,
CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. in der
63. Sitzung des Rechtsausschusses am 25. Oktober 2000
folgenden Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung ein:
Artikel 1 wird wie folgt gefasst:
Artikel 1
Änderung des Grundgesetzes
Dem Artikel 16 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundes-
republik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III,
Gliederungsnummer 100–1, veröffentlichten bereinigten
Fassung, das zuletzt durch das Gesetz vom … geändert wor-
den ist, wird folgender Satz angefügt:
„Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Aus-
lieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union
oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden,
soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.“
Begründung
Die Ergänzung bekräftigt, dass der Gesetzgeber eine Aus-
lieferung Deutscher nicht voraussetzungslos vorsehen darf,
sondern nach den Bestimmungen des Grundgesetzes nur
dann, wenn sichergestellt ist, dass diejenigen, die ausgelie-
fert werden, rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechend
behandelt werden. Von der Wahrung rechtsstaatlicher
Grundsätze ist bei den Mitgliedstaaten der Europäischen
Union auszugehen; sie ist Voraussetzung für die Mitglied-
schaft in der Europäischen Union. Bei einer Verletzung fun-
damentaler Grundsätze, zu denen die Rechtsstaatlichkeit
zählt, durch einen Mitgliedstaat würden im Übrigen die
Sanktionsmechanismen des EU-Vertrages greifen.
Die Fraktion der PDS führte aus, dass sie diesen Zusatz für
überflüssig halte, dem Gesetzentwurf jedoch auch in dieser
Form zustimme, um eine möglichst zügige Ratifizierung des
Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs si-
cherzustellen.
In seiner Schlußabstimmung empfahl der Rechtsausschuss
einstimmig, den Gesetzentwurf mit der Maßgabe der Ergän-
zung in Artikel 1 um den Zusatz „soweit rechtsstaatliche
Grundsätze gewahrt sind.“, im Übrigen unverändert anzu-
nehmen.
Berlin, den 25. Oktober 2000
Margot von Renesse
Berichterstatterin
Norbert Röttgen
Berichterstatter
Volker Beck (Köln)
Berichterstatter
Jörg van Essen
Berichterstatter
Dr. Evelyn Kenzler
Berichterstatterin