BT-Drucksache 14/2288

Bau eines Atomkraftwerkes in der Türkei

Vom 1. Dezember 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2288
14. Wahlperiode 01. 12. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Horst Kubatschka, Doris Barnett, Dr. Axel Berg, Hans-Werner
Bertl, Friedhelm-Julius Beucher, Petra Bierwirth, Willi Brase, Ursula Burchardt,
Christel Deichmann, Marga Elser, Monika Ganseforth, Konrad Gilges, Monika
Griefahn, Klaus Hagemann, Christel Hanewinckel, Anke Hartnagel, Walter
Hoffmann (Darmstadt), Hans-Peter Kemper, Marianne Klappert, Christine Lehder,
Christoph Matschie, Ulrike Mehl, Ursula Mogg, Michael Müller (Düsseldorf), Jutta
Müller (Völklingen), Andrea Nahles, Dietmar Nietan, Günter Oesinghaus, Margot
von Renesse, Dr. Edelbert Richter, René Röspel, Wilhelm Schmidt (Salzgitter),
Heinz Schmitt (Berg), Gisela Schröter, Ilse Schumann, Reinhold Strobl (Amberg),
Sylvia Ingeborg Voß, Klaus Wiesehügel, Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Franziska Eichstädt-Bohlig, Winfried
Hermann, Michaele Hustedt, Dr. Angelika Köster-Loßack, Steffi Lemke,
Dr. Reinhard Loske, Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg), Christine Scheel,
Irmingard Schewe-Gerigk, Albert Schmidt (Hitzhofen), Christian Simmert,
Christian Sterzing, Hans-Christian Ströbele, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bau eines Atomkraftwerkes in der Türkei

Die Türkei plant den Bau eines Atomkraftwerkes. Der Standort gehört nach
Aussagen von Experten zu den erdbebengefährdeten Gebieten des Landes. So
hat es in der Region zuletzt 1998 ein Erdbeben gegeben. Die Auswirkungen ei-
nes nicht kontrollierbaren Störfalls, ausgelöst durch ein neuerliches Erdbeben,
hätte verheerende Folgen für die Menschen und die Umwelt im Mittelmeer-
raum und darüber hinaus.

In diesem Sinne fragen wir die Bundesregierung:

1. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über den Stand der Vor-
bereitung bei der türkischen Regierung für das geplante Reaktorbauprojekt
bei Akkuyu an der Südküste der Türkei vor?

2. Ist dieser Standort nach vorliegenden Informationen und aus Sicht der Bun-
desregierung vertretbar, obwohl dort mit Erdbeben einer Stärke gerechnet
werden muss, die die Sicherheit des geplanten Reaktors beeinträchtigt?

3. In welchem Maße sind die nach der Ausschreibung des Auftrags angebote-
nen Reaktoren hinsichtlich ihrer Sicherheitskonzepte gegen die Auswirkun-
gen von Erdbeben ausgelegt?

Drucksache 14/2288 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
4. Gibt es eine Stellungnahme der IAEO (Internationale Atomenergie-Orga-
nisation) zur Frage des Reaktorstandorts, und zu welcher Einschätzung
kommt sie?

5. Welche unabhängigen Stellungnahmen gibt es zu der Standortfrage?

Wie schätzt die Bundesregierung diese Voten ein?

6. Wie schätzt die Bundesregierung den Umstand ein, dass der Standort Ak-
kuyu in unmittelbarer Nachbarschaft zu Zypern liegen würde?

7. Ergibt sich daraus ein militärisches Sicherheitsproblem, zumal vor kurzem
der Plan zur Aufstellung von Raketen im griechisch regierten Teil der Insel
zu erheblicher politischer Unsicherheit in der Region geführt hat?

8. Wie ist vor diesem Hintergrund der mögliche Einfluss eines solchen AKW
auf den Tourismus in der Region einzuschätzen?

9. Welche sicherheitspolitischen Bedenken misst die Bundesregierung einem
solchen Reaktor in der Nahost-Region bei?

10. Ist die Türkei nach Informationen der Bundesregierung auf den Bau zusätz-
licher Kraftwerkskapazitäten angewiesen, um ihren Strombedarf zu decken?

11. Welche anderen Optionen gibt es, um den Energiebedarf insbesondere auf
Basis von höherer Energieeffizienz und erneuerbaren Energien zu decken?

12. Welche wirtschaftlichen und technischen Einsparpotentiale gibt es nach
den der Bundesregierung bekannten Informationen, um so den Energieum-
satz zu verringern?

13. Welche Hemmnisse stehen der Realisierung dieser Ziele entgegen, und wie
lassen sie sich gegebenenfalls entschärfen?

14. Welche deutschen Firmen sind nach Kenntnis der Bundesregierung an der
Bewerbung um den eventuellen Bau eines Atomkraftwerks beteiligt?

15. Werden in diesem Zusammenhang noch andere atompolitisch relevante
Projekte wie Endlager von deutschen Firmen mit geschäftlichem Interesse
verfolgt?

16. Werden deutsche Firmen bei der Bewerbung um den Bau eines solchen
Atomkraftwerks von deutschen Behörden unterstützt?

17. Sind deutsche Behörden in der Vergangenheit während der von den zustän-
digen Stellen in der Türkei erfolgten Planung des Reaktorprojektes in ir-
gendeiner Form beteiligt worden bzw. sind es noch?

18. Ist von der Bundesregierung geplant, eine Beteiligung deutscher Unterneh-
men mit Hermesbürgschaften oder mit anderen Finanzierungsinstrumenten
zu unterstützen?

19. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die Türkei bereits Mitte Oktober
1999 über die Auftragsvergabe an interessierte Unternehmen entscheiden
will, und wenn ja, sieht sie Möglichkeiten der Einflussnahme?

20. Sieht die Bundesregierung angesichts der atomaren Rüstung in Pakistan
und Indien Proliferationsprobleme in der Türkei?

Berlin, den 1. Dezember 1999

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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