Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.06.2016, Az. I ZB 5/16

1. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 9416

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Gegenstand

Zwangsvollstreckungsverfahren: Vollstreckung der Verurteilung eines Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung und zur Erstellung eines Wirtschaftsplans für ein zum Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung abgelaufenes Kalenderjahr


Leitsatz

1. Die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG für Kalenderjahre, in denen er die Verwaltung geführt hat, ist als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung gemäß § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Androhung von Zwangsmitteln und nicht als Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung gemäß § 887 Abs. 1 ZPO im Wege der Ersatzvornahme zu vollstrecken.

2. Die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung eines Wirtschaftsplans für ein Kalenderjahr nach § 28 Abs. 1 WEG ist nicht zu vollstrecken, wenn dieses Kalenderjahr zum Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung abgelaufen ist.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] - 19. Zivilkammer - vom 15. Dezember 2015 wird auf Kosten der Gläubiger zurückgewiesen.

Gegenstandswert: 4.784 €.

Gründe

1

I. Die Gläubiger sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Schuldnerin war jedenfalls bis zum Ende des Jahres 2014 die Verwalterin dieser [X.]. Sie wurde durch [X.] vom 3. November 2014 verurteilt, für die Wohnungseigentümergemeinschaft für die Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 jeweils eine Jahresabrechnung und für das Kalenderjahr 2014 einen Wirtschaftsplan aufzustellen und den Gläubigern Einsicht in die für die Wohnungseigentümergemeinschaft geführten Verwaltungsunterlagen zu gewähren.

2

Die Gläubiger betreiben die Zwangsvollstreckung aus dem [X.]. Nach ihrer Ansicht handelt es sich bei der Erstellung der Jahresabrechnungen und des Wirtschaftsplans um vertretbare Handlungen, die nicht nur von der Schuldnerin, sondern auch von einem anderen Hausverwalter vorgenommen werden können.

3

Die Gläubiger haben am 20. April 2015 beantragt, sie zu ermächtigen, die der Schuldnerin nach dem [X.] obliegende Verpflichtung, für die Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 jeweils eine Jahresabrechnung und für das Kalenderjahr 2014 einen Wirtschaftsplan aufzustellen, durch eine von ihnen zu beauftragende Hausverwaltung vornehmen zu lassen. Sie haben ferner beantragt, die Schuldnerin zu verpflichten, das Betreten und die Durchsuchung ihrer Geschäftsräume durch die beauftragte Hausverwaltung zu dulden und ihnen einen Kostenvorschuss von 4.784 € für die Erstellung der Jahresabrechnungen und des Wirtschaftsplans zu zahlen.

4

Das Amtsgericht hat dem Antrag der Gläubiger mit Beschluss vom 19. Juni 2015 stattgegeben. Gegen diese Entscheidung hat die Schuldnerin am 24. Juni 2015 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie hat geltend gemacht, das Amtsgericht habe die ihr gesetzte Frist zur Einreichung der Abrechnungen bis zum 30. Juni 2015 verlängert und hätte dem Antrag der Gläubiger daher nicht durch Beschluss vom 19. Juni 2015 stattgeben dürfen.

5

Die Schuldnerin hat den Verfahrensbevollmächtigten der Gläubiger am 30. Juni 2015 Jahresabrechnungen für die Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 und einen Wirtschaftsplan für das Kalenderjahr 2014 übersandt. Die Gläubiger haben diese Jahresabrechnungen und den Wirtschaftsplan mit der Begründung zurückgewiesen, diese stammten nicht von der Schuldnerin und seien zudem fehlerhaft.

6

Das Beschwerdegericht hat den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und den Antrag der Gläubiger zurückgewiesen. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Gläubiger ihren Antrag weiter. Die Schuldnerin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

7

II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung sei jedenfalls dann als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung zu vollstrecken, wenn sich die betreffenden Unterlagen noch im Besitz dieses Verwalters befänden. Für die Verurteilung zur Erstellung eines Wirtschaftsplans gelte im Streitfall nichts anderes, da dieser Wirtschaftsplan auch aus den Ausgaben des Vorjahres zu entwickeln sei. Zur Begründung hat das Beschwerdegericht ausgeführt:

8

Grundlage der Jahresabrechnung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft sei - wie bei der Betriebskostenabrechnung eines Vermieters - die Rechnungslegung über die Einnahmen und Ausgaben in der betreffenden Abrechnungsperiode. Eine solche Rechnungslegung setze verbindliche Erklärungen des Schuldners aufgrund seiner besonderen Kenntnisse voraus, die dementsprechend nur von diesem abgegeben werden könnten. Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft habe im Rahmen seiner Rechenschaftspflicht für die Vollständigkeit und Richtigkeit der während seiner Tätigkeit angefallenen Belege einzustehen. Dritte könnten entsprechende Erklärungen nicht abgeben. Die Schuldnerin habe die für die Erstellung der Jahresabrechnungen notwendigen Unterlagen weder den Gläubigern zugänglich gemacht noch an die neue Hausverwaltung herausgegeben; sie habe diesen auch keine Einsicht in die Unterlagen gewährt. Die Gläubiger hätten angesichts der von der Schuldnerin im Beschwerdeverfahren vorgelegten Abrechnungen einer Fremdfirma ausgeführt, sie akzeptierten nur eine persönliche Abrechnung durch die Schuldnerin. Zudem hätten sie Fehlbeträge in den Abrechnungen gerügt und beanstandet, dass die Einnahmen- und Ausgabenrechnung nicht mit den angegebenen Anfangs- und [X.] der Bankkonten übereinstimmten. Danach begehrten sie von der Schuldnerin auch eine Rechnungslegung.

9

[X.]. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie aber keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat den Vollstreckungsantrag der Gläubiger im Ergebnis mit Recht zurückgewiesen. Die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung für Kalenderjahre, in denen er die Verwaltung geführt hat, ist als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung und nicht als Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung zu vollstrecken (dazu [X.]). Die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung eines Wirtschaftsplans für ein Kalenderjahr ist nicht zu vollstrecken, wenn dieses Kalenderjahr zum [X.]punkt der Zwangsvollstreckung abgelaufen ist (dazu [X.] 2).

1. Die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 [X.] für Kalenderjahre, in denen er die Verwaltung geführt hat, ist als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung gemäß § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Androhung von Zwangsmitteln und nicht als Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung gemäß § 887 Abs. 1 ZPO im Wege der Ersatzvornahme zu vollstrecken.

a) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen [X.] erfolgen kann, so ist der Gläubiger gemäß § 887 Abs. 1 ZPO von dem Prozessgericht des ersten [X.] auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen. Kann eine Handlung durch einen [X.] nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten [X.] zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei.

b) Ein Titel hat eine nicht vertretbare Handlung zum Inhalt, wenn der zu vollstreckende Anspruch zu einer Handlung verpflichtet, die nicht durch einen [X.] vorgenommen werden kann, sondern ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängig ist, jedoch nicht in der Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO) besteht. Von einer nicht vertretbaren Handlung ist auch auszugehen, wenn ein Dritter Teile der Handlung vornehmen könnte ([X.], Beschluss vom 11. Mai 2006 - [X.], [X.], 2706 Rn. 12 mwN).

c) Die Schuldnerin ist durch das [X.] verurteilt worden, für die Wohnungseigentümergemeinschaft für die Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 jeweils eine Jahresabrechnung aufzustellen.

d) Die Frage, ob es sich bei der Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 [X.]) um die Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung (§ 887 Abs. 1 ZPO) oder einer nicht vertretbaren Handlung (§ 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO) handelt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

aa) Nach einer Ansicht handelt es sich bei dem Erstellen einer Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 [X.] um eine vertretbare Handlung. Die Aufstellung einer Jahresabrechnung sei keine höchstpersönliche Leistung, die allein der bestellte Verwalter erbringen könne; sie sei vielmehr jedem möglich, der über die nötigen Kenntnisse und Zahlungsbelege verfüge. Ein entsprechendes Urteil sei daher nach § 887 Abs. 1 ZPO durch Ersatzvornahme zu vollstrecken (BayObLG, Beschluss vom 15. November 1988 - [X.], juris Rn. 18 f.; [X.], [X.], 842; [X.], [X.], 482, 483 f.; [X.], [X.], 411 f.; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 28 Rn. 107 und 113; [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2005, § 28 [X.] Rn. 86 und 281; BeckOGK/[X.], § 28 [X.] Rn. 258 [Stand: 1. April 2016]; jurisPK-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 28 [X.] Rn. 41, 160 und 180 [Stand: 1. Oktober 2014]; [X.], [X.], 4. Aufl., § 28 Rn. 182c; [X.]., [X.] nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl., Rn. 945; MünchKomm.ZPO/[X.], 4. Aufl., § 887 Rn. 14; [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 13. Aufl., § 887 Rn. 12; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 887 Rn. 32; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 28 [X.] Rn. 1; [X.] in Kindl/[X.][X.], Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 887 ZPO Rn. 15; vgl. auch [X.], [X.], 11. Aufl., § 28 Rn. 148 und 239).

bb) Nach anderer Ansicht handelt es sich bei dem Erstellen einer Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 [X.] um eine nicht vertretbare Handlung, wenn der Verwalter die Abrechnung für ein Kalenderjahr aufstellt, in dem er selbst die Verwaltung geführt hat. Der Verwalter habe in einem solchen Fall bei der Abrechnung auch für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Belege einzustehen. Diese Pflicht könne allein er selbst und kein Dritter erfüllen. Ein entsprechendes Urteil sei daher nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Androhung von Zwangsmitteln zu vollstrecken (KG, NJW 1972, 2093 f.; [X.], [X.], 245, 246; [X.], [X.], 375, 376 f.; [X.], [X.] 2012, 283; [X.]/[X.], [X.], 75. Aufl., § 28 [X.] Rn. 1; [X.], [X.] 2012, 342).

e) Der zuletzt genannten Ansicht ist zuzustimmen.

aa) Hat der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine Jahresabrechnung für Kalenderjahre aufzustellen, in denen er selbst die Verwaltung geführt hat, ist seine Verpflichtung nicht auf die Auswertung der Belege beschränkt. Vielmehr hat er darüber hinaus für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Belege einzustehen. Diese Verpflichtung kann nur vom Verwalter und nicht von [X.] erfüllt werden. Das Beschwerdegericht hat mit Recht angenommen, dass sich die Jahresabrechnung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft insoweit nicht von der Betriebskostenabrechnung eines Vermieters unterscheidet, die gleichfalls verbindliche Erklärungen des Schuldners aufgrund seiner besonderen Kenntnisse voraussetzt. Die Verurteilung eines Vermieters zur Erteilung einer Betriebskostenabrechnung ist nach der Rechtsprechung des [X.] deshalb als Verurteilung zu einer nicht vertretbaren Handlung zu vollstrecken ([X.], [X.], 2706 Rn. 13).

bb) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, aus Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 28 [X.] ergebe sich, dass das Aufstellen eines Wirtschaftsplans und das Aufstellen einer Jahresabrechnung vertretbare Handlungen im Sinne von § 887 ZPO seien und es sich bei der Rechnungslegung um eine unvertretbare Handlung im Sinne von § 888 ZPO handele.

(1) Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat gemäß § 28 Abs. 1 [X.] jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan und gemäß § 28 Abs. 3 [X.] nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung aufzustellen. Darüber hinaus können die Wohnungseigentümer von dem Verwalter gemäß § 28 Abs. 4 [X.] durch Mehrheitsbeschluss jederzeit Rechnungslegung verlangen.

(2) Aus dem Umstand, dass § 28 [X.] zwischen dem Aufstellen eines Wirtschaftsplans, dem Aufstellen einer Jahresabrechnung und der Rechnungslegung unterscheidet und die Rechnungslegung als eigenen Anspruch ausgestaltet, folgt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht, dass es sich bei dem Aufstellen einer Jahresabrechnung um eine vertretbare Handlung im Sinne von § 887 ZPO handelt.

Der Wirtschaftsplan (§ 28 Abs. 1 [X.]) enthält die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.]). Dagegen enthalten die Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 [X.]) und die Rechnungslegung (§ 28 Abs. 4 [X.]) die bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bereits angefallenen Einnahmen und Ausgaben (vgl. [X.], Urteil vom 4. Dezember 2009 - [X.], NJW 2010, 2127 Rn. 10). Die Jahresabrechnung unterscheidet sich von der Rechnungslegung im Wesentlichen nur darin, dass die Jahresabrechnung vom Verwalter nach Ablauf eines Kalenderjahres aufzustellen ist, während die Rechnungslegung jederzeit von den Wohnungseigentümern durch Mehrheitsbeschluss vom Verwalter verlangt werden kann.

Der Verwalter ist demnach nicht nur im Falle der Rechnungslegung (vgl. dazu BayObLG, [X.] 2002, 585, 587; [X.]/[X.] aaO § 28 Rn. 188; aA [X.], [X.] aaO § 28 Rn. 194), sondern auch im Falle der Jahresabrechnung verpflichtet, über seine mit Einnahmen und Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Er hat den Wohnungseigentümern daher in beiden Fällen eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen (§ 259 Abs. 1 [X.]). Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen und die Ausgaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat er auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er diese nach bestem Wissen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei (vgl. § 259 Abs. 2 [X.]).

Soweit danach die Jahresabrechnung ebenso wie die Rechnungslegung die - durch eidesstattliche Versicherung zu erhärtende - (konkludente) Erklärung des Verwalters enthält, die bei seiner Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums angefallenen Einnahmen und Ausgaben nach bestem Wissen vollständig angegeben zu haben, setzt sie besondere Kenntnisse voraus, die nur der Verwalter haben kann, und handelt es sich um eine nicht vertretbare Handlung.

(3) Gegen die Annahme, die Jahresabrechnung könne nur von dem Verwalter erstellt werden, der die Verwaltung geführt hat, spricht - an[X.] als die Rechtsbeschwerde meint - nicht, dass bei einem Verwalterwechsel während des Kalenderjahres nach überwiegender Meinung (vgl. [X.]/[X.] aaO § 28 Rn. 110 mwN) nicht der alte, sondern der neue Verwalter die Abrechnung für das gesamte Kalenderjahr zu fertigen hat ([X.], [X.], 375, 377; [X.], [X.], 2668, 2670; aA BayObLG, Beschluss vom 15. November 1988 - [X.], juris Rn. 19; [X.], [X.], 842, 843, jeweils mwN).

Soweit der neue Verwalter die Jahresabrechnung für den [X.]raum erstellt, in dem der bisherige Verwalter die Verwaltung geführt hat, handelt es sich um eine vertretbare Handlung. Die Tätigkeit des neuen Verwalters ist insoweit notwendig auf die Auswertung der Unterlagen des früheren Verwalters und die geordnete Darstellung des Ergebnisses dieser Auswertung und damit auf eine Tätigkeit beschränkt, die jeder Fachkundige ausführen kann. Der neue Verwalter kann dagegen aus eigener Kenntnis keine Erklärung zur Vollständigkeit und Richtigkeit der seiner Abrechnung zugrunde liegenden Unterlagen des früheren Verwalters abgeben. Die Wohnungseigentümer können allerdings vom früheren Verwalter nach § 28 Abs. 4 [X.] die Rechnungslegung bis zum [X.]punkt seines Ausscheidens und damit eine Erklärung zur Vollständigkeit und Richtigkeit der während seiner Verwaltung angefallenen Unterlagen verlangen ([X.]/[X.] aaO § 28 Rn. 110 und 193; BeckOGK/[X.] aaO § 28 [X.] Rn. 109). Ein entsprechender Titel gegen den früheren Verwalter betrifft eine nicht vertretbare Handlung und ist nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu vollstrecken (BayObLG, [X.] 2002, 585, 587; [X.] in Kindl/[X.][X.] aaO § 887 ZPO Rn. 15).

Soweit der neue Verwalter die Jahresabrechnung für den [X.]raum erstellt, in dem er selbst die Verwaltung geführt hat, handelt es sich dagegen um eine unvertretbare Handlung. Insoweit erschöpft sich seine Abrechnung nicht in der Auswertung der Unterlagen und der geordneten Darstellung des Ergebnisses dieser Auswertung. Vielmehr enthält die Abrechnung aus Sicht der Wohnungseigentümer darüber hinaus die (konkludente) Erklärung des neuen Verwalters, seine Abrechnung erfasse die im [X.]raum seiner Verwaltung angefallenen Einnahmen und Ausgaben vollständig und richtig. Diese Erklärung kann nur der neue Verwalter abgeben. Allein er kann beurteilen, ob die ausgewerteten Unterlagen die in der [X.] seiner Verwaltung angefallenen Einnahmen und Ausgaben vollständig und richtig erfassen.

Die Wohnungseigentümer haben ein berechtigtes Interesse, dass der Verwalter, der in einem Kalenderjahr die Verwaltung geführt hat, für dieses Kalenderjahr die Jahresabrechnung aufstellt oder - bei einem Verwalterwechsel - für den [X.]raum, in dem er die Verwaltung geführt hat, Rechnung legt. Allein der Verwalter, der die Verwaltung geführt hat, kann und muss den Wohnungseigentümern mit seiner Abrechnung dafür einstehen, dass er die im Abrechnungszeitraum angefallenen Einnahmen und Ausgaben vollständig und richtig erfasst hat.

(4) Die Rechtsbeschwerde macht weiter ohne Erfolg geltend, eine Abrechnung gemäß § 28 Abs. 1 [X.] schließe nicht die Erklärung ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit ein, weil jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch aus § 28 Abs. 4 [X.] auf Berichtigung oder Ergänzung einer inhaltlich unrichtigen oder unvollständigen Abrechnung habe. Es kommt nicht darauf an, ob der allgemeine Grundsatz, dass eine inhaltliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung keinen Berichtigungsanspruch, sondern nur einen Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach sich zieht, nicht für die Abrechnung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft gilt und Wohnungseigentümer in erster Linie einen Anspruch auf Berichtigung oder Ergänzung einer inhaltlich unrichtigen oder unvollständigen Abrechnung haben, weil diese Abrechnung vor allem die Beitragspflicht der einzelnen Wohnungseigentümer endgültig festlegt und der Verwalter die richtige Grundlage hierfür als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung zu schaffen hat ([X.], [X.], 842, 843; [X.]/[X.] aaO § 28 [X.] Rn. 280). Auch wenn die Wohnungseigentümer die Berichtigung oder Ergänzung einer inhaltlich unrichtigen oder unvollständigen Abrechnung beanspruchen können, werden sie der Abrechnung des Verwalters, der die Verwaltung geführt hat, die (konkludente) Erklärung entnehmen, die seiner Abrechnung zugrunde liegenden Belege seien inhaltlich richtig und vollständig.

f) Die Rechtsbeschwerde macht allerdings zutreffend geltend, dass es - entgegen der Ansicht des [X.] - für die Frage, ob es sich bei der Erstellung einer Jahresabrechnung um eine vertretbare oder um eine nicht vertretbare Handlung handelt, nicht darauf ankommt, ob sich die betreffenden Unterlagen noch im Besitz des Verwalters befinden. Befinden sich die Unterlagen nicht mehr im Besitz des Verwalters, können die Gläubiger dem Verwalter den Besitz der Unterlagen verschaffen. Sind sie selbst nicht im Besitz dieser Unterlagen, können sie von deren Besitzer die Herausgabe verlangen (vgl. [X.], Beschluss vom 29. November 1999 - 20 [X.], juris Rn. 9). Darüber hinaus kann der ehemalige Verwalter von dem neuen Verwalter die Herausgabe der Unterlagen oder die Einsicht in die Unterlagen beanspruchen ([X.], [X.] 1975, 157, 161; [X.]/[X.] aaO § 28 Rn. 110). Im Streitfall befinden sich die für die Erstellung der Jahresabrechnungen notwendigen Unterlagen nach den Feststellungen des [X.] ohnehin noch im Besitz der Schuldnerin.

2. Die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung eines Wirtschaftsplans für ein Kalenderjahr nach § 28 Abs. 1 [X.] ist nicht zu vollstrecken, wenn dieses Kalenderjahr zum [X.]punkt der Zwangsvollstreckung abgelaufen ist.

a) Der Schuldner ist nicht nur im Verfahren der [X.], sondern auch im Verfahren der Zwangsvollstreckung nach §§ 887, 888 ZPO mit seinem Einwand zu hören, der vollstreckbare Anspruch sei erfüllt ([X.], Beschluss vom 5. November 2004 - [X.], [X.]Z 161, 67, 71 ff.; Beschluss vom 6. Juni 2013 - [X.]/12, NJW-RR 2013, 1336 Rn. 9 f. mwN). Entsprechendes gilt für den Fall, dass der Schuldner zum [X.]punkt der Zwangsvollstreckung nicht mehr zur Vornahme der Handlung verpflichtet ist, wenn der vollstreckbare Anspruch - wie hier - durch [X.]ablauf erloschen ist.

b) Der Anspruch auf Erstellung eines Wirtschaftsplans für ein Kalenderjahr erlischt mit dem Ablauf dieses Kalenderjahres. Mit dem Ablauf des Kalenderjahres endet die Pflicht zur Aufstellung eines Wirtschaftsplans und entsteht die Pflicht zur Aufstellung einer Jahresabrechnung (vgl. [X.]/[X.] aaO § 28 [X.] Rn. 1; vgl. [X.]/[X.] aaO § 28 Rn. 55). Der titulierte Anspruch auf Erstellung eines Wirtschaftsplans für das Kalenderjahr 2014 war danach bereits erloschen, als die Gläubiger am 20. April 2015 ihren Antrag auf Zwangsvollstreckung gestellt haben.

c) Es kommt im vorliegenden Fall daher nicht darauf an, ob die titulierte Verpflichtung zur Aufstellung eines Wirtschaftsplans grundsätzlich nach § 887 Abs. 1 ZPO und nicht nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO vollstreckbar ist, weil der Wirtschaftsplan keine konkludente Verwaltererklärung über Richtigkeit oder Vollständigkeit erfordert (vgl. [X.]/[X.] aaO § 28 [X.] Rn. 1; [X.]/[X.] aaO § 28 Rn. 53). Es kommt ferner nicht darauf an, ob - wie das Beschwerdegericht angenommen hat - die titulierte Verpflichtung zur Aufstellung eines Wirtschaftsplans jedenfalls dann nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu vollstrecken ist, wenn dieser Wirtschaftsplan auch aus den Ausgaben des Vorjahres zu entwickeln ist.

IV. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] auf Kosten der Gläubiger (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

Büscher                     Schaffert                           [X.]

                  Koch                         Fed[X.]en

Meta

I ZB 5/16

23.06.2016

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Stuttgart, 15. Dezember 2015, Az: 19 T 311/15

§ 887 Abs 1 ZPO, § 888 Abs 1 S 1 ZPO, § 28 Abs 1 WoEigG, § 28 Abs 3 WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.06.2016, Az. I ZB 5/16 (REWIS RS 2016, 9416)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 3536 WM 2016, 1744 REWIS RS 2016, 9416

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