Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.04.2014, Az. III R 19/12

3. Senat | REWIS RS 2014, 6351

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Gegenstand

(Kindergeld - Wegfall der Arbeitsuchendmeldung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nach § 38 SGB III n.F.)


Leitsatz

1. Hat die Agentur für Arbeit das arbeitsuchende Kind aus der Vermittlung abgemeldet, fehlt es aber an einer wirksamen Bekanntgabe der Einstellungsverfügung nach § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung (SGB III n.F.), hängt der Fortbestand der Arbeitsuchendmeldung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG davon ab, ob das arbeitsuchende Kind eine Pflichtverletzung begangen hat, welche die Agentur für Arbeit nach § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III n.F. zur Einstellung der Vermittlung berechtigt hat.

2. Ist in einem solchen Fall die Vermittlung mangels einer beachtlichen Pflichtverletzung des arbeitsuchenden Kindes zu Unrecht eingestellt worden, besteht die Arbeitsuchendmeldung für Zwecke des Kindergeldrechts zeitlich unbefristet --ggf. bis zum Erreichen des 21. Lebensjahres-- fort.

Tatbestand

1

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der am ... April 1990 geborene [X.] ([X.]) des [X.] und Revisionsbeklagten (Kläger) im [X.]treitzeitraum Februar bis Oktober 2010 als arbeitsuchendes Kind zu berücksichtigen ist.

2

[X.] war seit April 2009 bei der [X.] ([X.]) arbeitsuchend gemeldet. [X.] bezog er nicht. Er setzte sich letztmals im August 2009 mit der [X.] in Verbindung. Anfang des Monats Dezember 2009 nahm er einen Termin bei der [X.] ohne Angabe von Gründen nicht wahr. Die von der [X.] versandte Mitteilung, dass sie beabsichtige, die Arbeitsvermittlung einzustellen, blieb unbeantwortet. Die [X.] fertigte mit Datum vom ... Januar 2010 ein [X.]chreiben, in dem sie ausführte, dass sie die Arbeitsvermittlung einstelle. Daraufhin meldete sie [X.] mit Wirkung zum ... Januar 2010 aus der Arbeitsvermittlung ab.

3

Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse ... --Familienkasse [X.]) hob die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom ... November 2010 ab Februar 2010 auf, weil [X.] bei der [X.] nicht mehr als arbeitsuchendes Kind gemeldet sei. Zugleich forderte sie den Kläger auf, das für den [X.]treitzeitraum gewährte Kindergeld in Höhe von ... € zu erstatten. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom ...).

4

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage, mit welcher der Kläger die Aufhebung des Aufhebungsbescheids für den [X.]treitzeitraum begehrte, mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2012, 1476 veröffentlichten Urteil vom 1. März 2012  14 K 1209/11 Kg statt. Es entschied, [X.] sei gemäß § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der für den [X.]treitzeitraum maßgeblichen Fassung (E[X.]tG) als Kind zu berücksichtigen. [X.] habe sich im April 2009 bei der [X.] arbeitsuchend gemeldet. Dieser [X.]tatus sei nicht entfallen, weil die [X.] keine wirksame Einstellungsverfügung nach § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 des Dritten Buchs [X.]ozialgesetzbuch in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung ([X.]GB III n.F.) erlassen habe. Die Einstellungsverfügung sei ein Verwaltungsakt i.[X.]. des § 31 des Zehnten Buchs [X.]ozialgesetzbuch ([X.]GB X). Der Kläger habe bestritten, dass [X.] die Einstellungsverfügung erhalten habe. Den Nachweis dafür, dass [X.] die Einstellungsverfügung gleichwohl zugegangen sei, habe die [X.] nicht geführt (§ 37 Abs. 2 [X.]atz 3 [X.]GB X). Die Berücksichtigung des [X.] scheitere auch nicht daran, dass er sich letztmals im August 2009 bei der [X.] gemeldet habe. § 38 Abs. 3 [X.]GB III n.F. führe nicht mehr dazu, dass die Meldung automatisch nach drei Monaten entfalle.

5

Die Familienkasse [X.] rügt mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das [X.] habe § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 1 E[X.]tG i.V.m. § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. unzutreffend ausgelegt. Da keine ausdrückliche steuerliche Regelung bestehe, wann der einmal begründete [X.]tatus als Arbeitsuchender wegfalle, sei insoweit auf § 38 [X.]GB III zurückzugreifen. Während nach § 38 Abs. 4 [X.]GB III in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung ([X.]GB III a.F.) die Meldung eines [X.] Kindes bei der Arbeitsvermittlung der [X.] nur drei Monate [X.] habe, sei nach § 38 Abs. 3 [X.]GB III n.F. die Dauer der Arbeitsvermittlung nicht mehr zeitlich befristet. Allerdings komme nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) der Meldung bzw. Abmeldung keine echte Tatbestandswirkung zu (Urteile vom 25. [X.]eptember 2008 III R 91/07, [X.]E 223, 354, B[X.]tBl II 2010, 47; vom 7. April 2011 III R 24/08, [X.]E 233, 44, B[X.]tBl II 2012, 210). Maßgeblich seien die Umstände des Einzelfalls. Danach hätten im [X.]treitfall die Voraussetzungen für einen weiteren Vermittlungsanspruch des [X.] nicht vorgelegen, weil er den für Anfang Dezember 2009 angesetzten Termin unentschuldigt nicht wahrgenommen und damit seine Mitwirkungspflicht verletzt habe. Eine derartige Pflichtverletzung habe bereits nach § 38 [X.]GB III a.F. zu einem Wegfall der Meldung als Arbeitsuchender geführt. Im Übrigen hätte [X.] allein aufgrund des Zeitablaufs bezweifeln müssen, dass er noch bei der [X.] arbeitsuchend gemeldet sei. Immerhin habe sein letzter Kontakt im August 2009 stattgefunden. Aus der Gesetzesbegründung zu § 38 [X.]GB III n.F. ergebe sich, dass die letzte Meldung nicht beliebig lange fortgelten könne. Mit der Neufassung sollte u.a. erreicht werden, dass sich [X.] nicht nur wegen des Bezugs von Kindergeld arbeitsuchend melden und Vermittlungsversuche nicht länger wirkungslos bleiben würden (vgl. BTDrucks 16/10810, [X.]. 30).

6

Die Familienkasse [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Der [X.]enat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

II.

9

Die Familienkasse ... der [X.] ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der [X.] Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der [X.], Ausgabe Mai 2013, [X.]. 6 ff.) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Familienkasse XY eingetreten (vgl. BFH-Urteil vom 22. August 2007 [X.], [X.], 533, [X.], 109, unter II.1.).

III.

Die Revision ist begründet. [X.]ie führt zur Aufhebung des [X.] und zur Zurückverweisung der [X.]ache an das [X.] (§ 126 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]O).

Zu Unrecht hat das [X.] entschieden, dass allein wegen des Fehlens einer wirksam bekanntgegebenen Einstellungsverfügung gemäß § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. die Meldung als Arbeitsuchender i.[X.]. des § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 1 E[X.]tG zeitlich unbefristet fortbesteht. In einem derartigen Fall ist darauf abzustellen, ob das arbeitsuchende Kind die Pflichten, auf welche § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. Bezug nimmt, nicht erfüllt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben (unten 1.). Führt diese Prüfung zu dem Ergebnis, dass die [X.] die Vermittlung zu Recht eingestellt hat, entfällt der Kindergeldanspruch mit Ablauf des Monats, in dem das arbeitsuchende Kind von der [X.] aus der Vermittlung abgemeldet wurde (unten 2.). [X.]ollte die [X.] die Vermittlung hingegen zu Unrecht eingestellt haben, besteht die Meldung und damit der Kindergeldanspruch zeitlich unbefristet --ggf. bis zum Erreichen des 21. Lebensjahres-- fort (unten 3.). Im [X.]treitfall reichen die Feststellungen des [X.] nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob [X.] eine solche Pflichtverletzung begangen hat (unten 4.).

1. Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 [X.]atz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 1 E[X.]tG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, beim Kindergeld berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer [X.] im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.

Vorliegend ist allein streitig, ob der von [X.] im Monat April 2009 begründete [X.]tatus als Arbeitsuchender durchgehend im [X.]treitzeitraum bestanden hat. Da keine ausdrückliche steuerliche Regelung besteht, wann dieser durch die Meldung begründete [X.]tatus entfällt, sind für das Kindergeld die Vorschriften des [X.]ozialrechts, hier insbesondere § 38 [X.]GB III, heranzuziehen ([X.]enatsurteil vom 19. Juni 2008 III R 68/05, [X.], 349, B[X.]tBl II 2009, 1008, unter [X.]). Mit Wirkung ab 1. Januar 2009 wurde § 38 [X.]GB III durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 ([X.], 2917) geändert.

a) Der Wegfall der [X.] setzt --entgegen der Rechtsansicht des [X.]-- nicht konstitutiv die wirksame Bekanntgabe der Einstellungsverfügung nach § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. voraus. Ist --wie im [X.]treitfall-- tatsächlich eine Abmeldung des [X.] Kindes aus der Vermittlung erfolgt, fehlt es aber an einer wirksam bekanntgegebenen Einstellungsverfügung, hängt der Fortbestand der [X.] davon ab, ob das arbeitsuchende Kind eine Pflichtverletzung begangen hat, welche die [X.] nach § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. zur Einstellung der Vermittlung berechtigt.

aa) § 38 Abs. 3 [X.]GB III n.F. beschränkt die Pflicht zur Vermittlung des [X.] --im Gegensatz zu § 38 Abs. 4 [X.]atz 2 [X.]GB III a.F. (vgl. dazu [X.]enatsurteil in [X.], 349, B[X.]tBl II 2009, 1008, unter [X.])-- nicht mehr auf drei Monate; sie besteht grundsätzlich unbefristet fort ([X.]/ [X.], [X.]GB III, § 38 Rz 58). Allerdings kann die [X.] gegenüber dem [X.], der --wie [X.]-- nicht unter § 38 Abs. 3 [X.]atz 1 [X.]GB III n.F. fällt (u.a. [X.]), die Vermittlung gemäß § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. einstellen, wenn dieser die ihm nach § 38 Abs. 2 [X.]GB III n.F., der Eingliederungsvereinbarung oder dem Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 3 [X.]atz 4 [X.]GB III n.F. obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Für diesen Fall sieht § 38 Abs. 3 [X.]atz 3 [X.]GB III n.F. als neue "[X.]anktion" den Ausschluss von der Vermittlung für zwölf Wochen vor (sog. Vermittlungssperre; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 38 Rz 60).

Insoweit hat das [X.] --in Übereinstimmung mit dem sozialrechtlichen [X.]chrifttum (vgl. dazu z.B. [X.]/[X.], a.a.[X.], § 38 Rz 61; [X.] in [X.]/[X.]chmidt-DeCaluwe/[X.], [X.]ozialgesetzbuch III, 5. Aufl., § 38 Rz 71) und der Rechtsprechung der [X.]ozialgerichte (vgl. [X.]ächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 3. Juli 2013 L 3 [X.] 78/12, Informationen zum Arbeitslosenrecht und [X.]ozialhilferecht 2013, 258, unter [X.] zutreffend entschieden, dass die Einstellungsverfügung ein Verwaltungsakt i.[X.]. des § 31 [X.]GB X ist, und daneben für den [X.]enat insoweit bindend festgestellt (vgl. § 118 Abs. 2 [X.]O), dass es im [X.]treitfall mangels feststellbaren Zugangs an einem solchen Verwaltungsakt fehlt.

bb) In solchen Fällen ist mit Blick auf den Fortbestand der [X.] maßgeblich darauf abzustellen, ob das arbeitsuchende Kind eine die [X.] zur Einstellung der Vermittlung berechtigende Pflichtverletzung nach § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. begangen hat.

Das Fachschrifttum hat sich mit der Rechtsfrage, ob bei Fehlen eines Verwaltungsaktes nach § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. die [X.] --unabhängig davon, ob das arbeitsuchende Kind im Vermittlungsprozess eine beachtliche Pflichtverletzung begangen [X.] zeitlich unbefristet fortbesteht, noch nicht näher auseinandergesetzt. [X.]oweit es sich mit den kindergeldrechtlichen Folgen des § 38 [X.]GB III n.F. beschäftigt, wird lediglich ausgeführt, dass der Kindergeldanspruch nicht mehr eine erneute Meldung nach Ablauf von drei Monaten voraussetzt ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Kommentar, § 32 Rz 321; Bilsdorfer, Neue juristische Wochenschrift 2011, 2913, 2916; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 38 Rz 65; vgl. auch [X.]iegers, E[X.] 2009, 2043).

Für die Rechtsauffassung des [X.]enats spricht zum einen der [X.]inn und Zweck der [X.], zum anderen das in § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 E[X.]tG zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Gesamtkonzept, wonach nur Kinder in besonders förderwürdigen [X.]ituationen zu berücksichtigen sind.

Nach der Gesetzesbegründung zu § 38 Abs. 3 [X.]GB III n.F. bemängelte die [X.], dass sich ein Teil der [X.] nur wegen des Bezugs von Kindergeld meldete. Mit der Neuregelung sollte daher die [X.] im Zusammenspiel mit der Aufnahme des § 309 [X.]GB III in die Mitwirkungspflichten des [X.] (vgl. § 38 Abs. 1 [X.]atz 6 [X.]GB III n.F.) die Möglichkeit erhalten, Arbeitsuchende einzuladen und von Beginn der Arbeitsuche an wirksam in den Vermittlungsprozess einzubeziehen (BTDrucks 16/10810, [X.]. 30). Dem lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber mit § 38 Abs. 3 [X.]GB III n.F. (u.a.) verhindern wollte, dass für [X.], die nicht ernsthaft Arbeit suchen, Mitnahmeeffekte beim Kindergeld erzielt werden können. Kommt das arbeitsuchende Kind den ihm obliegenden Pflichten nicht nach, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, fehlt es an einer ernsthaft betriebenen Arbeitsuche. Es besteht kein Grund, die [X.] für Zwecke des Kindergeldrechts fortbestehen zu lassen. Außerdem befindet sich das Kind in einem solchen Fall aufgrund seiner fehlenden Mitwirkung nicht länger in einer förderwürdigen [X.]ituation.

b) Bei Prüfung der Frage, ob das arbeitsuchende Kind eine die [X.] zur Einstellung der Vermittlung berechtigende Pflichtverletzung nach § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. begangen hat, ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

aa) [X.]ollte zwischen den Beteiligten unstreitig sein, dass die [X.] die Vermittlung zu Recht eingestellt hat, kann infolge der Abmeldung ohne weiteres von dem Wegfall der [X.] ausgegangen werden. [X.]ollten diesbezüglich jedoch Meinungsverschiedenheiten bestehen, bleibt zu prüfen, ob das arbeitsuchende Kind die ihm obliegenden Pflichten, auf welche § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. Bezug nimmt, nicht erfüllt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Der tatsächlich erfolgten Abmeldung durch die [X.] kommt --jedenfalls bei Fehlen einer wirksam bekanntgegebenen [X.] keine [X.] zu. Die Familienkassen und Finanzgerichte haben daher selbst zu prüfen, ob eine nach § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. beachtliche Pflichtverletzung vorliegt.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach der Neufassung des § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III eine Einstellung der Vermittlung nicht mehr bei jeglicher Form der nicht ausreichenden Mitwirkung in Betracht kommt (zur Rechtslage bis 31. Dezember 2008 vgl. § 38 Abs. 2 [X.]GB III a.F.). Nunmehr ist erforderlich, dass einer der in § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. genannten Fälle (Verstoß gegen § 38 Abs. 2 [X.]GB III n.F., gegen die Eingliederungsvereinbarung oder den Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 3 [X.]atz 4 [X.]GB III n.F.) vorliegt (vgl. dazu auch [X.], in [X.]/[X.]chmidt-DeCaluwe/[X.], a.a.[X.], § 38 Rz 73). Die vom [X.] zu beachtende allgemeine Meldepflicht (§ 309 [X.]GB III) ist jedoch in § 38 Abs. 1 [X.]atz 6 [X.]GB III n.F., nicht --wie in § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. angeführt-- in dessen Abs. 2 geregelt. Danach kann nicht mehr jede Terminversäumnis zur Einstellung der Vermittlung berechtigen. Vielmehr muss die Terminversäumnis eine nach § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. beachtliche Pflichtverletzung begründen bzw. mit der Nichterfüllung einer der in dieser Vorschrift genannten Pflichten im Zusammenhang stehen. [X.]o kommt eine Einstellung der Vermittlung bei einer Terminversäumnis beispielsweise dann in Betracht, wenn die entsprechende Pflicht zum Erscheinen in der Eingliederungsvereinbarung vereinbart ist.

bb) Das [X.] hat den [X.]achverhalt nach den oben entwickelten Maßstäben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ggf. unter Anhörung des Kindes oder mit Hilfe von Zeugeneinvernahmen (vgl. [X.]enatsurteil vom 17. Dezember 2008 III R 60/06, [X.], 908, zu § 38 Abs. 2 [X.]GB III a.F.). Beruft sich die Familienkasse auf das Vorliegen einer beachtlichen Pflichtverletzung, trägt sie die Feststellungslast dafür, dass dem [X.] Kind eine entsprechende Pflicht oblegen hat. Umgekehrt trägt der Kindergeldberechtigte die Feststellungslast dafür, dass das Kind die ihm obliegenden Pflichten erfüllt oder nur aufgrund des Vorliegens eines wichtigen Grundes verletzt hat (vgl. [X.]enatsurteil in [X.], 908, zu § 38 Abs. 2 [X.]GB III a.F.).

c) Lediglich der Vollständigkeit halber weist der [X.]enat darauf hin, dass in Fällen, in denen --anders als hier-- eine wirksam bekanntgegebene Einstellungsverfügung vorliegt, sich die Frage nach der [X.] dieses Verwaltungsakts stellt (vgl. dazu [X.]enatsurteil vom 15. März 2012 III R 82/09, [X.], 539, B[X.]tBl II 2013, 226, unter II.3.; [X.]teinhauff, Der AO-[X.]teuer-Berater 2010, 271). Der [X.]enat neigt dazu, diesem ressortfremden Verwaltungsakt --was vorliegend jedoch nicht zu entscheiden ist-- [X.] beizumessen, so dass die Familienkassen und Finanzgerichte an ein durch diesen Verwaltungsakt ggf. ausgelöstes Erlöschen der [X.] gebunden wären.

2. Nach alledem lässt sich aus dem vorstehend Gesagten für den Fall einer zwar nicht wirksam bekanntgegebenen Einstellungsverfügung, gleichwohl aber inhaltlich zu Recht erfolgten Einstellung der Vermittlung ableiten, dass der Kindergeldanspruch nach Ablauf des Monats entfällt, in dem das arbeitsuchende Kind von der [X.] aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet wurde.

3. [X.]ollte diese Prüfung jedoch ergeben, dass die [X.] die Vermittlung mangels einer beachtlichen Pflichtverletzung zu Unrecht eingestellt hat, besteht die Meldung für Zwecke des Kindergeldrechts zeitlich unbefristet --ggf. bis zum Erreichen des 21. Lebensjahres-- fort.

Dabei verkennt der [X.]enat nicht, dass bei Fehlen einer wirksam bekanntgegebenen Einstellungsverfügung (§ 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F.) und im Übrigen unberechtigter Einstellung der Vermittlung der Vermittlungsanspruch des [X.] gegenüber der [X.] fortbesteht und deshalb nach wie vor ein Rechtsverhältnis zwischen dem [X.] und der [X.] existiert, das als Grundlage für ungeschriebene Mitwirkungspflichten des [X.] herangezogen werden könnte. Letztendlich sieht sich der [X.]enat jedoch aufgrund der Wertungen des Gesetzgebers nicht dazu in der Lage, aus diesem Rechtsverhältnis zu Lasten des Kindes eine nicht kodifizierte Melde- oder Erkundigungspflicht gegenüber der [X.] zu begründen. Zum einen hat der Gesetzgeber der [X.] die Möglichkeit eingeräumt, Arbeitsuchende wirksam in den Vermittlungsprozess einzubinden. Hierfür muss die [X.] allerdings entsprechende Aktivitäten entfalten. Unterbleiben diese aufgrund einer zu Unrecht erfolgten Einstellung der Vermittlung, kann dies nicht dem Kläger angelastet werden. Zum anderen hat der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 38 [X.]GB III n.F. mehr Transparenz für die Beteiligten schaffen wollen (BTDrucks 16/10810, [X.]. 30). Bei Begründung einer gesetzlich nicht kodifizierten (ungeschriebenen) Melde- oder Erkundigungspflicht würde jedoch genau das Gegenteil bewirkt werden.

4. Unter Anwendung der dargestellten Grundsätze reichen die Feststellungen des [X.] nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die [X.] des [X.] mit Ablauf des Monats Januar 2010 wegen einer nach § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. beachtlichen Pflichtverletzung weggefallen ist.

Das [X.] hat aus seiner [X.]icht diese Frage zu Recht nicht geprüft. Es hat insoweit für den [X.]enat lediglich bindend festgestellt (vgl. § 118 Abs. 2 [X.]O), dass [X.] den für Anfang Dezember 2009 angesetzten Termin ohne Angaben von Gründen nicht wahrgenommen hat und dass eine von der [X.] über die beabsichtigte Einstellung der Arbeitsvermittlung versandte Mitteilung unbeantwortet geblieben ist. Diese Feststellungen reichen jedoch nicht zur Prüfung der Frage aus, ob [X.] die ihm nach § 38 Abs. 2 [X.]GB III n.F., einer Eingliederungsvereinbarung oder einem Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 3 [X.]atz 4 [X.]GB III n.F. obliegenden Pflichten nicht erfüllt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Insbesondere führt nicht jedes Nichterscheinen zu einem Termin ohne Angabe von Gründen zu einem derartigen Verstoß (vgl. oben [X.]). Vielmehr ist erforderlich, dass eine Pflichtverletzung vorliegt, die unter einen der in § 38 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]GB III n.F. genannten Fälle zu fassen ist.

Das [X.] hat die hierfür erforderlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Meta

III R 19/12

10.04.2014

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 1. März 2012, Az: 14 K 1209/11 Kg, Urteil

§ 32 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 38 Abs 2 SGB 3, § 38 Abs 4 S 2 SGB 3, § 37 SGB 3, § 38 Abs 2 SGB 3, § 38 Abs 3 S 2 SGB 3, § 38 Abs 3 S 3 SGB 3, § 31 SGB 10, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.04.2014, Az. III R 19/12 (REWIS RS 2014, 6351)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6351

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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L 10 AL 71/20

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