Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2012, Az. AnwZ (Brfg) 23/12

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2012, 5318

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 23/12

vom

23. Juni 2012

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-

2

-

Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter
Prof. Dr. König und
[X.] sowie
die Rechtsanwälte Dr. Frey und Dr. Martini
am
23. Juni 2012

beschlossen:

Der
Antrag
der
Klägerin
auf Zulassung der [X.]erufung gegen das ihr am 8. März 2012 zugestellte Urteil des 1. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs
wird abgelehnt.

Die
Klägerin
trägt die
Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des
Zulassungsverfahrens
wird auf 50.000

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf ihrer Rechtsanwaltszulas-sung wegen [X.] (§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]). Der [X.] hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag der Klä-gerin auf Zulassung der [X.]erufung.

1
-

3

-

II.

Der Antrag, mit dem die Klägerin den Zulassungsgrund ernstlicher Zwei-fel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1
VwGO) geltend macht, ist zulässig, aber unbegründet.

1. Über das Vermögen der Klägerin ist durch [X.]eschluss des Amtsge-richts W.

vom 8.
Juli 2010 (

IN

) wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Nach §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] wird deshalb ein Vermögensverfall der Klägerin kraft Gesetzes vermutet. Solange das Insolvenzverfahren läuft, ist die Grundlage dieser Vermutung nicht entfal-len. Geordnete Vermögensverhältnisse sind erst wieder hergestellt, wenn dem Schuldner entweder durch [X.]eschluss des Insolvenzgerichts die [X.] angekündigt wurde (§
291 Abs.
1 [X.]) oder ein vom Insolvenzgericht bestätigter Insolvenzplan (§ 248 [X.]) oder angenommener [X.] (§ 308 [X.]) vorliegt, bei dessen Erfüllung der Schuldner von seinen übrigen Forderungen gegenüber den Gläubigern befreit wird (vgl. nur Senats-beschlüsse vom 31. Mai 2010 -
AnwZ ([X.]) 27/09, Z[X.] 2010, 1380 Rn. 12, vom
28. Oktober 2011 -
AnwZ ([X.]) 20/11, [X.], 106
Rn. 8
und vom 4. April 2012 -
AnwZ ([X.]) 62/11, juris Rn. 4). Diese Voraussetzungen lagen zu
dem nach der Senatsrechtsprechung (vgl. [X.]eschlüsse
vom 29.
Juni
2011
-
AnwZ
([X.]) 11/10, [X.]GHZ 190, 187 Rn.
9
ff.
und vom 28. Oktober 2011, aaO Rn. 7)
für die [X.]eurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens -
hier [X.]escheid der [X.]e-klagten vom 26.
Mai 2011
-
nicht vor; die [X.]eurteilung zeitlich späterer -
im Übri-gen mit dem Zulassungsantrag nicht einmal behaupteter -
Entwicklungen ist einem
Wiederzulassungsverfahren vorbehalten. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass der Insolvenzverwalter ihre Anwaltskanzlei am 30.
August 2010 2
3
-

4

-

nach § 35 Abs. 2 [X.] frei gegeben hat, beseitigt dies weder die Insolvenz noch den Vermögensverfall (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 26.
November 2007
-
AnwZ
([X.]) 96/06, juris Rn.
9, vom 21.
März 2011 -
AnwZ
([X.]) 37/10, [X.], 464 Rn.
7,
und vom 28.
September 2011 -
AnwZ
([X.]) 29/11, Z[X.] 2012, 140 Rn.
4).

2. Wie der [X.]estimmung des §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich ein
Rechtsanwalt in Vermögensverfall [X.]. Die Freigabe durch den Insolvenzverwalter ist insoweit nicht entschei-dungserheblich. Maßgeblich für diesen ist allein, welche der gesetzlichen Alter-nativen für die Masse vorteilhafter ist. Entscheidet er sich für den Verbleib in der Masse, so fließen dieser die Erträge aus der selbständigen Tätigkeit zu. Sie haftet dann aber auch für die hieraus resultierenden Verbindlichkeiten. Gibt er hingegen die selbständige Tätigkeit frei, so fließt zwar dem Insolvenzschuldner der Neuerwerb aus ihr zu. Er haftet jedoch nunmehr auch für die entstehenden Neuverbindlichkeiten. Darüber hinaus unterliegt er der Ablieferungspflicht nach §
35 Abs.
2 Satz
2 [X.] i.V.m. §
295 Abs.
2 [X.]. Hieraus folgt, dass eine Kanzleifreigabe regelmäßig dann erfolgen wird, wenn der Verwalter die Ein-nahmen aus der selbständigen Tätigkeit eher niedrig einschätzt und das Risiko vermeiden will, dass die Masse mit Verbindlichkeiten aus dieser Tätigkeit belas-tet wird. In diesem Sinne hat auch hier der Insolvenzverwalter seine Frei-gabeerklärung vom 30. August 2010 darauf gestützt, dass die berufliche Tätig-keit der Klägerin "unter [X.] nicht zur Erwirtschaftung eines [X.] für die Insolvenzmasse führen wird. Jedoch ist bei
Führung zu Lasten des Verfahrens mit erheblichen Ansprüchen Dritter, insbesondere der Finanzbehörden, zu rechnen". Eine Gefährdung der Interessen der [X.] wird damit allein durch die Freigabe weder ausgeschlossen noch ver-4
-

5

-

mindert (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 26. November 2007, aaO Rn.
10 und vom 21.
März 2011, aaO Rn.
8). Auch der bloße Antrag auf Erteilung der Rest-schuldbefreiung genügt insoweit nicht; die Gefährdung entfällt erst mit dem [X.]e-schluss nach § 289 [X.] (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2010, aaO Rn. 15 m.w.[X.]). Anhaltspunkte dafür, dass hier einer der seltenen Ausnahmefälle vor-liegt, in denen ansonsten nach der Senatsrechtsprechung eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall verneint werden kann
(vgl.
hierzu Senatsbeschlüsse vom 31. Mai 2010, aaO Rn. 16 und 28.
September 2011, aaO Rn. 5, jeweils m.w.[X.]), sind nicht ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.] i.V.m.
§
154 Abs.
2
VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
194 Abs.
2
Satz
1 [X.].

Tolksdorf
König

[X.]

Frey
Martini

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 08.03.2012
-
1 [X.] 9/11 -

5

Meta

AnwZ (Brfg) 23/12

23.06.2012

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2012, Az. AnwZ (Brfg) 23/12 (REWIS RS 2012, 5318)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5318

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