Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.08.2014, Az. VIII R 41/13

8. Senat | REWIS RS 2014, 3279

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Gegenstand

Rechtliche Einordnung der vertraglichen Beziehungen in einem Schneeballsystem als stille Gesellschaft - Zufluss von Kapitaleinnahmen - Beachtlichkeit von Tilgungsbestimmungen - Keine Bindung des BFH an unzutreffende rechtliche Qualifikation des FG in Bezug auf einen Vertragstypus


Leitsatz

NV: Der Senat hält daran fest, dass die im Senatsurteil vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04 (BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190) beurteilte Rechtsbeziehung zwischen den Anlegern und dem Betreiber des Schneeballsystems als stille Beteiligung des Anlegers einzuordnen ist .

Tatbestand

1

[X.]. Der 1985 gegründeten [[X.].] --im Folgenden: [[X.].]-- wurde durch das Gewerbeaufsichtsamt … der Betrieb eines Unternehmens mit dem Gegenstand der "Unternehmensberatung und Vermittlung von [[X.].]apitalanlagen" gestattet, das diese im Jahr 1986 aufnahm. Alleiniger Gesellschafter/Geschäftsführer der [[X.].] war [[X.].].

2

Die [[X.].] warb insgesamt ca. 2 800 [[X.].]unden als [[X.].]apitalanleger an, davon allein im [[X.].]aum [[X.].] ca. 2 000 Anleger. Sie betätigte sich im Bereich der Termingeschäfte, später handelte sie mit Finanzterminkontrakten an verschiedenen US-Börsen.

3

Die [[X.].]lägerin und [[X.].]evisionsbeklagte ([[X.].]lägerin) war mit [[X.].] persönlich bekannt. Sie stellte am 22. Juli 1987 bei der [[X.].] einen "Antrag auf [[X.].]ontoeröffnung und [[X.].]ontoführung", wobei ihr im Antragsformular der [[X.].] das "Treuhandkonto Nr. …" beim kontoführenden Broker zugewiesen wurde. Die auf dem Antragsformular enthaltenen allgemeinen Geschäftsbedingungen der [[X.].] sind inhaltlich mit den Geschäftsbedingungen identisch, die der Senat in seinem Urteil vom 28. Oktober 2008 V[X.][X.][X.] [[X.].] 36/04 ([[X.].], 166, [[X.].], 190) wiedergegeben hat.

4

Die [[X.].]lägerin leistete folgende Zahlungen zur Anlage:

22. Juli 1987

… DM

        

18. August 1987

… DM

        

21. Oktober 1987

… DM

        

7. Juli 1988

… DM

        

11. September 1992

… DM

        

15. Oktober 1992

… DM

        

6. März 1996

… DM

        

Summe 

200.000 DM

        

5

Bis 1993 wurden die Börsengeschäfte über das Brokerhaus [X.] getätigt. Nach Angaben des [[X.].] konnte die [[X.].] durch [X.] bis 1993 einen Gewinn in Höhe von 1 Mio. US-$ realisieren. Nach 1993 wickelte die [[X.].] die Geschäfte über das Brokerhaus [X.] ab, wo [[X.].] 1993 zwei [[X.].]onten für die [[X.].] eröffnete, ein Aktien- bzw. [[X.].]ommoditykonto und ein [[X.].]onto, auf dem [X.] verbucht wurden. Vollmacht für beide [[X.].]onten hatte ausschließlich [[X.].], der auch allein die Anlageentscheidungen traf. Für beide [[X.].]onten wurden keine Unterkonten auf den Namen einzelner Anleger geführt.

6

Sowohl die seitens der [[X.].] erwirtschafteten Gewinne als auch die Gelder der Anleger wurden durch Verluste des Jahres 1993 größtenteils aufgebraucht. [[X.].] begann, in den Abrechnungen gegenüber den Anlegern Transaktionen zu fingieren, um die Verluste zu vertuschen. Zwischen 1993 und 1998 zahlte er den Anlegern weitgehend Scheingewinne als [[X.].]enditen aus. [[X.].]eale Börsengeschäfte führte die [[X.].] letztmals 1998 aus; danach wurden sämtliche Geschäfte gegenüber den Anlegern fingiert.

7

1998 kam es zu einer Änderung des [[X.].]reditwesengesetzes, die bei der [[X.].] zu einer Prüfung durch die Aufsichtsbehörden und zur Genehmigungspflicht für deren Tätigkeit geführt hätte. [[X.].] wollte dem entgehen.

8

Die Anleger wurden daher im Laufe des Jahres 1999 veranlasst, ihre Anlagen auf einen sog. "P-Pool", der von der [X.] gehalten werden sollte, zu übertragen. Die Anteile dieser [X.] waren sämtlich dem [[X.].] --unter Zwischenschaltung zweier von ihm erworbener und mittels Generalvollmacht geführter [X.], der [X.] und der [X.] zuzurechnen. Das Aktienkapital der [X.] (1 Mio. US-$) wurde durch [X.] der [[X.].]unden aufgebracht.

9

[X.]n einem [[X.].]undschreiben der [[X.].] vom 16. September 1999 an die Anleger setzte die [[X.].] diese davon in [[X.].]enntnis, dass Gewinne aus persönlichen [X.] oberhalb eines Freibetrages von 1.000 DM nach dem [X.] steuerpflichtig würden. Es bestehe jedoch [X.] die [[X.].]-- die Möglichkeit, über nichteuropäische Fonds bzw. [X.]nvestmentanteile weiterhin nichtbesteuerte Gewinne zu erzielen. Die [[X.].] habe deshalb in [X.] einen [X.]nvestmentfonds gegründet und schlage vor, die bisherige Anlagesumme darin einzubringen. Es werde sich [X.] die [[X.].] in diesem [[X.].]undschreiben-- lediglich die Form der Abwicklung zukünftig derart ändern, dass der Anleger anstatt einer Abrechnung einzelner Handelsgeschäfte eine Abrechnung über die Entwicklung eines Fonds erhalten werde.

Auf der Grundlage eines Zeichnungsprospektes konnten die Anleger der [[X.].] sich nunmehr für die Anlage in einem von drei [X.]nvestmentvermögen (im Folgenden: [X.]) entscheiden. Aus diesen [X.]nvestmentvermögen heraus sollten [X.] durchgeführt werden und der [[X.].] als Vermittlerin nach wie vor 8 % Vermittlungsgebühr bzw. Agio verbleiben.

Per 4. Januar 1999 stellte die [[X.].]lägerin daraufhin ihre [[X.].]apitalanlage um. Sie zeichnete beim "P-Pool 2" (Termingeschäfte mit Währungen und Edelmetallen) einen Anteil in Höhe des zum 9. Dezember 1999 für sie bei der [[X.].] geführten Anlagekapitals in Höhe von 786.849 US-$.

Tatsächlich wurden weiterhin keine Anlagegeschäfte vorgenommen. Die Anlagekapitalien der Anleger wurden von [[X.].] auf ein DM-[[X.].]onto bei der [[X.].]reissparkasse S eingezahlt. Anschließend wurden sie auf ein anderes, auf [X.], [[X.].]onto bei der [[X.].]reissparkasse umgetauscht. Bei Auszahlungen wurden die Beträge dann wieder auf das DM-[[X.].]onto umgebucht. [X.] aller [[X.].]onten, die entweder auf den Namen der [[X.].] oder der [X.] bzw. B [X.]ncorporation lauteten, war jeweils [[X.].]. [[X.].] erstellte weiterhin gegenüber den Anlegern fiktive Abrechnungen.

[X.]m Oktober 2001 führten Ermittlungsmaßnahmen gegen die [[X.].] zum Ende der Geschäftstätigkeit. [X.]m November 2001 wurde über das Vermögen der [[X.].] das [X.]nsolvenzverfahren eröffnet. [[X.].] wurde später wegen Betruges zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

       

Die [[X.].]lägerin erhielt für die Streitjahre 1996 bis 2000 und das [[X.].]alenderjahr 2001 insgesamt folgende Gutschriften und Auszahlungen:        

        

[X.]

davon ausgezahlt

davon Erhöhung des Anlagekapitals

1996   

… DM

… DM

… DM

1997   

… DM

… DM

… DM

1998   

… DM

… DM

… DM

1999   

… DM

… DM

… DM

2000   

… DM

… DM

… DM

2001   

… DM

… DM

… DM

Summe 

3.356.333,79 DM

745.703,37 DM

2.610.630,42 DM

Sie hatte in den Streitjahren 1996 bis 2000 weder die ausgezahlten noch die gutgeschriebenen oder von der [[X.].] bescheinigten Erträge in ihren Steuererklärungen als Einkünfte aus [[X.].]apitalvermögen erklärt und war bestandskräftig veranlagt worden. Der Beklagte und [[X.].]evisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) erließ unter dem 10. Dezember 2002 [X.] für die Streitjahre, die er auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung [[X.].]) stützte und in denen er die [X.] als Einnahmen aus [[X.].]apitalvermögen ansetzte.

Das anschließende Einspruchsverfahren ruhte zunächst im Hinblick auf ein "Musterverfahren", das durch das Urteil des [X.] ([X.]) in [[X.].], 166, [[X.].], 190 entschieden wurde.

Das [X.] änderte im [[X.].]ahmen der Einspruchsentscheidung vom 18. November 2010 die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 1996, indem es die Einkünfte aus [[X.].]apitalvermögen der [[X.].]lägerin auf 120.369 DM herabsetzte. Zudem erging unter dem 18. November 2010 ein geänderter Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2001. Die Einsprüche der [[X.].]lägerin wies das [X.] im Übrigen als unbegründet zurück.

Bei der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2001 gewährte das [X.] der [[X.].]lägerin eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen. Es ging in Höhe von 2.610.630 DM von negativen Einnahmen aus [[X.].]apitalvermögen aus. Dieser Betrag entsprach der Summe der [X.] abzüglich der ausgezahlten Erträge. Hieraus ergab sich für die [[X.].]lägerin ein Verlustrücktrag in das Streitjahr 2000. Das [X.] änderte daraufhin die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2000 mit Bescheid vom 2. Dezember 2010.

Das Finanzgericht ([X.]) hat der anschließend erhobenen [[X.].]lage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2013, 1236 mitgeteilten Gründen überwiegend stattgegeben.

Mit der [[X.].]evision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Bundesrechts.

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] des Saarlandes vom 16. Mai 2013  1 [[X.].] 1680/10 aufzuheben und die [[X.].]lage abzuweisen.

Die [[X.].]lägerin beantragt,
die [[X.].]evision als unbegründet zurückzuweisen.

Die [[X.].]lägerin verteidigt die Vorentscheidung. Zwischen ihr und der [[X.].] sei die Vermittlung von Eigenanlagen durch die [[X.].] vereinbart worden. Selbst bei Auslegung der Vereinbarung als Abschluss eines Vertrags über die Begründung einer stillen Gesellschaft sei zu berücksichtigen, dass eine solche wegen Verstößen der [[X.].] gegen die Vorgaben der Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagenvermittler, Bauträger und Baubetreuer ([X.]) vom 7. November 1990 (BGBl [X.] 1990, 2479) gemäß § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nichtig gewesen sei und der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden dürfe. [X.]m Hinblick auf die Möglichkeit eines Zuflusses im Wege der Gutschrift oder Novation verweist die [[X.].]lägerin auf die Ausführungen des [X.]. Die [[X.].] sei keine leistungsfähige und -willige Schuldnerin gewesen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Die Sache ist auch spruchreif (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die [X.]lage wird abgewiesen, denn die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre verletzen die [X.]lägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O).

1. Entgegen der Auffassung des [X.] liegt der Einkünfteerzielung der [X.]lägerin in den Streitjahren kein Eigenhandel mit Termingeschäften zugrunde, in dessen Rahmen die einzelnen Geschäfte durch die [X.] vermittelt und von dieser als Treuhänderin mit Hilfe eines Brokers abgewickelt wurden. Die [X.]lägerin hat sich an der [X.] still beteiligt und Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben.

a) Die abweichende Würdigung der Vereinbarung zwischen der [X.]lägerin und der [X.] als Geschäftsbesorgungsverhältnis durch das [X.] hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Der Streitfall weist keine Besonderheiten zu dem vom Senat zum identischen Vertragswerk und für weitgehend identische Streitjahre im Urteil in [X.], 166, [X.], 190 entschiedenen Streitfall auf. Die tatsächlichen und vertraglichen Rahmenbedingungen der Anlage der [X.]lägerin an der [X.] führen auch hier zur Einordnung der Vereinbarung als Abschluss einer stillen Beteiligung der [X.]lägerin an der [X.].

b) Die abweichende tatsächliche und rechtliche Würdigung des [X.] beruht fast ausschließlich auf dem Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und des Anlageprospekts der [X.]. Die von den Vertragsparteien gewählten Formulierungen haben jedoch nur eine indizielle Bedeutung und schließen eine davon abweichende rechtliche Beurteilung nicht aus, da entscheidend für die Qualifikation der Rechtsbeziehung zwischen der [X.]lägerin und der [X.] ist, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt und verwirklicht haben ([X.]-Urteil vom 22. Juli 1997 VIII R 57/95, [X.], 21, [X.] 1997, 755, unter [X.]). Der [X.] kann die [X.] Rechtsanwendung gehörende-- rechtliche Einordnung des von den Vertragspartnern Gewollten am Maßstab der jeweils einschlägigen Normen nachprüfen, sofern das [X.] --wie hier-- revisibles Recht ausgelegt hat. Er darf eine unzutreffende rechtliche Qualifikation, welchem Vertragstypus ein vereinbartes Rechtsverhältnis zuzuordnen ist, richtigstellen (s. Lange in [X.]/[X.]/[X.], § 118 [X.]O Rz 197, m.w.N.).

c) Wie der Senat in [X.], 166, [X.], 190 (das Urteil des [X.] Rheinland-Pfalz vom 10. Februar 2004  2 [X.] 1550/03, E[X.] 2004, 1211 insoweit bestätigend) unter Würdigung des identischen Vertragswerks und derselben Motivlage eines anderen Anlegers für weitgehend identische Streitjahre entschieden hat, ist entscheidend darauf abzustellen, dass die Anleger der [X.] den Willen hatten, dieser Geld zu überlassen, damit diese Terminkontrakte tätigen und daraus Gewinne erwirtschaften konnte, wobei es den Anlegern (auch der [X.]lägerin) nicht auf bestimmte Anlagen, sondern darauf ankam, mit einer hohen Rendite an diesen Anlagen zu partizipieren. Im Streitfall ist kein Umstand ersichtlich, der zu einer anderen Beurteilung des tatsächlich Gewollten als im [X.]-Urteil in [X.], 166, [X.], 190 Anlass gibt. Es ist hingegen unbeachtlich, dass aus Sicht der Anleger (hier: der [X.]lägerin) deren Motive --insbesondere das Motiv, Geschäfte mit bestimmten steuerlichen Rechtsfolgen tätigen zu wollen-- nicht verwirklicht wurden.

aa) Die [X.]lägerin und die [X.] haben sich daher zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden und nicht lediglich eigene Zwecke verfolgt, sodass die Rechtsbeziehung zwischen der [X.] und der [X.]lägerin für die gesamte Dauer der Anlage und während aller Streitjahre im Sinne einer Risikogemeinschaft als Gesellschaftsvertrag zu qualifizieren war ([X.]-Urteil in [X.], 166, [X.], 190). Die [X.]lägerin hat zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks beigetragen, indem sie der [X.] auf unbestimmte Zeit in Teilbeträgen insgesamt 200.000 DM als [X.]apital überließ, mit dem die [X.] Handelsgeschäfte (Geldanlagen) betreiben sollte. Dieses [X.]apital verkörperte ihren Gesellschafterbeitrag (die stille Einlage) und ging in das Vermögen der [X.] über. Deren Beitrag zur [X.] bestand in der Übernahme der Verpflichtung, die Geldanlage unter Einsatz des von den Anlegern als [X.]ern bereitgestellten [X.]apitals zu betreiben. Die [X.]apitalanlagen bargen sowohl erhebliche Gewinnchancen als auch beträchtliche Risiken, die nicht nur in der erwähnten [X.] der [X.]lägerin und der [X.], sondern auch im Fehlen jeglicher Sicherheiten begründet waren.

bb) Für das in Form einer Risikogemeinschaft von Anfang an konkludent vereinbarte Gesellschaftsverhältnis spricht zudem, dass den Anlegern eine erhebliche Erfolgsbeteiligung (70 % des Gewinns erhielt die [X.]lägerin, 30 % die [X.]) an den durchgeführten Geschäften zugesagt war und sie --bis zur Höhe ihres [X.] an den Verlusten aus den getätigten Handelsgeschäften beteiligt war (Nr. 12 a und b der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.]). Eine derartige Risikogemeinschaft, vor allem die Vereinbarung der [X.], bildet ein typisches Merkmal eines [X.]. Nicht gegen die Bildung einer [X.] sprechen die Umstände, dass in den [X.] diese Bezeichnung nicht erwähnt wurde und keine ausdrücklichen [X.]ontrollrechte der Anleger vereinbart waren (s. zum Ganzen [X.]-Urteil in [X.], 166, [X.], 190).

cc) Schließlich bewirkte auch die Umschichtung der Einlage der [X.]lägerin auf den "P-Pool 2" wegen des ansonsten unverändert gebliebenen Geschehensablaufs keine Änderung (s. [X.]-Urteil in [X.], 166, [X.], 190).

[X.]) Zudem hält der Senat an seiner Würdigung in [X.], 166, [X.], 190 fest, dass mit Annahme eines [X.]apitalnutzungsverhältnisses die seitens der [X.] getätigten Termingeschäfte der [X.]lägerin als solche nicht direkt zugerechnet werden können (s. hierzu z.B. [X.]-Urteil in [X.], 21, [X.] 1997, 755, unter II.1.c).

2. Da die Vorentscheidung auf einer abweichenden Rechtsauffassung beruht, ist sie aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif. Die [X.]lage wird abgewiesen.

a) Die [X.]lägerin hat in den Streitjahren Einkünfte aus ihrer stillen Beteiligung an der [X.] gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG in Höhe der gutgeschriebenen Renditen --welche zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstreitig und in den angefochtenen Bescheiden berücksichtigt worden sind-- erzielt.

aa) Die "Renditen" wurden der [X.]lägerin von der [X.] nach Abschluss des jeweiligen (fingierten) Geschäfts per Abrechnung mitgeteilt und ihrer Einlagesumme (dem Anteil an der [X.]) gutgeschrieben. Sie hatte die freie Wahl, sich diese gutgeschriebenen "Renditen" auszahlen zu lassen oder aber wiederanzulegen, d.h. zum Zwecke der Erhöhung ihrer Einlage zu verwenden. Die [X.]lägerin hat diese Dispositionsbefugnis ausgeübt und sich dafür entschieden, teilweise auf die sofortige Auszahlung der Renditen zu verzichten und die Beträge stattdessen zur Aufstockung der Einlage zu verwenden. Dies führte --da die [X.] in den Streitjahren eine leistungsbereite und -fähige Schuldnerin war (s. unter [X.] bereits auf Grundlage der Gutschriften zum Zufluss i.S. von § 11 EStG. Denn eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten bewirkt einen Zufluss, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuld zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht ([X.]-Urteile vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, [X.]E 140, 542, [X.] 1984, 480; in [X.], 21, [X.] 1997, 755; vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, [X.]E 197, 126, [X.] 2002, 138; vom 18. Dezember 2001 IX R 74/98, [X.]/NV 2002, 643; vom 14. Dezember 2004 VIII R 5/02, [X.]E 209, 423, [X.] 2005, 739; VIII R 81/03, [X.]E 209, 438, [X.] 2005, 746; in [X.], 166, [X.], 190 - Verfassungsbeschwerde nicht angenommen: Beschluss des [X.] vom 9. Juli 2009  2 BvR 2525/08; vom 16. März 2010 VIII R 4/07, [X.]E 229, 141, [X.] 2014, 147; vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12, [X.]E 244, 406, [X.] 2014, 461).

bb) Da die [X.] der [X.]lägerin die Gutschriften mit der maßgeblichen Tilgungsbestimmung erteilt hat, die ausgewiesenen Erträge sollten auf deren Gewinnbeteiligung entfallen, sind die Gutschriften --entgegen der Auffassung des [X.]-- als Einnahmen aus der stillen Beteiligung zu behandeln (zur Abgrenzung von [X.] und [X.] bei stillen Beteiligungen aufgrund der Tilgungsbestimmung s. [X.]-Urteil in [X.], 21, [X.] 1997, 755, unter II.2.d). Der erkennende Senat hat sich in der Entscheidung in [X.]E 244, 406, [X.] 2014, 461 mit den gegen diese Rechtsprechung erhobenen zivilrechtlichen Einwänden zur Unbeachtlichkeit von [X.] bei rein fiktiver Anlagetätigkeit des [X.] auseinandergesetzt und hält an seiner Rechtsprechung fest.

cc) Zudem steht die von der [X.]lägerin angeführte Nichtigkeit der Vereinbarungen der [X.]lägerin mit der [X.] gemäß § 134 BGB wegen etwaiger Verstöße der [X.] gegen die Vorgaben der [X.] der Besteuerung der gutgeschriebenen Erträge nicht entgegen. Die [X.]lägerin und die [X.] haben untereinander alle wirtschaftlichen Folgen des vereinbarten [X.] eintreten und bestehen lassen. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Rechtsgeschäft unwirksam ist oder es wird, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen.

b) Die [X.] wäre, hätte die [X.]lägerin statt der Wiederanlage der gutgeschriebenen "Renditen" deren Auszahlung gewählt, entgegen der Auffassung des [X.] zu den betreffenden Zeitpunkten zu solchen Auszahlungen auch bereit und fähig gewesen.

aa) Im hier zu beurteilenden Zeitraum (1996 bis 2000) ist die [X.] nach den bindenden Feststellungen des [X.] allen Auszahlungsverlangen der [X.]lägerin prompt nachgekommen. Die [X.]lägerin ließ sich in den Streitjahren entweder feste monatliche Beträge (zwischen 5.000 DM/7.000 DM/10.000 DM und zuletzt 25.000 DM) und daneben auf gesonderte Aufforderung hin [X.] auszahlen. Sie hat noch im Jahr 2001 insgesamt immerhin 236.291 DM aus den vereinbarten regelmäßigen monatlichen Auszahlungen und daneben angeforderten [X.]n erhalten. Für die Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft der [X.] spricht nicht nur der Umfang der an die [X.]lägerin geleisteten Zahlungen, sondern weiter auch die Tatsache, dass die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit den Geschäftsaktivitäten der [X.] eher zufällig, nämlich im Zuge der Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen den [X.] eines [X.]apitalanlegers, aufgenommen wurden. Erst in der weiteren Folge mündeten diese letztlich in die Verhaftung des [X.] und den Antrag der [X.] auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Oktober 2001. Der Zufluss von ([X.]apital-)Einnahmen i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG durch bloße Gutschrift in den Büchern des Schuldners ist daher im Streitfall anzunehmen, denn die [X.]lägerin als Gläubigerin konnte nach den gesamten Umständen des [X.] davon ausgehen, dass sie, hätte sie statt des "[X.]" des gutgeschriebenen Betrages dessen Auszahlung gewählt, den betreffenden Betrag von der [X.] ohne weiteres Zutun ausgezahlt bekommen hätte ([X.]-Urteil in [X.]E 197, 126, [X.] 2002, 138).

bb) Ob während des Zeitraums der Erteilung von Gutschriften eine Deckungslücke zwischen den der [X.] tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den bestehenden Forderungen aller Anleger, wenn diese hypothetisch auf einen Schlag zu befriedigen wären, bestanden hat, ist für den Zufluss unbeachtlich. Eine solche Deckungslücke steht dem Zufluss jedenfalls so lange nicht entgegen, wie das Schneeballsystem als solches funktioniert, d.h. die Auszahlungsverlangen der Anleger ohne Einschränkung bedient werden ([X.]-Urteile in [X.]E 229, 141, [X.] 2014, 147; in [X.]E 244, 406, [X.] 2014, 461). Von der Wertlosigkeit des nach einer Wiederanlage erhöhten Anspruchs auf Rückzahlung der Einlage der [X.]lägerin ist in den Streitjahren nicht auszugehen, da ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] erst im Folgejahr 2001 gestellt wurde (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]-Urteile in [X.], 166, [X.], 190, m.w.N.; in [X.]E 244, 406, [X.] 2014, 461).

cc) Umstände, die vor Eintritt der generellen Zahlungsunfähigkeit auf die fehlende Leistungsbereitschaft und -fähigkeit der [X.] schließen lassen könnten, sind im Streitfall nicht ersichtlich. Es ist weder vorgetragen noch anhand der Akten erkennbar, dass die [X.] konkreten und berechtigten (d.h. fälligen) Auszahlungsbegehren der [X.]lägerin nur "schleppend" (zögerlich) oder überhaupt nicht nachgekommen sein könnte oder auf einen berechtigten Auszahlungswunsch der [X.]lägerin hin die sofortige Auszahlung abgelehnt und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandelt hätte (vgl. näher zum Ausschluss des Zuflusses in diesen Fällen [X.]-Urteile in [X.]E 197, 126, [X.] 2002, 138; in [X.]E 229, 141, [X.] 2014, 147).

3. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

VIII R 41/13

27.08.2014

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 16. Mai 2013, Az: 1 K 1680/10, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 4 EStG 1990, § 8 Abs 1 EStG 1990, § 11 Abs 1 S 1 EStG 1990, § 8 Abs 1 EStG 1997, § 11 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 20 Abs 1 Nr 4 EStG 1997, § 230 HGB, § 118 Abs 2 FGO, § 41 Abs 1 S 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.08.2014, Az. VIII R 41/13 (REWIS RS 2014, 3279)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3279

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