Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2009, Az. II ZR 27/08

II. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 5751

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[X.] vom 12. Januar 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GmbHG § 38 Abs. 2; BGB § 626 Abs. 1 Zur Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund wegen eines unheilba-ren [X.] mit einem Mitgeschäftsführer bei einer Zweipersonen-GmbH. [X.], Beschluss vom 12. Januar 2009 - [X.]/08 - [X.] [X.] - 2 - [X.] [X.] hat am 12. Januar 2009 durch [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.] wird das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 5. Dezember 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an den 6. Zivilsenat des [X.] zurückverwiesen. Streitwert: 164.000,00 • Gründe: Die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.] ist begründet und führt gemäß §§ 544 Abs. 7, 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Aufhebung des angefochte-nen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen [X.]at des [X.]. 1 Das Berufungsgericht hat, indem es in Abänderung des [X.] die Unwirksamkeit der in der [X.] der [X.] vom 18. Juli 2006 beschlossenen Abberufung des [X.] und der gleichzeitigen Kündigung seines Anstellungsverhältnisses festgestellt hat, den Anspruch der [X.] auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) in ent-scheidungserheblicher Weise verletzt. 2 - 3 - [X.] Das Berufungsgericht hat sich bei seiner der Klage stattgebenden Ent-scheidung im [X.] nur mit einem Teil des [X.], nämlich der Frage befasst, ob die unstreitig gegebene tief greifende Zerrüttung des Verhältnisses der Gesellschafter-Geschäftsführer von dem Kläger maßgeblich verursacht worden ist. Zwar war das Berufungsgericht insoweit grundsätzlich nicht an einer - von dem [X.] abweichenden - tatrichterlichen Würdigung des festge-stellten Sachverhalts gehindert. Jedoch durfte es sich bei seiner die [X.] von Abberufung und Kündigung feststellenden Entscheidung nicht dar-auf beschränken, ein vom Kläger ([X.], unheilbares Zerwürfnis zwischen den beiden Geschäftsführern zu verneinen; es war vielmehr gehalten, wenn es anders als das [X.] in diesem [X.] allein kei-nen wichtigen Grund finden konnte, sich mit den von der [X.] darüber hinaus dem Kläger vorgeworfenen weiteren "wichtigen Gründen" für dessen Abberufung von seinem Geschäftsführeramt und die gleichzeitige außerordent-liche Kündigung seines Anstellungsvertrages in verfahrensrechtlich einwand-freier Weise auseinandersetzen. 3 I[X.] Das hat das Berufungsgericht unter Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) versäumt, weil es entscheidungserheblichen, unter Beweis gestellten Vortrag der [X.] im Hinblick auf derartige Pflicht-verletzungen des [X.] als für den kaufmännischen Bereich verantwortlicher Geschäftsführer nicht oder allenfalls vordergründig in den Blick genommen und gewürdigt hat. 4 1. So hat die Beklagte u.a. bereits in der Klageerwiderung und nochmals in der [X.] dezidiert und unter Beweisantritt behauptet, der Kläger habe als verantwortlicher Geschäftsführer für den kaufmännischen Be-reich pflichtwidrig die Jahresabschlüsse 2004 und 2005 nicht beim Finanzamt eingereicht, auch sei der Jahresabschluss 2003 nicht vollständig erstellt [X.] - 4 - den; ferner sei seit Gründung der [X.] niemals ein [X.] beim Registergericht eingereicht worden. 6 a) Bereits dieses Vorbringen ist entscheidungserheblich, weil nach der Rechtsprechung des [X.]ats die Verletzung von Buchführungspflichten, insbe-sondere die Nichteinreichung der Jahresabschlüsse beim Finanzamt, eine schwerwiegende Pflichtverletzung des hierfür verantwortlichen [X.] darstellt (vgl. [X.].Urt. v. 28. Januar 1985 - [X.], GmbHR 1985, 256). b) Das Berufungsgericht war seiner Verpflichtung, diesem eine Abberu-fung und Kündigung des [X.] aus wichtigem Grund rechtfertigenden [X.] der [X.] nachzugehen, nicht etwa dadurch enthoben, dass es gemeint hat, eine einseitige Zuweisung von Verantwortung zu Lasten des [X.] lasse sich wegen "unerlässlicher Mitwirkung beider Gesellschafter" nicht ohne weiteres feststellen. Mit dieser lapidaren und vordergründigen Erwägung verkennt das Berufungsgericht offensichtlich den [X.] des Vorwurfs der [X.], die in diesem Zusammenhang auf die insoweit unstreitige interne Res-sortzuständigkeit des [X.] verweist. 7 Unstreitig war der Kläger - von Beruf Rechtsanwalt - auf satzungsrechtli-cher Grundlage im Wege der internen Geschäftsverteilung bei der [X.] für den kaufmännischen Bereich und damit sowohl für die Aufstellung des [X.] im Sinne der Zusammenfassung der Zahlen der Buchführung zum Ende des Geschäftsjahres nach den Regeln der kaufmännischen Buchführung (vgl. § 41 GmbHG, §§ 242, 264 HGB) als auch für die Einreichung der [X.] beim Registergericht und beim Finanzamt verantwortlich, während die [X.] [X.]

, von Beruf Krankenschwester, für den tech-nischen Bereich der Altenpflege im Rahmen des Gesellschaftszwecks [X.] - 5 - dig war. Diese Aufgabenverteilung bei der Geschäftsführung und damit die in-terne Verantwortlichkeit des [X.] für die ihm vorgeworfenen [X.] ist unabhängig davon, dass letztlich die abschließende Entscheidung über die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts eine Gesamtge-schäftsführungsmaßnahme darstellt; denn dass etwa die [X.] [X.] ihren Mitwirkungspflichten bei der abschließenden Gesamtentschei-dung über die Aufstellung der intern vom Kläger "abschlussfertig" vorzuberei-tenden Jahresabschlüsse oder gar bei den - den Gesellschaftern obliegenden - Bilanzfeststellungen (§ 46 Nr. 1 GmbHG) nicht nachgekommen wäre, behauptet nicht einmal der Kläger. 2. Die Beklagte hat weiter vorgetragen, dass nach B. Nr. 1 d der [X.] die Abrechnung des [X.] jährlich nach Vorlage des Jahresabschlusses der [X.] innerhalb der handels-rechtlichen Frist vorgenommen werden sollte. Aufgrund der - dem Kläger anzu-lastenden - unterlassenen Vorlage des Jahresabschlusses der [X.] inner-halb der handelsrechtlichen Frist und verbunden damit der fehlenden Pacht-zinszahlung sei es letztlich zur Kündigung des Pachtvertrages durch den [X.] gekommen; nach dem vorgelegten Schreiben des [X.] vom 26. Mai 2006 seien Jahresabschlüsse regelmäßig verspätet vorgelegt [X.]. 9 Auch diese Vorwürfe betreffen die dem Kläger nach der internen Ge-schäftsverteilung obliegende kaufmännische Geschäftsführung und stellen - sofern sie sich als zutreffend erweisen sollten - eine schwerwiegende Pflicht-verletzung dar, die das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht in die gebo-tene Gesamtwürdigung bei der Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes zur Abberufung bzw. Kündigung des [X.] als Geschäftsführer einbezogen hat. 10 - 6 - II[X.] Das Berufungsgericht wird in der neuen Berufungsverhandlung hierzu die erforderlichen Feststellungen treffen müssen. 11 12 Insoweit weist der [X.]at noch auf Folgendes hin: 13 1. Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung können auch die bishe-rigen Feststellungen des [X.] zur Frage der unheilbaren Zerrüt-tung des Verhältnisses zwischen den beiden Geschäftsführern, insbesondere hinsichtlich der Frage einer mangelnden Kooperationsbereitschaft des [X.] im Verhältnis zu seiner [X.] im Zusammenhang mit der [X.] auf die vom Verpächter ausgesprochene Kündigung, in einem anderen Licht erscheinen. Es liegt auf der Hand, dass die fristlose Kündigung des [X.] durch den Zwangsverwalter die Grundlagen der [X.] und deshalb - zumal wegen der hierfür ohnehin nach der Satzung geltenden Grundsätze der Gesamtvertretung - eine vorherige ausreichende Information und Beteiligung der [X.] im Hinblick auf das weitere Vorgehen gegenüber dem Verpächter geboten war; eine diesbezügliche Pflicht zur Betei-ligung der [X.] kann der Kläger, der im Übrigen - wie ausge-führt - diese Aufgabe nicht ordnungsgemäß wahrgenommen haben soll, nicht mit dem Hinweis ausräumen, er sei intern grundsätzlich für den kaufmänni-schen Bereich allein zuständig. In diesem Zusammenhang ist für die Gesamtwürdigung auch die zwi-schen den Parteien streitige Frage bedeutsam, wer die geplante Besprechung zwischen den Geschäftsführern am 23. Juni 2006 in der Kanzlei des [X.] abgesagt hat. Sollte die Absage vom Kläger ausgegangen sein - wie die [X.] behauptet -, so könnte sich gerade darin zeigen, dass der Kläger sein Schreiben vom 23. Juni 2006 an den Zwangsverwalter bewusst ohne Abstim-mung mit der [X.] verfassen wollte. Das kann ein Indiz für sei-14 - 7 - ne fehlende Kooperationsbereitschaft und Dialogfähigkeit bei der Gesamtleitung der [X.] sein, die - neben den weiteren seitens des [X.] gegenüber der [X.] erhobenen, nach Behauptung der [X.] unberech-tigten Vorwürfen - zur Zerrüttung des Verhältnisses zu der [X.] beigetragen haben. 15 2. Im Übrigen reicht nach der Rechtsprechung des [X.]ats zur Abberu-fung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund wegen eines unheilbaren [X.] mit einem Mitgeschäftsführer aus, dass zwei oder mehrere Ge-schäftsführer untereinander so zerstritten sind, dass eine Zusammenarbeit zwi-schen ihnen nicht mehr möglich ist: In einem solchen Fall kann jeder von ihnen jedenfalls dann abberufen werden, wenn er durch sein - nicht notwendigerweise schuldhaftes - Verhalten zu dem Zerwürfnis beigetragen hat (vgl. [X.].Urt. v. 24. Februar 1992 - [X.], [X.], 760, 761 m.w.Nachw.). Soweit die Vorinstanzen darauf abgestellt haben, dass der abzuberufende Geschäftsführer zu dem Zerwürfnis "entscheidend" oder "maßgeblich" beigetragen haben [X.], so ist das nur insoweit zutreffend, als damit die "Wesentlichkeit" dieses wichtigen Grundes charakterisiert werden soll. Nicht erforderlich ist demgegen-über, dass etwa der Verursachungsanteil des Abzuberufenden denjenigen des [X.] überwiegt. Denn - anders als dies teilweise vertreten wird (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.], GmbHG 18. Aufl. § 38 Rdn. 13 m.Nachw.) - hat das etwa beiden Geschäftsführern infolge ihres jeweiligen Ver-haltens anzulastende tief greifende unheilbare Zerwürfnis nicht zur Folge, dass bei einer [X.] nur einer der Geschäftsführer ausscheiden muss, während der andere bleiben darf; vielmehr liegt es in der Konsequenz der ständigen [X.]atsrechtsprechung, dass - je nach Beschlusslage - jeder der- 8 - beiden Gesellschafter-Geschäftsführer den anderen als Geschäftsführer abbe-ruft bzw. ihm kündigt, weil wechselseitig wesentliche Ursachen für das Zerwürf-nis gesetzt worden sind. [X.] [X.] Reichart Drescher Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.04.2007 - 8 O 368/06 - [X.], Entscheidung vom 05.12.2007 - 7 U 86/07 -

Meta

II ZR 27/08

12.01.2009

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2009, Az. II ZR 27/08 (REWIS RS 2009, 5751)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 5751

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