Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.04.2016, Az. 1 StR 456/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 12565

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Gegenstand

Eingehungsbetrug: Bestimmung des Vermögensschadens bei Abschluss von Darlehens- und Leasingverträgen


Tenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 27. April 2015 im Strafausspruch mit den dazu gehörenden Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betrugs in zwei Fällen, davon einmal in Tateinheit mit Urkundenfälschung, schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf eines weiteren Betrugs freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel hat in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

I.

2

Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

1. Der Angeklagte war faktischer Inhaber der gemeinsam mit seiner Ehefrau als formeller Inhaberin betriebenen Einzelfirma [X.]        -C.              [X.] (im Folgenden: Firma [X.]         ). Während die Firma zunächst noch Gewinne erzielte, mangelte es ihr ab dem [X.] trotz des in diesem Jahr noch erzielten Gewinns bereits an Liquidität. Diese versuchte sich der Angeklagte ab diesem Zeitpunkt vor allem dadurch zu verschaffen, dass er Verträge im sog. Sale-and-Lease-back-Verfahren mit [X.] abschloss.

4

a) So wurde am 9. Dezember 2009 mit der Firma [X.] (Fall 1) ein Leasingvertrag über insgesamt fünf Drucker (ein AGFA- und vier [X.]) im Finanzierungsvolumen von 567.927,50 Euro geschlossen. Die [X.]finanzierte die Anschaffungskosten der betreffenden Drucker, die dafür zur Sicherheit übereignet und der Firma des Angeklagten gegen eine über einen Zeitraum von 48 Monaten zu zahlende monatliche Leasingrate von 13.163,42 Euro zur Nutzung überlassen werden sollten. Tatsächlich erhielt die U.            jedoch nach Auffassung des [X.]s kein Eigentum an den Druckern und damit keine Sicherheit für den Fall der Verwertung. Hinsichtlich des [X.] hatte der Angeklagte eine ihm vorliegende frühere Rechnung des Verkäufers gefälscht und als Originalrechnung zum Beweis für den Erwerb vorgelegt, ohne dass ein tatsächlicher Erwerb eines solchen Gerätes erfolgte. Auch hinsichtlich der vier [X.] legte der Angeklagte als Nachweis für die Anschaffung Rechnungen vor, die mit [X.] versehen waren, so dass diese Drucker nicht bestimmten Geräten im Betrieb des Angeklagten zugeordnet werden konnten. Entsprechend den vorgelegten Belegen zahlte die U.           am 21. Januar 2010 den vollen Finanzierungsbetrag an die Firma des Angeklagten in dem Vertrauen aus, die Leasingraten zu erhalten und die übereigneten Gegenstände später im Fall eines notleidenden Vertrages als Sicherheit verwerten zu können. Der Angeklagte rechnete oder nahm im Zeitpunkt des Vertragsschlusses billigend in Kauf, dass sich die wirtschaftliche Lage der Firma so verschlechtern würde, dass ein Verwertungsfall eintreten, ein Zugriff auf die Geräte aber nicht erfolgen könnte. In der Folgezeit entrichtete der Angeklagte ab Februar 2010 bis November 2011 die monatlichen Leasingraten in Höhe von 13.163,42 Euro, so dass von den vereinbarten 48 Leasingraten noch 278.138,40 Euro zur Zahlung offen waren. Im Zeitpunkt der Insolvenz der Firma bzw. Kündigung des Leasingvertrages im März 2012 hatten die fünf Drucker einen geschätzten Zeitwert von 125.000 Euro.

5

b) Am 29. Oktober 2010 kam es zu einem entsprechenden Finanzierungs- und Leasingvertrag mit der Firma W.     (Fall 2) über einen Drucker mit Anschaffungskosten in Höhe von 95.806,90 Euro. Auch hier wurde über die Verschaffung einer Sicherheit getäuscht, denn die Firma des Angeklagten war nicht in der Lage, dem Leasinggeber Eigentum an dem Drucker zu verschaffen, da dieser – wie dem Angeklagten bekannt – bereits am 24. August 2010 weiterverkauft und ausgeliefert worden war. Der Angeklagte rechnete damit, dass sich die wirtschaftliche Lage der Firma spürbar verschlechtern würde und ein Verwertungsfall eintreten könnte. Er nahm damit billigend in Kauf, dass hier kein Zugriff auf den Drucker als Sicherheit möglich war. Dies umso mehr, als die Firma des Angeklagten bereits im Juni 2010 ein Darlehen über 300.000 Euro von einem Dritten zur Aufrechterhaltung der Liquidität benötigt hatte. Nach Auszahlung der Finanzierungssumme am 3. November 2010 erfolgten auch hier von Januar bis Dezember 2012 Zahlungen der 64 vereinbarten Leasingraten von monatlich 1.451,60 Euro, so dass noch ein Restbetrag von 78.387,70 Euro offen war. Der Zeitwert des Druckers betrug im März 2012 bei Insolvenzeröffnung bzw. Kündigung des Leasingvertrages geschätzt 40.000 Euro.

6

c) Das [X.] hat beide Taten als vollendeten Betrug gewertet, im Fall 1 zusätzlich in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Bei der Ermittlung des Schadensumfangs hat das [X.] darauf abgestellt, dass den [X.] zwar ein Zugriff auf die Geräte nicht möglich war, es hat aber einen betrugsrelevanten Vermögensschaden nur in Höhe des jeweiligen Zeitwerts der Drucker im Zeitpunkt der Kündigung der Verträge bzw. der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Firma des Angeklagten im März 2012 in Höhe von 125.000 Euro im Fall 1 und in Höhe von 40.000 Euro im Fall 2 angenommen. Das [X.] ist in beiden Fällen im Hinblick auf die Schadensbestimmung davon ausgegangen, dass der Anspruch der Leasinggeber auf Zahlung der Leasingraten durch den Angeklagten im Zeitpunkt der Auszahlung der [X.] noch voll werthaltig war ([X.] und 30).

7

2. Daneben lag dem Angeklagten im Fall 3 zur Last, den [X.]          betrügerisch dadurch geschädigt zu haben, dass er ihn am 29. November 2011 zur Bezahlung des Kaufpreises für zwei Druckmaschinen in Höhe von 147.920 Euro gegen sofortige Weiterleitung des Erlöses aus dem Weiterverkauf dieser vorfinanzierten Summe veranlasste, obwohl er wusste, dass die direkte Überweisung etwa erhaltener Zahlungen aus dem Weiterverkauf durch die Zahlungsunfähigkeit der Firma [X.]        extrem gefährdet war, da jederzeit mit [X.] gerechnet werden musste.

8

Insoweit hat das [X.] den Angeklagten freigesprochen, da es schon nicht feststellen konnte, dass der Angeklagte über die finanzielle Lage der Firma [X.]         und mögliche Kontopfändungen getäuscht habe. Da die Auszahlung des Betrages nicht an die Firma, sondern direkt an den Lieferanten erfolgte, um eine Arretierung der zur Verfügung gestellten Gelder zu verhindern, und der Angeklagte auch wenige Tage vor Vertragsschluss einen weiteren Finanzierungsbedarf gegenüber dem Zeugen geltend machte, mussten sich weitere Kontopfändungen geradezu aufdrängen. Im Übrigen hat es das [X.] auch als nicht ausreichend belegt angesehen, dass der Angeklagte nicht zahlungswillig gewesen sei.

II.

9

Die Revision der Staatsanwaltschaft hat in Bezug auf den Strafausspruch Erfolg, da das [X.] den Schadensumfang beim Betrug rechtsfehlerhaft bestimmt hat. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist in Bezug auf die Verurteilung (Fall 1 und 2) wirksam auf den Strafausspruch beschränkt.

a) Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer [X.] keine ausdrückliche Beschränkung ihres Rechtsmittels erklärt und auch keinen entsprechenden Revisionsantrag gestellt. Da damit der Umfang der Revisionsanfechtung unklar bleibt, ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 [X.], [X.], 285 mwN). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung ist hier allein der Strafausspruch angefochten. Die Staatsanwaltschaft macht im Rahmen der Begründung ausschließlich geltend, dass der relevante Schaden durch das [X.] rechtsfehlerhaft bestimmt wurde und auch die Erwägungen zur Strafzumessung in sich nicht schlüssig und daher aufzuheben sind.

b) Diese Beschränkung des Rechtsmittels ist in Bezug auf die Verurteilung des Angeklagten auch wirksam, da die rechtsfehlerfrei getroffenen Schuldfeststellungen des [X.]s im Fall 1 und 2 eine eigenständige Überprüfung des Strafausspruchs ermöglichen.

Vorliegend hat die Minderung des strafrechtlich geschützten Vermögens der Geschädigten, die mit der Leistungserbringung durch Auszahlung der jeweiligen Finanzierungssummen an den Angeklagten verbunden war, in der gedachten Vermögensbilanz jedenfalls zu keinen betrugsstrafrechtlich relevanten wertäquivalenten Vermögenszuwächsen in gleicher Höhe geführt, so dass angesichts der obigen Feststellungen des [X.]s auszuschließen ist, dass den Gläubigern im vorliegenden Fall überhaupt kein Schaden entstanden sein könnte. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass das [X.] ([X.] und 30) im Rahmen der Beweiswürdigung den Anspruch auf Zahlung der Leasingraten noch als voll werthaltig beurteilt hat. Diese Erwägung steht indes in Widerspruch zu weiteren Feststellungen. So mangelte es der Firma [X.]        bereits ab dem [X.] an Liquidität ([X.]) und die Firma [X.]        benötigte im Juni 2010 ein Darlehen von 300.000 Euro, um auf Grund der weiterhin angespannten Marktlage zu verhindern, dass ein Verwertungsfall eintritt ([X.]). Damit hing es letztlich allein vom Zufall ab, ob die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen noch erfüllt werden konnten oder nicht. Dies trägt den Schuldspruch wegen Betrugs in den Fällen 1 und 2.

2. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten begegnet aber durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das [X.] den Schuldumfang der [X.] nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat. Dieser Fehler kann sich sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Angeklagten auswirken (§ 301 StPO).

a) Maßgeblich für die Berechnung des Vermögensschadens ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, [X.]St 53, 199). Ein Vermögensschaden tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des [X.] bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des [X.] seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung; st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 2. Februar 2016 – 1 [X.]; vom 8. Oktober 2014 – 1 [X.] Rn. 31, [X.]St 60, 1 und vom 27. Juni 2012 – 2 StR 79/12, [X.]R StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 77; Beschlüsse vom 16. Juni 2014 – 4 StR 21/14 Rn. 24, [X.], 3170; vom 19. Februar 2014 – 5 [X.], [X.], 270; vom 29. Januar 2013 – 2 [X.], [X.], 711; vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11 Rn. 75, [X.]St 57, 95, 113 f. und vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, [X.]St 53, 199, 201, jeweils mwN). Welche Vermögenspositionen im Einzelnen in die Gesamtsaldierung einzustellen sind, bestimmt sich letztlich danach, auf welches unmittelbar vermögensmindernde Verhalten des im Irrtum befindlichen Täuschungsopfers (Vermögensverfügung) abgestellt wird. Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich (-wiedergutmachung), berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang ([X.], Beschluss vom 23. Februar 1982 – 5 [X.], [X.]St 30, 388, 389 f.). Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. [X.], Urteil vom 7. März 2006 – 1 StR 379/05, [X.]St 51, 10, 17 Rn. 23). Wurde der Getäuschte – wie hier – zum Abschluss eines Darlehens- und Leasingvertrages verleitet, sind bei der für die Schadensbestimmung erforderlichen Gesamtsaldierung der Geldwert des erworbenen Anspruchs gegen den Vertragspartner und der Geldwert der eingegangenen Verpflichtung miteinander zu vergleichen (Eingehungsschaden).

b) Soweit das [X.] bei der Bestimmung des Schadensumfangs hier allein auf den hypothetischen Zeitwert der Druckmaschinen im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bzw. Kündigung des Leasingvertrages abstellt, erweist sich dies als rechtsfehlerhaft.

aa) Entsprechend den dargestellten Grundsätzen hätte vom [X.] im Zeitpunkt der Auszahlung der jeweiligen Finanzierungssummen (Vermögensverfügung) durch die Kredit- und Leasinggeber im Januar und im November 2010 beurteilt werden müssen, in welchem Umfang die vom Angeklagten zu erbringenden Gegenleistungen als werthaltig anzusehen waren. Nach dem vom [X.] festgestellten Vertragsinhalt ergab sich für die Firma des Angeklagten in doppelter Hinsicht eine vertragliche Verpflichtung, nämlich zur Sicherungsübereignung der gekauften Drucker sowie zur Zahlung der vereinbarten Leasingraten von 48 bzw. 64 Monaten während der vereinbarten Nutzungsdauer der Geräte.

bb) Auf der einen Seite wären damit zur Schadensbestimmung sowohl die Werthaltigkeit als auch das Ausfallrisiko in Bezug auf die vom Angeklagten zu leistenden vertraglich vereinbarten Leasingraten zu den jeweiligen Zeitpunkten der Hingabe des [X.] im Januar bzw. November 2010 zu ermitteln gewesen.

Insoweit gelten die zu betrügerischen Kreditgeschäften entwickelten Grundsätze, wonach der Schaden sich anhand des bilanziellen [X.] bestimmt ([X.], Beschluss vom 13. April 2012 – 5 [X.], [X.], 2370; vgl. dazu auch Raum in [X.]/[X.], 4. Aufl., Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, [X.]). Auf der anderen Seite hätte bei der Bestimmung des Vermögensschadens in die fiktive Vermögensbilanz einbezogen werden müssen, dass die entsprechend den Darlehensverträgen zur Sicherheit zu übereignenden Gegenstände tatsächlich nicht oder nicht mehr vorhanden waren bzw. wegen fehlender Individualisierung nicht dem Sicherungszweck entsprechend für eine spätere Verwertbarkeit zur Verfügung standen. Diesen Aspekt des Ausfalls der Sicherheiten, der insbesondere im Hinblick auf den dann noch vorhandenen Restwert nach Ablauf der Leasingzeit Bedeutung erlangt hätte, hat das [X.] in der fiktiven Vermögensbilanz zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung völlig unberücksichtigt gelassen.

cc) Daneben ist die Beweiswürdigung in Bezug auf die sachenrechtlichen Verhältnisse bzgl. der vier [X.] auch lückenhaft. So stellt das [X.] ([X.]) einerseits fest, dass der Leasinggeber kein Eigentum an den erworbenen Gegenständen und damit keinerlei Sicherheit für den Fall der Verwertung erhalten hat. Im Rahmen der Beweiswürdigung wird aber andererseits ausgeführt, dass vom Angeklagten tatsächlich entsprechende Drucker erworben wurden, so dass „jedenfalls nicht ausgeschlossen (ist), dass die Firma [X.]        tatsächlich vier [X.] … käuflich erworben haben kann“ ([X.]). Damit bleibt unklar, ob es trotz der tatsächlich nicht der Nomenklatur des Herstellers in den vorgelegten Rechnungen angegebenen Seriennummern dieser Drucker nicht doch zu einer zivilrechtlich wirksamen Sicherungsübereignung dieser Geräte gekommen ist, was insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die Drucker bei der Übergabe konkretisiert waren.

3. Im Übrigen ist die Revision der Staatsanwaltschaft in Bezug auf den Freispruch des Angeklagten im Fall 3 unbegründet. Die Beweiswürdigung des [X.]s (§ 261 StPO) hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand.

a) Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es – wie hier – Zweifel an seiner Täterschaft oder am Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines strafbaren Verhaltens nicht zu überwinden vermag, ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. [X.] ist es auch, wenn sich das Tatgericht bei seiner Beweiswürdigung darauf beschränkt, die einzelnen Belastungsindizien gesondert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen, ohne eine Gesamtwürdigung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände vorzunehmen. Denn einzelne Belastungsindizien, die für sich genommen zum Beweis der Täterschaft nicht ausreichen, können doch in ihrer Gesamtheit die für eine Verurteilung notwendige Überzeugung des Tatgerichts begründen. Deshalb bedarf es einer Gesamtabwägung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt zudem, ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind und dabei nicht beachtet wurde, dass eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und von niemandem anzweifelbare Gewissheit nicht erforderlich ist, vielmehr ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit genügt, das vernünftige und nicht bloß auf denktheoretischen Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht zulässt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 3. Juni 2015 – 5 StR 55/15, [X.], 255; vom 17. Juli 2014 – 4 [X.]; vom 27. April 2010 – 1 [X.], [X.], 108, 109; vom 1. Februar 2011 – 1 [X.] Rn. 15, [X.], 184; vom 7. Juni 2011 – 5 StR 26/11 Rn. 9; vom 7. November 2012 – 5 [X.] Rn. 10 und vom 18. Dezember 2012 – 1 StR 415/12 Rn. 28 [insoweit in [X.]St 58, 72 nicht abgedruckt]).

b) Daran gemessen ist die Beweiswürdigung des [X.]s im Fall 3 nicht rechtsfehlerhaft. Entgegen der Ansicht der Revision hat das [X.] die erforderliche Gesamtwürdigung der be- und entlastenden Umstände vorgenommen und sich mit den erhobenen Beweisergebnissen auseinandergesetzt. Die Schlussfolgerungen und Wertungen des [X.]s lassen insoweit keine Rechtsfehler erkennen und halten sich im Rahmen des tatgerichtlichen [X.]. Vor dem Hintergrund, dass der Geschädigte von der äußerst schwierigen finanziellen Lage der Firma sowie von drohenden [X.] wusste und der Angeklagte in einer E-Mail wenige Tage vor Vertragsschluss auf Grund weiterer Schulden (auch gegenüber dem Finanzamt) einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf gegenüber dem Geschädigten geltend gemacht hatte, ist die Wertung des [X.]s, dass bereits eine Täuschungshandlung seitens des Angeklagten gegenüber dem Geschädigten nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, nicht zu beanstanden. Schon deshalb ist es nicht rechtsfehlerhaft, wenn das [X.] eine Täuschung durch den Angeklagten in Bezug auf die Lage der Firma und vor diesem Hintergrund möglicher Kontopfändungen nicht festzustellen vermochte.

III.

Das Urteil ist somit auf die Revision der Staatsanwaltschaft in Bezug auf den Strafausspruch mit den dazu gehörenden Feststellungen aufzuheben; im Umfang der Aufhebung ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückzuverweisen.

Raum                          Graf                     Cirener

                Radtke                       Bär

Meta

1 StR 456/15

21.04.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Heilbronn, 27. April 2015, Az: 2 KLs 53 Js 22589/12

§ 263 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.04.2016, Az. 1 StR 456/15 (REWIS RS 2016, 12565)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12565

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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