Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.03.2012, Az. XII ZB 234/11

12. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7898

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Gegenstand

Versorgungsausgleichsverfahren: Voraussetzungen, Wirksamwerden, Obergrenze und notwendiger Inhalt eines Titels bei der Aussetzung einer der durch einen Versorgungsausgleich nach altem Recht bedingten Rentenkürzung


Leitsatz

1. Eine Anpassung der durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Versorgung nach § 33 VersAusglG wirkt ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung beim Familiengericht folgt.

2. Eine Aussetzung nach § 33 Abs. 3 VersAusglG kommt lediglich in Höhe der Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte aus den Regelversorgungen des § 32 VersAusglG, aus denen die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung bezieht, in Betracht. Wurde der Versorgungsausgleich noch auf der Grundlage des bis zum 31. August 2009 geltenden früheren Rechts durchgeführt, entspricht dies bei Anrechten beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung dem Betrag, der im Wege des Splittings nach § 1587b Abs. 1 BGB in der Fassung vom 2. Januar 2002 ausgeglichen wurde.

3. Die Aussetzung der Rentenkürzung ist nach § 33 Abs. 3 VersAusglG zusätzlich auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs beschränkt, den der geschiedene Ehegatte nach § 33 Abs. 1 VersAusglG bei ungekürzter Versorgung hätte. Liegt bereits ein Unterhaltstitel zugunsten des geschiedenen Ehegatten auf der Grundlage der ungekürzten Versorgung vor, ist im Rahmen des § 33 Abs. 3 VersAusglG grundsätzlich von diesem Unterhaltstitel auszugehen. Bestehen allerdings Anhaltspunkte dafür, dass der vorliegende Unterhaltstitel nicht (mehr) dem gegenwärtigen gesetzlichen Unterhaltsanspruch entspricht, hat das Familiengericht diesen neu zu ermitteln.

4. Der gerichtliche Titel über die Aussetzung der durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente muss den Umfang der Aussetzung betragsmäßig festlegen und darf sich nicht auf eine Aussetzung des vollen Kürzungsbetrages beschränken, auch wenn der fiktive Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten gegenwärtig die Rentenkürzung übersteigt.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerden des Antragstellers und der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 8. [X.] des [X.] vom 2. Mai 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

[X.]: 1.000 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente des Antragstellers.

2

Auf den am 7. September 2004 zugestellten Antrag hatte das Amtsgericht - Familiengericht - die am 27. August 1971 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der weiteren Beteiligten (im Folgenden: Ehefrau) rechtskräftig geschieden. Zugleich hatte es den Versorgungsausgleich nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht durchgeführt und den Ehemann verurteilt, an die Ehefrau monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 898,96 € zu zahlen.

3

Während der Ehezeit (1. August 1971 bis 31. August 2004; § 1587 Abs. 2 BGB aF) hatten beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Antragsgegnerin ([X.]; im Folgenden: [X.]) erworben. Der Ehezeitanteil der [X.] belief sich auf 1.325,94 €, derjenige der Ehefrau auf 236,02 €. Außerdem hatte der Ehemann Anrechte bei der [X.] ([X.]) erworben, deren Ehezeitanteil das Amtsgericht mit einer dynamischen [X.] von 204,59 € ermittelt hatte. Weitere Anrechte des Ehemannes bei der Zusatzversorgung des Baugewerbes hatte das Amtsgericht mit einer dynamischen [X.] in Höhe von 10,68 € ermittelt.

4

Den Versorgungsausgleich hatte das Amtsgericht auf die Weise durchgeführt, dass es ([1.325,94 € - 236,02 € =] 1.089,92 € : 2 =) 544,96 € im Wege des [X.] nach § 1587 b Abs. 1 BGB vom [X.] des Ehemannes bei der [X.] auf das dortige [X.] der Ehefrau übertragen hat. Daneben hatte es zu Lasten der Anrechte des Ehemannes bei der [X.] weitere Anwartschaften der Ehefrau in Höhe von (204,59 € : 2 =) 102,30 € im Wege des analogen Quasi-[X.] nach §§ 1 Abs. 3 [X.], 1587 b Abs. 2 BGB aF auf dem [X.] der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Schließlich hatte das Amtsgericht zum Ausgleich der Versorgungsanrechte des Ehemannes aus der Zusatzversorgung des Baugewerbes weitere monatliche [X.]en in Höhe von (10,68 € : 2 =) 5,34 € im Wege des erweiterten [X.] nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 [X.] auf das [X.] der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen.

5

Seit dem 1. Juli 2010 bezieht der Antragsteller eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von (1.078,14 € - 85,17 € Krankenversicherungs- und 21,02 [X.] =) 971,95 €. Ohne Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs, also ohne Splitting und ohne erweitertes Splitting, hätte die Rente des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Rentenbeginn am 1. Juli 2010 1.608,01 € brutto bzw. nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge 1.444,88 € netto betragen. Die Differenz dieser Bruttobeträge belief sich zum 1. Juli 2010 mithin auf (1.608,01 € - 1.078,14 € =) 529,87 €. Dabei ist jeweils der Zugangsfaktor für die Altersrente des Ehemannes von 0,925 berücksichtigt.

6

Mit dem am 7. Juli 2010 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag hat der Ehemann im Hinblick auf die Unterhaltspflicht gegenüber seiner am 14. Februar 1950 geborenen Ehefrau beantragt, die durch den Versorgungsausgleich bedingte Kürzung seiner laufenden Rente in vollem Umfang auszusetzen.

7

Das Amtsgericht hat die Kürzung der Rente des Ehemannes bei der Antragsgegnerin für die [X.] ab dem 1. Juli 2010 in Höhe von monatlich 572,83 € ausgesetzt. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das [X.] die Entscheidung abgeändert und die Kürzung der laufenden Altersversorgung des Ehemannes bei der Antragsgegnerin mit Wirkung ab dem 1. August 2010 "in Höhe des vollen [X.]" ausgesetzt. Dagegen richten sich die vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerden des Ehemannes und der [X.]. Der Ehemann begehrt eine Aussetzung der Kürzung bereits ab dem 1. Juli 2010 und eine Kürzung um einen festen Betrag. Auch die [X.] wendet sich gegen den dynamischen Beschlusstenor des [X.]s und begehrt Titulierung eines festen Betrages für die Aussetzung der durch den Versorgungsausgleich bedingten Rentenkürzung des Ehemannes.

II.

8

Die Rechtsbeschwerden sind gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch sonst zulässig. An die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das [X.] ist der [X.] gebunden (§ 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG).

9

Die Rechtsbeschwerden sind auch begründet und führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das [X.].

1. Das [X.], dessen Entscheidung in [X.], 1798 veröffentlicht ist, hat die Voraussetzungen einer Versorgungskürzung nach § 33 [X.] unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts bejaht. Der Ehemann habe bei Wegfall der Rentenkürzung Unterhalt in Höhe von 898,96 € zu leisten. Im Hinblick darauf sei die durch den Versorgungsausgleich bedingte Kürzung der gesetzlichen Rente um derzeit 529,87 € in vollem Umfang auszusetzen.

Der Kürzungsbetrag müsse hier allerdings nicht in den Tenor aufgenommen werden. Die im Schrifttum vertretene Auffassung, wonach die konkrete Höhe der Aussetzung in den Entscheidungstenor aufzunehmen sei, teile das [X.] zwar für Fälle, in denen die Höhe der Aussetzung durch die Höhe der fiktiven Unterhaltsleistung begrenzt werde. Die Angabe eines konkreten Betrages sei aber dann entbehrlich, wenn ein Anspruch auf Aussetzung in Höhe des vollen [X.] bestehe. Dann werde für den Vollzug der Aussetzung kein konkreter Betrag benötigt, weil dem Versorgungsträger die Höhe des [X.] und dessen Berechnung aus der Grundentscheidung zum Versorgungsausgleich bekannt sei. Die ohne Kürzung zu zahlende Rente könne problemlos errechnet werden. Eine Bezifferung der [X.] habe sogar den Nachteil, dass die in fester Höhe beschlossene Kürzungsaussetzung fortlaufend angepasst werden müsse, sobald sich die Bruttorente um einen über die Bagatellgrenze des § 33 Abs. 2 [X.] hinausgehenden Betrag erhöhe.

Im vorliegenden Fall rechtfertige die vom Amtsgericht ausgeurteilte Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes in Höhe von 898,96 € die Annahme, dass die Ehefrau einen den Kürzungsbetrag in Höhe von derzeit (21,0601 [EP] x 0,925 [Zugangsfaktor] x 27,20 € [aktueller Rentenwert] =) 529,87 € weit übersteigenden gesetzlichen Unterhaltsanspruch habe. Die Angabe eines konkreten [X.] sei deswegen entbehrlich.

2. Die Entscheidung des [X.]s hält den Angriffen der Rechtsbeschwerden nicht stand.

a) Zutreffend hat das [X.] die durch den Versorgungsausgleich bedingte Kürzung der Rente des Ehemannes allerdings erst für die [X.] ab dem 1. August 2010 ausgesetzt. Nach § 34 Abs. 3 [X.] wirkt die Anpassung ab dem ersten [X.], der auf den Monat der Antragstellung folgt. Der Antrag des Ehemannes ist am 7. Juli 2010 beim Amtsgericht eingegangen, eine Aussetzung ist deswegen nicht bereits ab dem 1. Juli, sondern erst ab dem 1. August 2010 möglich.

Im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut, der keine abweichende Ermessensausübung zulässt, kann eine frühere Aussetzung entgegen der Rechtsauffassung des Ehemannes auch nicht damit begründet werden, dass er bereits im März 2010 einen Rentenantrag gestellt und im Juni 2010 gegenüber dem Versorgungsträger eine Rentenanpassung wegen Unterhaltszahlung beantragt hatte. Mit der gesetzlichen Neuregelung des Rechts zum Versorgungsausgleich ist die Zuständigkeit für eine Aussetzung der durch den Versorgungsausgleich bedingten Rentenkürzung vom Versorgungsträger auf das Familiengericht übergegangen (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 73). Seit dem Inkrafttreten der Neuregelung zum 1. September 2009 kommt es somit auf den Eingang des Antrags beim Familiengericht an. Die Behandlung eines fehlerhaft beim Versorgungsträger gestellten früheren Antrags kann keine Ausnahme rechtfertigen (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 71 und [X.] [X.], 1595, 1598 [X.]. [X.]).

b) Das [X.] hat allerdings den Umfang der Aussetzung der durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente des Ehemannes nicht zutreffend ermittelt.

aa) Nach §§ 32 ff. [X.] ist die Anpassung der Rentenkürzung wegen einer fiktiven gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten - wie im früheren Recht - nur für Regelsicherungssysteme vorgesehen. Im Bereich der ergänzenden Altersvorsorge kommen die Anpassungsvorschriften hingegen nicht zur Anwendung (BT-Drucks. 16/10144 S. 71 f.). Eine Anpassung der Rentenkürzung wegen einer gesetzlichen Unterhaltspflicht kommt somit lediglich im Umfang der beim Ehemann im Wege des [X.] gekürzten gesetzlichen Rente in Betracht.

bb) Gemäß § 33 Abs. 1, 3 [X.] ist die Kürzung in Höhe des ohne die Kürzung bestehenden Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten auszusetzen, höchstens jedoch in Höhe der Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte aus denjenigen Anrechten im Sinne des § 32 [X.], aus denen die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung bezieht. Damit hat der Gesetzgeber abweichend von der früheren Regelung des § 5 [X.] eine doppelte Obergrenze für die Aussetzung der durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der [X.] geschaffen (BT-Drucks. 16/10144 S. 72).

(1) Für den Fall, dass bereits nach dem seit dem 1. September 2009 geltenden Recht über den Versorgungsausgleich entschieden wurde, kommt eine Aussetzung nach § 33 Abs. 3 [X.] lediglich in Höhe der Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte aus den Regelversorgungen des § 32 [X.], aus denen die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung bezieht, in Betracht. Wenn beide Ehegatten lediglich in der gesetzlichen Rentenversicherung Anrechte im Sinne des § 32 [X.] erworben haben, ergibt sich die Grenze für eine Aussetzung der Rentenkürzung mithin aus der Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte, die im Vollzug der Entscheidung zum Versorgungsausgleich nach § 10 Abs. 2 [X.] als Anrechte gleicher Art vom Versorgungsträger zu verrechnen sind (BT-Drucks. 16/10144 S. 73; [X.] [X.], 1951). Ein darüber hinausgehender Ausgleich, der nach § 15 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 [X.] im Wege der externen Teilung durch Begründung von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt, bleibt hingegen unberücksichtigt (BT-Drucks. 16/10144 S. 71 f.; [X.] Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 955; [X.] [X.], 1798).

Wurde der Versorgungsausgleich hingegen noch auf der Grundlage des bis zum 31. August 2009 geltenden früheren Rechts durchgeführt, entspricht dies dem Betrag, der im Wege des [X.] nach § 1587 b Abs. 1 BGB ausgeglichen wurde. Denn auf diese Weise wurde ebenfalls die Hälfte der Differenz der Ehezeitanteile beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung auf das [X.] des ausgleichsberechtigten Ehegatten übertragen, was dem Vollzug der Entscheidung zum Versorgungsausgleich nach neuem Recht gemäß § 10 Abs. 2 [X.] entspricht (vgl. auch [X.] [X.], 814). Wenn - wie im vorliegenden Fall - nur Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung als Regelsicherungssystem erworben wurden, ist die Aussetzung der Rentenkürzung auf den [X.] begrenzt. Die weitergehende Kürzung der gesetzlichen Rente des Ehemannes infolge des erweiterten [X.] nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 [X.] bleibt insoweit unberücksichtigt, weil diese Kürzung auf den Ehezeitanteil des Ehemannes in der Zusatzversorgung des Baugewerbes zurückgeht, die kein Regelsicherungssystem im Sinne des § 32 [X.] ist (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 71 f.).

Danach beläuft sich die nach § 33 Abs. 3 [X.] maßgebliche Differenz der Ehezeitanteile in den Regelsicherungssystemen auf den im Wege des [X.] nach § 1587 b Abs. 1 BGB ausgeglichenen Bruttobetrag von 544,96 € (vgl. insoweit [X.] Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 10 UF 1601/11 - veröffentlicht bei juris). Unter Berücksichtigung des für das Ende der Ehezeit geltenden allgemeinen [X.] von 26,13 € (vgl. [X.], 171) und des für die Rente des Ehemannes relevanten Zugangsfaktors von 0,925 ergeben sich daraus (544,96 x 0,925 / 26,13 =) 19,2915 persönliche Entgeltpunkte des Ehemannes. Diese Kürzung der persönlichen Entgeltpunkte ergibt unter Berücksichtigung des seit dem 1. Juli 2010 geltenden allgemeinen [X.] von 27,20 € für diese [X.] eine für die Aussetzung maßgebliche Rentenkürzung um (19,2915 x 27,20 € =) 524,73 €. Für die [X.] ab dem 1. Juli 2011 beläuft sich die maßgebliche Rentenkürzung wegen des auf 27,47 € gestiegenen allgemeinen [X.] auf (19,2915 x 27,47 € =) auf 529,94 €.

Diese Beträge begrenzen nach § 33 Abs. 3 [X.] die Aussetzung der durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente des Antragstellers. Soweit die angefochtene Entscheidung des [X.]s dem widerspricht und - unter Einschluss der Verbundentscheidung zum erweiterten Splitting - bereits für die [X.] ab dem 1. August 2010 von einer Versorgungskürzung in Höhe von 529,87 € ausgegangen ist, kann sie im Rahmen der Rechtsbeschwerde der [X.] keinen Bestand haben.

(2) Hinzu kommt, dass die Aussetzung der Rentenkürzung nach § 33 Abs. 3 [X.] auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs beschränkt ist, den der geschiedene Ehegatte nach § 33 Abs. 1 [X.] bei ungekürzter Versorgung hätte (vgl. [X.] [X.], 1595, 1596 und [X.] NJW 2010, 3545, 3546). Damit hat der Gesetzgeber die Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung ausdrücklich auch auf die Höhe dieses fiktiven Unterhaltsanspruchs begrenzt. Hierdurch begegnet die gesetzliche Neuregelung auch der Gefahr von Manipulationen durch kollusives Zusammenwirken der Eheleute (BT-Drucks. 16/10144 S. 72, 126 f.).

Die somit für den Umfang der Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung erforderliche Ermittlung des fiktiven Unterhaltsanspruchs des Ehegatten hat das [X.] nicht vorgenommen. Zwar hat es seiner Entscheidung den Unterhaltstitel aus dem Scheidungsverbundurteil zugrunde gelegt, wonach der Antragsteller seiner geschiedenen Ehefrau monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 898,96 € schuldet. Diese Unterhaltspflicht beruht aber auf einem Anerkenntnis des Antragstellers und ist im Verbundurteil deswegen nicht begründet. Hinzu kommt, dass auch das Anerkenntnis des Ehemannes auf seinem seinerzeit noch erzielten Erwerbseinkommen beruhte. Denn [X.] bezieht er erst seit dem 1. Juli 2010.

Besteht bereits ein Unterhaltstitel zugunsten des geschiedenen Ehegatten auf der Grundlage der ungekürzten Versorgung, ist im Rahmen des § 33 Abs. 3 [X.] grundsätzlich von dem vorliegenden Unterhaltstitel auszugehen. Denn die Rechtskraft des [X.] bindet das Familiengericht auch im Rahmen dieser Vorfrage für die Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente nach § 33 Abs. 3 [X.] (BT-Drucks. 16/10144 S. 118; [X.] [X.], 815, 816 f.; [X.] Beschluss vom 8. September 2010 - 5 UF 198/10 - veröffentlicht bei juris; aA wohl [X.] NJW 2010, 3545, 3546; vgl. auch [X.] NJW 2011, 1648, 1650). Allerdings ist insoweit auch die Intention des Gesetzgebers zu beachten, eine Manipulation durch kollusives Zusammenwirken der früheren Ehegatten zu verhindern. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der vorliegende Unterhaltstitel nicht (mehr) den gegenwärtigen Umständen entspricht, hat das Familiengericht den fiktiven Unterhaltsanspruch deswegen neu zu ermitteln. Entspricht ein Unterhaltstitel, etwa in Form eines Unterhaltsvergleichs, von vornherein nicht der gesetzlichen Regelung des nachehelichen Unterhalts, wäre dieser der Entscheidung nach § 33 Abs. 3 [X.] ohnehin nicht zugrunde zu legen, weil nach § 33 Abs. 1, 3 [X.] auf den fiktiven "gesetzlichen Unterhaltsanspruch" abzustellen ist. Haben sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse seit Schaffung eines [X.] geändert, ist bei wesentlicher Änderung der dem Titel zugrunde liegenden Umstände auch der Unterhaltstitel selbst nach §§ 238 f. FamFG abänderbar. Deswegen hat das Gericht im Rahmen seiner Entscheidung über eine Anpassung der Rentenkürzung nach § 33 [X.] stets zu prüfen, ob ein bereits vorliegender Unterhaltstitel den gesetzlichen Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt widerspricht. Das ist insbesondere der Fall, wenn nur ein älterer Unterhaltstitel aus der [X.] des Erwerbslebens vorliegt, der nach Eintritt in den Ruhestand die aktuelle Unterhaltsverpflichtung nicht mehr abbildet (BT-Drucks. 16/10144 S. 127; so auch [X.] [X.], 815, 816 f.).

Weil hier lediglich ein Unterhaltstitel aus der [X.] des Erwerbslebens des Antragstellers vorliegt, der die geringeren [X.] des Ehemannes noch nicht berücksichtigt, fehlt es an einem bindenden Unterhaltstitel. Gleichwohl hat das [X.] auf diesen Titel abgestellt und den fiktiven Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau des Antragstellers nach § 33 Abs. 1, 3 [X.] nicht konkret ermittelt. Damit fehlt es an Feststellungen zur Obergrenze der Aussetzung einer versorgungsausgleichsbedingten Kürzung. Die Entscheidung des [X.]s kann auch deswegen keinen Bestand haben.

c) Schließlich erheben die Rechtsbeschwerden auch durchgreifende Bedenken gegen den Beschlusstenor der angefochtenen Entscheidung.

aa) Der gerichtliche Titel, der die durch den Versorgungsausgleich bedingte Kürzung der Rente ganz oder teilweise aussetzt, ist nur dann bestimmt genug, wenn er den Umfang der Aussetzung betragsmäßig festlegt oder sich dieser zumindest ohne weiteres aus dem Titel errechnen lässt. Zwar ist der Inhalt eines Titels gegebenenfalls durch Auslegung festzustellen. Dafür muss der Titel aber aus sich heraus genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen. Dafür genügt es, wenn die Berechnung mit Hilfe offenkundiger, insbesondere aus dem [X.] ersichtlicher Umstände möglich ist. Es reicht indessen nicht aus, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die nicht Bestandteil des Titels sind, oder wenn sonst die Leistung nur aus dem Inhalt anderer Schriftstücke ermittelt werden kann ([X.]sbeschluss vom 11. September 2007 - [X.]/04 - FamRZ 2007, 2055 Rn. 22 mwN).

bb) Auf dieser Grundlage ist das [X.] im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass der Aussetzungsbetrag in einer Entscheidung nach § 33 [X.] grundsätzlich der Höhe nach konkret festgelegt werden muss ([X.] [X.], 814, 815 [X.]. [X.]). Soweit das [X.] aber für Fälle, in denen gegenwärtig die gesamte durch den Versorgungsausgleich bedingte Kürzung ausgesetzt wird, eine Bezifferung für entbehrlich hält, widerspricht dies der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

(1) Allerdings ist der Tenor des angefochtenen Beschlusses, der die Kürzung der laufenden Altersversorgung des Antragstellers "mit Wirkung ab 01.08.2010 in Höhe des vollen [X.]" aussetzt, im vorliegenden Fall hinreichend bestimmbar. Aus dem nach früherem Recht für die Entscheidung nach § 33 [X.] relevanten [X.] lässt sich durch Division mit dem allgemeinen Rentenwert zum Ende der Ehezeit die Rentenkürzung in Entgeltpunkte umrechnen. Diese wiederum könne durch Multiplikation mit dem aktuellen, jeweils im [X.] veröffentlichten, allgemeinen Rentenwert (vgl. zuletzt Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli 2011 - [X.] 2011 - RWBestV 2011 vom 6. Juni 2011; [X.] I S. 1039) in einen aktuellen Rentenkürzungsbetrag umgerechnet werden. Zwar entspricht dieser Betrag nicht zwingend der individuellen Kürzung durch den Versorgungsausgleich, weil - wie der vorliegende Fall zeigt - zuvor auch der Zugangsfaktor zu berücksichtigen ist, um die persönlichen Entgeltpunkte des Rentenberechtigten zu ermitteln (vgl. §§ 63 Abs. 5, 77 [X.]). Dieser individuelle Zugangsfaktor muss sich deswegen aus der angefochtenen Entscheidung ergeben, um den individuellen Rentenkürzungsbetrag bestimmen zu können. Das ist hier allerdings der Fall, weil das [X.] in den Gründen der angefochtenen Entscheidung den aktuellen Aussetzungsbetrag als Produkt der (wenn auch falsch ermittelten) durch den Versorgungsausgleich gekürzten Entgeltpunkten mit dem Zugangsfaktor (0,925) und dem aktuellen Rentenwert im [X.]punkt der Entscheidung (27,20 €) mit 529,87 € errechnet hat.

(2) Gleichwohl verstößt die nach der Entwicklung des aktuellen [X.] dynamische Tenorierung gegen § 33 [X.], weil sie sich allein an dem dynamischen Kürzungsbetrag orientiert und die Aussetzung der Kürzung damit die Höhe des fiktiven gesetzlichen Unterhalts nach § 33 Abs. 1, 3 [X.] übersteigen kann. Soweit ein in die Zukunft gerichteter dynamischer Titel die Obergrenze des fiktiven Unterhalts ohne Berücksichtigung der Rentenkürzung durch den Versorgungsausgleich übersteigen kann, verstößt er gegen § 33 Abs. 3 [X.] und führt in diesem Umfang zu einer gesetzwidrigen Entscheidung.

(3) Gegen die Aussetzung der Kürzung in Höhe "des vollen [X.]" spricht hier zudem, dass sich ein solcher Tenor nicht lediglich auf die Kürzung im Wege des [X.] nach §1587 b Abs. 1 BGB beschränkt, sondern auch zur Aussetzung der Kürzung im Wege des erweiterten [X.] nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 [X.] führen würde. Dies sieht die auf Regelsicherungssysteme beschränkte gesetzliche Regelung der §§ 32, 33 [X.] gerade nicht vor.

(4) Die [X.] weist außerdem zu Recht darauf hin, dass ein dynamischer Aussetzungstitel auch dann zu Rechtsverletzungen führen kann, wenn ursprünglich nur eine Teilrente bezogen wurde und der Antragsteller später eine Vollrente erhält. In solchen Fällen kann der Kürzungsbetrag der Teilrente unter dem fiktiven Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten liegen, während eine von einem dynamischen Tenor ebenfalls erfasste Kürzung einer späteren Vollrente die Obergrenze des Unterhaltsanspruchs übersteigen könnte.

(5) Schließlich spricht auch der Umstand, dass es sich bei der Vorschrift des § 33 [X.] lediglich um eine Härtefallregelung handelt, die eine doppelte Belastung des [X.] durch Kürzung der Altersversorgung einerseits und einer bestehenden Unterhaltspflicht andererseits kompensieren will, gegen die Zulässigkeit eines dynamischen Titels. Wenn der Gesetzgeber im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung den Besitzschutz des [X.] der Versichertengemeinschaft abgewogen und die Aussetzung der Rentenkürzung auf den Betrag des fiktiven Unterhalts ohne die Kürzung begrenzt hat, ist dies auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.] nicht zu beanstanden (vgl. insoweit BT-Drucks. 16/10144 S. 71 f. unter Bezugnahme auf [X.] FamRZ 1980, 326, 334 f.). Die Begrenzung muss dann allerdings stets konkret bezeichnet werden, was nur im Wege eines im Tenor bezifferten [X.] möglich ist.

d) Die angefochtene Entscheidung ist deswegen aufzuheben. Der [X.] kann nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil Feststellungen zur Höhe des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau ohne die Kürzung der laufenden Rente fehlen. Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung der weiteren Rechtsauffassung des [X.]s wird das [X.] deswegen erneut über den Antrag auf Aussetzung der durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente des Antragstellers zu entscheiden haben.

[X.]                                                      Dose                                                          [X.]

                            [X.]

Meta

XII ZB 234/11

21.03.2012

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Düsseldorf, 2. Mai 2011, Az: II-8 UF 21/11

§ 32 VersAusglG, § 33 Abs 1 VersAusglG, § 33 Abs 3 VersAusglG, § 34 VersAusglG, § 1587b Abs 1 BGB vom 02.01.2002

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.03.2012, Az. XII ZB 234/11 (REWIS RS 2012, 7898)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7898

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