Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2013, Az. EnVR 92/10

Kartellsenat | REWIS RS 2013, 7884

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.]
92/10
vom

26. Februar 2013
in der energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungssache

-
2 -
Der Kartellsenat des [X.] hat am
26. Februar 2013
durch den
Vorsitzenden Richter
Prof. Dr.
Bornkamm
und die Richter Dr.
Raum, [X.], Dr.
Grüneberg
und Dr. Bacher
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerden
der Betroffenen und der [X.]
wird der Beschluss des 1.
Kartellsenats des [X.] vom 19.
August
2010
aufgehoben.
Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Bundes-netzagentur vom 11. Dezember 2008 aufgehoben.
Die [X.] wird verpflichtet, die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats
neu zu bescheiden.
Im Übrigen werden die Beschwerde und die Rechtsbeschwerde der Be-troffenen zurückgewiesen.
Die im Beschwerde-
und Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Kos-ten und Auslagen werden der Betroffenen zu 75% und der Bundesnetz-agentur zu 25% auferlegt.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 1.248.859

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird unter
Abänderung der
Entschei-dung
des [X.] auf festgesetzt.

-
3 -
Gründe:
I.
Die Betroffene
betreibt ein
Elektrizitätsverteilernetz. Mit Bescheid vom 11.
Dezember
2006
erhielt sie eine auf den Daten des Geschäftsjahres 2004 beru-hende und später bis zum 31.
Dezember 2008 verlängerte Genehmigung der Entgel-te für den Netzzugang gemäß § 23a [X.]. Für die Folgezeit wurde der Betroffenen die Teilnahme am vereinfachten Verfahren der Anreizregulierung gemäß § 24 [X.] genehmigt.
Mit Beschluss
vom 11. Dezember
2008
legte
die [X.]
die ein-zelnen [X.] für die Jahre 2009 bis 2013
niedriger als von der Betroffe-nen
begehrt
fest. Sie begründete
dies im Rahmen der Ermittlung des [X.] nach § 34 Abs. 3 [X.] unter anderem mit Kürzungen bei den Kosten für die Beschaffung von [X.], bei der Eigenkapitalverzinsung, bei geleisteten [X.] und Anlagen im Bau im Anlagevermögen
und bei der kalkulatorischen Gewerbesteuer sowie mit der Einrechnung
des generellen sektoralen Produktivitäts-faktors nach §
9 [X.].
Den Antrag auf Anerkennung eines Härtefalles nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] wegen gestiegener Kosten für die Beschaffung von [X.] lehnte die [X.] ab. Auf die hiergegen gerichtete Be-schwerde der Betroffenen
hat das Beschwerdegericht den Beschluss mit Ausnahme der Ablehnung des [X.] aufgehoben und die
[X.]
ver-pflichtet, die [X.] unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung neu zu bestimmen. Die weitergehende Beschwerde der Betroffenen
hat das Beschwer-degericht zurückgewiesen.
Hiergegen richten
sich die -
vom
Beschwerdegericht zugelassenen
-
Rechts-beschwerden
der Betroffenen und der [X.].
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

1
2
3

-
4 -
II.
Die Rechtsbeschwerde
der Betroffenen hat teilweise Erfolg, die Rechtsbe-schwerde der [X.]
ist in vollem Umfang begründet.
1.
Bestimmung des Ausgangsniveaus der [X.] (§
34 Abs.
3 [X.])
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat insoweit im Wesentlichen Erfolg.
a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass die [X.] für die Bestimmung des Ausgangsniveaus der [X.] für die erste [X.] das Ergebnis der Kostenprüfung der letzten -
bestandskräftigen -
Ent-geltgenehmigung zugrunde legen durfte. Dies ergebe sich aus § 34 Abs. 3 Satz
2
[X.], wonach sich das Ausgangsniveau aus den im Rahmen der letzten Geneh-migung der Netzentgelte nach §
23a [X.] anerkannten Kosten ergebe. Sinn und Zweck dieser Übergangsregelung sei es, eine einheitliche Datenbasis sicherzustellen und eine erneute Kostenprüfung mit dem
damit verbundenen Aufwand nach dem Inkrafttreten der [X.] zu vermeiden. Aufgrund dessen sei für die von der Betroffenen begehrte Anpassung des Ergebnisses der in der letzten Entgeltgenehmigung vorgenommenen Kostenprüfung kein Raum. Dies gelte [X.] auch für solche [X.]en, die nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des [X.] an sich korrekturbedürftig seien. [X.] seien weder [X.] für die Beschaffung von [X.] noch im Rahmen der Bestimmung des Anlagevermögens geleistete Anzahlungen und
Anla-gen im Bau zu berücksichtigen noch ein Risikozuschlag bei den [X.] vorzunehmen oder
die kalkulatorische Gewerbesteuer anzupassen.
b) Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
5
6
7

-
5 -
Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat (vgl. nur Beschluss vom 18. Oktober 2011 -
[X.] 13/10, RdE
2012, 389
Rn. 7 f.

[X.] Energienetze GmbH),
ist -
entgegen der Auffassung des [X.] -
bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus zur Bestimmung der [X.] nach §
34 Abs.
3 [X.] die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung und An-wendung der Stromnetzentgeltverordnung zu berücksichtigen. Die unveränderte Übernahme des Ergebnisses der Kostenprüfung der letzten -
bestandskräftigen -
Entgeltgenehmigung ist rechtsfehlerhaft, soweit diese zu jener Rechtsprechung in Widerspruch steht.
aa) Entgegen der Auffassung der
Rechtsbeschwerde
führt dies allerdings
nicht dazu, dass Kostensteigerungen für die Beschaffung von [X.] ohne Rücksicht auf die Angaben der Betroffenen in den vorangegangenen [X.] berücksichtigt werden können. Im Grundsatz ist von der [X.] oder -
wie hier -
eines früheren Geschäftsjahres (2004) auszugehen (§
6 Abs.
2, §
34 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Nach der Rechtsprechung des Senats sind bei der Genehmigung der Netzentgelte auf der Grundlage von § 23a [X.] die Kosten für die Beschaffung von [X.] im Fall gesicherter [X.] auch mit Planwerten im Sinne von §
3 Abs.
1 Satz 5 Halbsatz 2 [X.] in Ansatz zu bringen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. August 2008 -
[X.] 36/07, [X.], 337 Rn.
9
ff. -
Stadtwerke Trier). Hat die Regulierungsbehörde im Rah-men der Kostenprüfung der letzten Genehmigung der Netzentgelte nach § 23a [X.] die Berücksichtigung solcher [X.] -
zu Unrecht -
mit der Begründung abgelehnt, dass §
3 Abs.
1 Satz
5 Halbsatz 2 [X.] von § 10 [X.] ver-drängt werde, darf sie das Ergebnis dieser Kostenprüfung nicht unverändert über-nehmen, sondern muss bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus zur Bestimmung der [X.] nach § 34 Abs. 3 [X.] die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 [X.] prüfen (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Januar 2012

[X.] 16/10, [X.], 203 Rn. 12 -
Gemeindewerke [X.]).
8
9
10

-
6 -
(1) Aufgrund dessen hätte die [X.] die von der Betroffenen gel-tend gemachten
[X.] für die Beschaffung von [X.] im [X.] auf ihre sachliche Berechtigung prüfen müssen. Dies hat sie bislang nicht getan. In dem Bescheid vom 11.
Dezember 2006 hat die [X.] die Berücksichtigung von [X.] für die Beschaffung von [X.] mit dem Hinweis auf die Un-anwendbarkeit des §
3 [X.] abgelehnt (S.
7, 25 des Bescheids). In dem [X.] Beschluss vom 11. Dezember 2008 hat die [X.] eine Be-rücksichtigung der von der Betroffenen angemeldeten Kosten für die Beschaffung von [X.] wegen der Bestandskraft des Bescheids vom 11.
Dezember 2006 verneint und deshalb die Voraussetzungen
des § 3 Abs.
1 Satz
5 Halbsatz 2 [X.], insbesondere das Vorliegen gesicherter Erkenntnisse, nicht geprüft.
Ausgehend davon ist für die [X.] das Vorbringen der Betroffenen zugrunde zu legen, die von ihr geltend gemachten [X.] für das [X.] entsprächen sicheren Erkenntnissen im Sinne des § 3 Abs.
1 Satz
5 Halb-satz 2 [X.] (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 7. April 2009 -
[X.] 6/08, [X.], 25 Rn. 8 -
Verteilnetzbetreiber [X.]). Soweit die Bundesnetza-gentur
das Vorliegen gesicherter Erkenntnisse in ihrer Rechtsbeschwerdeerwiderung
in Abrede stellt, kann sie damit im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden, sondern muss dies im weiteren Verfahren prüfen.
(2) Dagegen sind die [X.] für die Beschaffung von [X.] des Jahres 2009 nicht nachträglich bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus zur Bestim-mung der [X.] gemäß §
34
Abs.
3
[X.] zu berücksichtigen.
Dies käme
-
wie oben dargelegt -
auf der Grundlage des Senatsbeschlusses vom 28. Juni 2011 ([X.] 48/10, [X.], 308 Rn. 7 ff. -
EnBW Regional AG) nur dann in Betracht, wenn die Regulierungsbehörde im Rahmen der Kostenprüfung der letzten Genehmigung der Netzentgelte nach § 23a [X.] die Berücksichtigung von solchen [X.] mit der Begründung abgelehnt hätte, dass § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz
2 [X.] von
§ 10 [X.] verdrängt werde. Ein solcher Fall liegt 11
12
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-
7 -
hier aber nicht vor. Die Betroffene hat -
worauf die Rechtsbeschwerdeerwiderung zu Recht hinweist -
[X.] für das [X.] nicht in dem letzten kostenbasierten [X.], sondern erstmals im Beschwerdeverfahren
geltend gemacht. Für die -
von der Betroffenen begehrte -
nachträgliche Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz
2 [X.] bei der Bestimmung des Ausgangsniveaus der [X.] im Rahmen der Anreizregulierung fehlt es aber an einer rechtli-chen Grundlage.
bb) Des Weiteren
hätte die [X.] bei der Ermittlung des [X.] zur Bestimmung der [X.] gemäß §
34 Abs.
3 [X.] in Bezug auf die Verzinsung des die zugelassene Eigenkapitalquote übersteigenden Anteils des Eigenkapitals (sog. [X.]) bei den dafür maßgeblichen [X.] einen Risikozuschlag (siehe hierzu Senatsbeschluss vom 14. August 2008

[X.] 42/07, [X.]/[X.] 2395 Rn. 54 ff. -
Rheinhessische Energie) berücksichti-gen müssen. Dies wird sie nachzuholen haben.
Dem ist
sie im Rechtsbeschwerde-verfahren auch nicht mehr entgegengetreten.
cc) Hinsichtlich der geleisteten Anzahlungen und Kosten für Anlagen im Bau (hierzu Senatsbeschluss vom 14.
August 2008 -
[X.]
39/07, [X.], 323 Rn.
32
ff. -
Vattenfall) wird die [X.] nach der Zurückverweisung den Sachverhalt weiter aufzuklären haben. Auf der Grundlage der bisher getroffenen tat-sächlichen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Betroffe-ne diese [X.] im [X.] in hinreichender Weise geltend gemacht hat.
Die Berücksichtigung solcher Kosten ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Betroffene im [X.] in der Aufstellung des [X.] Eigenkapitals entsprechend den damaligen Vorgaben der Bundesnetza-gentur keine entsprechende Position ausgewiesen hat. Es würde vielmehr ausrei-chen, wenn die Betroffene in ihrer zusammen mit dem Antrag auf Genehmigung der Netzentgelte eingereichten Bilanz zum 31.
Dezember 2004
für geleistete Anzahlun-14
15
16

-
8 -
gen und Anlagen im Bau einen entsprechenden Betrag ausgewiesen hätte. Aus die-sem Umstand hätte die [X.] bei zutreffender rechtlicher Beurteilung folgern können und müssen, dass diese Position auch beim kalkulatorischen [X.] zu berücksichtigen ist. Die Betroffene war nicht gehalten, den Betrag in [X.], Aufstellungen oder sonstige Anlagen zum
Entgeltgenehmigungsantrag zu übernehmen, weil dort ohnehin keine entsprechende Rubrik vorgesehen war (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Oktober 2012 -
[X.] 88/10, [X.], 22
Rn. 17 -
SWM Infrastruktur GmbH).
Ob die Betroffene die [X.] im [X.] in der genannten Weise geltend gemacht hat, ist weder den Feststellungen des Beschwer-degerichts noch den vorliegenden Verfahrensakten zu entnehmen. Die von der Rechtsbeschwerde vorgelegte E-Mail vom 17. März 2006, mit der
die Betroffene nach ihrer Darstellung der [X.] den Jahresabschluss 2004 und die [X.] Strom 2004 übersandt hat, legt dies allerdings nahe. Die Bundes-netzagentur hat nach der Zurückverweisung Gelegenheit, die erforderliche Aufklä-rung des Sachverhalts nachzuholen.
dd) Schließlich
hätte die [X.] die kalkulatorische Gewerbe-steuer anpassen müssen (vgl. Senatsbeschlüsse
vom 28. Juni 2011 -
[X.] 48/10, [X.], 308 Rn. 14 -
EnBW Regional AG
und vom 18. Oktober 2011

[X.]
13/10, RdE
2012, 389
Rn. 14
-
[X.] Energienetze GmbH).
2.
Härtefallregelung (§
4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2
[X.])
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat insoweit Erfolg. Entgegen der Auf-fassung des [X.]
durfte
die [X.] den Härtefallantrag der Betroffenen mit der von ihr gegebenen Begründung nicht ablehnen.
a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass die Härtefallregelung des §
4 Abs.
4 Satz
1 Nr.
2 [X.] bereits in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbar sei, weil 17
18
19
20

-
9 -
danach eine Anpassung der Erlösobergrenze nur während der laufenden [X.] in Betracht komme, nicht dagegen für das erste Jahr der ersten Regu-lierungsperiode. Davon abgesehen liege auch kein unvorhersehbares Ereignis im Sinne dieser Vorschrift vor, weil nach der Gesetzesbegründung unter dieses [X.] nur Naturkatastrophen, Terroranschläge oder vergleichbare [X.] fielen. Schließlich habe die Betroffene auch die Voraussetzungen für das [X.] einer unzumutbaren Härte nicht hinreichend dargelegt. Insoweit sei nicht eine einzelne [X.] maßgebend; vielmehr müsse diese in Beziehung zum ge-samten Unternehmen des Netzbetreibers gesetzt werden und eine Gesamtdarstel-lung der behaupteten Nachteile und der eingetretenen Vorteile
erfolgen. Erst die Än-derung der
Gesamtbelastung könne eine Korrektur rechtfertigen. Eine derartige Än-derung der Gesamtbelastung habe die Betroffene indes nicht vorgetragen.
b) Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht
stand.
aa) Entgegen der Auffassung des [X.] ist §
4 Abs.
4 Satz
1 Nr.
2 [X.] auch im Rahmen der erstmaligen Bestimmung der [X.] nach § 6 Abs. 2 [X.] zumindest entsprechend anwendbar (Senatsbeschluss vom 28. Juni 2011 -
[X.] 48/10, [X.], 308 Rn.
69 ff. -
EnBW Regional AG). Für
das vereinfachte Verfahren sehen § 24 Abs.
3, § 34 Abs. 3 [X.] insoweit nichts anderes vor
(Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2011 -
[X.] 13/10, RdE
2012, 389
Rn. 31 -
[X.] Energienetze GmbH).
bb) Ebenfalls rechtsfehlerhaft hat das Beschwerdegericht das Tatbestands-merkmal des unvorhergesehenen Ereignisses im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] auf außergewöhnliche Ereignisse, wie zum Beispiel Naturkatastrophen oder Terroranschläge, begrenzt. Vielmehr kommt nach der Rechtsprechung des Senats als unvorhersehbares Ereignis auch ein Umstand in Betracht, der im Genehmi-gungsverfahren, ohne dass es auf die subjektiven Erkenntnismöglichkeiten der [X.] oder des betroffenen Netzbetreibers im Zeitpunkt der Behör-denentscheidung ankäme, wegen des Zeitversatzes zu dem maßgeblichen Basisjahr 21
22
23

-
10 -
nach den hierfür maßgeblichen Vorschriften nicht berücksichtigungsfähig war (Se-natsbeschluss vom 28. Juni 2011 -
[X.] 48/10, [X.], 308 Rn. 74 -
EnBW Re-gional AG). Bei Kostensteigerungen für die Beschaffung von [X.] hat der Senat dies bei Preissteigerungen ab 50% bejaht (Senatsbeschluss aaO Rn. 75). [X.] solche Kostensteigerung ist hier nach dem Vorbringen der Betroffenen, die diese mit 71% und 123% beziffert, gegeben.
cc) Schließlich hat die Rechtsbeschwerde auch Erfolg, soweit sie sich gegen die Feststellung des [X.]
wendet, die Betroffene habe einen Härtefall nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] nicht dargelegt.

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Beschluss vom 28. Juni 2011 -
[X.] 48/10, [X.], 308 Rn. 83
f. -
EnBW Regional AG) darf zur [X.], ob für den Netzbetreiber durch den Eintritt des unvorhersehbaren Ereignisses eine nicht zumutbare Härte entstanden ist, nicht nur die gestiegene ein-zelne [X.] in den Blick genommen werden. Es ist vielmehr eine Gesamt-betrachtung der Kosten-
und Vermögenssituation des Netzbetreibers anzustellen. Die Unzumutbarkeit setzt voraus, dass die Entgeltbildung nach den Maßgaben der [X.] zu einem für den Netzbetreiber wirtschaftlich untrag-baren Ergebnis führt. Insbesondere muss dem Netzbetreiber eine angemessene und wettbewerbsfähige Verzinsung seines Eigenkapitals verbleiben. Eine "gesetzlich ga-rantierte" Eigenkapitalverzinsung in einer bestimmten Höhe wird damit nicht gefor-dert. Treten die Kostensteigerungen von vornherein nur für einen begrenzten Zeit-raum auf, ist dem Netzbetreiber eher zuzumuten, vorübergehend eine geringere Ver-zinsung seines Eigenkapitals hinzunehmen, als dies bei dauerhaften, für einen er-heblichen Teil der [X.] zu erwartenden Kostensteigerungen der Fall ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob der Netzbetreiber die durch eine einzelne Kostensteigerung verursachte Gesamtbelastung seiner Kosten-
und Vermögenssitu-ation durch wirtschaftlich vertretbare Rationalisierungsmaßnahmen zumindest teil-weise auffangen kann. Zu einer überpflichtgemäßen Ausschöpfung aller Rationalisie-rungsreserven ist er aber nicht gezwungen. Der Netzbetreiber hat daher -
bezogen 24
25

-
11 -
auf das gesamte Netz -
darzulegen, wie sich die gestiegenen Kosten -
hier: für die Beschaffung von [X.] -
unter Berücksichtigung aller sonstiger Verände-rungen in der Kosten-
und Vermögenssituation auf die -
kalkulatorische -
Eigenkapi-talverzinsung auswirken.
Die zur Bestimmung der [X.] notwendigen Tatsachen hat die Regulierungsbehörde gemäß § 68 Abs. 1 [X.], § 27 Abs. 1 Satz 1
[X.] von Amts wegen zu ermitteln. Dies gilt gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 [X.] auch für das Antragsverfahren nach § 4 Abs. 4 [X.]. Dieser Pflicht der Behörde stehen Ob-liegenheiten der Beteiligten gegenüber, die bei der Ermittlung des Sachverhalts mit-helfen und insbesondere die ihnen bekannten Tatsachen und Beweismittel angeben sollen. Insoweit wird die Amtsaufklärungspflicht der Regulierungsbehörde (§
68 Abs.
1 [X.], §
27 Abs.
1 Satz
3 Nr.
1 [X.]) durch die Mitwirkungslast des [X.] begrenzt. Die Regulierungsbehörde braucht entscheidungserhebliche [X.] nicht zu ermitteln, die der Betroffene ihr zu unterbreiten hat. Soweit solche Angaben erforderlich oder zu vervollständigen sind, hat die Regulierungsbehörde den Netzbetreiber hierauf allerdings hinzuweisen und von ihm die Vorlage weiterer Angaben oder Unterlagen zu verlangen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juni 2011

[X.] 48/10, [X.], 308 Rn. 86 mwN -
EnBW Regional AG).
(2) Nach diesen Maßgaben wird
die Feststellung des [X.], die Betroffene habe einen Härtefall nach §
4 Abs.
4 Satz
1 Nr.
2 [X.] nicht dargelegt, von der Rechtsbeschwerde zu Recht als verfahrensfehlerhaft gerügt (§ 286 ZPO).
Das Beschwerdegericht ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon [X.], dass für die Unzumutbarkeit der Hinnahme der Kostensteigerungen für die Betroffene nicht die einzelne [X.]
für die Beschaffung der [X.] maßgebend ist. Vielmehr muss eine Gesamtschau aller Kosten vorgenommen und insbesondere auch berücksichtigt
werden, ob und inwieweit
die Eigenkapitalverzin-sung aufgezehrt wird. Die Rechtsbeschwerde macht aber zu Recht die
Verletzung einer gerichtlichen Hinweis-
und Aufklärungspflicht geltend, weil das Beschwerdege-26
27
28

-
12 -
richt die Betroffene nicht auf ihren insoweit unzureichenden Vortrag hingewiesen und ihr keine Gelegenheit zu einer entsprechenden Ergänzung gegeben
hat. Hierzu hätte Anlass bestanden, weil bereits die [X.] im Antragsverfahren ihre Amtsaufklärungspflicht verletzt
hat. Die Betroffene hat ihren Antrag vom 20. Oktober 2008 auf Anerkennung eines Härtefalles nach §
4 Abs.
4 Satz
2 Nr.
1 [X.] zwar nur mit den gestiegenen Kosten für die Beschaffung von [X.] begründet, ohne ihre Gesamtkostensituation darzustellen, obwohl dies im Rahmen der [X.] geboten gewesen wäre. Hierzu hätte die [X.] die Betroffene aber auffordern müssen, zumal die Rechtslage hinsichtlich des Anwendungsbereichs und der Voraussetzungen der Härtefallregelung in der ersten [X.] der Anreizregulierung noch nicht geklärt war. Soweit die [X.] die Be-troffene in dem [X.] vom 5.
Dezember 2008 mit einer gleichlauten-den Begründung wie in dem endgültigen Bescheid vom 11. Dezember 2008 auf die fehlende Erfolgsaussicht des Antrags hinweist, genügt dies bereits in Anbetracht der kurzen Stellungnahmefrist und des nur pauschalen Inhalts nicht den Anforderungen, die
an eine Erfüllung der ihr obliegenden Amtsaufklärungspflicht zu stellen sind.
[X.] hat die [X.] nicht um die Darlegung gebeten, ob und in-wieweit durch den Anstieg der Kosten für die Beschaffung von [X.] die Eigenkapitalverzinsung aufgezehrt wird.
Der Bescheid vom 11. Dezember 2008 spricht sogar eher dafür, dass die [X.] diesem Umstand -
zu Unrecht -
keine oder eine
nur untergeordnete Bedeutung beigemessen hat, weil sie auf die diesbezüglichen Ausführungen der Betroffenen in deren Stellungnahme vom 9.
Dezember 2008 nicht eingegangen ist.
Nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren zugrundezulegenden Vorbringen der Betroffenen zu den Voraussetzungen einer unzumutbaren Härte erscheint
deren Annahme nicht von vornherein ausgeschlossen. Allerdings wird dies auch
davon [X.], wie sich die Gesamtkostensituation der Betroffenen unter Berücksichtigung der neu zu [X.] [X.]en darstellt.
Dies wird die Bundesnetz-agentur in dem neu eröffneten Verwaltungsverfahren zu prüfen haben.
29

-
13 -
3.
Genereller [X.] (§
9 [X.])
Die Rechtsbeschwerde der [X.] hat Erfolg.
a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, die [X.] habe bei der Ermittlung der [X.] zu Unrecht den generellen sektoralen Produkti-vitätsfaktor nach §
9 [X.] berücksichtigt, obwohl es hierfür an einer ausdrückli-chen gesetzlichen Ermächtigung fehle. Insbesondere sei § 9 [X.] nicht von §
21a Abs. 6 Satz 2 Nr. 5 bzw. § 21a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 [X.] gedeckt.
b) Auch diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des [X.] hat die [X.] bei der Ermitt-lung der [X.] den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor nach §
9 [X.] zu Recht berücksichtigt.
aa) Der Senat hat zwar mit Beschluss vom 28. Juni 2011 ([X.] 48/10, [X.], 308 Rn.
36
ff. -
EnBW Regional AG) entschieden, dass §
21a Abs.
6 Satz
1 Nr.
2 [X.] i.V.m. §
21a Abs.
6 Satz
2 Nr.
5 [X.] a.F. nicht dazu ermächtigt hat, einen generellen sektoralen Produktivitätsfaktor -
wie in § 9 Abs. 1 [X.] a.F. vor-gegeben -
unter Berücksichtigung der Abweichung des netzwirtschaftlichen Produkti-vitätsfortschritts vom gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt zu ermitteln. Diese Rechtsprechung ist aber -
wie der Senat mit Beschluss vom 31. Januar 2012 ([X.] 16/10, [X.], 203 Rn. 17
ff. -
Gemeindewerke [X.]) im [X.] begründet hat -
durch das [X.] Neuregelung [X.] Vorschriften vom 22. Dezember 2011 ([X.] I S. 3034) gegenstandslos geworden, weil der Gesetzgeber darin mit § 21a Abs. 4 Satz 7, Abs.
6 Satz
2 Nr. 5 [X.] n.F. mit Rückwirkung zum 1. Januar 2009 eine ausreichende Ermächtigungs-grundlage für die Einbeziehung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors in die [X.] geschaffen und § 9 [X.] neu erlassen hat. Die von der Rechts-beschwerdeerwiderung insbesondere gegen die Rückwirkung angeführten Argumen-te hat der Senat geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet.
30
31
32
33

-
14 -
bb) Die konkrete Festlegung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors in § 9 Abs.
2 [X.] und dessen konkrete Berechnung durch die [X.] für die einzelnen Jahre der [X.] sind -
wie der Senat ebenfalls mit Beschluss vom 31. Januar 2012 ([X.] 16/10, [X.], 203 Rn. 26 ff. -
Gemein-dewerke [X.]) im Einzelnen begründet hat -
ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch insoweit bringt die Rechtsbeschwerdeerwiderung keine Argumente
vor, die dem Senat Anlass für eine Änderung seiner Rechtsprechung geben könnten.
III.
Der Senat verweist die Sache nicht an das Beschwerdegericht zurück. Die noch offenen Fragen des angefochtenen Bescheids vom 11. Dezember
2008
können durch die Regulierungsbehörde in dem neu eröffneten Verwaltungsverfahren ent-schieden werden. Für die Neubescheidung ist der rechtliche Rahmen durch die Ent-scheidung des Senats vorgegeben.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
90 Satz
1
[X.].

Der Streitwert des Beschwerde-
und des Rechtsbeschwerdeverfahrens richtet sich gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse der Betroffenen an einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dies bemisst sich grundsätzlich nach der Differenz zwischen den nach der -
im Be-schwerde-
bzw. Rechtsbeschwerdeverfahren vertretenen -
Auffassung der Betroffe-nen anzusetzenden [X.] und den von der Regulierungsbehörde festge-setzten [X.] (vgl. nur Senatsbeschluss vom 18.
Oktober 2011

[X.]
13/10, RdE
2012, 389
Rn. 45 -
[X.] Energienetze GmbH). Soweit die Be-troffene insoweit nur einen Jahresbetrag ansetzen will, fehlt es hierfür an einer Grundlage.
Aufgrund dessen betragen der Wert des Beschwerdeverfahrens unter Berücksichtigung des nicht mehr weiterverfolgten Angriffs gegen den Auflagenvorbe-34
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37

-
15 -
halt zur Mehrerlössaldierung 1.298.859

r-fahrens 1.248.859

Bornkamm

Raum

Strohn

Grüneberg

Bacher
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 19.08.2010 -
13 VA 9/09 -

Meta

EnVR 92/10

26.02.2013

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2013, Az. EnVR 92/10 (REWIS RS 2013, 7884)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7884

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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