Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2011, Az. XI ZB 36/10

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7715

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BUNDESGERICHTSHOF [X.] vom 12. April 2011 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] Ellenberger, [X.], [X.] und [X.] am 12. April 2011 beschlossen: Auf die Rechtsmittel des [X.] werden die Beschlüsse des 19. Zivilsenats des [X.] vom 18. Oktober 2010 und des [X.] vom 7. April 2010 aufgeho-ben. Gründe:[X.] 1. Der Kläger macht gegen die Beklagte zu 2) unter anderem Ansprüche im Zusammenhang mit der von ihm am 24. November 2004 gezeichneten Be-teiligung an der F.

Medienfonds GmbH & Co. KG (im Folgenden: Fonds) sowie eines zur teilweisen Finanzierung dieser [X.] aufgenommenen Darlehens geltend. 1 Der Kläger stützt sein Klagebegehren gegen die Beklagte zu 2) zum ei-nen auf eine angebliche Prospektverantwortung der Beklagten zu 2) unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Prospekthaftung im engeren Sinne mit der [X.], der für die Anlage herausgegebene Prospekt sei inhaltlich aus [X.] Gründen falsch. Zum anderen nimmt er die Beklagte zu 2) als die seine Beteiligung finanzierende Bank in Anspruch mit der Begründung, die [X.] - 3 - klagte habe Aufklärungspflichten bei Eingehung des Darlehensvertrages ver-letzt. 3 Beim [X.] ist unter dem Aktenzeichen [X.] ein Verfahren nach dem [X.] (nachfolgend: [X.]) anhängig. Die Beklagte zu 2) ist dort [X.] zu 2). Zu klären sind in diesem Verfahren, soweit es die [X.] Beklagte zu 2) betrifft, deren Prospektverantwortlichkeit und die Fehlerhaftigkeit des Prospekts. 2. Das [X.] hat das Verfahren nach § 7 [X.] ausgesetzt. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde gegen den Aussetzungsbe-schluss als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen [X.]: 4 § 7 Abs. 1 Satz 4 [X.] lasse eine Beschwerde gegen den [X.] nicht zu. Aus dem klaren Wortlaut dieser Vorschrift ergebe sich, dass an sich auch die Voraussetzungen der Aussetzung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] einer Überprüfung durch das Beschwerdegericht entzogen [X.]. Eine einschränkende Auslegung dieser Norm sei im Hinblick auf deren ein-deutigen Wortlaut nicht möglich. Zwar habe der [X.] die Anfech-tung von [X.], die auf § 7 Abs. 1 [X.] gestützt seien, insoweit zugelassen, als das Vordergericht den Beteiligtenbegriff aus dem [X.] verkannt und Verfahren ausgesetzt habe, in denen kein [X.] nach § 1 [X.] hätte gestellt werden können und die [X.] von § 7 Abs. 1 [X.] von vornherein nicht erfasst würden. Diese Vor-aussetzungen lägen hier nicht vor, weil die Beklagte zu 2) eine der [X.] sei. Es sei somit nicht zweifelhaft, dass gegen die Beklagte zu 2) ein Musterfeststellungsverfahren durchgeführt werden könne. Nach Bekanntma-chung des [X.] gemäß § 6 [X.] sei die [X.] 5 - 4 - von anderen Gerichten in anderen Verfahren nicht überprüfbar. Der Umstand, dass der Kläger seine Ansprüche daneben auf weitere Sachverhalte stütze, die nicht den Gegenstand eines Musterfeststellungsantrags gemäß § 1 Abs. 1 [X.] darstellten, führe zu keiner anderen Beurteilung. § 7 Abs. 1 [X.] spreche nur von dem Verfahren als Ganzes und unterscheide nicht nach [X.]. Bei der hier vorliegenden alternativen Häu-fung von Streitgegenständen habe der Kläger hinzunehmen, dass es dem er-kennenden Gericht frei stehe, welchen der Sachverhalte es als Erstes prüfe. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde be-gehrt der Kläger die Aufhebung des Beschlusses des [X.] und der Aussetzungsentscheidung des [X.]s. 6 I[X.] Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) ist [X.]. 7 1. Rechtsfehlerhaft ist das Beschwerdegericht der Ansicht, der [X.] des [X.]s sei gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 [X.] unan-fechtbar. § 7 Abs. 1 [X.] findet auf das Streitverhältnis der Parteien inso-weit keine Anwendung, als Ansprüche aus vorvertraglicher Aufklärungspflicht-verletzung der Beklagten zu 2) aus dem [X.] bzw. Ansprüche aus einem Widerruf nach dem Verbraucherdarlehensrecht im Streit sind (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 ff.). Daher ist die auf § 7 Abs. 1 [X.] gestützte Aussetzung des gesamten Rechtsstreits durch das [X.] unzulässig. 8 - 5 - a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] können Rechtsstreitigkeiten, in denen Schadensersatzansprüche auf vertraglicher Grundlage oder aus § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und 3 BGB bzw. aus der soge-nannten Prospekthaftung im weiteren Sinne geltend gemacht werden, von vornherein nicht Gegenstand eines [X.] nach § 1 Abs. 1 [X.] sein. Das gilt auch dann, wenn sich die Haftung aus der Verwendung eines feh-lerhaften Prospektes im Zusammenhang mit einer Beratung oder einer Vermitt-lung ergibt (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 Rn. 11 mwN). 9 b) Das gilt auch für Ansprüche des Anlegers gegen die die Anlage finan-zierende Bank wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen aus dem [X.], wie sie hier in Rede stehen. Solche Ansprüche, die der Kläger hier neben einem Anspruch aus Prospekthaftung im engeren Sinne gel-tend macht, können nicht Gegenstand eines [X.] sein. Das gilt auch dann, wenn die Haftung - etwa aus einem Wissensvorsprung - die Kennt-nis von einer durch fehlerhafte Prospektangaben begangenen arglistigen [X.] voraussetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 Rn. 14 mwN). 10 c) Entgegen der Ansicht des [X.] ändert die Tatsache, dass die Beklagte zu 2) auch als Prospektverantwortliche nach den Grundsät-zen der Prospekthaftung im engeren Sinne in Anspruch genommen wird, nichts daran, dass über die daneben geltend gemachten Ansprüche aus vertraglichen oder vorvertraglichen Pflichtverletzungen bzw. aus dem Widerruf des [X.] zu entscheiden ist, bevor eine Aussetzung nach dem [X.] in Betracht kommt (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 Rn. 15 mwN). 11 - 6 - Den [X.] im engeren Sinne liegt ein anderer Lebenssachverhalt zugrunde als den Ansprüchen wegen einer Aufklärungs-pflichtverletzung aus dem [X.] oder eines Widerrufs des [X.]. Ein fehlerhafter Prospekt führt nicht notwendig zur Haftung des Darlehensgebers, ein fehlerfreier Prospekt schließt seine Haftung nicht notwen-dig aus. Es fehlt daher an gleichgerichteten Interessen, die allein durch das [X.] gebündelt werden sollen. Auch gebietet das Gebot effektiven Rechts-schutzes eine Entscheidung über die nicht dem Anwendungsbereich des [X.] unterliegenden Sachverhalte. Denn wenn die Klage gegen die [X.] zu 2) als Darlehensgeberin begründet sein sollte, wären dem Kläger Verzö-gerungen und Kosten wegen eines Verfahrens, das auf den Erfolg seiner Klage keinen Einfluss hat, nicht zuzumuten (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 Rn. 16 mwN). 12 Aufgrund des Sach- und Streitstandes kann eine Haftung der Beklagten zu 2) als Darlehensgeberin unter dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen [X.] nicht ohne weiteres verneint werden. Das [X.] muss diesem Sachvortrag daher nachgehen und prüfen, ob der Anspruch des [X.] gegen die Beklagte zu 2) wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtver-letzung gegeben ist. 13 - 7 - 2. Eine Kostenentscheidung ergeht nicht. Die Kosten des [X.] bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens die nach §§ 91 ff. ZPO in der Sache [X.] zu tragen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 Rn. 18 mwN). 14 [X.] Ellenberger [X.] Matthias [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.04.2010 - 29 O 25414/09 - [X.], Entscheidung vom 18.10.2010 - 19 W 2237/10 -

Meta

XI ZB 36/10

12.04.2011

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2011, Az. XI ZB 36/10 (REWIS RS 2011, 7715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7715

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