Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.11.2018, Az. I R 47/16

1. Senat | REWIS RS 2018, 1749

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Gegenstand

(Umfang der Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids i.S. des § 18 Abs. 1 Satz 1 AStG)


Leitsatz

1. Die in einem Feststellungsbescheid i.S. des § 18 Abs. 1 Satz 1 AStG enthaltene Regelung, dass Einkünfte einer ausländischen Gesellschaft bei einem unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter gemäß § 7 Abs. 1 AStG steuerpflichtig sind, ist für die Steuerfestsetzung des unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafters bindend (§ 182 Abs. 1 AO). Bei Bestandskraft des Feststellungsbescheids kann nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, dass die Hinzurechnung dieser Einkünfte unionsrechtlichen Grundfreiheiten widerspricht. Ein Ergänzungsbescheid (§ 179 Abs. 3 AO) mit einem solchen Feststellungsgegenstand kommt nicht in Betracht.

2. Diese Bindungswirkung verstößt nicht ihrerseits gegen Unionsrecht.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 16. März 2016  1 K 1345/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine inländische Kapitalgesellschaft, ist seit dem [X.] nach einer Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der [X.], einer inländischen (konzernangehörigen) Gesellschaft. Die [X.] war im Streitjahr (1998) zu 99,9999 % unmittelbar und zu 0,0001 % mittelbar (über die [X.] und die [X.], beide mit Sitz in [X.]) an der [X.] mit Sitz in [X.] beteiligt. [X.] war ein steuerlich privilegiertes sog. Koordinierungszentrum im Sinne der [X.] königlichen Verordnung Nr. 187 vom 30. Dezember 1982.

2

Im März 2000 erließ der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) gegenüber der Klägerin einen [X.]escheid über die gesonderte Feststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen nach § 18 des Gesetzes über die [X.]esteuerung bei [X.] in der im Streitjahr geltenden Fassung (Außensteuergesetz --[X.]--) für das Wirtschaftsjahr 1997/[X.] 1998, in welchem er (erklärungsgemäß) auf die [X.] entfallende Einkünfte der [X.] aus passivem Erwerb in Höhe von ... DM (davon Einkünfte mit [X.] in Höhe von ... DM) sowie entrichtete Steuern vom Einkommen und Vermögen (§ 10 Abs. 1 [X.]) in Höhe von ... DM feststellte. Diese [X.]esteuerungsgrundlagen wurden der Körperschaftsteuerfestsetzung der [X.] für 1998 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO--) zugrunde gelegt.

3

Nach einer Außenprüfung wurde am 16. Oktober 2003 der Feststellungsbescheid nach § 18 [X.] zum [X.] 1998 geändert und die auf die [X.] entfallenden Einkünfte der [X.] aus passivem Erwerb in Höhe von ... DM (davon Einkünfte mit [X.] in Höhe von ... DM) sowie entrichtete Steuern vom Einkommen und Vermögen in Höhe von ... DM ausgewiesen. Zudem erließ das [X.] am 31. Oktober 2003 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1998 unter Ansatz eines [X.] nach § 10 Abs. 2 [X.] sowie nach § 12 [X.] anzurechnender ausländischer Steuern in eben dieser Höhe. Den jeweiligen Vorbehalt der Nachprüfung hob das [X.] auf. Die Klägerin legte (nur) gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid Einspruch ein. Der geänderte Feststellungsbescheid wurde bestandskräftig.

4

Zur Einspruchsbegründung trug die Klägerin im Dezember 2008 sinngemäß vor, die Einbeziehung der Gewinne einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft in die Steuerbemessungsgrundlage einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen beherrschenden Gesellschaft verletze nach dem Urteil des [X.] ([X.]) --jetzt: Gerichtshof der [X.] [X.]adbury Schweppes vom 12. September 2006 [X.]/04 ([X.]:[X.], Slg. 2006, [X.]) ihre Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43, 48 des [X.] [X.] i.d.F. des [X.] zur Änderung des [X.] [X.], der Verträge zur Gründung der [X.]en sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte --EG-- (Amtsblatt der [X.]en 2002, Nr. [X.] 325, 1), jetzt Art. 49 und 54 des [X.] Arbeitsweise der [X.] i.d.[X.] zur Änderung des [X.] [X.] und des [X.] [X.] --A[X.]V-- (Amtsblatt der [X.] 2008, Nr. [X.] 115, 47). Diese Einwendung müsse aus unionsrechtlichen Gründen (auch) im Steuerfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden. Mit Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2013 wies das [X.] den Einspruch als unbegründet zurück.

5

Mit Schreiben vom 19. März 2013 beantragte die Klägerin den Erlass eines Ergänzungsbescheids (§ 179 Abs. [X.]) zum Feststellungsbescheid nach § 18 [X.]; es sei festzustellen, dass [X.] im Wirtschaftsjahr 1997 die Tatbestandsvoraussetzung einer tatsächlichen wirtschaftlichen [X.]etätigung in ihrem Sitzstaat [X.] im Sinne des [X.]-Urteils [X.]adbury Schweppes ([X.]:[X.], Slg. 2006, [X.]) erfüllt habe. Diesen Antrag lehnte das [X.] ab. Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos.

6

Das Finanzgericht ([X.]) [X.] hat die dagegen jeweils erhobenen Klagen (nach einer Verbindung der beiden Verfahren) abgewiesen (Urteil vom 16. März 2016  1 K 1345/13, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2016, 1318).

7

Die Klägerin rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den [X.]escheid für 1998 über Körperschaftsteuer vom 31. Oktober 2003 unter Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2013 dahingehend zu ändern, dass bei der [X.]erechnung der festzusetzenden Körperschaftsteuer kein Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 2 [X.] in Höhe von ... DM und keine anzurechnenden ausländischen Steuern nach § 12 [X.] in Höhe von ... DM berücksichtigt werden, und hilfsweise, das [X.] unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 3. April 2013 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 23. Juli 2013 zu verpflichten, einen Ergänzungsbescheid zum [X.]escheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 [X.] für das Wirtschaftsjahr 1997, [X.] 1998, vom 16. Oktober 2003 mit den Feststellungen zu erlassen, dass die [X.] im Wirtschaftsjahr 1997 tatsächlich in ihrem Aufnahmemitgliedstaat [X.] angesiedelt war und dort wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne des [X.]-Urteils [X.]adbury Schweppes ([X.]/04) vom 12. September 2006 nachging.

8

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

9

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass bei der Steuerfestsetzung ein Hinzurechnungsbetrag (und anrechenbare ausländische Steuer) entsprechend dem Inhalt des Feststellungsbescheids vom 16. Oktober 2003 jedenfalls in der im angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid bereits angesetzten Höhe zu berücksichtigen ist und dass das [X.] nicht verpflichtet ist, einen [X.] i.S. des § 179 Abs. 3 [X.] zu erlassen.

1. Im Rahmen des hier streitgegenständlichen Steuerfestsetzungsverfahrens (Körperschaftsteuer 1998 betreffend die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der [X.]) ist das [X.] an den Inhalt des bestandskräftigen [X.]S. des § 18 [X.] gebunden (§ 182 Abs. 1 [X.]).

a) Nach § 18 Abs. 1 [X.] werden die [X.]esteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 14 [X.] gesondert festgestellt. Sind an der [X.] mehrere unbeschränkt Steuerpflichtige beteiligt, so wird die gesonderte Feststellung ihnen gegenüber einheitlich vorgenommen; dabei ist auch festzustellen, wie sich die [X.]esteuerungsgrundlagen auf die einzelnen [X.]eteiligten verteilen. Die Vorschriften der Abgabenordnung, mit Ausnahme des § 180 Abs. 3 [X.], und der Finanzgerichtsordnung über die gesonderte Feststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen sind entsprechend anzuwenden.

In Abs. 2 Satz 1 dieser [X.]estimmung ist geregelt, dass für die gesonderte Feststellung das Finanzamt zuständig ist, das bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen für die Ermittlung der aus der [X.]eteiligung bezogenen Einkünfte örtlich zuständig ist. Im Übrigen sieht Abs. 3 Satz 1 vor, dass jeder der an der [X.] beteiligten unbeschränkt Steuerpflichtigen und erweitert beschränkt Steuerpflichtigen eine Erklärung zur gesonderten Feststellung abzugeben hat.

Daraus folgt für den Streitfall, dass das [X.] als das für die Rechtsvorgängerin der Klägerin örtlich zuständige [X.] (ohne [X.]erücksichtigung des § 180 Abs. 3 [X.], s. § 18 Abs. 1 Satz 3 [X.]) für die inländische Steuerpflichtige einen Feststellungsbescheid nach § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu erlassen hatte. Die Feststellungen betreffen sowohl den Gegenstand, den Zeitpunkt und die [X.] der Hinzurechnung als auch die Hinzurechnung als Rechtsfolge (z.[X.]. Senatsurteile vom 6. Februar 1985 I R 11/83, [X.], 340, [X.] 1985, 410; vom 20. April 1988 I R 41/82, [X.], 530, [X.] 1988, 868). [X.] sind die "nach § 7 Abs. 1 [X.] steuerpflichtigen Einkünfte" (Senatsurteile vom 15. März 1995 I R 14/94, [X.], 263, [X.] 1995, 502; vom 2. Juli 1997 I R 32/95, [X.], 496, [X.] 1998, 176; s.a. [X.]/ [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], § 18 [X.] Rz 130; [X.]lümich/[X.], § 18 [X.] Rz 8; [X.] in [X.], [X.]/[X.], 3. Aufl., § 18 [X.] Rz 7).

Der Feststellungsbescheid ist nach § 182 Abs. 1 [X.] (s. § 18 Abs. 1 Satz 3 [X.]) für den Festsetzungsbescheid (Folgebescheid) bindend. Dies schließt es aus, einen Sachverhalt, über den im Feststellungsverfahren entschieden worden ist, im [X.] einer hiervon abweichenden [X.]eurteilung zu unterwerfen (Senatsurteil vom 26. April 2017 I R 84/15, [X.], 310, [X.] 2018, 492; s.a. Urteil des [X.] --[X.]FH-- vom 22. Juni 2006 IV R 31, 32/05, [X.], 239, [X.] 2007, 687).

b) Nichts anderes gilt im Streitfall für die der [X.] unterworfenen Einkünfte. Allerdings gehen die [X.]eteiligten und das [X.] übereinstimmend davon aus, dass diese Feststellung den unionsrechtlichen Maßgaben eines Grundfreiheitsschutzes nicht entspricht. Dem ist beizupflichten.

Der [X.] hat in der Rechtssache [X.] ([X.]:[X.], [X.]. 2006, [X.]), die die [X.] Rechtsvorschriften über die [X.] ("[X.]") betraf, Artikel 43 und 48 [X.] dahin ausgelegt, dass es ihnen zuwiderläuft, dass in die Steuerbemessungsgrundlage einer in einem Mitgliedstaat ansässigen [X.] die von einer beherrschten [X.] in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Gewinne einbezogen werden, wenn diese Gewinne einem niedrigeren [X.]esteuerungsniveau als im erstgenannten Staat unterliegen, es sei denn, eine solche Einbeziehung betrifft nur rein künstliche Gestaltungen, die dazu bestimmt sind, der normalerweise geschuldeten nationalen Steuer zu entgehen. Von der Anwendung einer solchen [X.]esteuerungsmaßnahme ist folglich abzusehen, wenn es sich auf der Grundlage objektiver und von dritter Seite nachprüfbarer Anhaltspunkte erweist, dass die genannte beherrschte [X.] ungeachtet des Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat angesiedelt ist und dort wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht. Diese Maßgabe (bestätigt z.[X.]. im [X.]-Urteil [X.] vom 17. September 2009 [X.]/08, [X.]:[X.], [X.]. 2009, [X.]) ist nach der Rechtsprechung des Senats auf §§ 7 ff. [X.] zu übertragen (s. Senatsurteil vom 21. Oktober 2009 I R 114/08, [X.], 64, [X.] 2010, 774 – dort Rz 25 ff. des [X.]; Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2016 I R 80/14, [X.], 223, [X.] 2017, 615; Senatsurteil vom 13. Juni 2018 I R 94/15, [X.], 79). Der [X.] Gesetzgeber hat auf diese [X.]-Rechtsprechung mit der durch das Jahressteuergesetz 2008 (Gesetz vom 20. Dezember 2007, [X.], 3150, [X.], 218) in das Gesetz eingefügten [X.]estimmung des § 8 Abs. 2 [X.] ([X.] n.F.) reagiert, die vorsieht, dass [X.]en mit Sitz oder Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der [X.] oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte sind, für die nachgewiesen wird, dass die [X.] insoweit einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht.

Obgleich diese Regelung gemäß § 21 Abs. 17 Satz 1 Nr. 1 [X.] n.F. erstmals für den Veranlagungszeitraum, für den [X.] hinzuzurechnen sind, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft entstanden sind, das nach dem 31. Dezember 2007 beginnt, anzuwenden ist, ist aufgrund des Anwendungsvorrangs des unionsrechtlichen Primärrechts und der verbindlichen gemeinschaftsrechtlichen [X.]eurteilung durch den [X.] (vgl. Senatsurteile in [X.], 64, [X.] 2010, 774; vom 18. Dezember 2013 I R 71/10, [X.], 331, [X.] 2015, 361; vom 19. Juli 2017 I R 87/15, [X.], 435 – "geltungserhaltende Reduktion") dem Steuerpflichtigen der unionsrechtlich gebotene Gegenbeweis über seine tatsächlichen wirtschaftlichen Aktivitäten im Einzelfall auch vor dem Inkrafttreten des § 8 Abs. 2 [X.] a.F. zu ermöglichen (damit im Grundsatz übereinstimmend das Schreiben des [X.] --[X.]MF-- vom 8. Januar 2007, [X.], 99, allerdings zwischenzeitlich aufgehoben durch [X.]MF-Schreiben vom 23. April 2010, [X.], 391; s. aber auch das amtlich nicht veröffentlichte [X.]MF-Schreiben vom 4. November 2016 IV [X.] 5-S 1351/07/10001, auszugsweise mitgeteilt von [X.], Internationales Steuerrecht 2017, 949, 950).

Auf dieser Grundlage lässt die Rechtseinschätzung der [X.]eteiligten, dass der Ansatz eines [X.] auf der Grundlage der [X.]-Rechtsprechung angesichts der Art und der Umstände der Tätigkeit der belgischen [X.] bereits im Streitjahr unionsrechtswidrig ist, keinen Rechtsfehler erkennen.

c) Der Senat hat in seinem Urteil in [X.], 79 ausgeführt, dass es dem verfahrenskonzentrierenden Zweck einer gesonderten Feststellung entspricht, die Prüfung der wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit ([X.]) dem Feststellungsverfahren des § 18 [X.] zu überantworten und damit im Feststellungsverfahren abschließend zu beurteilen. Dafür spreche auch der Gesichtspunkt der "[X.]" bei der [X.]eurteilung der "tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit" der [X.]. Daran ist festzuhalten.

Folge hieraus ist zum einen, dass die Vereinbarkeit der [X.] mit dem Unionsrecht eine entscheidungserhebliche Vorfrage für die Feststellung der "nach § 7 Abs. 1 [X.] steuerpflichtigen Einkünfte" bildet und --obgleich nicht Teil des [X.] des [X.] [X.]indungswirkung nach § 182 Abs. 1 Satz 1 [X.] entfaltet. Folge hiervon ist ferner, dass es sich bei den [X.] nicht um ein "personenbezogenes Element" handelt, das außerhalb des Feststellungsverfahrens stünde (ebenso im Ergebnis [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 18 [X.] Rz 106; a.[X.] in Stollfuß e.Komm., § 18 [X.] Rz 19). Deren Prüfung ist deshalb auch nicht mit der Antwort auf die Frage gleichzusetzen, ob sich die (Rechtsvorgängerin der) Klägerin als jedenfalls im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft (s. § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.]) auf einen Grundfreiheitsschutz berufen kann.

d) Dem [X.]MF-Schreiben in [X.], 99 ist entgegen der Ansicht der Klägerin nichts Abweichendes zu entnehmen. Soweit es dort (zu Nr. 5) heißt, dass "die vorstehenden Grundsätze ... auf alle Fälle anzuwenden (sind), in denen die Einkommen- oder Körperschaftsteuer nicht bestandskräftig festgesetzt ist", ist schon nicht ersichtlich, dass eine Ausnahme zu § 182 Abs. 1 [X.] formuliert werden sollte; auch könnte eine solche Aussage die Gerichte nicht binden.

2. Es besteht kein Anspruch der Klägerin auf Erlass eines [X.]s i.S. des § 179 Abs. 3 [X.] des Inhalts, dass [X.] im Streitjahr tatsächlich in [X.]elgien angesiedelt war und dort einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgegangen ist.

a) Nach § 179 Abs. 3 [X.] ist, soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterblieben ist, diese Feststellung in einem [X.] nachzuholen. Ein solcher [X.]escheid ergeht unabhängig von der [X.]estandskraft des zu ergänzenden Feststellungsbescheids und löst (ebenfalls) die [X.]indungswirkung des § 182 Abs. 1 [X.] aus. Dabei lässt der [X.] den ergänzten Feststellungsbescheid unberührt, da durch ihn bereits getroffene Feststellungen weder geändert noch aufgehoben werden können (s. z.[X.]. Senatsurteil vom 14. Oktober 1987 I R 381/83, [X.]FH/NV 1989, 141; [X.]FH-Urteil vom 25. Februar 2009 IX R 43/07, [X.]FH/NV 2009, 1235; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 179 [X.] Rz 310; [X.] in Gosch, [X.] § 179 Rz 58; [X.]randis in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 179 [X.] Rz 22; [X.]/Ratschow, [X.], 14. Aufl., § 179 Rz 40). Voraussetzung für den Erlass eines [X.]s ist, dass der wirksame Feststellungsbescheid insoweit lückenhaft ist, als eine "notwendige Feststellung unterblieben" ist. Daran fehlt es insbesondere, wenn eine Feststellung ausdrücklich unterblieben ist oder wenn die Feststellung ausdrücklich als "abschließend" gewollt war (Senatsurteil vom 2. Dezember 2015 I R 13/14, [X.]FHE 253, 5, [X.] 2016, 927).

b) Im Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheids bestand für das [X.] kein Anlass, eine Feststellung in dem begehrten Sinne zu treffen. Vielmehr entsprach der [X.] der durch § 18 i.V.m. §§ 7 ff. [X.] bestimmten nationalen Rechtslage, die keinen sog. Motivtest vorsah.

Die Feststellung ist auch nicht nachträglich lückenhaft und damit ergänzungsbedürftig geworden. Die Rechtserkenntnis im Zusammenhang mit dem [X.]-Urteil [X.] ([X.]:[X.], [X.]. 2006, [X.]) bezieht sich wegen fehlender einschlägiger [X.]erichtigungsmöglichkeiten nicht auf bereits bestandskräftige (und damit nach nationalem Verfahrensrecht abgeschlossene) Verwaltungsverfahren; im Übrigen liefert sie auch keinen Hinweis auf eine bestehende "Feststellungslücke", sondern allenfalls auf eine sachlich unzutreffende ("fehlerhafte") Feststellung (gl.A. [X.]randis in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 179 [X.] Rz 21 a.E.), die den sachlichen Anwendungsbereich der Norm nicht betrifft (z.[X.]. [X.] in [X.]/[X.]/ [X.], § 179 [X.] Rz 310). Darüber hinaus würde die von der Klägerin begehrte Ergänzung keine Feststellungslücke schließen, sondern vielmehr nach ihrem Inhalt die bisher vorliegende Feststellung hinzuzurechnender Einkünfte beseitigen und in der Sache zu einer "negativen Feststellung" führen. Dies verstößt gegen den oben beschriebenen Grundsatz, dass ein [X.] den ergänzten Feststellungsbescheid unberührt lassen muss, da durch ihn bereits getroffene Feststellungen weder geändert noch aufgehoben werden können.

3. Ein Verstoß gegen Unionsrecht liegt nicht vor.

a) Auf dem Gebiet des Verfahrensrechts fehlen unionsrechtliche Vorschriften, so dass die Ausgestaltung des Verfahrensrechts grundsätzlich Sache der einzelnen Mitgliedstaaten ist (Grundsatz der Verfahrensautonomie – z.[X.]. [X.] in [X.], [X.]V/A[X.]V, 3. Aufl., Art. 4 [X.]V Rz 56; [X.] in [X.]/ [X.], Europäisches Steuerrecht, 2015, Rz 12.32). Diese haben nach der [X.]-Rechtsprechung allerdings den [X.] sowie das Äquivalenzprinzip zu beachten (z.[X.]. [X.]-Urteil [X.] [X.] vom 18. Februar 2016 C-49/14, [X.]:[X.]; s. weitere Nachweise z.[X.]. im [X.]FH-[X.]eschluss vom 8. September 2015 V [X.] 5/15, [X.]FH/NV 2016, 7, und im Senatsbeschluss vom 27. Februar 2018 I [X.] 37/17, [X.]FH/NV 2018, 841). Gegen den [X.] wird danach verstoßen, wenn dem [X.]etroffenen die Geltendmachung seiner durch Unionsrecht vermittelten Rechte unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (z.[X.]. [X.]FH-Urteil vom 21. Januar 2015 [X.], [X.]FHE 248, 485, [X.] 2016, 117; s.a. [X.], ebenda, Rz 53; [X.], ebenda, Rz 12.47). Das Äquivalenzprinzip verlangt demgegenüber, dass die Mitgliedstaaten die Rechtsschutzmöglichkeiten --z.[X.]. verfahrensrechtliche Fristen, die zur Durchsetzung des Unionsrechts einzuhalten sind-- nicht ungünstiger ausgestalten als in den nur das innerstaatliche Recht betreffenden Verfahren (z.[X.]. [X.]FH-Urteil vom 16. September 2010 V R 57/09, [X.]FHE 230, 504, [X.] 2011, 151; [X.], ebenda, Rz 54; [X.], ebenda, und zu den Fristen ausdrücklich Rz 12.48).

b) Die nationale Verfahrensvorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 3 [X.] i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 1 [X.] hält diesen unionsrechtlichen Maßgaben stand (gl.[X.], [X.]-Steuerberater 2016, 293), da sie für dem Unionsrecht unterliegende Sachverhalte nicht ungünstiger ist als für gleichartige, dem innerstaatlichen Recht unterliegende Sachverhalte, und sie die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert.

aa) Der sachliche Anwendungsbereich des § 182 Abs. 1 Satz 1 [X.] sieht keine Differenzierung vor, ob es sich um einen rein nationalen oder um einen grenzüberschreitenden Fall handelt; damit liegt ein Verstoß gegen den [X.] nicht vor.

bb) Die Regelung des § 182 Abs. 1 Satz 1 [X.] verstößt auch nicht gegen den [X.]. So steht es dem Steuerpflichtigen frei, einen Feststellungsbescheid nach § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.], mit dem unionsrechtswidrig Einkünfte einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen [X.] hinzugerechnet werden, anzufechten und hierdurch den Eintritt der [X.]indungswirkung (§ 18 Abs. 1 Satz 3 [X.] i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 1 [X.]) zu verhindern. Dabei kann offen bleiben, ob die Zweistufigkeit des Verfahrens das Risiko eines [X.] erhöht; jedenfalls wäre ein solches Risiko --selbst wenn es gegeben sein sollte-- mit den das gesonderte Feststellungsverfahren rechtfertigenden Vorteilen dieses Verfahrens untrennbar verbunden. Nur ein gesondertes Feststellungsverfahren vermeidet die Gefahr, dass es bei mehreren [X.]eteiligten zu einander widersprechenden Entscheidungen der einheitlich zu beantwortenden Rechtsfrage kommt. Hinzu tritt, dass die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht übermäßig erschwert wird. Der [X.]eteiligte kann durch (kostenfreien) Rechtsbehelf den Eintritt der verfahrensrechtlichen [X.]estandskraft des Feststellungsbescheids aufhalten und damit mittelbar zugleich seine Rechtsposition zur Durchsetzung des Unionsrechts im Festsetzungsverfahren wahren.

cc) Dass das nationale Verfahrensrecht keine Möglichkeit vorsieht, belastende Verwaltungsakte, deren (Unions-)Rechtswidrigkeit sich nach dem Eintritt der rechtssicherheitsbegründenden [X.]estandskraft durch ein Gerichtsurteil herausstellt, zu ändern bzw. zurückzunehmen, begründet keinen Verstoß gegen Unionsrecht (z.[X.]. [X.], ebenda, Art. 4 [X.]V Rz 57). Dem steht das [X.]-Urteil [X.] vom 11. November 2015 [X.]/14 ([X.]:C:2015:742) nicht entgegen. Zwar hat der [X.] in diesem Fall dahin erkannt, dass eine nationale Rechtsvorschrift über die Wirkung der Rechtskraft von gerichtlichen Entscheidungen, welche die nationalen Gerichte daran hindere, sämtliche Konsequenzen aus einem Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 A[X.]V zu ziehen, mit dem [X.] unvereinbar sei (s. insoweit auch --m.w.N.-- [X.], ebenda, Art 4 [X.]V Rz 58). Dies lässt sich jedoch auf die Regelungen des § 18 Abs. 1 Satz 3 [X.] i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht übertragen. Die vom [X.] beschriebene besondere "Gefahrenlage" für die Durchsetzung des Unionsrechts (z.[X.]. [X.] durch das Zusammenwirken der Vertragspartner; Aushöhlung der Zuständigkeit der Kommission für die [X.]eurteilung von Verstößen gegen Art. 107 Abs. 1 A[X.]V) liegt hier erkennbar nicht vor.

4. Der Senat erachtet die [X.] als eindeutig. Einer Vorlage an den [X.] gemäß Art. 267 A[X.]V bedarf es daher nicht (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, [X.]:C:1982:335, [X.]. 1982, 3415).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I R 47/16

14.11.2018

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 16. März 2016, Az: 1 K 1345/13, Urteil

§ 7 AStG, § 18 Abs 1 S 3 AStG, § 179 Abs 3 AO, § 182 Abs 1 S 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.11.2018, Az. I R 47/16 (REWIS RS 2018, 1749)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 1749

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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