Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2013, Az. I ZR 64/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4091

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I
ZR
64/13
vom
17. Juli 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 233 Fd
Ein Rechtsanwalt, der einem anderen Rechtsanwalt einen Rechtsmittelauftrag per E-Mail zuleitet, darf nicht allein wegen der Absendung der E-Mail auf deren ordnungsgemäßen Zugang beim Adressaten vertrauen. Er muss vielmehr or-ganisatorische Maßnahmen ergreifen, die ihm eine Kontrolle des ordnungsge-mäßen Zugangs ermöglichen.
[X.], Beschluss vom 17. Juli 2013 -
I [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 17.
Juli 2013 durch [X.] Dr.
Dr.
h.c.
[X.] und [X.], Prof. Dr.
Büscher, Dr.
Koch und Dr.
Löffler
beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der [X.] gegen das Urteil des 4.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 22.
Februar 2013 wird [X.].
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revi-sion in dem vorgenannten Urteil wird auf ihre Kosten verworfen.
Beschwerdewert:

800.000

Gründe:
[X.] Die Parteien streiten um Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit dem Parallelimport von [X.]. Das Berufungsgericht hat die in erster Instanz überwiegend erfolgreiche Klage abgewiesen. Die Revision ge-gen sein Urteil hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.
Das Berufungsurteil ist den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin in vollständig abgefasster Form am 28.
Februar 2013 zugestellt worden. Mit ihrer beim [X.] am 12.
April 2013 eingegangenen Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich die Klägerin gegen die unterlassene Zulassung der Revision im Berufungsurteil. Zugleich hat sie Wiedereinsetzung 1
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in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nicht-zulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil beantragt.
I[X.] Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig und des-halb zu verwerfen.
1. Die Klägerin
hat die Nichtzulassungsbeschwerde nicht fristgerecht beim [X.] eingereicht.
Gemäß §
544 Abs.
1 Satz
2 ZPO ist die Beschwerde innerhalb einer [X.] von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkün-dung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Für den Fristbeginn kommt es danach grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zustellung an. Das Beru-fungsurteil ist der Klägerin in vollständig abgefasster Form am 28.
Februar 2013 zugestellt worden, mithin war die [X.] von einem Monat bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 12.
April 2013 überschritten.
2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß §
233 ZPO kommt nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht ohne ihr Verschulden verhindert war, das Rechtsmittel rechtzeitig einzulegen. Dabei ist der Klägerin das [X.] ihrer
zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten gemäß §
85 Abs.
2 ZPO zuzurechnen.
a) Die Klägerin hat zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrags vor-getragen, die Fristversäumung habe ihre Ursache in einem technischen Fehler im [X.]-System des mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde be-auftragten Rechtsanwalts beim [X.] gehabt. Das technische Ver-sagen des Systems sei weder vorhersehbar noch vermeidbar gewesen. [X.]-3
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Nachrichten könnten diese
Kanzlei über drei unterschiedliche [X.]-Adressen erreichen. Die eingehenden Nachrichten würden an die eingerichteten Endgerä-te (Computer, [X.], [X.], one und häuslichen
Laptop) synchron [X.]. Am Abend des 27.
März 2013 habe Rechtsanwalt Dr.
v.
[X.], dass über eine der drei [X.]-Adressen keine Nachrichten eingegangen seien. Dieser Fehler sei der zuständigen [X.] am Morgen des 28.
März 2013 mitgeteilt worden, die den Fehler vermeintlich behoben habe. Nachdem am Abend des 28.
März 2013 weiterhin keine Nachrichten über die gestörte [X.]-Adresse
eingegangen seien, sei eine erneute Überprüfung ver-anlasst worden. Um 0.20
Uhr des Folgetages seien die am Vortag eingegange-nen Nachrichten zu empfangen gewesen.
Wegen der technischen Schwierigkeiten sei
die per [X.] Beauftragung zur Einlegung der
Nichtzulassungsbeschwerde vom 28.
März 2013 in der Kanzlei des beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalts zunächst nicht bemerkt worden. Dem Auftrag
zur Einlegung der Nichtzulas-sungsbeschwerde sei zwar ein Telefonat zwischen dem beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt Dr.
v.
P. und dem zweitinstanzlichen Prozess-bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr.
O. am 27.
März 2013 vorausgegangen. Der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte habe in diesem Gespräch jedoch [X.] hingewiesen, dass die Klägerin sich noch nicht endgültig entschieden ha-be, ob sie gegen das Berufungsurteil mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vorgehen wolle.
b) Mit diesem Vorbringen kann die Klägerin ein ihr gemäß §
85 Abs.
2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmäch-tigten, die es versäumt haben, den Eingang des [X.] bei dem beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt zu kontrollieren, nicht aus-räumen.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle bei der Übermitt-lung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax nur dann, wenn er bei Schriftsätzen, die auf diese Weise übermittelt wurden, anhand des [X.] überprüft (oder durch eine zuverlässige Kanzleikraft überprüfen lässt), ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist, weil mögliche Fehlerquellen nur so mit einem hohen Maß an Zuverlässigkeit ausge-schlossen werden können (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
Juli 2004 -
XII
ZB
27/03, NJW 2004, 3490, 3491; Beschluss vom 14.
Mai 2008 -
XII
ZB
34/07, [X.], 2508 Rn.
11; Beschluss vom 29.
Juni 2010 -
VI
ZA
3/09, NJW 2010, 3101 Rn.
8).
Gleiches hat für die Übersendung einer [X.] zu gelten, mit der ein beim [X.] zugelassener Rechtsanwalt beauftragt wird, ein
Rechtsmittel einzulegen. Auch insoweit besteht die Gefahr, dass eine [X.]-Nachricht den Empfänger wegen einer technischen Störung bei der Übermitt-lung nicht erreicht. Um sicherzustellen, dass eine [X.] den Adressaten [X.] hat, hat der Versender über die Optionsverwaltung eines [X.] die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern (vgl. [X.], NJW 2003, 833, 834).
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bb) Eine diesen Anforderungen genügende Kontrolle in der Kanzlei ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin nicht dargetan. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass eine Weisung zur Kontrolle bestanden hat, ob ein per [X.] erteilter Rechtsmittelauftrag den Adressaten auch tatsächlich erreicht hat. Wäre eine Kontrolle anhand einer Lesebestätigung der [X.] er-folgt oder hätte der sachbearbeitende zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte eine solche Kontrolle selbst vorgenommen, hätte noch rechtzeitig vor Ablauf der [X.] festgestellt werden können, dass der Auftrag zur Einlegung ei-ner Nichtzulassungsbeschwerde den beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt zunächst nicht erreicht hatte. Die [X.], die den Rechtsmittelauf-trag enthielt, wurde am 28.
März 2013 um 10.08
Uhr versandt.
Anlass für eine Nachfrage, ob der Rechtsmittelauftrag ordnungsgemäß beim Adressaten eingegangen war, hat vor allem auch deshalb bestanden, weil der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der [X.] vom 28.
März 2013 ausdrücklich um eine Bestätigung der Übernahme des Mandats gebeten hatte. Die ausbleibende Bestätigung hätte den zweitinstanzlichen Pro-zessbevollmächtigten der Klägerin erst recht veranlassen müssen, sich bei Rechtsanwalt Dr.
v.
P. nach dem erteilten Auftrag
zur Einlegung einer [X.] zu erkundigen.
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7
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II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

[X.]
Pokrant
Büscher

Koch
Löffler

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.02.2011 -
8 [X.]/08 KfH -

OLG [X.] in
Freiburg, Entscheidung vom 22.02.2013 -
4 [X.]/11 -

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Meta

I ZR 64/13

17.07.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2013, Az. I ZR 64/13 (REWIS RS 2013, 4091)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4091

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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