Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2009, Az. IV ZB 34/08

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3901

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[X.] [X.]/08vom 22. April 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja ZPO § 78 Abs. 1 Wird die Berufungsschrift von einem zugelassenen Rechtsanwalt sowohl unter Hinweis auf sein Amt als Rechtsanwalt als auch auf seine Zugehörigkeit zu einer [X.] Zweigniederlassung einer [X.] Limited Liability Part-nership unterzeichnet, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die [X.] nicht ausschließlich im Namen der [X.], sondern [X.] auch von dem handelnden Rechtsanwalt selbst vorgenommen worden ist, wenn nicht besondere Anhaltspunkte entgegenstehen.
[X.], Beschluss vom 22. April 2009 - [X.]/08 - [X.]

AG Hamburg - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] am 22. April 2009 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der [X.] wird der Be-schluss der Zivilkammer 17 des [X.] vom 25. Juli 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], zurückverwie-sen an die Zivilkammer 20 des [X.]. Streitwert: 2.250 •

Gründe: [X.] Das Amtsgericht hat die Beklagte, Tochter des [X.], aufgrund eines Darlehensvertrages zur Zahlung von 2.250 • verurteilt. Das Urteil wurde der in erster Instanz für die Beklagte tätigen Anwältin am 26. Mai 2008 zugestellt. Am 9. Juni 2008 wurde für die Beklagte von anderer Sei-te Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift zeigt im Kopf auf der linken Seite die Abkürzung [X.] und den Eigennamen P–; rechts oben steht der Name des Rechtsanwalts, der das Schriftstück unterschrieben hat, 1 - 3 -

sowie darunter [X.] P– [X.] und die Angabe der Adresse. Im Rubrum wird als Prozessbevollmächtigte der [X.] angegeben "[X.] P–. [X.]". Diese Bezeichnung findet sich noch einmal unmittelbar über der abschließenden Unterschrift des Rechtsanwalts. Unter seinem handschriftlichen Namenszug wird er als Partner, Rechtsanwalt und Soli-citor ([X.] & [X.]) ausgewiesen. Im Text der Berufungsschrift heißt es: "In dem Rechtsstreit – legen wir hiermit namens und in Vollmacht der [X.] gegen das erstinstanzliche Urteil – Berufung ein."
Auf Anforderung des Gerichts legte der [X.]vertreter eine Vollmacht der [X.] vom 9. Juni 2008 vor; darin wird als [X.] bezeichnet die "[X.] P– [X.] (Rechtsanwälte + Steuerbera-ter)". Mit Verfügung vom 17. Juni 2008 gab das Gericht dem [X.] auf, den [X.]svertrag der [X.] [X.] in deut-scher Übersetzung vorzulegen, damit geprüft werden könne, ob diese [X.] einer [X.] Partnerschaft oder einer Kapitalgesell-schaft entspreche. Weiter werde es darauf ankommen, ob die [X.] Zweigniederlassung in das [X.] Partnerschaftsregister eingetragen oder aber als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen sei. Darauf teilte der [X.]vertreter am 25. Juni 2008 mit, bei der [X.] P– [X.] handele es sich um eine Rechtsanwaltsgesellschaft [X.] Rechts, die in [X.] im Handelsregister eingetragen sei. Zur Frage der [X.] werde auf die Entscheidung des [X.], 704 hingewiesen, wonach die Vertretung durch eine Anwalts-sozietät mit der ausländischen Rechtsform einer [X.] nach allgemeinem Verständnis auch die Vertretung durch den unterzeichnenden Anwalt selbst beinhalte; auf die Postulationsfähigkeit der [X.] komme es dann nicht mehr an. Zugleich legte der [X.]vertreter eine Kopie seines [X.] bei, wonach er Mitglied der Rechtsanwaltskam-2 - 4 -

mer am Sitz des [X.] ist. Am 1. Juli 2008 ging die Kopie einer weiteren Vollmachtsurkunde ein, die von der [X.] am 26. Juni 2008 unterschrieben ist und als bevollmächtigt u.a. den die Berufungsschrift unterzeichnenden Rechtsanwalt selbst nennt. Die Berufung wurde am 10. Juli 2008 begründet.
Gleichwohl hielt das Gericht an seiner Auflage fest, den [X.] vorzulegen. Der [X.]vertreter antwortete, davon werde aus Gründen der Kostenersparnis abgesehen; die Vertretung durch eine ausländische [X.] stelle zugleich eine Vertretung durch den unterzeichnenden Rechtsanwalt selbst dar. Vorsorglich beantragte er im Hinblick auf die Entscheidung des [X.] München I Wiederein-setzung in den vorigen Stand. 3 Das [X.] hat die Berufung der [X.] als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 4. August 2008 zugestellten Beschluss ging noch an demselben Tag Rechtsbeschwerde ein, die rechtzeitig begrün-det wurde. 4 I[X.] Das Rechtsmittel ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Denn die angegrif-fene Entscheidung des [X.] verletzt das Grundrecht der Beklag-ten auf wirkungsvollen Rechtsschutz sowie rechtliches Gehör ([X.]. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3, 103 Abs. 1 GG; vgl. [X.] NJW 1993, 1635; [X.], Beschluss vom 13. Juli 2004 - [X.] - [X.], 426 unter 1 a). Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet und führt zur Zurückverwei-sung der Sache an das [X.]. 5 - 5 -

6 1. Ob die in der Rechtsform einer Limited Liability Partnership eng-lischen Rechts geführte [X.], der der [X.]vertreter ange-hört, als solche vor dem [X.] gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO postulationsfähig ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Nach den Fest-stellungen des [X.], die von der Rechtsbeschwerde hingenom-men werden, ist diese [X.] allerdings weder in das [X.] Partnerschaftsregister eingetragen (§§ 5 Abs. 2, 7 Abs. 1 und 4 PartGG) noch als Rechtsanwaltsgesellschaft gemäß §§ 59c ff. [X.] zugelassen. Ob die [X.] oder aber einer Rechtsanwalts-gesellschaft [X.] Rechts vergleichbar ist, kann mangels Vorlage des [X.]svertrags nicht geprüft werden.
2. Die Rechtsbeschwerde wendet sich aber mit Recht gegen die Auffassung des [X.], die Berufung sei im vorliegenden Fall nicht durch einen zugelassenen, postulationsfähigen Rechtsanwalt eingelegt worden; dieser habe vielmehr bis zum Ablauf der Berufungsfrist nur im Namen der [X.] gehandelt. 7 a) Die Auslegung von [X.]en wie der hier zu beurtei-lenden Berufungsschrift unterliegt der freien Nachprüfung des [X.]. Für die Auslegung gilt der Grundsatz, dass im Zweifel das-jenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünf-tig ist und dem recht verstandenen Interesse der [X.] entspricht. [X.] ist nicht unter allen Umständen am buchstäblichen Sinn der Wort-wahl einer [X.] festzuhalten ([X.]Z 146, 298, 310; 147, 220, 224; [X.], Beschluss vom 28. Juli 2005 - [X.]/05 - NJW 2005, 3415 unter [X.] [X.].). 8 - 6 -

9 b) Die hier eingereichte Berufungsschrift nennt keineswegs nur die [X.] P– [X.] als handelnden Vertreter der [X.]. Vielmehr wird schon im Kopf dieses Schriftstücks auf der rechten Seite in der ersten Zeile der Name des Rechtsanwalts genannt, der das Schriftstück [X.] hat. Erst unter seinem Namen folgt der Hinweis auf die [X.], der er angehört, sowie die Adresse. Auch unter seiner hand-schriftlichen Unterschrift ist noch einmal sein Name und als Titel u.a. die Bezeichnung Rechtsanwalt angegeben. Das lässt die Deutung zu, dass der Rechtsanwalt das Rechtsmittel für die Beklagte nicht nur im Namen seiner [X.], sondern auch in eigenem Namen eingelegt hat. Die Formulierung "– legen wir – Berufung ein" unterstützt dieses [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Juli 2005 aaO). Dass die am 9. Juni 2008 von der [X.] erteilte Vollmacht die Bevollmächtigten wie folgt bezeichnet: "[X.] P– [X.] (Rechtsanwälte + Steuerberater)", steht nicht entgegen. Auch diese Erklärung lässt sich als Bevollmächtigung sowohl der [X.] als auch der ihr angehörenden Rechtsanwälte unmittelbar verstehen. Bereitet die Klärung der [X.] Anwaltsgesellschaft ausländischen Rechts Schwierigkeiten wie im vorliegenden Fall, liegt vom erkennbaren Interesse der vertretenen [X.] her eine Auslegung nahe, die der [X.] auf jeden Fall zum erstrebten Erfolg verhilft, insbesondere wenn es wie hier auf die Einhaltung einer Frist ankommt, nämlich dass diese [X.] vom unterzeichnenden Rechtsanwalt auch selbst und unabhängig von der [X.] vorgenommen wird, der er angehört. c) Hinzu kommt, dass der die Berufungsschrift unterzeichnende Rechtsanwalt mit dem am 25. Juni 2008 beim [X.] eingegange-nen Schreiben genau diese Auffassung unter Hinweis auf seine Zulas-sung als Rechtsanwalt und seine Mitgliedschaft in der zuständigen 10 - 7 -

Rechtsanwaltskammer vertreten hat. Dass er sich für diese Auffassung auf die Entscheidung des [X.] München I in NJW 2006, 704 be-zogen hat, der ein nach Ansicht des [X.] mit der hier gegebenen Sachlage nicht vergleichbarer Fall zugrunde gelegen habe, ist nicht ent-scheidend. Jedenfalls wird aus dem vor Ablauf der Berufungsfrist einge-gangenen Schriftsatz bei verständiger Würdigung für Gericht und Gegner deutlich, dass die Berufung auch durch den unterzeichnenden Anwalt unmittelbar kraft seiner persönlichen Postulationsfähigkeit eingelegt [X.] ist, also gerade nicht - etwa im Hinblick auf Haftungsfragen - aus-schließlich durch die [X.]. d) Fraglich konnte allenfalls sein, ob der Rechtsanwalt bei [X.] der Berufung persönlich von der [X.] bevollmächtigt worden war (zu einer Prüfungsbefugnis des Gerichts ohne Rüge des Gegners nach § 88 ZPO vgl. [X.], Urteil vom 5. April 2001 - [X.], 2095 unter II 4 a). Die am 9. Juni 2008 von der [X.] erteilte Vollmacht lässt sich aber durchaus so verstehen, dass nicht allein die [X.] P– [X.], sondern auch die ihr angehörenden, im [X.] eigens aufgeführten Rechtsanwälte bevollmächtigt waren. Wie das [X.] nicht verkannt hat, konnte ein Mangel der Vollmacht auch noch nach Ablauf der Berufungsfrist mit [X.] geheilt wer-den (vgl. [X.], Urteil vom 9. Mai 1984 - [X.] - [X.], 781 unter [X.] b). Das ist hier jedenfalls durch die bereits am 26. Juni 2008 unterschriebene, aber erst am 1. Juli 2008 eingegangene Vollmacht [X.], die unter anderem dem die Berufung einlegenden Rechtsan-walt persönlich erteilt worden ist. 11 3. Danach war die Berufung zulässig. Auf den vorsorglich gestell-ten Wiedereinsetzungsantrag kommt es nicht an. Der Senat macht von 12 - 8 -

der Befugnis Gebrauch, die Sache an eine andere Kammer des Landge-richts zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 3 ZPO). Terno [X.] [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.05.2008 - 319B C 425/07 - [X.], Entscheidung vom 25.07.2008 - 317 S 97/08 -

Meta

IV ZB 34/08

22.04.2009

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2009, Az. IV ZB 34/08 (REWIS RS 2009, 3901)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3901

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