Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.03.2013, Az. 5 C 10/12

5. Senat | REWIS RS 2013, 7390

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Gegenstand

Rückforderung von Ausbildungsförderung; intendiertes Ermessen


Leitsatz

Die Ermessensbetätigung der Ämter für Ausbildungsförderung nach § 45 Abs. 1 und 4 SGB X (juris: SGB 10) ist auch in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht in dem Sinne vorgezeichnet, dass sie im Regelfall nur durch eine Entscheidung für die Rücknahme des Bewilligungsbescheides ausgeübt werden kann (sog. intendiertes Ermessen).

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die mit der Aufhebung vorangegangener Bewilligungsbescheide verbundene Rückforderung von Ausbildungsförderung.

2

Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 2001/02 Gebäude- und Infrastrukturmanagement an einer [X.] Hochschule. Hierfür erhielt er antragsgemäß von Dezember 2001 bis August 2003 Ausbildungsförderung nach dem [X.]. In den entsprechenden Anträgen hatte er jeweils verschwiegen, dass er neben den angegebenen Vermögenswerten auch Inhaber eines auf seinen Namen bei der [X.] eingerichteten Wertpapierdepots gewesen war, das er am 8. Oktober 2001 auf seine Schwester übertragen hatte. Dieses Konto wies im Zeitpunkt des Eingangs des ersten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 20. Dezember 2001 ein Guthaben in Höhe von 20 598,20 € und im Zeitpunkt des Eingangs des zweiten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 25. Juli 2002 ein Guthaben von 21 329,88 € aus.

3

Nachdem der [X.] hiervon Kenntnis erlangt hatte, hob er mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 seine Bewilligungsbescheide für den besagten Zeitraum auf und forderte den Kläger auf, die gewährte Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 5 639,76 € zurückzuzahlen.

4

Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, bei dem Guthaben des Wertpapierdepots handele es sich nicht um sein Vermögen. Das Geld habe seiner zwischenzeitlich verstorbenen Großmutter gehört. Er habe das Wertpapierdepot für diese treuhänderisch verwaltet. Zudem habe er das Guthaben des Wertpapierdepots auf Anweisung seiner Großmutter auf seine Schwester übertragen und nicht um seine Bedürftigkeit herbeizuführen.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2004 wies der [X.] den Widerspruch zurück. Zu Begründung führte er aus, das Guthaben des Wertpapierdepots sei dem Vermögen des [X.] zuzurechnen. Die Übertragung dieses Depots auf seine Schwester vor der erstmaligen Antragstellung sei rechtsmissbräuchlich und damit nichtig. Bei Berücksichtigung dieses Guthabens übersteige das Gesamtvermögen des [X.] den ausbildungsförderungsrechtlichen Freibetrag derart, dass dieser seinen monatlichen Bedarf in dem in Rede stehenden Bewilligungszeitraum vollständig aus seinem anrechenbaren Vermögen habe decken können. Das Vertrauen des [X.] auf den Bestand der Bewilligungsbescheide sei gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 [X.] - nicht schutzwürdig. Daher könnten die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Bei der im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X vorzunehmenden Ermessensentscheidung stünden sich das Interesse des [X.] an der Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Bewilligungsbescheide und das öffentliche Interesse an einer möglichst effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel gegenüber. Letzteres verlange in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens in aller Regel die Aufhebung einer rechtswidrigen Förderungsentscheidung und damit die Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Beträge. Diese Entscheidung entspreche der ständigen Verwaltungsübung, an welche er, der [X.], auch aus Gründen der Gleichbehandlung aller Förderungsempfänger gebunden sei.

6

Die Klage des [X.] hatte vor dem Verwaltungsgericht, nicht aber vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg. Auf die Revision des [X.] hatte das [X.] das Urteil des [X.] aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Denn dieses war abweichend von der ihm im Entscheidungszeitpunkt noch nicht bekannten Rechtsprechung des [X.]s davon ausgegangenen, ein (verdecktes) Treuhandverhältnis sei ausbildungsförderungsrechtlich unbeachtlich. In dem nunmehr angegriffenen Urteil hat das Oberverwaltungsgericht der Berufung des [X.]n erneut stattgegeben und die Klage des [X.] abgewiesen.

7

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den vom [X.] für die Annahme einer wirksamen [X.] im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen aufgestellten rechtlichen Maßstab fehlerhaft angewandt. Es habe einerseits Beweisanzeichen, die für den [X.] des Wertpapierdepots sprächen, wie etwa die strikte Separierung des Depotguthabens von seinem Vermögen, nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt. Andererseits habe es beispielsweise die fehlende Unterschrift seiner Großmutter auf der von ihm vorgelegten schriftlichen Treuhandvereinbarung zu Unrecht als ein Indiz gegen den [X.] angesehen. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht in grober Weise gegen die Denkgesetze verstoßen, soweit es aus dem Umstand, dass der in dem Depot angelegte Geldbetrag nahezu das gesamte Vermögen seiner Großmutter darstellte, gefolgert habe, dass die Unterschrift der Großmutter auf der Treuhandvereinbarung und ein nachvollziehbarer Grund für ihren Abschluss zu erwarten gewesen wären.

8

Des Weiteren rügt der Kläger eine Verletzung des § 45 SGB X. Der [X.] habe zu Unrecht angenommen, dass er sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil er die Bewilligungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Nach den Feststellungen des [X.] könne ihm lediglich vorgeworfen werden, bei der Antragstellung grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht zu haben. Dieser Irrtum des [X.]n führe zwingend zu einem Ermessensfehler. Die Prüfprogramme der beiden Ermessensvorschriften seien nicht identisch. Abgesehen davon sei das dem [X.]n im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X auch nicht in Richtung auf die Rücknahme intendiert.

9

Der [X.] verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verletzt zwar [X.]undesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht im Rahmen des § 45 Abs. 1 Zehntes [X.]uch Sozialgesetzbuch in der Fassung der [X.]ekanntmachung vom 18. Januar 2001 ([X.]) und der im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung geltenden Änderung durch Art. 4 Abs. 72 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 ([X.]) - [X.] - ein sog. intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung bejaht, wenn ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] vorliegt. Es stellt sich aber im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil die Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlagen und der [X.]eklagte sein Rücknahmeermessen rechtsfehlerfrei betätigt hat.

Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 [X.] und Abs. 4 [X.] kann der Leistungsträger einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen, wenn der [X.]egünstigte deswegen nicht auf den [X.]estand des Verwaltungsaktes vertrauen durfte, weil dieser auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher [X.]eziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Soweit ein Verwaltungsakt zurückgenommen worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu erstatten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die [X.]ewilligungsbescheide, bei denen es sich um begünstigende Verwaltungsakte handelt, rechtswidrig waren, weil im gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 [X.] maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung auch das Guthaben des Wertpapierdepots Vermögen des [X.] war und ihm daher im streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Ausbildungsförderung zustand (1.). Der Kläger hat das Wertpapierdepot und dessen Übertragung auf seine Schwester grob fahrlässig im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] [X.] nicht angegeben (2.), weshalb er sich nicht auf Vertrauen berufen kann und die [X.]ewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 [X.]) zurückgenommen werden durften. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 [X.] für die Rücknahme der [X.]ewilligungsbescheide ist eingehalten worden (3.). Der [X.]eklagte hat bei der Rücknahmeentscheidung auch das ihm eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt (4.). Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass unter diesen Voraussetzungen die Rückforderung der erbrachten Leistungen, deren Höhe außer Streit steht, nach § 50 Abs. 1 Satz 1 [X.] zwingend ist.

1. Das Guthaben auf dem Wertpapierdepot ist als Vermögen des [X.] zu berücksichtigen. Es handelt sich insoweit nicht um [X.] (a). Die unentgeltliche Übertragung dieses Depots auf die Schwester des [X.] ist förderungsrechtlich unbeachtlich (b).

a) Das Oberverwaltungsgericht hat seiner erneuten Entscheidung hinsichtlich der [X.]erücksichtigung von [X.] im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen ausdrücklich die vom Senat aufgestellten Rechtsgrundsätze (vgl. Urteile vom 4. September 2008 - [X.]VerwG 5 [X.] 12.08 - [X.]VerwGE 132, 21 = [X.] 436.36 § 27 [X.] Nr. 4 jeweils Rn. 13 f. und vom 30. Juni 2010 - [X.]VerwG 5 [X.] 2.10 - juris Rn. 12 f.) zugrunde gelegt. In [X.] Anwendung dieses Maßstabs hat es den Abschluss einer Treuhandvereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Großmutter verneint. Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.

Soweit die Revision rügt, das Oberverwaltungsgericht habe bei Anwendung der genannten Rechtsgrundsätze einen Rechtsfehler begangen, indem es [X.]eweisanzeichen, die für den [X.] des Wertpapierdepots sprächen, wie beispielsweise die strikte Separierung des Depotguthabens von dem Vermögen des [X.] und die Erteilung einer Depotvollmacht an seine Großmutter, unzutreffend bewertet habe, kritisiert sie der Sache nach dessen Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung. Das Gleiche gilt, soweit die Revision beanstandet, das Oberverwaltungsgericht habe beispielsweise die fehlende Unterschrift der Großmutter des [X.] auf der von ihm vorlegten schriftlichen Treuhandvereinbarung von Juni 1997 zu Unrecht als Indiz gegen den [X.] angesehen. Die im [X.]erufungsverfahren vorgenommene Feststellung und Würdigung der Tatsachen ist nach Maßgabe des § 137 Abs. 2 VwGO der Überprüfung durch das [X.] entzogen. Dementsprechend ist es dem [X.] grundsätzlich versagt, die tatrichterliche Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung durch eine eigene Würdigung zu korrigieren oder gar zu ersetzen. Es ist insoweit darauf beschränkt zu überprüfen, ob die tatrichterliche Würdigung auf einem Rechtsirrtum beruht oder allgemeine Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche [X.]eweisregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, verletzt (vgl. Urteil vom 16. Mai 2012 - [X.]VerwG 5 [X.] 2.11 - [X.]VerwGE 143, 119 Rn. 18). Das [X.] lässt nicht erkennen, dass die Würdigung des [X.] einem derartigen Fehler unterliegt.

Soweit die Revision im Zusammenhang mit der tatrichterlichen Würdigung des Umstandes, dass es sich bei dem Guthaben des Depots nahezu um das gesamte Vermögen der Großmutter des [X.] gehandelt habe, einen Verstoß gegen Denkgesetze rügt, der im Einzelfall als Verfahrensfehler zu behandeln sein kann (vgl. Urteil vom 19. Januar 1990 - [X.]VerwG 4 [X.] 28.89 - [X.]VerwGE 84, 271 <272> = [X.] 310 § 108 VwGO [X.]25 S. 74 f.; [X.]eschlüsse vom 2. August 2007 - [X.]VerwG 8 [X.] - juris Rn. 4 und vom 26. Juni 2007 - [X.]VerwG 4 [X.] 24.07 - juris Rn. 4), legt sie diesen nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise dar.

Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (stRspr, vgl. z.[X.]. Urteil vom 20. März 2012 - [X.]VerwG 5 [X.] 1.11 - [X.]VerwGE 142, 132 Rn. 32 m.w.N.). Sind bei der Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung mehrere Folgerungen denkgesetzlich möglich, so ist es nicht nur nicht fehlerhaft, wenn das [X.] unter mehreren möglichen eine Folgerung wählt, sondern gerade auch seine ihm durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragene Aufgabe, sich unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung zu bilden (vgl. [X.]eschluss vom 22. Dezember 2010 - [X.]VerwG 5 [X.] 8.10 - juris Rn. 15 m.w.N.).

Die Revision zeigt nicht auf, dass die Schlussfolgerung des [X.], aufgrund des besagten Umstandes hätte für die treuhänderische [X.]indung des [X.] ein nachvollziehbarer Grund bestehen müssen und es wäre zu erwarten gewesen, dass auch die Großmutter des [X.] die schriftliche Vereinbarung unterzeichnet hätte, aus logischen Gründen schlechterdings unhaltbar ist. Ebenso wenig ist dem Vorbringen der Revision schlüssig zu entnehmen, dass ihre Schlussfolgerung, der Kläger und seine Großmutter hätten hinsichtlich des Guthabens des Wertpapierdepots eine treuhänderische [X.]indung vereinbart, denkgesetzlich die einzig mögliche Folgerung aus dem besagten Umstand war.

b) Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des [X.] förderungsrechtlich rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich ist und infolgedessen das Guthaben als Vermögen des [X.] zu behandeln ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s ist eine Vermögensübertragung unabhängig von ihrer bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit ausbildungsförderungsrechtlich wegen Rechtsmissbrauchs unbeachtlich, wenn sie im Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck steht. Dieser Zweck besteht in der Durchsetzung des in § 1 [X.] verankerten Nachrangs der st[X.]tlichen Ausbildungsförderung. Danach wird Ausbildungsförderung für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung nur geleistet, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Eine Vermögensübertragung steht im Widerspruch zu diesem Zweck, wenn der Auszubildende Vermögen überträgt, um es der Vermögensanrechnung zu entziehen. Von einer entsprechenden Zweckbestimmung ist grundsätzlich auszugehen, wenn der Auszubildende sein Vermögen bzw. Teile desselben auf einen Dritten überträgt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Dritter in diesem Sinne sind auch die Eltern oder ein Elternteil des Auszubildenden. Denn bei einer unentgeltlichen Übertragung von Vermögen steht der Wert des übertragenen Vermögens dem Auszubildenden für seinen [X.]edarf nicht mehr zur Verfügung. Hätte eine Anrechnung des unentgeltlich übertragenen Vermögens zu unterbleiben, würde die finanzielle Sicherung der Ausbildung in dem im Gesetz vorgesehenen Umfang nicht erreicht. Gerade weil das übertragene Vermögen nicht mehr vorhanden ist, wäre die Durchführung der Ausbildung entgegen der gesetzgeberischen Konzeption durch Gewährung st[X.]tlicher Fördermittel und nicht durch das anrechenbare Vermögen des Auszubildenden sicherzustellen. Aus diesem Grund stellt sich eine unentgeltliche Vermögenszuwendung an Dritte ausbildungsförderungsrechtlich grundsätzlich als Rechtsmissbrauch dar (vgl. Urteile vom 13. Januar 1983 - [X.]VerwG 5 [X.] 103.80 - [X.] 436.36 § 26 [X.] Nr. 1 S. 4 ff. und vom 30. Juni 2010 - [X.]VerwG 5 [X.] 2.10 - juris Rn. 12 und [X.]eschluss vom 19. Mai 2009 - [X.]VerwG 5 [X.] 111.08 - juris Rn. 2). Ob die Unentgeltlichkeit der Übertragung genügt, um diese ohne Weiteres als Rechtsmissbrauch zu werten, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - [X.]VerwG 5 [X.] 3.09 - [X.] 436.36 § 27 [X.] Nr. 6 Rn. 47). So kann die Unentgeltlichkeit als Kriterium für die Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit beispielsweise mit zunehmendem zeitlichem Abstand von der Antragstellung an Gewicht verlieren. Mit Rücksicht darauf ist es gerechtfertigt und gegebenenfalls im Einzelfall auch geboten, zusätzlich zur Unentgeltlichkeit auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der unentgeltlichen Übertragung von Vermögenswerten und der [X.]eantragung von Ausbildungsförderung abzustellen. Denn ein solcher Zusammenhang spricht in gewichtiger Weise für einen Rechtsmissbrauch.

Das Oberverwaltungsgericht hat sich von diesen Rechtsgrundsätzen leiten lassen. Auf der Grundlage der von ihm getroffenen und den Senat bindenden Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) ist seine rechtliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des [X.] wegen der Unentgeltlichkeit und des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der am 8. Oktober 2001 erfolgten Vermögensverschiebung und dem am 20. Dezember 2001 gestellten Antrag auf Ausbildungsförderung als rechtsmissbräuchlich zu werten ist.

2. Das angefochtene Urteil steht auch mit [X.]undesrecht in Einklang, soweit das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, dass das Vertrauen des [X.] nicht schutzwürdig ist und die [X.]ewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 [X.]) zurückgenommen werden durften, weil diese zwar nicht durch eine arglistige Täuschung im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 [X.] erwirkt worden sind (a), aber im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] [X.] auf grob fahrlässig gemachten unrichtigen oder unvollständigen Angaben beruhen (b).

a) Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 [X.] kann sich der [X.]egünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat. Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Auszubildende durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, oder durch Verschweigen wahrer Tatsachen bei einem für die [X.]ewilligung von Ausbildungsförderung maßgeblich beteiligten [X.]ediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung einen Irrtum in dem [X.]ewusstsein hervorrief, diesen durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen. [X.] Angaben sind stets eine Täuschung, unabhängig davon, ob die [X.]ehörde hiernach gefragt hat oder nicht (vgl. Urteil vom 24. Oktober 1996 - [X.]VerwG 2 [X.] 23.96 - [X.]VerwGE 102, 178 <180 f.> = [X.] 236.1 § 55 SG Nr. 16 S. 11 f. m.w.N.). Das Verschweigen wahrer Tatsachen ist - in Abgrenzung zu § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] [X.] - eine Täuschung, wenn das Amt für Ausbildungsförderung nach diesen Tatsachen gefragt hat. Der Frage eines maßgeblich beteiligten [X.]ediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung steht es gleich, wenn in einem Vordruck oder Antragsformular erkennbar eine bestimmte Frage aufgeworfen wird, welche dann wahrheitswidrig beantwortet wird.

Das Oberverwaltungsgericht ist der Sache nach von diesen rechtlichen Anforderungen ausgegangen. Gemessen daran hat es in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine arglistige Täuschung abgelehnt. Denn nach seinen bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen ist in den Antragsformularen nicht ausdrücklich nach (unentgeltlichen) [X.] gefragt worden, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Antragstellung gestanden haben.

b) Das Vertrauen des [X.]egünstigten ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] [X.] nicht schutzwürdig, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher [X.]eziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der [X.]egünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, weil schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und das nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.[X.] Rn. 24 m.w.N.).

In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass der Kläger die unentgeltliche Übertragung des Wertpapierdepots auf seine Schwester grob fahrlässig verschwiegen hat. Nach dem Sachverhalt, wie er sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen und [X.]ewertungen des [X.] ergibt, musste es sich dem Kläger aufdrängen, dass er diese Vermögensverfügung anzugeben hatte, ohne dass danach konkret gefragt worden ist. Denn sie konnte für die Entscheidung des Amtes für Ausbildungsförderung erheblich sein. Selbst wenn der Kläger davon ausgegangen sein sollte, dass ihm dieses Vermögen wegen der Übertragung auf seine Schwester nicht (mehr) zuzurechnen war und von ihm nicht zur [X.]edarfsdeckung eingesetzt werden musste, hätte er diese Vorgänge zumindest offenlegen müssen, um dem [X.]eklagten eine eigenständige Prüfung und [X.]ewertung der vorgetragenen Verwertungshindernisse zu ermöglichen. Die Nichtangabe des Wertpapierdepots war für die Fehlerhaftigkeit der [X.]ewilligungsbescheide auch kausal (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.[X.] Rn. 40).

3. Des Weiteren ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der [X.]eklagte den Rücknahmebescheid vom 1. Oktober 2003 gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 [X.] innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlassen hat.

Die Jahresfrist beginnt, sobald die [X.] die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - [X.]VerwG 5 [X.] 3.09 - juris Rn. 25 m.w.N.). Sie ist hier nicht schon im September 2002 durch den Hinweis des [X.]undesamtes für Finanzen auf die vom Kläger gestellten Freistellungsaufträge für Kapitaleinkünfte in Lauf gesetzt worden, der den Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hat, sondern erst durch die vom Kläger nach einem entsprechenden Aufforderungsschreiben des [X.]eklagten vom 31. Januar 2003 vorgelegten Unterlagen. Der [X.]eklagte durfte auch die aus dem Datenabgleich erlangten Informationen verwerten und zum Anlass nehmen, den Kläger zu ergänzenden Angaben zu seinem Kapitalvermögen aufzufordern. Insbesondere rechtfertigt die durch Gesetz vom 2. Dezember 2004 ([X.]G[X.]l I S. 3127) lediglich klarstellende Einfügung des § 41 Abs. 4 [X.] nicht den Umkehrschluss, die Erkenntnisse aus einem bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Datenabgleich unterlägen einem Verwertungsverbot (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.[X.]).

4. Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessensentscheidung des [X.]eklagten nicht zu beanstanden ist. Mit [X.]undesrecht nicht vereinbar ist zwar seine Auffassung, die Ermessensbetätigung der Ämter für Ausbildungsförderung nach § 45 Abs. 1 [X.] sei in dem Sinne vorgezeichnet, dass sie im Regelfall nur durch eine Entscheidung für die Rücknahme des [X.]ewilligungsbescheides ausgeübt werden kann (sog. intendiertes Ermessen), wenn einer der Fälle des § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] vorliegt (a). Der [X.]eklagte hat aber das ihm nach § 45 Abs. 1 [X.] eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (b).

a) Die auf § 45 Abs. 1 und 4 [X.] gestützte Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen [X.]ewilligungsbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit steht im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - [X.]VerwG 5 [X.] 26.84 - [X.]VerwGE 78, 101 <105> = [X.] 436.36 § 20 [X.] [X.]7 S. 13 und - [X.]VerwG 5 [X.] 16.86 - [X.] 436.36 § 20 [X.] [X.]9 S. 26; s.a. [X.]SG, Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 [X.] - [X.]-1300 § 45 Nr. 5). Die Ermessensentscheidung erfordert eine sachgerechte Abwägung des öffentlichen Interesses an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände mit dem privaten Interesse des Auszubildenden an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen [X.]ewilligungsbescheides (vgl. Urteile vom 27. Juni 1991 - [X.]VerwG 5 [X.] 4.88 - [X.]VerwGE 88, 342 <347> = [X.] 436.36 § 24 [X.] Nr. 16 S. 20 und vom 8. Juni 1989 - [X.]VerwG 5 [X.] 68.86 - [X.] 436.36 § 50 Nr. 5 S. 4; s.a. [X.]SG, Urteil vom 11. April 2002 - [X.] 3 P 8/01 R - juris Rn. 21). Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der [X.]estandskraft von Verwaltungsakten stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander. Dies gilt auch, wenn eine [X.]erufung des Auszubildenden auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] ausscheidet. Die für diese Fälle vom Oberverwaltungsgericht angenommene [X.]egrenzung des Entscheidungsspielraums der Ämter für Ausbildungsförderung, lässt sich weder unmittelbar aus § 45 [X.] ([X.]) noch aus dem [X.]undesausbildungsförderungsrecht und seinen fachspezifischen Wertungen ([X.]) ableiten.

([X.]) Die Auslegung der [X.] des § 45 Abs. 1 [X.] ergibt kein intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung. Hiergegen sprechen neben dem Wortlaut vor allem systematische Erwägungen.

§ 45 Abs. 1 [X.] eröffnet Ermessen ("darf"), ohne danach zu unterscheiden, ob sich der [X.]egünstigte gemäß § 45 Abs. 3 [X.] auf Vertrauensschutz berufen kann oder nicht.

Die binnensystematische [X.]etrachtung des § 45 [X.] bestätigt diesen [X.]efund. So verbietet § 45 Abs. 2 Satz 1 [X.] für den Fall, dass der [X.]egünstigte auf den [X.]estand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist, die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes. Für den Fall, dass das Vertrauen des [X.]egünstigten in die [X.]estandskraft des Verwaltungsakts gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] nicht schutzwürdig ist, fehlt eine vergleichbare Regelung. Dies wiegt um so schwerer, als § 48 Abs. 2 VwVfG, dem § 45 Abs. 2 [X.] weitgehend entspricht, in Satz 4 ausdrücklich bestimmt, dass der Verwaltungsakt in den Fällen des fehlenden Vertrauensschutzes nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird, weshalb § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG auch als ermessenslenkende Norm anzusehen ist (vgl. Urteile vom 16. Juni 1997 - [X.]VerwG 3 [X.] 22.96 - [X.]VerwGE 105, 55 <57> = [X.] 316 § 39 VwVfG [X.]5 S. 3 und vom 23. Mai 1996 - [X.]VerwG 3 [X.] 13.94 - [X.] 451.513 Sonst. [X.] Nr. 1 S. 13).

In dieselbe Richtung weist der systematische Vergleich mit der Vorschrift des § 48 Abs. 1 [X.], die in Satz 1 eine gebundene Aufhebungsentscheidung vorsieht und in Satz 2 ausdrücklich normiert, unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt (mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse) aufgehoben werden "soll". Eine solche Differenzierung findet sich in § 45 [X.] nicht.

([X.]) Ebenso wenig ist dem einschlägigen Fachrecht zu entnehmen (vgl. zur Zulässigkeit, ein intendiertes Ermessen kraft Fachrechts anzunehmen z.[X.]. Urteil vom 25. September 1992 - [X.]VerwG 8 [X.] 68 u. 70.90 - [X.]VerwGE 91, 82 <90 f.> = [X.] 454.71 § 3 [X.] Nr. 6 S. 8 f.), dass das Interesse an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] in der Weise Vorrang genießt, dass die Rücknahme rechtswidriger [X.]ewilligungsbescheide vorgegeben ist.

Eine entsprechende fachgesetzliche Intention lässt sich entgegen der Auffassung des [X.] nicht aus dem in § 1 [X.] normierten Grundsatz des Nachrangs der st[X.]tlichen Ausbildungsförderung folgern. Durch diesen soll sichergestellt werden, dass die begrenzten st[X.]tlichen Förderungsmittel sinnvoll eingesetzt werden und für förderungsbedürftige Auszubildende zur Verfügung stehen. Auch wenn dies die Rücknahme rechtswidriger [X.]ewilligungsbescheide und die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Ausbildungsförderung nahe legt, ist § 1 [X.] keine ermessenslenkende [X.]edeutung für die hier in Rede stehende Konstellation beizumessen. Denn die Vorschrift unterscheidet nicht zwischen Auszubildenden, die die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] erfüllen, und solchen, die dies nicht tun. Sie beansprucht vielmehr für beide Fallgruppen Geltung. Infolgedessen fehlt es an einer hinreichend aussagekräftigen Grundlage für die Annahme, dass dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] im Regelfall Vorrang vor dem kollidierenden Prinzip der [X.]estandskraft von Verwaltungsakten zukommt. Der bloße Verstoß gegen den [X.] sagt für sich noch nichts darüber aus, mit welcher Gewichtigkeit diese [X.]elange in die Abwägung einzustellen sind.

Gegen die Annahme eines durch das [X.]undesausbildungsförderungsgesetz intendierten Ermessens spricht in deutlicher Weise die Vorschrift des § 20 [X.]. Ihr ist eine differenzierte Regelung zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die Aufhebung rechtswidriger [X.]ewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung mit Wirkung für die Vergangenheit in [X.]etracht kommt und welche Entscheidung die Ämter für Ausbildungsförderung dabei jeweils zu treffen haben.

[X.]is zum Inkrafttreten des Zehnten [X.]uches Sozialgesetzbuch vom 18. August 1980 ([X.]G[X.]l I S. 1469) mit Wirkung zum 1. Januar 1981 enthielt § 20 [X.] eine vollständige und abschließende Regelung über die Aufhebung rechtswidriger [X.]ewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung. Mit dem Inkrafttreten des Zehnten [X.]uches Sozialgesetzbuch wurden die früheren Aufhebungs- und Erstattungstatbestände des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.] gestrichen, weil die von ihnen erfassten Sachverhalte durch die §§ 45, 48 und 50 [X.] abgedeckt sind. Durch diese Streichung und den ausdrücklichen Hinweis auf die §§ 44 bis 50 [X.] in § 20 Abs. 1 Satz 1 [X.] wurde klargestellt, dass die Aufhebung der [X.]ewilligungsbescheide und die Erstattung der Förderungsleistungen in den von § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 [X.] nicht erfassten Fällen fortan dem Regelungsregime des Zehnten [X.]uches Sozialgesetzbuch unterstehen und somit an die dort normierten Voraussetzungen und Grundsätze gebunden sind (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - [X.]VerwG 5 [X.] 26.84 - a.a.[X.] <104> bzw. S. 12 und - [X.]VerwG 5 [X.] 16.86 - a.a.[X.] S. 25). Mit Rücksicht darauf besteht ein strikter Aufhebungszwang ("ist ... aufzuheben") nur in den Fällen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 [X.]. In den Fällen des § 48 [X.] ("soll") müssen die Ämter für Ausbildungsförderung die [X.]ewilligungsbescheide nur im Regelfall zurücknehmen und sind nur bei einer atypischen Fallgestaltung zur Ausübung von Ermessen berechtigt und verpflichtet. In den Fällen des § 45 Abs. 1 und 4 [X.] ("darf") steht die Rücknahme stets im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - [X.]VerwG 5 [X.] 26.84 - [X.]VerwGE 78, 101 <105> = [X.] 436.36 § 20 [X.] [X.]7 S. 13 und - [X.]VerwG 5 [X.] 16.86 - [X.] 436.36 § 20 [X.] [X.]9 S. 26). Diese klaren und eindeutigen gesetzlichen Vorgaben würden missachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände von vornherein und unabhängig vom Einzelfall ein Vorrang eingeräumt und ein Regel-Ausnahme-Verhältnis begründet würde.

Nichts anderes folgt aus den Urteilen des Senats vom 17. September 1987 - [X.]VerwG 5 [X.] 26.84 und 5 [X.] 16.86 - (jeweils a.a.[X.]). Die dort getroffene Aussage,

"dass beim Vorliegen eines dieser Sachverhalte 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 [X.]> die Ermessensbetätigung der [X.]ehörde im Normalfall ebenfalls zur Rückgängigmachung des Verwaltungsaktes führen wird" (vgl. a.a.[X.] <106> bzw. S. 13 und S. 26),

ist im Zusammenhang mit den beiden nachfolgenden Sätzen zu sehen,

"für die weiter in [X.]etracht zu ziehenden Fälle des § 48 Abs. 1 Satz 2 [X.] und 4 [X.] folgt [X.] ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung daraus, dass die [X.]ehörde die Aufhebung, wenn die Voraussetzungen dieser Regelungen erfüllt sind, vornehmen soll und damit, wie schon ausgeführt, zur Aufhebung im Regelfall verpflichtet ist. Hier wie dort sind demnach beim Gesetzesvollzug Ergebnisse zu erwarten, die bei typischer Fallgestaltung denen bei Anwendung des § 20 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 [X.] entsprechen" (vgl. a.a.[X.]).

Aufgrund dieses Kontextes ist die angeführte Erklärung als empirisch-prognostische Einschätzung des Senats zum Ergebnis des Gesetzesvollzugs zu verstehen. Eine weitergehende Aussage dahin, dass die Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 und 4 [X.] in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 [X.] aus normativen Gründen, insbesondere des [X.]undesausbildungsförderungsgesetzes, in Richtung Rücknahme intendiert wäre, ist ihr nicht zu entnehmen.

b) Die Ausübung des Rücknahmeermessens durch den [X.]eklagten ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Maßgeblich sind insoweit die Erwägungen im Widerspruchsbescheid. Denn eine behördliche Entscheidung, deren Recht- und Zweckmäßigkeit - wie hier - durch die Widerspruchsbehörde nachgeprüft werden kann, erhält gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst durch den Widerspruchsbescheid ihre für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Gestalt (vgl. [X.]eschluss vom 26. April 2011 - [X.]VerwG 7 [X.] 34.11 - [X.]RS 77 Nr. 68 und Urteil vom 25. Februar 2010 - [X.]VerwG 2 [X.] 22.09 - [X.]VerwGE 136, 140 = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 Rn. 24).

Dem [X.]eklagten war ausweislich des Widerspruchsbescheides bewusst, dass ihm Ermessen zusteht, und er hat dieses erkennbar ausgeübt. Entgegen der Auffassung des [X.] ist der [X.]eklagte auch nicht von der falschen [X.] ausgegangen, soweit er im Widerspruchsbescheid die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 [X.] (arglistige Täuschung) statt der [X.] dieser Vorschrift (grobe Fahrlässigkeit) angenommen hat. Denn das Ermessen ist ihm nicht durch diese Regelung, sondern durch die [X.]estimmung des § 45 Abs. 1 [X.] eingeräumt. Seine [X.] sind auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil er im Widerspruchsbescheid zu Unrecht von einer arglistigen Täuschung des [X.] ausgegangen ist. Denn ein Fehler in der rechtlichen [X.]ewertung ist unschädlich, wenn er sich in den [X.] nicht niederschlägt. Das ist hier der Fall. Der [X.]eklagte hat seine Ermessensentscheidung nicht auf den Grad des klägerischen Verschuldens gestützt, sondern auf die Fehlerhaftigkeit der [X.]ewilligungsbescheide und den Schutz fiskalischer Interessen abgestellt. [X.]ei der Ausübung des Ermessens hat sich der [X.]eklagte gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes [X.]uch Sozialgesetzbuch am Zweck der Ermächtigung orientiert. Er hat das Interesse des [X.] an der [X.]eständigkeit der rechtswidrigen [X.]ewilligungen mit dem öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgewogen. Letzteres schließt die Einbeziehung fiskalischer Interessen nicht aus (vgl. Urteile vom 19. Februar 2009 - [X.]VerwG 8 [X.] 4.08 - juris Rn. 46 und vom 31. August 2006 - [X.]VerwG 7 [X.] 16.05 - [X.] 428 § 31 VermG Nr. 12 Rn. 25). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass sich der [X.]eklagte von dem Gedanken hat leiten lassen, das Interesse des [X.], die zu Unrecht erhaltenen Mittel zu behalten, habe hinter das öffentliche Interesse an einer rechtmäßigen und effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel zurückzutreten. Da der Kläger bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens keine für die Ermessensausübung relevanten Gesichtspunkte vorgetragen hat, konnte sich der [X.]eklagte auch auf diese knappe allgemeine Interessenabwägung beschränken.

Meta

5 C 10/12

14.03.2013

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 9. Februar 2012, Az: 1 A 532/10, Urteil

§ 45 Abs 1 SGB 10, § 45 Abs 2 S 3 Nr 1 SGB 10, § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB 10, § 45 Abs 4 SGB 10, § 50 Abs 1 S 1 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.03.2013, Az. 5 C 10/12 (REWIS RS 2013, 7390)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7390

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