Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.12.2004, Az. XII ZR 75/02

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 440

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[X.] DES VOLKES [X.] [X.]/02 Verkündet am: 1. Dezember 2004 Küpferle Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB §§ 1578 Abs. 1, 1577 Abs. 1
a) Zur Berücksichtigung von (steuerrechtlichen) Verlusten aus Grundbesitz bei der Bemessung des nachehelichen [X.]. b) Erwirbt ein Ehegatte den Miteigentumsanteil des anderen Ehegatten an dem ehemals gemeinsamen Familienheim, so kann die Berücksichtigung eines [X.] bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nicht mit der [X.] außer Betracht bleiben, die Ehegatten seien so zu behandeln, als [X.] sie das Haus an einen Dritten veräußert und den Erlös geteilt.
[X.], Urteil vom 1. Dezember 2004 - [X.]/02 - OLG Celle

LG [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Wagenitz und Dose für Recht erkannt: Auf die Revision der Antragsgegnerin wird das Urteil des 5. (23.) Zivilsenats - [X.] - des [X.] vom 20. Februar 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufge-hoben, als die Berufung der Antragsgegnerin gegen Ziff. [X.] des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - [X.] vom 14. Sep-tember 2001 zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Sie haben am 25. September 1970 geheiratet. Aus der Ehe ist ein inzwi-schen volljähriger [X.] hervorgegangen. Die Parteien leben seit dem 5. April 1999 voneinander getrennt. - 3 - Der 1946 geborene Antragsteller betreibt eine Versicherungsagentur, in der die 1948 geborene Antragsgegnerin bis zur Trennung ebenfalls tätig war. In der [X.] war sie als Angestellte in Arztpraxen bzw. einer Praxis für Krankengymnastik beschäftigt und erzielte zunächst Einkünfte im [X.] Bereich. Von Juli 1999 bis Juli 2000 verdiente sie in der Praxis für Krankengymnastik monatlich 1.333,60 DM netto. Nachdem ihr wegen [X.] gekündigt worden war, war sie von August 2000 bis 18. September 2000 arbeitslos. Seit dem 19. September 2000 erzielte sie in verschiedenen Krankengymnastikpraxen Einkünfte von 265 DM bzw. 315 DM monatlich. Seit dem 1. Dezember 2001 beläuft sich ihr monatliches Nettoein-kommen auf 554 DM (gerundet). Während der Ehe bewohnten die Parteien ein in ihrem Miteigentum [X.]. Die ideelle Hälfte der Antragsgegnerin hat der Antragsteller unter Übernahme der bestehenden Verbindlichkeiten gegen Zahlung von 130.000 DM erworben. Er bewohnt das Haus weiterhin. Die Antragsgegnerin hat von dem Veräußerungserlös 90.000 DM in einem Rentenfonds angelegt, weitere 25.000 DM hat sie auf ein Sparkonto eingezahlt. Der Antragsteller verfügte neben den Einkünften aus seinem Gewerbe-betrieb über - teilweise auch negative - Einkünfte aus Vermietung und Verpach-tung und aus Land- und Forstwirtschaft, jeweils Grundbesitz, den seine Mutter ihm durch notariellen Vertrag vom 25. November 1994 übertragen hatte. Er hat im Gegenzug die Verpflichtung übernommen, an seine Mutter eine monatliche Leibrente von 600 DM zu zahlen, die ab 1998 auf monatlich 800 DM erhöht worden ist. Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des [X.] für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt von insgesamt - 4 - 3.786,89 DM monatlich geltend gemacht, davon 2.881,41 DM als Elementarun-terhalt und 905,48 DM als [X.]. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe der Parteien geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem 5. Februar 2002), angeordnet, daß ein Versor-gungsausgleich (zugunsten des Antragstellers) nicht stattfinde und der An-tragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung Elementarunterhalt von 1.859,36 DM und [X.] von 513,28 DM, jeweils monatlich, zuerkannt. Die weitergehende Unterhaltsklage hat es abgewiesen. Auf die Be-rufung der Antragsgegnerin, mit der sie ihr Unterhaltsbegehren in Höhe von insgesamt 3.767,52 DM monatlich, davon 2.845,47 DM als Elementarunterhalt und 922,05 DM als [X.], weiterverfolgt hat, hat das Oberlan-desgericht ihr - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - Ele-mentarunterhalt von (insgesamt) 1.155 • monatlich (= 2.258,98 DM) und Alters-vorsorgeunterhalt von (insgesamt) 335 • monatlich (= 655,20 DM) zuerkannt. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Antragsgegnerin ihr [X.] weiter.

Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel ist begründet. Es führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und insoweit zur Zurückverweisung an das [X.]. Gegen den im Verhandlungstermin nicht erschienenen Antragsteller ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf - 5 - der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (vgl. [X.] 37, 79, 81 ff.). 1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der Antragsgegnerin stehe ein Unterhaltsanspruch nach § 1573 BGB zu. Es hat deren tatsächlich erzieltes Einkommen von monatlich 554 DM zugrunde gelegt und die Zurech-nung weitergehender fiktiver Einkünfte mit der Begründung abgelehnt, ange-sichts der Ausbildung, der langen Pause im Beruf und des Alters der [X.] könne unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage nicht mit der er-forderlichen Sicherheit festgestellt werden, daß sie höhere Einkünfte, insbeson-dere aus einer vollschichtigen Tätigkeit, erzielen könne. Mit Rücksicht auf die ehelichen Lebensverhältnisse sei sie nicht verpflichtet, jedwede Arbeit auszu-üben, etwa eine Putzstelle anzunehmen. Gegen diese - ihr günstige - Beurtei-lung erhebt die Revision keine Einwendungen. Dagegen bestehen auch aus Rechtsgründen keine Bedenken. Dem Grunde nach ist mithin von einem Unter-haltsanspruch aus § 1573 Abs. 1 und 2 BGB auszugehen. 2. Den nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 BGB) geschuldeten Unterhalt hat das Berufungsgericht allein auf der Grundlage der beiderseits erzielten [X.] ermittelt. a) Zu den zu berücksichtigenden Einkommensverhältnissen des [X.] hat es ausgeführt: Abzustellen sei auf die in den Jahren 1998 bis 2000 aus dem Gewerbebetrieb erzielten Gewinne. Die Einkünfte bzw. negati-ven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und Land- und Forstwirtschaft hätten außer Ansatz zu bleiben, denn diese beruhten im wesentlichen darauf, daß der Antragsteller auf die übernommenen Werte Abschreibungen vorneh-men könne, die unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen seien. Da ihnen ein tatsächlicher Wertverlust in dieser Höhe nicht gegenüberstehe bzw. weil der - 6 - Antragsteller durch die erfolgten Tilgungsleistungen Vermögen bilde, könne er diese Positionen der Antragsgegnerin gegenüber nicht einkommensmindernd geltend machen. Wenn aber die (niedrigere) tatsächlich gezahlte Steuer darauf beruhe, daß Verluste aus anderen Einkunftsarten steuerlich anerkannt würden, diese jedoch bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen seien, so seien unterhaltsrechtlich fiktiv diejenigen Steuern von den Gewinnen aus Ge-werbebetrieb in Abzug zu bringen, die hierauf ohne die Verluste zu zahlen ge-wesen wären. Da auch die Leibrentenzahlungen im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und Land- und Forstwirtschaft stünden, minderten auch diese Ausgaben das anrechenbare Einkommen des Antragstellers nicht. b) Diese Beurteilung greift die Revision an. Sie macht geltend, die An-tragsgegnerin habe vorgetragen, die Verluste des Antragstellers beruhten nur auf steuerlich relevanten Abschreibungen, denen ein tatsächlicher Geldabfluß bzw. Wertverlust nicht gegenüberstehe. Davon sei mangels anderweitiger Fest-stellungen für das Revisionsverfahren auszugehen. Da im Hinblick darauf keine tatsächlichen Aufwendungen außer Betracht geblieben seien, bestehe auch kein Anlaß, anstelle der abgeführten Steuern eine - ohne Einbeziehung der [X.] ermittelte - fiktive (höhere) Steuerlast in Abzug zu bringen. Diese Rüge bleibt ohne Erfolg. c) Im Ausgangspunkt zutreffend geht die Revision allerdings davon aus, daß eine fiktive Steuerlast nur dann in Ansatz zu bringen ist, wenn steuermin-dernde tatsächliche Aufwendungen vorliegen, die unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen sind. Diese Voraussetzungen sind indessen nach dem eigenen Vorbringen der Antragsgegnerin erfüllt. Sie hat, wie das Berufungsgericht in dem von der Revision in Bezug genommenen streitigen Teil des Tatbestandes - 7 - des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, nicht nur geltend gemacht, die nega-tiven Einkünfte beruhten allein auf steuerlich erheblichen Abschreibungen, sie hat vielmehr auch vorgetragen, die Tilgungsleistungen des Antragstellers seien nicht zu berücksichtigen, weil er andernfalls zu ihren Lasten Vermögen bilden könne. Daraus wird ersichtlich, daß selbst nach Auffassung der Antragsgegne-rin tatsächliche Aufwendungen erfolgt sind, die zu den Verlusten beigetragen haben. Denn Tilgungsleistungen bedingen regelmäßig, daß für in Anspruch ge-nommene Fremdmittel Zinsen zu entrichten sind, die auch steuerlich als Ko-stenposition zu veranschlagen sind. Dieser Auffassung der Antragsgegnerin entspricht im übrigen, daß sie selbst nicht darauf abgehoben hat, unterhalts-rechtlich seien - anstelle der Verluste - positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und Land- und Forstwirtschaft anzusetzen. Dem liegt ersichtlich die Annahme zugrunde, daß sich - selbst wenn unterhaltsrechtlich Abzugsposi-tionen außer Betracht zu bleiben hätten - noch keine positiven Einkünfte er-rechnen. Für die Frage, in welcher Höhe unterhaltsrechtlich Abzugsposten zu be-rücksichtigen sind, kommt es u.a. darauf an, ob etwa in Anspruch genommene steuerliche [X.] und Abschreibungsmöglichkeiten auch unterhaltsrecht-lich einkommensmindernd anzuerkennen sind. Nach der [X.]echung des Senats berühren Abschreibungen für die Abnutzung von Gebäuden das unter-haltsrechtlich maßgebende Einkommen nicht, weil ihnen lediglich ein [X.] von Gegenständen des Vermögens zugrunde liegt und die zulässigen steuerlichen Pauschalen vielfach über das tatsächliche Ausmaß der [X.] hinausgehen. Darüber hinaus ist zu beachten, daß sie durch eine gün-stige Entwicklung des Immobilienmarktes ausgeglichen werden können. [X.] können unterhaltsrechtlich nur insoweit einkommensmin-dernd berücksichtigt werden, als es sich um notwendigen Erhaltungsaufwand handelt und nicht um solchen für Ausbauten und wertsteigernde [X.] 8 - gen, die der Vermögensbildung dienen (Senatsurteile vom 26. Oktober 1983 - [X.] - FamRZ 1984, 39, 41; vom 23. Oktober 1985 - [X.] - FamRZ 1986, 48, 49 und vom 20. November 1996 - [X.] ZR 70/95 - FamRZ 1997, 281, 283). Inwieweit insbesondere an dieser Beurteilung der [X.] festzuhalten ist (vgl. zu für erforderlich gehaltene [X.] etwa [X.]/[X.] Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. [X.] IV Rdn. 756 und zur Behandlung der [X.] bei kurzlebigen Wirtschaftsgü-tern Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - [X.] ZR 19/01 - FamRZ 2003, 741, 743 mit kritischer Anmerkung [X.] und im wesentlichen zustimmender Anmer-kung von [X.] FamRZ 2003, 1001), bedarf im vorliegenden Fall indessen keiner Entscheidung. Die Beurteilung, ob und gegebenenfalls inwieweit etwa die steuerlich zugrunde gelegten Abschreibungen auch unterhaltsrechtlich anzuerkennen sind, hat nur Bedeutung dafür, ob die Verluste mehr oder weniger hoch anzu-setzen sind. Letzteres vermag aber nichts an dem Umstand zu ändern, daß die Verluste auch auf tatsächlichen Aufwendungen, nämlich jedenfalls auf [X.] für bestehende [X.], beruhen, die in die [X.] Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bzw. Land- und Forstwirtschaft einfließen und nicht von den Abschreibungen isoliert be-trachtet werden können. Denn ohne den mit tatsächlichen Aufwendungen ver-bundenen Grundbesitz gäbe es auch die Möglichkeit von Abschreibungen nicht. Auf die Zinszahlungen kann der Antragsteller sich der Antragsgegnerin gegenüber indessen nicht berufen. Denn der Unterhaltsverpflichtete ist nicht berechtigt, auf Kosten des Unterhaltsberechtigten Vermögen zu bilden; diesem Zweck dient aber die Darlehenstilgung, und damit mittelbar auch die für die [X.] erforderliche Zinszahlung. Da andererseits dem [X.] aber die Vermögensbildung nicht verwehrt sein kann, solange die - 9 - Belange des Unterhaltsberechtigten nicht berührt werden, kann Letzterer nur verlangen, so gestellt zu werden, als ob die vermögensbildenden Aufwendun-gen nicht stattfänden. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß zwar zum einen die erziel-ten Verluste nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden können, daß aber zum anderen auch die dadurch erzielte Steuerersparnis außer Betracht zu bleiben hat, weil sie ohne die Übernahme des [X.] nicht eingetreten wäre. Bei einer solchen Fallgestaltung ist - in Abweichung von dem Grundsatz, daß zur Feststellung des unterhaltsrelevanten Einkommens die tatsächlich ent-richtete Steuer in Abzug zu bringen ist - eine fiktive Steuerberechnung [X.], nämlich zu ermitteln, in welcher Höhe Steuern auf das nicht durch die Verluste reduzierte übrige Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu entrichten wären (vgl. Senatsurteil vom 1. Oktober 1986 - [X.] - FamRZ 1987, 36, 37 zur Berücksichtigung von [X.] durch die Beteiligung an einem Bauherrenmodell und vom 2. Juni 2004 - [X.] ZR 217/01 - FamRZ 2004, 1177, 1179 zur Berücksichtigung von [X.] durch später [X.]). Hierfür ist die Höhe der Verluste ohne Bedeutung; diese beeinflußt allein die tatsächliche Steuerschuld. d) Danach hat das Berufungsgericht zu Recht eine fiktive Steuerberech-nung durchgeführt. Es hat zu diesem Zweck die in den Jahren 1998 bis 2000 aus dem Gewerbebetrieb jeweils erzielten Gewinne um die - auch im Verhältnis zu der Antragsgegnerin abzusetzenden - Sonderausgaben bereinigt und so-dann die auf das verbleibende Einkommen zu entrichtenden Steuern ermittelt. Diese hat es - neben dem Solidaritätszuschlag und den Vorsorgeaufwendungen des Antragstellers - von den Gewinnen abgezogen und abschließend das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen mit 6.450 DM errechnet. [X.] 10 - gen sind aus Rechtsgründen keine Einwendungen zu erheben. Auch die Revi-sion erinnert dagegen nichts. 3. a) Die Vorteile, die sich aus dem Wohnwert des vom Antragsteller übernommenen, ehemals gemeinsamen Hauses der Parteien ergeben sowie die aus dem Erlös für den von der Antragsgegnerin veräußerten [X.] erzielbaren Erträge hat das Berufungsgericht bei der Unterhaltsbemessung au-ßer Betracht gelassen. Dazu hat es ausgeführt: Die ehelichen [X.] der Parteien seien zwar durch [X.] geprägt gewesen. Die-ser Vorteil sei auch bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts grund-sätzlich zu berücksichtigen; auch die Erträge aus einem etwaigen [X.] gehörten zu den prägenden Einkünften. Wenn Ehegatten ein in ih-rem hälftigen Miteigentum stehendes Haus an einen Dritten verkaufen und den Erlös teilen würden, so nivellierten sich die jeweiligen Vorteile aber mit der Fol-ge, daß sie unterhaltsrechtlich außer Betracht bleiben könnten. Etwas anderes könne auch in dem Fall nicht gelten, in dem einer der Ehegatten gegen "Aus-zahlung" den Anteil des anderen übernehme. Im vorliegenden Fall bestehe kein Hinweis darauf, daß der gezahlte Betrag von 130.000 DM unter Übernahme sämtlicher Verbindlichkeiten nicht dem Verkehrswert der [X.] entsprochen habe. Damit habe auch die Antragsgegnerin den in dem [X.] verkörperten anteiligen Wert erhalten, so daß sich die jeweils erhal-tenen Vorteile ausglichen und deshalb unberücksichtigt bleiben könnten. Diese Beurteilung hält nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand. b) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.]. Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien waren dadurch geprägt, daß sie gemeinsam Eigentümer eines Hauses waren, in dem sie mietfrei wohnten. Der - 11 - eheangemessene Bedarf erhöhte sich deshalb durch die gezogenen Nutzungs-vorteile (st. [X.]. des Senats, vgl. etwa Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - [X.] ZR 12/96 - FamRZ 1998, 87, 88). Diese [X.] entfallen, wenn das gemeinsam genutzte Haus im Zusammenhang mit der Scheidung veräu-ßert wird. An ihre Stelle treten allerdings die Vorteile, die die Ehegatten in Form von Zinseinkünften aus dem Erlös ihrer Miteigentumsanteile ziehen oder ziehen könnten (Senatsurteile vom 3. Mai 2001 - [X.] ZR 62/99 - FamRZ 2001, 1140, 1143 und vom 31. Oktober 2001 - [X.] ZR 292/99 - FamRZ 2002, 88, 92). Das gilt auch dann, wenn das gemeinsame Haus nicht an einen Dritten veräußert wird, sondern wenn ein Ehegatte seinen Miteigentumsanteil auf den anderen überträgt. In diesem Fall tritt für den [X.] Ehegatten der Erlös als Sur-rogat an die Stelle der [X.] seines Miteigentumsanteils. Für den übernehmenden Ehegatten verbleibt es grundsätzlich bei einem Wohnvorteil, und zwar nunmehr in Höhe des vollen Wertes, gemindert um die schon beste-henden Kosten und Lasten sowie um die Zinsbelastungen, die durch den Er-werb der anderen Hälfte anfallen. c) Entgegen der Auffassung des [X.] dürfen die beidersei-tigen Vorteile unterhaltsrechtlich nicht außer Betracht bleiben und die Ehegatten so behandelt werden, als hätten sie das Haus an einen Dritten verkauft, den Erlös geteilt und dadurch für beide gleiche - sich deshalb nivellierende - [X.] geschaffen. Der Auffassung des [X.] liegt ersichtlich die Erwägung zugrunde, daß auf seiten des [X.] Ehegatten häufig Kapi-talerträge aus dem erhaltenen Erlös zu berücksichtigen sind, die den dem [X.] Ehegatten zuzurechnenden Wohnvorteil übersteigen, die Höhe des Unterhalts mithin etwa davon abhängen kann, welchem Ehegatten es gelingt, das ehemals gemeinsame Haus zu übernehmen. Mit Rücksicht darauf wird auch in der [X.]echung anderer [X.]e und im Schrifttum die Ansicht vertreten, der [X.] dürfe nicht schlechter gestellt werden, als - 12 - wenn das Familienheim an einen Dritten verkauft worden wäre (vgl. [X.] NJW-RR 2003, 510; OLG Karlsruhe NJW 2004, 859, 860; [X.] FamRZ 2003, 414, 415; ähnlich [X.] 2002, 31). Diese Erwägungen vermögen es indessen nicht zu rechtfertigen, demje-nigen Ehegatten, der den Miteigentumsanteil des anderen erwirbt, grundsätzlich fiktive Zinseinkünfte aus einem erzielbaren Veräußerungserlös zuzurechen, obwohl er das Familienheim übernommen hat und bewohnt. Vielmehr ist auf seiten des Antragstellers der volle Wohnvorteil in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Hiervon sind die Hauslasten in Abzug zu bringen, insbesondere die Zins- und Tilgungsleistungen auf die bereits vor der Veräußerung des [X.] bestehenden Kreditverbindlichkeiten, durch die bereits die ehe-lichen Lebensverhältnisse geprägt worden sind. Zahlungen, die für den Erwerb des Miteigentumsanteils der Antragsgegnerin zu erbringen sind, mindern den Wohnvorteil dagegen nur hinsichtlich des [X.]. Um [X.], die der Rückführung eines entsprechenden - nicht die ehelichen [X.] prägenden - Darlehens dienen, ist der Wohnvorteil dagegen nicht zu kürzen, weil anderenfalls dem Antragsteller zu Lasten der Antragsgegnerin eine Vermögensbildung gestattet würde (vgl. Senatsurteil vom 5. April 2000 aaO S. 951 f.). Diese Vorgehensweise hat nicht zur Folge, daß der die eheli-chen Lebensverhältnisse prägende [X.] mit einem ins-gesamt zu hohen Wert angesetzt wird. Denn der Wohnvorteil mindert sich nunmehr durch die zusätzlichen [X.] für den Betrag, den die Antragsgegnerin erhalten hat. Nach der [X.]echung des Senats kann zwar auch bei derartigen Fallgestaltungen eine Obliegenheit zur Vermögensumschichtung und dabei im Einzelfall auch zur Veräußerung des Hauses bestehen, etwa wenn anderenfalls keine wirtschaftlich angemessene Nutzung des nach dem neuen [X.] - schnitt des [X.] zu großen und seine wirtschaftlichen Verhältnisse ü-bersteigenden Hauses zu verwirklichen ist (Senatsurteil vom 5. April 2000 - [X.] ZR 96/98 - [X.], 950, 951 m.w.[X.]). Davon kann aber nicht bereits dann ausgegangen werden, wenn der zuzurechnende Wohnvorteil nicht den Ertrag erreicht, den der veräußernde Ehegatte aus dem erhaltenen Erlös erzielt bzw. erzielen könnte. Vielmehr muß sich die tatsächliche Anlage des Vermö-gens - unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls - als eindeutig un-wirtschaftlich darstellen, bevor der erwerbende Ehegatte auf eine andere Anla-geform und daraus erzielbare Erträge verwiesen werden kann (vgl. für den [X.]: Senatsurteil vom 3. Mai 2001 aaO S. 1143 m.w.[X.]). Feststellungen, die eine solche Beurteilung zuließen, hat das Berufungs-gericht indessen nicht getroffen. Nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin ist der Wohnwert des - über eine Wohnfläche von etwa 200 m² verfügenden - Hauses mit monatlich 2.000 DM und nach Abzug der unterhaltsrechtlich zu be-rücksichtigenden Belastungen mit mindestens 1.000 DM monatlich zu [X.]. Entsprechende Aufwendungen stünden auch zu den Einkünften des [X.] nicht von vornherein außer Verhältnis. Im Hinblick darauf besteht aber kein Anlaß, für die Unterhaltsbemessung von anderen als den tatsächlich bei dem Antragsteller vorliegenden Verhältnissen auszugehen. Dann kann der - vom Berufungsgericht nicht festgestellte - Wohnwert des Hauses nicht unbe-achtet bleiben. d) Das Berufungsurteil kann aus einem weiteren Grund mit der gegebe-nen Begründung keinen Bestand haben. Auf seiten der Antragsgegnerin ist der Erlös aus der Veräußerung ihres Miteigentumsanteils als Surrogat an die Stelle des früheren Nutzungsvorteils getreten. Welcher Ertrag ihr hieraus zuzurechnen ist, hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt. - 14 - Die Antragsgegnerin hat den Erlös in Höhe von 90.000 DM unstreitig in einem Rentenfonds angelegt. Sie hat hierzu, wie die Revision zu Recht geltend macht, vorgetragen, für sie ergäben sich, bezogen auf Juli 2001, [X.] in der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 887,40 DM, weshalb sie - anders als der über Vermögen verfügende Antragsteller - ver-stärkt für ihr Alter vorsorgen müsse. Mit Rücksicht auf die Versorgungslage der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich, der zugun-sten des Antragstellers durchzuführen gewesen wäre, nach § 1587 c Ziffer 1 BGB ausgeschlossen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, auch unter Hinzurechnung der Anrechte, die die Antragsgegnerin aus dem [X.] erwerben werde, besitze sie, gemessen an den ehelichen [X.]n, nur eine unzureichende Altersversorgung. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe trotz dieses Vorbringens weitere (fiktive) Kapitalerträge zu berücksichtigen sind, hängt davon ab, ob die [X.] nach § 1577 Abs. 1 BGB die Obliegenheit trifft, durch eine verzinsliche Anlage des Kapitals höhere laufende Einnahmen zu erwirtschaften. Dies setzt eine Zumutbarkeitsprüfung voraus und ist, wie bereits ausgeführt wurde, nur dann zu bejahen, wenn die tatsächliche Anlage des Vermögens sich als eindeu-tig unwirtschaftlich erweist. - 15 - 4. Der Senat ist nicht in der Lage, selbst abschließend zu entscheiden. Die Sache muß vielmehr an das [X.] zurückverwiesen werden, damit es die erforderlichen Feststellungen nachholt. Hahne [X.] [X.]

Wagenitz

Dose

Meta

XII ZR 75/02

01.12.2004

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.12.2004, Az. XII ZR 75/02 (REWIS RS 2004, 440)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 440

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