Bundespatentgericht, Urteil vom 10.01.2012, Az. 4 Ni 6/11 (EP)

4. Senat | REWIS RS 2012, 10308

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – Neuheit – erfinderische Tätigkeit – Sachverständigengutachten –


Leitsatz

Traglaschenkette

1. Der Einholung eines Sachverständigenbeweises zur Klärung des Offenbarungsgehaltes einer Druckschrift in einem Nichtigkeitsverfahren vor dem BPatG bedarf es nicht, wenn der erkennende Senat seine eigene Sachkunde für ausreichend erachtet; diese Beurteilung liegt grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Senats, wobei es aus-reicht, wenn auch nur ein Mitglied hinreichende Sachkunde besitzt.

2. Auch eine abweichende Beurteilung des Offenbarungsgehalts im Prüfungsbescheid des DPMA kann die Sachkunde des Senats nicht in Zweifel ziehen und gibt nur Veranlassung, die Beurteilung durch den Fachmann - wie geschehen - in besonderem Maße zu hinterfragen.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent EP 1 234 620 [X.]

([X.] 502 09 563)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 2012unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters Dr. agr. [X.], der Richterin Dr. Mittenberger-[X.] und [X.] und [X.] Dorfschmidt

für Recht erkannt:

[X.] Die Klage wird abgewiesen.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 24. Januar 2002 unter Inanspruchnahme der Priorität der [X.] Patentanmeldung [X.] angemeldeten, mit Wirkung auch für die [X.] erteilten [X.] Patents Nr. 1 234 620 [X.] (Streitpatent), das eine Vorrichtung zur „Anordnung der, über [X.] mit [X.] der Ständer von [X.] verbindbaren, [X.] und Verbindungsleitungen“ betrifft. Das in [X.] [X.] abgefasste Streitpatent wird vom [X.] unter der Nummer [X.] geführt. Es umfasst 6 Patentansprüche, die sämtlich angegriffen sind. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

2

„Anordnung der, über [X.] mit [X.] der Ständer von [X.] verbindbaren [X.] und Verbindungsleitungen an [X.], die Einzelständer ([X.]; [X.]) aufweisen, von denen der antriebsseitige Einzelständer ([X.]) ortsfest und der andere Einzelständer ([X.]), von diesem trennbar und in [X.] ([X.]; [X.]) verfahrbar angeordnet sind

3

dadurch gekennzeichnet,

4

dass die [X.] eine, dem Verfahrabstand der beiden Einzelständer ([X.]; [X.]) entsprechende Länge aufweisen und während des Verfahrens mit den [X.] der Einzelständer ([X.]; [X.]) gekuppelt verbleibend, in einer selbst-freitragenden Traglaschenkette ([X.]) angeordnet sind, deren Enden ([X.]; [X.]) jeweils mit einem Einzelständer ([X.]; [X.]) bzw. mit einer, diesem zugeordneten, seitlich von dessen [X.], diese überbrückend angeordneten Zwischenbrücke ([X.]) verbunden sind.“

5

Wegen der Patentansprüche 2 bis 6 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.

6

Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, bei [X.] mit verfahrbar angeordneten Einzelständern, die Notwendigkeit des [X.] und des Entkuppelns der [X.] und den damit verbundenen Bedienungs- und Zeitaufwand zu minimieren.

7

Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Er sei bereits nicht neu, beruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

8

Sie beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:

9

[X.] EP 0 857 522 [X.]

[X.] JP-10-286 611 A (nebst Übersetzung Anlage LS 5a)

D3 [X.] 9 203 633 U

D4 [X.] 33 33 543 A1

D5 [X.] 4 129 277 A

D6 [X.] 696 07 502 T2

D7 [X.] 32 41 924 A1

D8 GB 1 249 018 A

Nach Auffassung der Klägerin nimmt die Druckschrift [X.] (EP 0 857 522 [X.]) das Streitpatent neuheitsschädlich vorweg, da der Fachmann insbesondere aus deren Figur 6 mitlese, dass die Versorgungsleitungen zwischen dem beweglichen Ständer des Walzgerüstes und einem Pfosten durch eine Traglaschenkette gesichert seien. Der Fachmann lege dabei keine unterschiedlichen Maßstäbe bei der Betrachtung des [X.] und Entgegenhaltungen an und mache hinsichtlich des Aussagegehalts einer Druckschrift keinen Unterschied in der Bewertung zwischen Beschreibung und Zeichnungen. Dies gelte auch für die Druckschrift [X.].

Jedenfalls führten die [X.] und [X.] in Kombination in naheliegender Weise zum Streitpatentgegenstand, so dass es an der erfinderischen Tätigkeit fehle. Eine Veranlassung beide Druckschriften zu kombinieren bestehe für den Fachmann schon deshalb, da er jedenfalls mit der [X.] Stand der Technik einbeziehe, bei dem nach Art der sich dort stellenden Probleme vom Prinzip her Lösungen zu erwarten sind, auch wenn die Anforderungen im Detail durchaus differieren können.

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent EP 1 234 620 [X.] mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] ([X.]) für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig. Die Beklagte ist der Auffassung, dass weder die Druckschrift [X.] noch die Druckschrift [X.] das Streitpatent neuheitsschädlich träfen, da die [X.] keinerlei Aussagen zur Zufuhr von [X.] treffe. Eine solche sei auch in Figur 6 nicht zu ersehen. Die Druckschrift [X.] beschäftige sich dagegen - anders als das Streitpatent - mit anderen, kleineren Gerüsttypen, bei denen der [X.] nicht durch ein Auseinanderfahren von Einzelständern, sondern einen [X.] des [X.] erfolge. Für eine Kombination von [X.] und [X.] habe der Fachmann keine Veranlassung, da die [X.] ein anderes Problem löse und dazu einen völlig anderen Lösungsweg als die [X.] vorschlage.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn der Senat hat nicht feststellen können, dass dem Gegenstand des Streitpatents in seiner erteilten Fassung der [X.] der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ i. V. m. Art. 52 bis Art. 57 EPÜ) und zwar insbesondere fehlende Neuheit (Art. 54 i. V. m. Art. 52 Abs. 1 EPÜ) und mangelnde erfinderische Tätigkeit (Art. 56 i. V. m. Art. 52 Abs. 1 EPÜ) entgegensteht.

II.

1. Der [X.] betrifft nach seinem erteilten Patentanspruch 1 eine Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen an [X.].

Nach den Ausführungen im Absatz [0002] der Streitpatentschrift können bei [X.], die zum leichteren Auswechseln der [X.] aus zwei Einzelständern bestehen, die Einzelständer für den [X.] quer zur [X.] voneinander weg und anschließend wieder aufeinander zu verfahren werden. Bei herkömmlichen [X.] (beispielsweise der EP 0 857 522 [X.]) müssten jedoch vor dem Wegfahren eines Einzelständers von dem anderen ortsfest angeordneten Einzelständer die zahlreichen, für die Steuerung des [X.]es erforderlichen [X.] und Verbindungsleitungen für den Betrieb der Hydraulik, der Elektrik, der Schmierung sowie der Wasser- und Luftversorgung, die mit entsprechenden [X.] an den beiden Einzelständern gekuppelt sind, entkuppelt und nach dem [X.] für den Walzbetrieb wieder mit diesen Anschlüssen gekuppelt werden. Dies sei [X.] und zeitaufwändig und es bestehe für Kupplungen und Leitungen eine große Verschmutzungsgefahr.

Daher liegt dem Streitpatent gemäß den Ausführungen in Absatz [0005] der Streitpatentschrift die Aufgabe zu Grunde, die Notwendigkeit des [X.] und des Entkuppelns der [X.] und den damit verbundenen Bedienungs- und [X.]aufwand zu vermeiden.

2. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent die im Patentanspruch 1 beanspruchte Lehre vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

1 Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen an [X.];

1.1 die [X.] und Verbindungsleitungen sind über [X.] mit [X.] der Ständer von [X.] verbindbar;

2 die [X.]e weisen Einzelständer ([X.]; [X.]) auf,

2.1 von denen der antriebsseitige Einzelständer ([X.]) ortsfest und

2.2 er andere Einzelständer ([X.]), von diesem trennbar und in [X.] ([X.]; [X.]) verfahrbar angeordnet sind;

- Oberbegriff -

3 die [X.] weisen eine, dem Verfahrabstand der beiden Einzelständer ([X.]; [X.]) entsprechende Länge auf;

4 die [X.] verbleiben während des Verfahrens mit den [X.] der Einzelständer ([X.]; [X.]) gekuppelt;

5 die [X.] verbleiben während des Verfahrens in einer selbst-freitragenden [X.] ([X.]) angeordnet;

5.1 die Enden ([X.]; [X.]) der [X.] ([X.]) sind jeweils mit einem der Einzelständer ([X.]; [X.]) verbunden;

5.2 oder mit einer Zwischenbrücke ([X.]) verbunden, wobei

5.2.1 die [X.] ([X.]) diesem (verfahrbaren Einzelständer) zugeordnet ist,

5.2.2 die [X.] ([X.]) seitlich von der [X.] des zugeordneten Einzelständers angeordnet ist,

5.2.3 die [X.] ([X.]) die [X.] des zugeordneten Einzelständers überbrückt.

- Kennzeichen -

3. Als zuständiger Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion von [X.] für Stahl anzusehen.

4. Nach dessen maßgeblichen Verständnis und einer nach Art. 69 EPÜ am Gesamtzusammenhang orientierten Betrachtung (st. Rspr., vgl. [X.], 129 - [X.]; [X.], 845 - Drehzahlermittlung, m. w. N.) ist zu beurteilen, welche technische Lehre Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist und welchen technischen Sinngehalt den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zukommt ([X.], 515, 517 - Schneidmesser I; [X.], 232, 233 - Brieflocher, jeweils m. w. N.). Die Patentschrift stellt deshalb im Hinblick auf die gebrauchten Begriffe auch ihr eigenes Lexikon dar ([X.], 909, 912 - Spannschraube; [X.] [X.]. 2000, 105, 106 - Extrusionskopf). Der Senat legt danach dem erteilten Patentanspruch 1 folgendes Verständnis zu Grunde:

Der [X.] betrifft danach eine Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen an [X.]. Dabei sind die [X.] und Verbindungsleitungen über [X.] mit [X.] der Ständer von [X.] verbindbar.

Der [X.] beschreibt Einzelheiten des [X.]s für den die streitpatentgemäße Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen vorgesehen ist. Demnach handelt es sich um ein [X.], das zwei einzelne Walzenständer aufweist, einen ortsfesten Einzel(walzen)ständer, der auf der Seite des Antriebs des [X.]s angeordnet ist, und einen verfahrbaren Einzel(walzen)ständer. [X.] sind die tragenden Seitenteile eines [X.]s, die die Walzen oder den gesamten [X.] lagern und daher die beim [X.] auftretenden Kräfte aufnehmen. Im vorliegenden Fall ist das [X.] nach Merkmal 2.2 zum [X.] trennbar, indem zunächst der bewegliche Einzel(walzen)ständer nach dem Lösen entsprechender Zuganker und ggfls. gleichzeitig auch der [X.] in [X.] ([X.]; [X.]), weg von dem ortsfesten Einzel(walzen)ständer, verfahren wird, so dass anschließend der [X.] ausgetauscht und das [X.] wieder montiert werden kann.

Nach Merkmal 3 haben die [X.] eine Länge, die dem Verfahrabstand der beiden Einzelständer ([X.]; [X.]) entspricht. Aus dem folgenden Merkmal 4 erschließt sich dem Fachmann, dass die Länge der [X.] derart bemessen ist, dass die [X.] während des Verfahrens des (verfahrbaren) Einzelständers mit den [X.] der Einzelständer ([X.]; [X.]) gekuppelt bleiben (können) und zwar auch bei maximalem Verfahrabstand.

Nach Merkmal 5 verbleiben die [X.] während des Verfahrens des (verfahrbaren) Einzelständers in einer selbst-freitragenden [X.] ([X.]) angeordnet. Unter selbst-freitragenden [X.]n versteht der Fachmann an sich bekannte und nach [X.] 8165 bzw. 8166 genormte Ketten, die in einer Querrichtung „tragen“, also sich nicht durchbiegen lassen, während sie in die andere Richtung wie herkömmliche Rollenketten biegsam sind. Die Merkmale 5.1 und der [X.] 5.2 beschreiben, wie die [X.] im [X.] angeordnet ist. Dabei sind diese Merkmale mit „bzw.“ verknüpft, was - isoliert betrachtet - verschieden gedeutet werden kann. Das Merkmal 5.1 vermittelt aber, dass es sich bei dieser Ausführungsvariante ausschließlich um die Anordnung und Ausgestaltung der [X.] zwischen dem ortsfesten Einzelständer und dem verfahrbaren Einzelständer handelt. Aus der Tatsache, dass bei der streitpatentgemäßen Anordnung gemäß dem Merkmal 5 bzw. 5.1 nur eine (einzige) [X.] vorliegt, erschließt sich dem Fachmann vom technischen Sinngehalt klar, dass das „bzw.“ im Sinne von „oder“ ausgelegt werden muss, weil eine [X.] schließlich nur zwei Enden aufweist, deren Anordnung mit Merkmal 5.1 beidseitig zunächst festgelegt ist. Demgegenüber vermittelt der [X.] 5.2 eine dazu alternative (zweite) Ausführungsform für eines der beiden Enden der (einen) [X.]. Demnach kann das eine Ende der [X.] gemäß der zweiten Ausführungsform auch mit einer [X.] ([X.]) verbunden sein, während das andere Ende mit einem der Einzelständer ([X.]) verbunden bleibt, bei dem es sich aufgrund des in dem Merkmal enthaltenen Hinweises auf seine [X.] zweifelsfrei um den verfahrbaren Einzelständer handelt. Nach Merkmal 5.2.3 „überbrückt“ die [X.] die [X.] des zugeordneten (verfahrbaren) Einzelständers, so dass der (verfahrbare) Einzelständer unter dieser [X.] hindurch auf seiner [X.] von Position 1 nach Position 3 - wie auch in Figur 3 des Streitpatents dargestellt - bewegt werden kann.

Abbildung

Das Merkmal 5.2.2, wonach die [X.] seitlich von der [X.] des zugeordneten Einzelständers angeordnet ist, betrifft unter fachgerechter Auslegung das Tragwerk der [X.] ([X.]), also beispielsweise Brückensäule(n), die ein Teil der Brücke sind und notwendigerweise neben der zu überbrückenden [X.] des verfahrbaren Einzelständers angeordnet sein müssen.

Diese nach Überzeugung des Senats bereits aus dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 gebotene Auslegung des Patentanspruchs 1, insbesondere hinsichtlich dessen [X.] 5 findet auch durchgängig ihren Niederschlag in den [X.], vor allem auch in dem Ausführungsbeispiel nach Figur 3 sowie den diesbezüglich erläuternden Textstellen in dem Absatz [0017], 1. Satz, der Streitpatentschrift, in der die [X.] ([X.]) mit ihrer Galerie ([X.]) die [X.] des zugeordneten Einzelständers überbrückt.

Nach den Ausführungen in Absatz [0010] der Streitpatentschrift können mit der streitpatentgemäßen Ausbildung und Anordnung der [X.] die Einzelständer über verhältnismäßig lange Distanzen voneinander weg gefahren und dabei ein Wechsel der [X.] ohne Einschränkung bspw. des [X.] durchgeführt werden.

5. Der Senat konnte nicht feststellen, dass die unstrittig gewerblich anwendbare streitpatentgemäße Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen an [X.] gemäß den erteilten Patentansprüchen 1 bis 6 die Voraussetzungen eines in Art. 138 Absatz 1 EPÜ genannten [X.]es erfüllt.

5.1. Die streitpatentgemäße Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen an [X.] nach dem Patentanspruch 1 ist unter Berücksichtigung des im Verfahren befindlichen Stands der Technik neu.

5.1.1. So zeigt auch die Druckschrift [X.] eine [X.], bestehend aus drei [X.], wobei jedes der drei [X.]e bereits Einzelständer (2a, 3a, 4a, 2b, 3b. 4b) aufweist. Die antriebsseitigen Einzelständer (2a, 3a, 4a) sind - zumindest beim Wechsel der Walzen - jeweils ortsfest angeordnet. Demgegenüber sind die bedienungsseitigen Walzenständern (2b, 3b, 4b) der drei [X.]e (2, 3, 4) zum [X.] der ortsfesten Einzelständer (2a, 3a, 4a) trennbar und als Einheit gemeinsam mit den jeweiligen [X.]n aus der [X.] [X.] ([X.] 2 gemäß vorstehender Merkmalsgliederung).

Damit erschöpfen sich jedoch bereits die Gemeinsamkeiten zwischen der – nach Auffassung der Klägerin neuheitsschädlichen - Druckschrift [X.] und dem [X.]. Denn die [X.] spricht an keiner einzigen Textstelle [X.] und Verbindungsleitungen bei [X.] an und demzufolge auch nicht die Anordnung derselben. Nach der [X.]-Entscheidung „Olanzapin“ ([X.], 382, 384, [X.]. 25 f.) ist für den [X.]sgehalt einer Schrift maßgeblich, was aus fachmännischer Sicht „unmittelbar und eindeutig“ zu entnehmen ist, wobei insbesondere eine Ergänzung der [X.] durch Fachwissen unzulässig ist. Dabei kann unmittelbar und eindeutig offenbart auch sein, was im Patentanspruch und in der Beschreibung, der auch die Zeichnungen zugehören, nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen [X.] bedarf, sondern „mitgelesen“ wird ([X.] [X.], 382, 384, [X.]. 26 - Olanzapin).

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die beiden in der Figur 6 der [X.] oben dargestellten, etwas durchgebogenen, gestrichelten [X.] offenbarten Versorgungsleitungen zwischen dem beweglichen Ständer des [X.]es und einem Pfosten, die durch eine [X.] gesichert seien, kann der Senat deshalb dieser Auffassung unter Beachtung der vorbeschriebenen Grundsätze nicht folgen.

Abbildung

Insoweit könnte allenfalls das Merkmal 1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der [X.] als offenbart diskutiert werden, obwohl es an keiner Stelle der Schrift wörtlich angesprochen ist und nur Figur 6 einen Diskussionsansatz bietet. Da eine [X.] aber beliebige Bedeutung haben kann, ist nach Auffassung des Senats ohne Ergänzung durch Fachwissen oder ohne Kenntnis der Erfindung alleine die Darstellung der Figur 6 nicht geeignet, dem Fachmann eindeutig und zweifelsfrei eine Versorgungsleitung zu offenbaren, zumal in den übrigen Unterlagen (Beschreibung, Patentansprüche) nichts zu der Bedeutung der durchgebogenen [X.] ausgeführt ist. Nicht ausreichend ist jedenfalls der Umstand, dass [X.] und Verbindungsleitungen an [X.] selbstverständlich, daher dort auch angeordnet sind und der Fachmann dies weiß, denn die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt keine Ergänzung der [X.] durch das Fachwissen. Deshalb gehören auch Abwandlungen und Weiterentwicklungen der erhaltenen technischen Information ebenso wenig zum Offenbarten wie diejenigen Schlussfolgerungen, die der Fachmann kraft seines Fachwissens ziehen mag ([X.] [X.], 382, 384, [X.]. 26 - Olanzapin).

Selbst wenn man insoweit der Auffassung der Klägerin folgen wollte, ist es jedenfalls nicht selbstverständlich und dem [X.]sgehalt der [X.], insbesondere auch nicht der Figur 6, zu entnehmen, dass die [X.] und Verbindungsleitungen über [X.] mit [X.] der Ständer von [X.] verbindbar sind. Denn dies setzt bereits eine besondere Ausgestaltung eines [X.]s mit zumindest zwei Walzenständern voraus, die darüber hinaus eigene Medienanschlüsse sowie [X.] aufweisen müssen, damit sie überhaupt mit der streitpatentgemäßen Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen verbindbar sind. Aus diesem Grund bedarf es für das Merkmal 1.1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents weiterer durch das Fachwissen getragener Überlegungen sowie einer fachmännischen Auswahl und kann schon deshalb keine Selbstverständlichkeit bilden, die „mitgelesen“ werden könnte (vgl. [X.], 999, [X.]. 33 - Memantin). Das gilt erst recht für die weitere Ausgestaltung gemäß der Merkmale 3 - 5.2.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents, in denen weitere Einzelheiten beschrieben sind, auf welche Art und Weise die [X.] und Verbindungsleitungen angeordnet und mit den einzelnen Bauteilen des [X.]s verbunden sind. Letztlich fehlt es insoweit auch an jeglicher [X.] einer [X.]. Dies gilt insbesondere auch für Figur 6. Denn das typische Darstellungsmerkmal einer [X.], wonach zumindest ein Ende U-förmig umgebogen sein muss, ist der [X.] in der Figur 6 ersichtlich nicht zu entnehmen. Vielmehr spricht besonders das Durchbiegen in der [X.]e der [X.] sogar gegen das Vorhandensein einer [X.], die ein Durchbiegen bekanntlich vermeiden soll. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 daher neu ist gegenüber dem bekannten Gegenstand nach der [X.].

Entgegen der von der Klägerin vorgetragenen Auffassung werden auch keine unterschiedlichen Maßstäbe bei der Betrachtung des [X.]sgehalts von Streitpatent und Entgegenhaltungen angewendet. Vielmehr wird zur Bewertung des Aussagegehalts einer jeden Druckschrift der gesamte [X.]sgehalt der jeweiligen Druckschrift, also Patentansprüche, Beschreibung und Zeichnungen herangezogen, ausgewertet und die gebotenen einheitlichen Maßstäbe des einheitlichen [X.]sbegriffs gewahrt (hierzu [X.] [X.], 382, [X.]. 25 - Olanzapin; GRUR 2011, 999, [X.]. 33 - Memantin). Im vorliegenden Fall findet sich beim Streitpatent die [X.] der streitpatentgemäßen Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen an [X.] entsprechend den einzelnen Merkmalen des Patentanspruchs 1 nicht nur in den Figuren, sondern wird vor allem auch in der erläuternden Beschreibung sowie den Patentansprüchen textlich gestützt. Die Gesamtoffenbarung des Streitpatents lässt so eine klare technische Lehre eindeutig und unmittelbar erkennen, während dies in der Entgegenhaltung nach der Druckschrift [X.], wie vorstehend ausgeführt, hinsichtlich der Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen an [X.] nicht der Fall ist.

5.1.2. Die von der Klägerin ebenfalls als neuheitsschädlich entgegengehaltene Druckschrift [X.] zeigt eine Austauschvorrichtung für [X.] in einer [X.]. Die einzelnen [X.] der Druckschrift [X.] bestehen gemäß den Ausführungen in Absatz [0003] bzw. [0011] aus jeweils einem Gehäuse (1, 1A, 2, 2A), in dem die Walzen eingebaut sind und bilden daher ein [X.]. Zum Austausch eines gesamten [X.]s ([X.] 1, 1A, 2, 2A) einschließlich seiner Walzen, werden die nicht mehr verwendeten [X.]e aus der [X.] herausgezogen, auf dem Transportwagen abgestellt (3) und durch neue, auf dem Transportwagen (3) befindliche [X.] (1, 1A, 2, 2A) ersetzt. Hierzu kann der Transportwagen (3) in Längsrichtung, also parallel zu der [X.], verfahren werden.

Gemäß den Ausführungen in Absatz [0012] der Druckschrift [X.] haben die bekannten [X.]e ([X.] 1, 1A, 2, 2A) Schläuche und Kabel für die Ver- und Entsorgung mit Betriebsmedien wie Strom, Luft und Öl, so dass sich dem Fachmann eine Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen an [X.] gemäß Merkmal 1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents erschließt. Während des Austauschs bleibt jedes [X.] mit dem jeweiligen an einem zugeordneten [X.] (6) des [X.] angeordneten Medienanschluss verbunden, weshalb die Versorgungsleitungen eine dem Verfahrweg des jeweiligen [X.]s entsprechende Länge aufweisen. [X.]els eines [X.]s (11-14) werden die Versorgungsleitungen abgestützt, so dass sie beim Verfahren der [X.]e nicht durchhängen. Die [X.] (11-14) sind gemäß den Ausführungen in Absatz [0012] der [X.] „mit zahlreichen winkelförmigen Links über Steckverschluss verbunden und besitzen die Besonderheit, dass sie in eine Richtung, aber nicht in die andere Richtung umgebogen werden können“, worunter der Fachmann unter fachgerechter Auslegung [X.]n versteht.

Anders als die streitpatentgemäße Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen ist die bekannte Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen nicht bei [X.] mit zwei Einzelständern vorgesehen, sondern bei einem [X.], das ein Gehäuse ([X.] 1, 1A, 2, 2A) aufweist. Aus diesem Grund ist bei der bekannten Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen nach der Druckschrift [X.] bereits der gesamte [X.] des Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht verwirklicht, so dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruch 1 des Streitpatents schon aus diesem Grund neu ist gegenüber dem Gegenstand nach der [X.]. Darüber hinaus weist die bekannte Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen nach der Druckschrift [X.] auch nicht die Merkmale 3, 4 sowie 5.1 und den gesamten [X.] 5.2 auf, weil diese jeweils Einzelständer bzw. eine die [X.] überbrückende [X.] beanspruchen, die beide der [X.] nicht zu entnehmen sind.

5.2. Die Klägerin vermochte den Senat auch nicht davon zu überzeugen, dass die Anordnung der [X.] und Verbindungsleitungen an [X.] nach dem Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

5.2.1. Den Ausgangspunkt des Standes der Technik, den der Fachmann bei seinem Bemühen um eine Problemlösung heranzog, bildet nach Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit den Ausführungen in Absatz [0003] der Streitpatentschrift die in der Beschreibungseinleitung genannte EP 0 857 522 [X.] ([X.]). Wie vorstehend zur Beurteilung der Neuheit im Einzelnen begründet, weist diese Druckschrift selbst bei einem unterstellten fachmännischen „Mitlesen“ des Merkmals 1 zumindest keinerlei [X.]sgehalt hinsichtlich der Merkmale 1.1, 3 bis 5.2.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auf. Der [X.]sgehalt der [X.] kann deshalb dem Fachmann auch keinerlei Anregung zur Schaffung einer streitpatentgemäßen Anordnung gemäß Patentanspruch 1 als Problemlösung geben. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung der in der Figur 6 der [X.] gezeigten [X.] mit Pfosten und erst abzuleitenden Weiterentwicklungen der hierdurch erhaltenen technischen Information. Denn selbst wenn der Fachmann aufgrund seines Fachwissens aus der Darstellung in der Figur 6 der [X.] entsprechende Schlussfolgerungen auf Versorgungsleitungen ziehen würde und möglicherweise angeregt wäre, Versorgungsleitung entsprechend der gezeigten [X.] zu einem offensichtlich neben der [X.] des zugeordneten Einzelständers stehenden Pfosten zu verlegen, erhielte er - wie in Abschnitt 5.1.1. im Einzelnen begründet - zumindest keine Hinweise auf eine [X.] entsprechend Merkmal 4 und auch keine Hinweise auf eine technische Lösung gemäß der Merkmale 5 bis 5.2.3.

5.2.2. Auch die [X.] kann als Ausgangspunkt der Problemlösung den Fachmann, selbst unter Berücksichtigung seines Fachwissens, nicht in naheliegender Weise zum [X.] führen. Denn die [X.] betrifft, wie vorstehend zur Neuheit im Einzelnen ausgeführt wurde, eine Anordnung von [X.] und Verbindungsleitungen einer völlig anderen Gattung eines [X.]s. Das [X.] der [X.] hat keine Einzelständer und ist nicht derart trennbar ausgebildet, indem ein erster Einzelständer von einem ortsfesten zweiten Einzelständer entlang einer [X.] verfahrbar ist. Aus diesem Grund weisen, anders als bei der streitpatentgemäßen Anordnung nach Merkmal 3 die bekannten [X.] nach der [X.] nicht eine dem Verfahrabstand der beiden Einzelständer entsprechende Länge auf, sondern sie haben eine Länge, die dem Verfahrabstand des gesamten [X.]s von der [X.] bis zum Transportwagen entspricht. Auch das Merkmal 4 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist bei dem Gegenstand nach der Druckschrift [X.] nicht verwirklicht. Denn die bekannte Anordnung der [X.] verbleibt während des Verfahrens nicht entsprechend der streitpatentgemäßen Anordnung mit den [X.] der Einzelständer gekuppelt, sondern sie bleibt mit dem gesamten [X.] bzw. mit dem [X.] des [X.] verbunden. Allenfalls das Merkmal 5, wonach die [X.] während des Verfahrens in einer selbst-freitragenden [X.] angeordnet verbleiben, kann der Druckschrift [X.] entnommen werden, nicht jedoch das Merkmal 5.1 oder die alternative Ausführungsform nach [X.] 5.2. Denn die Enden der [X.] der bekannten Anordnung von [X.] nach der [X.] sind einerseits mit dem Gehäuse des [X.]s und andererseits mit dem zugeordneten [X.] des [X.] verbunden. Eine [X.] im Sinne von [X.] 5.2 ist in der Druckschrift [X.] ebenso wenig vorhanden wie Einzelständer und daher auch keine Verbindung der Einzelständer mit der [X.] entsprechend Merkmal 5.1 bzw. 5.2. Aus diesem Grund kann die Druckschrift [X.] für sich den Fachmann nicht dazu anregen, eine Anordnung von [X.] und Verbindungsleitungen an [X.] mit Einzelständern entsprechend den Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auszugestalten.

Abbildung

Auch das Vorbringen der Klägerin mit Verweis auf die Figuren 7 und 8 der [X.], in der sie Einzelständer erkennen will, trifft nicht zu. Denn Einzelständer im Sinne des Streitpatents sind, wie bereits unter Punkt 4 ausgeführt, die tragenden Seitenteile eines [X.]s, die die Walzen oder den gesamten [X.] lagern und daher die beim [X.] auftretenden Kräfte aufnehmen. Im Fall der [X.] besteht das bekannte [X.] aus einem geschlossenen Gehäuse in dem die Walzen gelagert sind, so dass dieses [X.] weder ortsfeste noch [X.] im Sinne des [X.]es aufweist. Vielmehr sind die in Figur 7 mit dem Bezugszeichen 6 und die in der Figur 8 mit dem Bezugszeichen 8 gekennzeichneten Bauteile keine Einzelständer, sondern [X.] des [X.] (Absatz [0012] der [X.]).

Abbildung

Auch die auf der linken Seite des in der [X.] L angeordneten [X.]s (2) gezeigte Baugruppe (ohne Bezugszeichen) in der Figur 8 ist kein Einzelständer sondern allenfalls die Antriebseinrichtung des [X.]s, weil diese Baugruppe ersichtlich nicht die Walzen lagert.

5.2.3. Auch eine Kombination der Druckschriften von [X.] und [X.] kann den Fachmann unter Einbeziehung seines Fachwissens nicht in naheliegender Weise zur streitpatentgemäßen Anordnung von [X.] an [X.] führen. Denn ausgehend von der [X.] gelangt der Fachmann selbst unter Berücksichtigung der [X.] schon deshalb nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruches 1, weil, wie vorstehend begründet, bei der Druckschrift [X.] zumindest nicht die Merkmale 3 bis 5.2.3 und bei der Druckschrift [X.] zumindest sämtliche die beanspruchende Lehre kennzeichnenden Merkmale 3, 4, 5.1 bis 5.2.3 nicht verwirklicht sind. Daher kann selbst eine Kombination dieser Druckschriften den Fachmann nicht ohne erfinderischen Zutuns dazu anregen, eine Anordnung entsprechend der streitpatentgemäßen Anordnung von [X.] an [X.], insbesondere mit den Merkmalen 3, 4, 5.1 bis 5.2.3 zu gestalten. Vielmehr würde der Fachmann ausgehend von der [X.], allenfalls das Konzept der [X.] übernehmen, [X.]e nicht zu trennen, sondern im Ganzen auszutauschen, wobei er, bei entsprechender Größe der [X.]e möglicherweise auch die Anzahl der Gerüste auf dem Transportwagen verringern kann, wie es in Absatz [0021] der [X.] angeregt ist.

5.2.4. Auch ausgehend von der [X.] wird der Fachmann die von der [X.] angeregte Trennung des [X.]s als Voraussetzung für die streitpatentgemäße Anordnung von [X.] nicht in Betracht ziehen, weil es dem gesamten Auswechselkonzept der [X.] widersprechen würde. Denn die gesamte Lehre der [X.] zielt darauf ab, jedes [X.] vollständig, also unzerlegt aus der [X.] herauszuziehen und anschließend ein anderes, vollständiges [X.] wieder einzuschieben, um auf diese Weise die [X.] für das Auswechseln der Walzen und somit Stillstandszeiten der [X.] weitgehend zu reduzieren (Absätze [0003] und [0004] der [X.]). Demgegenüber wird bei der [X.] das [X.] innerhalb der [X.] getrennt, der [X.] ausgetauscht und anschließend das [X.] wieder zusammengefahren, wobei die [X.] währenddessen außer Betrieb ist. Aus diesem Grund wären trennbare Walzenständer nach der [X.] für die Lehre der [X.] ein klarer Rückschritt, den der Fachmann schon deshalb nicht in Betracht ziehen würde.

5.2.5. Das von der Klägerin vorgenommene Herausgreifen einzelner Merkmale aus den Druckschriften [X.] und [X.] und ein entsprechendes Zusammenfügen zur Lehre des Patentanspruchs 1 unter Strapazierung des fachmännischen Wissens ist demgegenüber nach Überzeugung des Senats Resultat einer unzulässigen ex-post-Betrachtung in Kenntnis der Erfindung und berücksichtigt nicht, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen mag, auch wenn der Fachmann stets bestrebt ist, für einen bestimmten Zweck eine bessere - oder auch nur eine andere - Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt ([X.] [X.], 1039, [X.]. 20 - Fischbissanzeiger). Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden [X.] nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall, in dem es für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist (vgl. [X.] [X.], 936 [X.]. 21 – Heizer; [X.], 814, [X.]. 26 - [X.]) in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen ([X.] [X.], 746, [X.]. 20 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung; [X.], 407, [X.]. 17 - einteilige Öse).

5.2.6. Die übrigen im Zuge des Verfahrens in Betracht gezogenen Druckschriften, die von der Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung nicht aufgegriffen worden sind, liegen weiter ab vom [X.] und stehen deshalb dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 ebenfalls nicht patenthindernd entgegen. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch einfache fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar, sondern bedurfte darüber hinaus gehender Gedanken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen. Der erteilte Patentanspruch 1 hat daher Bestand.

5.3. Die ebenfalls angegriffenen [X.] 2 bis 6, die Ausgestaltungen der Erfindung nach Patentanspruch 1 enthalten, werden vom beständigen Hauptanspruch getragen, ohne dass es hierzu weiterer Feststellungen bedurfte (B[X.]E 34, 215).

6. Dem vom Klägervertreter gestellten Beweisangebot auf Einholung eines Sachverständigenbeweises zur Klärung des [X.]sgehaltes einer Druckschrift - hier der [X.] - war nicht zu folgen. Für die Anordnung des Sachverständigenbeweises bedarf es keines ausdrücklichen Antrags, da das Gericht gem. § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 144 ZPO die Begutachtung durch einen Sachverständigen anordnen kann. Der Antrag des Klägervertreters war daher eher als Anregung zu werten, der im konkreten Fall nicht nachzukommen war. Eine Begutachtung durch einen Sachverständigen ist im Übrigen nur dann anzuordnen, wenn die eigene Sachkunde des Gerichts nicht ausreicht, um aus feststehenden Tatsachen Wertungen und Schlussfolgerungen zu ziehen, die ein besonderes Fachwissen erfordern. Eigene Sachkunde des Richters macht die Einholung eines Gutachtens deshalb entbehrlich. Aufgrund des naturwissenschaftlichen Studiums [X.], das durch praktische Berufserfahrung vertiefte Spezialwissen und die langjährige Erfahrung als Patentprüfer wird diese Sachkunde beim [X.] vermutet. Ob das Gericht seine eigene Sachkunde für ausreichend erachtet, liegt dabei grundsätzlich in seinem pflichtgemäßen Ermessen, wobei es ausreicht, wenn auch nur ein Mitglied eines Kollegialgerichtes hinreichende Sachkunde besitzt ([X.] MDR 2007, 538, 539 m. w. N.). Die danach bestehende Sachkunde der Senatsmitglieder ist vorliegend auch nicht substantiiert in Frage gestellt worden.

Soweit der Klägervertreter demgegenüber die Auffassung vertreten hat, dass im Hinblick auf eine abweichende Beurteilung des [X.]sgehalts der Figur 6 der [X.] im Prüfungsbescheid des [X.] v. 22. Januar 2007 (vorgelegt als [X.]) die Einholung eines Sachverständigengutachten notwendig sei, kann dem nicht gefolgt werden. Die bloße Tatsache einer abweichenden Beurteilung durch das [X.] kann die Sachkunde des Senats nicht in Zweifel ziehen und gibt deshalb allenfalls Veranlassung, die Beurteilung des [X.]sgehaltes einer Druckschrift durch den Fachmann - wie geschehen - in besonderem Maße zu hinterfragen (zu Entscheidungen des [X.] als sachverständige Stellungnahme: [X.] [X.], 950, [X.]. 14 - [X.]; GRUR 1998, 895, 896 - Regenbecken), nicht jedoch diese Beurteilung gutachterlich klären zu lassen, statt sie durch den Senat selbst fachkundig vorzunehmen. Nach Auffassung des Senats war daher ein Sachverständiger nicht zu beauftragen, noch hätte der - hier maßgebliche - Durchschnittsfachmann in einer der Entgegenhaltungen die Merkmale des Streitpatents neuheitsschädlich offenbart gesehen.

III.

Als Unterlegene hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 [X.], 709 ZPO.

Meta

4 Ni 6/11 (EP)

10.01.2012

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 10.01.2012, Az. 4 Ni 6/11 (EP) (REWIS RS 2012, 10308)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10308


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZR 32/12

Bundesgerichtshof, X ZR 32/12, 23.05.2013.


Az. 4 Ni 6/11 (EP)

Bundespatentgericht, 4 Ni 6/11 (EP), 10.01.2012.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

X ZR 32/12 (Bundesgerichtshof)

Nichtigkeit eines Europäischen Patents: Fehlende erfinderische Tätigkeit


X ZR 32/12 (Bundesgerichtshof)


4 Ni 5/11 (EP) (Bundespatentgericht)


X ZR 21/12 (Bundesgerichtshof)

Patentnichtigkeitsverfahren: Erforderlichkeit des Vortrags weiterer Angriffsmittel durch den Nichtigkeitskläger; Zulässigkeit der erstmals in der Berufungsinstanz …


X ZR 21/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.