Bundesarbeitsgericht, EuGH-Vorlage vom 25.02.2015, Az. 5 AZR 962/13 (A)

5. Senat | REWIS RS 2015, 14943

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Gegenstand

Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit - Anwendbarkeit der EGV 593/2008


Leitsatz

1. Zur Anwendung der Rom I-Verordnung auf Arbeitsverhältnisse, die durch einen vor dem 17. Dezember 2009 unterzeichneten Arbeitsvertrag begründet wurden.

2. Zur Bedeutung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union für die Rechtsprechung der Mitgliedstaaten.

Tenor

I. Dem [X.] werden gemäß Art. 267 A[X.] folgende Fragen vorgelegt:

1. Findet die [X.] I-VO nach Art. 28 auf Arbeitsverhältnisse ausschließlich dann Anwendung, wenn das Rechtsverhältnis durch einen nach dem 16. Dezember 2009 vereinbarten Arbeitsvertrag begründet worden ist, oder führt jeder spätere Konsens der Vertragsparteien, ihr Arbeitsverhältnis verändert oder unverändert fortzusetzen, zur Anwendbarkeit der Verordnung?

2. Schließt Art. 9 Abs. 3 [X.] I-VO allein die direkte Anwendung von Eingriffsnormen eines [X.] aus, in dem die durch den Vertrag begründeten Verpflichtungen nicht erfüllt werden sollen oder erfüllt worden sind, oder auch die mittelbare Berücksichtigung im Recht des Staates, dessen Recht der Vertrag unterliegt?

3. Kommt dem in Art. 4 Abs. 3 [X.] verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit rechtliche Bedeutung für die Entscheidung nationaler Gerichte zu, Eingriffsnormen eines anderen Mitgliedstaats unmittelbar oder mittelbar anzuwenden?

[X.] Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs ausgesetzt.

Gründe

1

A. Gegenstand des Ausgangsverfahrens:

2

Im Ausgangsverfahren fordert der als Lehrer an der von der beklagten [X.] getragenen [X.] Volksschule in [X.] beschäftigte Kläger weitere Vergütung für den Zeitraum Oktober 2010 bis Dezember 2012 sowie Lohnabrechnungen. Die beklagte [X.] kürzte in diesem Zeitraum die zuvor in Anlehnung an [X.] Tarifrecht geleistete Bruttovergütung des [X.] unter Berufung auf die [X.] Gesetze [X.]r. 3833/2010 und [X.]r. 3845/2010 um insgesamt 20.262,32 Euro. Im deswegen eingeleiteten Rechtsstreit hat die auf Zahlung in Anspruch genommene [X.] [X.] geltend gemacht, sie sei mit dem Erlass dieser Gesetze den mit der [X.], der [X.] ([X.]) und dem [X.] ([X.]), also der Troika, getroffenen Vereinbarungen nachgekommen. Ihr sei keine Wahlmöglichkeit eröffnet gewesen. Die Gesetze [X.]r. 3833/2010 und [X.]r. 3845/2010 wirkten unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis des [X.] ein und führten ohne jeden weiteren Umsetzungsakt zu einer Verminderung seiner Vergütungsansprüche. Für das [X.] ist es streitentscheidend, ob diese [X.] Gesetze auf das in der [X.] zu erfüllende und [X.] Recht unterliegende Arbeitsverhältnis unmittelbar oder mittelbar Anwendung finden. Dabei ist in erster Linie zu klären, ob das im Jahr 1996 begründete und jedenfalls bis Ende 2012 fortgesetzte Arbeitsverhältnis der Parteien dem Geltungsbereich der [X.] I-VO oder des alten Internationalen Privatrechts ([X.]) [X.] (Art. 27 ff. EGBGB aF) unterfällt. Sollte Art. 9 [X.] I-VO Anwendung finden, sind Bedeutung und Tragweite der Ausnahmebestimmung des Art. 9 Abs. 3 ROM I-VO klärungsbedürftig. Des Weiteren bedarf es der Auslegung des in Art. 4 Abs. 3 [X.] verankerten Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei Anwendung von Eingriffsnormen anderer Mitgliedstaaten.

3

B. Rechtlicher Rahmen

4

Das [X.] war bis zum Inkrafttreten der [X.] I-VO in den Art. 27 ff. des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) geregelt und fand auch auf Arbeitsverhältnisse Anwendung. Zu Eingriffsnormen enthielt Art. 34 EGBGB folgende Bestimmung:

        

„Dieser Unterabschnitt berührt nicht die Anwendung der Bestimmungen des [X.] Rechts, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln.“

5

Die Anwendung ausländischer Eingriffsnormen wurde durch diese [X.]orm nicht ausgeschlossen und bestimmte sich nach Rechtsprechung und Lehre. In groben Zügen bedeutete dies, dass drittstaatliche Eingriffsnormen zumindest als tatsächliche Umstände im Rahmen ausfüllungsbedürftiger Rechtsnormen berücksichtigt werden konnten (vgl. zB [X.] 22. Juni 1972 - II [X.] - zu II der Gründe, [X.]Z 59, 82; 17. [X.]ovember 1994 - III ZR 70/93 - zu II 2 e bb der Gründe, [X.]Z 128, 41; [X.]/[X.] 5. Aufl. Einl. [X.] Rn. 609).

6

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) findet auch auf Arbeitsverhältnisse Anwendung. Es enthält in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung ua. folgende Regelungen:

        

„§ 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis

        

(1) [X.] des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

        

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.“

7

Im Rahmen ihrer Schuldenkrise erließ die [X.] [X.] zum Schutz der nationalen Wirtschaft das Gesetz [X.]r. 3833/2010 über dringende Maßnahmen zur Bewältigung der Krise der Staatsfinanzen, das in den hier wiedergegebenen Teilen zum 1. Januar 2010 in [X.] gesetzt wurde ([X.] der [X.] [X.] Teil I Blatt [X.]r. 40 vom 15. März 2010). [X.]ach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des [X.]ormtextes enthält es ua. folgende Regelungen:

        

„Artikel 1

        

Kürzung der Bezüge im weiteren öffentlichen Sektor

        

§ 2     

        

Die Zulagen jeder Art, die Entschädigungen und Entgelte im allgemeinen, sowie alles mit jeder anderen Bezeichnung Bestimmte und alles in welcher auch immer allgemeinen oder besonderen Bestimmung Vorgesehene für die Amtsträger und Angestellten der öffentlichen Hand, der juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der kommunalen Gebietskörperschaften, der ständigen Mitglieder der Streitkräfte und der [X.] Polizei sowie auch der Feuerwehr und der [X.] werden um einen Anteil von zwölf vom Hundert (12%) gekürzt.

        

Die Zulagen der Paragraphen A3 der Art. 30 und 33 des [X.] ([X.] 297 Teil A) in der geltenden Fassung, werden um einen Anteil von zwanzig vom Hundert (20%) gekürzt und die Zulagen für [X.], [X.] und Urlaub werden um einen Anteil von dreißig vom Hundert (30%) gekürzt.

        

Die Bestimmungen des vorliegenden Paragraphen werden auch auf das Personal angewendet, welches sich in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis mit der öffentlichen Hand, den juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der kommunalen Gebietskörperschaften, den Streitkräften, der [X.] Polizei, der Feuerwehr und der [X.] befindet und haben Vorrang vor jeder allgemeinen oder besonderen Bestimmung oder Klausel oder Bedingung eines Tarifvertrags, eines Schiedsspruchs oder eines Arbeitsvertrags oder einer (sonstigen) Vereinbarung.

        

…       

        

§ 4     

        

Bei dem Personal mit einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis des § 2, auf welches die Bestimmungen des [X.] nicht anzuwenden sind, sind von der in § 2 vorgesehenen Kürzung die Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen, sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen. Wenn an das vorgenannte Personal keine Zulagen, Entschädigungen oder Entgelte im Sinn des ersten Absatzes des § 2 des vorliegenden (Artikels) geleistet werden, sind die Bezüge jeder Art um sieben vom Hundert (7%) zu kürzen.“

8

Darüber hinaus erließ die [X.] [X.] das Gesetz [X.]r. 3845/2010 über Maßnahmen für die Anwendung des Stützungsmechanismus für die [X.] Wirtschaft von Seiten der Mitgliedsländer der [X.] und des [X.], das in den hier wiedergegebenen Teilen zum 1. Juni 2010 in [X.] gesetzt wurde ([X.] der [X.] [X.] Teil I Blatt [X.]r. 65 vom 6. Mai 2010). [X.]ach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des [X.]ormtextes enthält es ua. folgende Regelungen:

        

„Dritter Artikel

        

Maßnahmen für die Kürzung der öffentlichen Ausgaben

        

§ 3     

        

Bei dem Personal mit einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis des § 2 des Artikels 1 des [X.], auf welches die Bestimmungen des [X.] nicht anzuwenden sind, sind von der in § 1 vorgesehenen Kürzung die Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen, sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen. Wenn an das vorgenannte Personal keine Zulagen, Entschädigungen oder Entgelte im Sinn des § 1 geleistet werden, sind die Bezüge jeder Art um drei vom Hundert (3%) zu kürzen. Die ordentlichen Bezüge, die Zulagen, Entschädigungen und Entgelte im allgemeinen, sowie alles mit jeder anderen Bezeichnung Bestimmte und alles in welcher auch immer allgemeinen oder besonderen Bestimmung oder Klausel oder Bedingungen eines Tarifvertrags, eines Schiedsspruchs oder eines Arbeitsvertrags oder einer (sonstigen) Vereinbarung vorgesehene für ausnahmslos alle Arbeitstätigen bei Rechtsträgern des ersten Absatzes des § 5 des Art. 1 des [X.] in der geltenden Fassung, werden um einen Anteil von drei vom Hundert (3%) gekürzt.

        

Von der Kürzung des vorausgegangenen Absatzes sind ausgenommen die Zulagen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen.“

9

C. Erforderlichkeit der Entscheidung des [X.]

Das [X.] verneint im Hinblick auf die Tätigkeit des [X.] als Lehrer im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis eine Staatenimmunität [X.] und bejaht die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte nach Art. 18 Abs. 1, Art. 19 [X.]r. 2 a) EuGVVO. Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich nach [X.] Recht, das - für sich betrachtet - die von der Beklagten vorgenommenen Entgeltkürzungen ohne Änderungsvertrag oder Änderungskündigung nicht zulässt. Deshalb ist entscheidungserheblich, ob die [X.] Gesetze [X.]r. 3833/2010 und [X.]r. 3845/2010 als drittstaatliche Eingriffsnormen auf das Arbeitsverhältnis der Prozessparteien unmittelbar oder mittelbar Anwendung finden. Diese Gesetze sehen zwingend die Kürzung der Gehälter aller Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes der [X.] [X.] vor, unabhängig davon, ob diese in [X.] oder in einem anderen Staat beschäftigt werden. Die unter B. wiedergegebenen Regelungen über die Kürzung der Bezüge der Staatsbediensteten sind zwingend. Sie beanspruchen Geltung gegenüber jedermann, lassen keine Ausnahmen zu und erfüllen die Anforderungen an Eingriffsnormen iSd. [X.]. Für das [X.] stellt sich die Frage, nach welchem Recht über die Anwendung der Gesetze [X.]r. 3833/2010 und [X.]r. 3845/2010 als drittstaatliche Eingriffsnormen zu entscheiden ist. Insbesondere ob Art. 9 [X.] I-VO heranzuziehen ist. Darüber hinaus ist offen, ob bei Anwendbarkeit der [X.] I-VO die bisherige nationale Praxis der zumindest mittelbaren Anwendung drittstaatlicher Eingriffsnormen in begründeten Fällen aufrechterhalten werden kann. Wegen des besonderen Ranges der in Art. 4 [X.] verankerten Loyalitätspflicht der Mitgliedstaaten ist für das [X.] des Weiteren offen, ob im Falle der Existenzgefährdung eines anderen Mitgliedstaats die Anwendung der zu deren Abwendung erlassenen [X.]ormen als drittstaatliche Eingriffsnormen unionsrechtlich gefordert ist.

Zur Frage 1

Gemäß Art. 28 [X.] I-VO wird diese Verordnung auf Verträge angewendet, die ab dem 17. Dezember 2009 „geschlossen“ werden. Im [X.] Schrifttum wird diese Regelung dahin verstanden, es komme auf den Zeitpunkt des Konsenses der Vertragsparteien an (vgl. [X.]/[X.] 6. Aufl. Art. 28 [X.] I-VO Rn. 4; [X.]/[X.] BGB 74. Aufl. [X.] I-VO 28 Rn. 2). Diese Interpretation der unionsrechtlichen Regelung ist zumindest für Arbeitsverhältnisse mehrdeutig, zumal innerhalb der [X.] andere Zeitpunkte vertreten werden könnten. So ist in der Geschichte des [X.] Arbeitsrechts die Begründung von Arbeitsverhältnissen in ganz unterschiedlicher Weise begriffen worden (vgl. [X.] [X.]JW 1996, 1710). Zu nennen sind verschiedene Spielarten von Eingliederungstheorien (vgl. [X.] und Arbeitsverhältnis 1999, S. 226 ff.), die im Gegensatz zu [X.] standen (vgl. [X.] 16. Februar 2000 - 5 [X.] - zu II 2 b bb der Gründe, [X.]E 93, 310; von [X.] Der arbeitsrechtliche [X.] FS [X.] 1994 S. 1135 ff.). Deshalb bedarf es nach Auffassung des Senats einer unionseinheitlichen Klärung, wie das Merkmal „geschlossen“ auszulegen ist. Vor allem bedarf es der Klärung, wie diese Bestimmung im Falle langfristiger Arbeitsverhältnisse auszulegen ist. Denn würde allein auf den erstmaligen Vertragsschluss abgestellt, hätte diese Interpretation zur Folge, dass auf ein vor dem 17. Dezember 2009 begründetes Arbeitsverhältnis womöglich auf Jahrzehnte noch das alte [X.] des Mitgliedstaats Anwendung fände. Würde man nicht allein auf den Akt der erstmaligen Begründung des Arbeitsverhältnisses abstellen, bliebe zu beantworten, ob und ggf. welche vom Konsens der Vertragsparteien getragenen Änderungen des Arbeitsverhältnisses zur Anwendbarkeit der [X.] I-VO führen können. [X.] ist die vertragliche Änderung der Bruttovergütung oder der Arbeitspflicht als möglicher Anknüpfungspunkt in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus könnte die Fortsetzung der Arbeitsleistung nach einem Vertragsbruch oder einer anderen Unterbrechung der Vertragserfüllung als Fortsetzung der betrieblichen Eingliederung des Arbeitnehmers herangezogen werden, um die Anwendbarkeit der [X.] I-VO auszulösen.

Sollte die [X.] I-VO im Ausgangsfall nicht gelten, weil die letzte schriftliche Änderung des Arbeitsvertrags bereits 2008 vereinbart wurde, kämen die Art. 27 ff. EGBGB aF zur Anwendung. Dies würde eine Berücksichtigung [X.]r Eingriffsnormen bei der Interpretation von Leistungstreue- und Leistungsnebenpflichten des Arbeitnehmers (§ 241 Abs. 2 BGB) erlauben.

Zur Frage 2

Gemäß Art. 9 Abs. 3 [X.] I-VO kann den Eingriffsnormen des Staates, in dem die durch den Vertrag begründeten Verpflichtungen erfüllt werden sollen oder erfüllt worden sind, Wirkung verliehen werden, soweit diese Eingriffsnormen die Erfüllung des Vertrags unrechtmäßig werden lassen. Im Ausgangsfall liegt der Erfüllungsort nicht in [X.], sondern in [X.]. Ist Art. 9 [X.] I-VO nach seinem zeitlichen Geltungsbereich anwendbar, bedarf es der Klärung, ob Art. 9 Abs. 3 [X.] I-VO eine abschließende Wirkung in dem Sinne zukommt, dass nur noch Eingriffsnormen des [X.] des Vertrags Anwendung finden können oder - nach wie vor - ausländische Eingriffsnormen mittelbar berücksichtigt werden dürfen. Eine solche materiell-rechtliche Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen wird im [X.] Schrifttum auch unter Geltung von Art. 9 Abs. 3 [X.] I-VO vertreten (vgl. [X.]/v. [X.] 6. Aufl. Einl. [X.] Rn. 289; [X.] Internationales Arbeitsrecht 2013 § 10 Rn. 161; [X.]/Hohloch BGB 14. Aufl. EGBGB [X.]. III Art. 9 [X.]-I Rn. 27; Freitag [X.]ax 2009, 109; Thomale [X.]ax 2013, 375; [X.]/[X.] BGB 74. Aufl. [X.] I 9 Rn. 14; aA Wagner [X.]ax 2008, 1, 15).

Zur Frage 3

Wenn auf den Streitfall Art. 27 ff. EGBGB aF Anwendung finden oder Art. 9 Abs. 3 [X.] I-VO der Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen nicht entgegensteht, könnte es der in Art. 4 Abs. 3 [X.] verankerte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten nationalen Gerichten gebieten, Eingriffsnormen anderer Mitgliedstaaten Wirkung zu verschaffen. Selbst wenn Art. 9 Abs. 3 [X.] I-VO deren Berücksichtigung entgegenstünde, könnte aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 [X.] Abweichendes folgen. Die Achtung der loyalen Zusammenarbeit und gegenseitigen Unterstützung der [X.] und ihrer Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, die sich aus den Verträgen ergeben (Art. 4 Abs. 3 Satz 1 [X.]), könnte sich auch auf die Umsetzung der von der [X.] [X.] mit der [X.], der [X.] ([X.]) und dem [X.] ([X.]), also der Troika, getroffenen Vereinbarungen durch nationale Gesetze erstrecken. Denn die Gesetze [X.]r. 3833/2010 und [X.]r. 3845/2010 dienen der Umsetzung der mit der [X.] [X.] anlässlich der Kreditvergabe getroffenen Vereinbarungen. Damit soll die [X.] [X.] ihren nach Art. 119 ff. A[X.] (insbesondere Art. 126 A[X.]) bestehenden, durch den Rat der Europäischen [X.] konkretisierten Verpflichtungen nachkommen. Der an [X.] gerichtete, auf Art. 126 Abs. 9 und Art. 136 A[X.] gestützte Beschluss des Rates der Europäischen [X.] vom 8. Juni 2010 betreffend die Ausweitung und Intensivierung der haushaltspolitischen Überwachung zwecks Beendigung des übermäßigen Defizits (2010/320/[X.] - ABl. [X.] L 145 vom 11. Juni 2010 S. 6) nimmt Bezug auf die zuvor mit [X.] getroffenen Vereinbarungen und fordert von [X.] Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Es liegt deshalb nahe anzunehmen, der in Art. 4 Abs. 3 [X.] verankerte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit finde auf die zur Umsetzung dieser Vorgaben notwendigen Maßnahmen Anwendung. Die Loyalitätspflicht könnte es erfordern, [X.] bei der Umsetzung der durch die [X.]sorgane geforderten Schritte umfassend durch Berücksichtigung der [X.] Gesetze innerhalb des [X.] Rechts zu unterstützen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Zorn    

                 

Meta

5 AZR 962/13 (A)

25.02.2015

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Nürnberg, 30. März 2012, Az: 10 Ca 59/11, Urteil

Art 267 AEUV, Art 28 EGV 593/2008, Art 9 Abs 3 EGV 593/2008, Art 27 BGBEG, Art 27ff BGBEG, Art 4 Abs 3 S 1 EUVtr 2008, Art 126 Abs 9 AEUV, Art 136 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, EuGH-Vorlage vom 25.02.2015, Az. 5 AZR 962/13 (A) (REWIS RS 2015, 14943)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14943

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