Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.10.2011, Az. V ZR 10/11

5. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2108

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Gegenstand

Grundbuchverfahrensrecht: Erlöschen einer im Servitutenbuch einer württembergischen Gemeinde eingetragenen und nicht auf das neue Grundbuchblatt übertragenen Dienstbarkeit infolge Außerkrafttretens der von der GBO abweichenden landesrechtlichen Vorschriften


Leitsatz

1. Auch eine im Servitutenbuch einer württembergischen Gemeinde eingetragene Dienstbarkeit muss auf einem gemäß §§ 4 ff. GBV neu angelegten Grundbuchblatt als Belastung eingetragen sein. Ist sie auf das neue Grundbuchblatt nicht übertragen worden, gilt sie nach dem in § 46 Abs. 2 GBO bestimmten Grundsatz als gelöscht (wenngleich materiell-rechtlich weiterbestehend).

2. Aufgrund der Verweisung auf Art. 55 EGBGB in § 142 Abs. 2 GBO sind von der Grundbuchordnung abweichende landesrechtliche Vorschriften außer Kraft getreten. Die Grundbuchordnung enthält keinen Vorbehalt, der es erlaubte, nach §§ 4ff. GBV angelegte Grundbücher nach landesrechtlichen Vorschriften in Verbindung mit einem anderen Register als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu führen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 8. Dezember 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind [X.] in [X.]     (Württemberg).

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des bebauten Grundstücks [X.] (früher 38). In einem Vermessungsplan aus dem Jahr 1832 ist der Parzelle, auf der ihr [X.]äude steht, die Nummer 212 zugewiesen worden. Das Eigentum an dem Grundstück ist ihr im Jahr 2009 von ihrem Ehemann übertragen worden, der dieses seinerseits im Jahre 1985 durch Rechtsgeschäft erworben hatte. Die Beklagten sind Eigentümer des bebauten Nachbargrundstücks [X.] (früher 40), im Vermessungsplan aus dem Jahre 1832 mit der Nummer 211 bezeichnet. Die Beklagten nutzen eine zwischen den [X.]äuden befindliche Einfahrt, die zum Teil auf dem Grundstück der Klägerin liegt.

3

Auf dem Grundbuchblatt des Grundstücks der Klägerin, Grundbuch von [X.].   Nr. 102, ist im Bestandsverzeichnis folgendes eingetragen:

"Recht zur Einmündung [X.] in die gemeinschaftliche Dohle zwischen [X.]. 38 und 40 [X.]aße; s. [X.]. [X.], den 3. August 1955."

4

Auf dem Grundbuchblatt des Grundstücks der Beklagten, Grundbuch von [X.].   Nr. 13, ist im Bestandsverzeichnis u.a. vermerkt:

"Mitbenutzungsrecht der gemeinschaftlichen Zufahrt zwischen [X.]. 211 und 212, siehe [X.]. [X.]. 40"

und in der Abteilung II eingetragen:

"Die zwischen [X.]. 211 und 212 bestehende Zufahrt und die darunter befindliche Dohle ist von dem Besitzer [X.]. 211 und 212a gemeinschaftlich zu unterhalten, der Besitzer von [X.]. 212 darf seine [X.] in die vorgenannte Dohle einmünden lassen, siehe [X.].[X.]. 40. Mitübertragen, den 19. Juli 1951."

5

Auf der Seite 40 des [X.]itutenbuchs ist folgendes eingetragen:

"Nach dem [X.]. Vertrag vom 22. Juni 1895 ist die zwischen [X.]. [X.]. 211 + 212. hergestellte Dohle und die darüber angebrachte gemeinschaftliche Einfahrt von dem jeweiligen Besitzer von [X.]. [X.]. 211 + 212. A. gemeinschaftlich zu unterhalten und zwar erstere auf ihre ganze Ausdehnung vom Ortsweg [X.]. 1 bis zum Auslauf zwischen [X.]. 41 + 42.

Der Besitzer von [X.]. [X.]. 211. darf seine [X.] in die hiervor erwähnte Dohle einmünden lassen.

Ein etwaiger durch Benützung der gemeinschaftlichen Zufahrt dem [X.]. [X.]. 212. zugefügter [X.]aden ist von demjenigen, welcher solchen verursacht wieder ausbessern zu lassen."

6

Über das Zufahrtsrecht kam es zwischen den Parteien zum Streit. Im Jahre 2001 schlossen der Ehemann der Klägerin als damaliger Eigentümer, der Beklagte zu 1 und die seinerzeitigen weiteren Eigentümer des Grundstücks [X.] folgenden Vergleich:

"1. Die Antragsteller Ziffer 1 bis 3 [der Beklagte zu 1 und die damaligen Miteigentümer] sichern zu, dass die zwischen den [X.]äuden Nr. 58 und 60 der [X.]. in [X.].   gelegene Zufahrt nur für private Zwecke genutzt wird.

2. …

3. Die zum [X.]äude Nr. 60 gehörende [X.]eune wird saniert und bleibt in den Ausmaßen bestehen. Sie wird später maximal von 2 Kraftfahrzeugen genutzt werden.

4. Im Gegenzug verpflichtet sich der Antragsgegner [der Ehemann der Klägerin] den in der Einfahrt errichteten Pfosten noch heute zu beseitigen und nicht wieder aufzustellen.

5. (Kosten)."

7

Die Klägerin hat nach dem Erwerb des Eigentums gegen die Beklagten Klage mit dem Antrag erhoben, es zu unterlassen, ihr Grundstück im Bereich der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu befahren, Fahrzeuge dort abzustellen oder [X.] das Befahren oder Abstellen von Fahrzeugen zu gestatten. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

I.

8

Das Berufungsgericht bejaht den Unterlassungsanspruch. Die Klägerin sei nicht verpflichtet, die Mitbenutzung des in ihrem Eigentum stehenden Teils der gemeinsamen Einfahrt zu dulden, weil ihr Ehemann das Grundstück gutgläubig lastenfrei, ohne das auf Seite 40 des [X.]s vermerkte - wie immer geartete - Wegerecht erworben habe.

9

Ausschlaggebend sei, dass ein solches Wegerecht in dem Grundbuch des Grundstücks der Klägerin nicht eingetragen sei. Die Verweisung auf das [X.] reiche nämlich nur so weit, wie ihr Inhalt gehe. Vorliegend beschränke sich der Verweis auf das Einmündungsrecht in die gemeinsame Dohle, so dass im Grundbuch nicht der gesamte Inhalt der Eintragungen auf Seite 40 des [X.]s in Bezug genommen worden sei.

Der im Jahr 2001 abgeschlossene Vergleich verpflichte die Klägerin ebenfalls nicht zur Duldung der Mitbenutzung, da sie nicht [X.] gewesen sei. Die Klägerin sei allein durch den Umstand, dass sie bei der Übertragung des Grundstücks von ihrem Ehemann Kenntnis von dem Vergleich gehabt habe, gegenüber den Beklagten nicht verpflichtet, die Mitbenutzung ihres Grundstücks zu dulden.

II.

Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Nicht zu beanstanden ist die Annahme, dass der Unterlassungsanspruch (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.]) nicht nach § 1004 Abs. 2 [X.] wegen einer altrechtlichen Dienstbarkeit ausgeschlossen ist. Ein Mitbenutzungsrecht an der Einfahrt aus einem [X.] besteht entgegen der Auffassung der Revision nicht (mehr).

a) Nach den Eintragungen im [X.] ist allerdings davon auszugehen, dass durch den dort erwähnten [X.]envertrag aus dem Jahre 1895 ein Recht begründet wurde, nach dem der jeweilige Eigentümer des den Beklagten gehörenden Grundstücks die gemeinschaftliche Einfahrt, auch soweit sich diese auf dem Grundstück der Klägerin befindet, mitbenutzen durfte.

Nach Art. 184 Satz 1 EG[X.] bestimmen sich Entstehung und Inhalt vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs begründeter beschränkter dinglicher Rechte nach dem jeweiligen Landesrecht (Senat, Urteil vom 24. Januar 1964 - [X.], [X.], 63, 64), in diesem Fall also nach dem im damaligen [X.] geltenden Zivilrecht.

Nach diesem konnte ein - inhaltlich einer Grunddienstbarkeit nach § 1018 [X.] entsprechende - [X.] durch vertragliche Einigung der Eigentümer mit Zustimmung des Gemeinderats begründet werden ([X.], Handbuch des im [X.] geltenden Sachenrechts, 2. Aufl. [1893], 1. Teil, [X.], 404; [X.], Justiz, 1968, 140).

Auf Grund der Umstände, dass im Jahre 1895 ein [X.]envertrag zwischen den damaligen Eigentümern der benachbarten Gebäude über einen gemeinschaftlichen Wasserkanal (Dohle) und eine darüber befindliche gemeinschaftliche Einfahrt abgeschlossen und die vertragliche Einigung in das [X.] der Gemeinde eingetragen wurde, ist hier davon auszugehen, dass ein Recht zur Mitbenutzung des (auf dem jeweils anderen Grundstück befindlichen Teils) der gemeinschaftlichen Einfahrt durch eine Dienstbarkeit abgesichert wurde. Einer solchen Absicherung bedurfte es nach dem damaligen Recht, weil Abstände zwischen zwei bebauten Grundstücken nur bis zu der herkömmlichen Breite von ein bis zwei Fuß im Zweifel als gemeinschaftlich galten ([X.], aaO, S. 176), an der beide Nachbarn zu Besitz und Nutzung berechtigt waren. Die - auch als Durchfahrt für Fahrzeuge geeignete - Einfahrt zwischen den Häusern der Parteien ist breiter.

b) Eine im [X.] eingetragene Dienstbarkeit bestand auch nach dem 1. Januar 1900 fort, wenn im Grundbuch nur der Verweis auf das [X.], aber nicht die Art der Belastung (hier eines Leitungs- und Wegerechts) vermerkt worden war. Die Revision verweist zu Recht auf die - von dem Berufungsgericht nicht erörterten - einschlägigen reichs- und landesrechtlichen Regelungen anlässlich der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

aa) Nach § 87 Satz 1 der Grundbuchordnung vom 24. März 1897 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 ([X.]. 1898, S. 754) konnte durch landesherrliche Verordnung bestimmt werden, dass ein oder mehrere bisher geführte Bücher für sich allein oder zusammen mit einem neuen Buch oder mehreren neuen Büchern als Grundbuch gelten sollen. Von diesem Vorbehalt machte das [X.] durch die Verordnung betreffend das Grundbuchwesen vom 30. Juli 1899 ([X.]. [X.]) Gebrauch. Nach § 1 Satz 1 der Verordnung galten vom 1. Januar 1990 an die in den Gemeinden bisher geführten Güterbücher, [X.]enbücher und Unterpfandsbücher für den Grundbuchamtsbezirk als Grundbuch mit der Maßgabe, dass das Güterbuch als Hauptbuch anzusehen war, wodurch diesen Eintragungen - abweichend vom früheren Recht - auch die nunmehr in § 891 [X.] bestimmte Vermutungswirkung zukam ([X.], Das [X.] zum Bürgerlichen Gesetzbuch [1900], [X.]). Die in den Gemeinden geführten [X.]enbücher konnten mit Genehmigung des Amtsgerichts auch bei der - grundsätzlich vorgesehenen - Herstellung neuer Grundbücher durch Umschreibung gemäß § 5 der Verordnung - nach § 8 Abs. 2 weiter geführt werden. In diesem Falle bildete nach § 9 Abs. 1 das neu angelegte [X.] zusammen mit den nicht übernommenen Eintragungen in dem bisherigen [X.] das Grundbuch für das Grundstück im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

bb) Die im [X.] eingetragenen Dienstbarkeiten mussten allerdings nach § 8 Abs. 3 der Verordnung auch in diesem Fall in den Grundbüchern durch einen Verweis auf die Eintragungen im [X.] vermerkt werden. Die Verordnung enthielt insoweit eine nach Art. 187 Abs. 2 Satz 1 EG[X.] zulässige Abweichung von der Vorschrift in Art. 187 Abs. 1 Satz 1 EG[X.], nach der vor dem 1. Januar 1900 bestehende Grunddienstbarkeiten zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung in das Grundbuch bedürfen. War kein Verweis eingetragen, galt das [X.] nach § 46 Abs. 2 [X.] infolge Nichtübertragung auf das neu angelegte [X.] als gelöscht ([X.], Justiz 1968, 140; [X.]/Hammel, Baden-Württembergisches Landesgesetz über die freiwilligen Gerichtsbarkeit, 4. Aufl., § 31 [X.] Rn. 3), wie wohl es materiell-rechtlich weiterbestand.

cc) Weitere Anforderungen waren an den Verweis im Grundbuch auf das [X.] jedoch nicht zu stellen, weil - worauf die Revision zu Recht verweist - dadurch der gesamte Inhalt der im [X.] vorhandenen Eintragungen in Bezug genommen worden war. Zwar bestimmte § 41 Abs. 4 der zur Ausführung der vorstehend genannten Verordnung erlassenen Verfügung des [X.] vom 2. September 1899 (Amtsblatt des Königlich Württembergischen [X.], [X.]), dass im Falle der Beibehaltung des [X.]s und des Verweises nach § 8 Abs. 3 der Verordnung auch die Art der Grunddienstbarkeit kurz angegeben werden sollte. Hierbei handelte es sich aber lediglich um eine Sollvorschrift. Da das [X.] nicht Grundakte, sondern zusammen mit dem neu angelegten Grundbuch das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs war, bedurfte es für die Wirksamkeit der Buchung keiner schlagwortartigen Angabe des Wesenskerns der Grunddienstbarkeit im Grundbuch, wie es bei einer Bezugnahme auf eine Eintragungsbewilligung nach § 874 [X.] zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts erforderlich ist (dazu Senat, Beschluss vom 22. September 1961 - [X.], [X.], 378, 382; Urteil vom 29. September 2006 - [X.], Rpfleger 2007, 34, 35).

c) Die Revision ist jedoch in diesem Punkt deswegen unbegründet, weil sie nicht berücksichtigt, dass das von ihr zitierte Landesrecht nach der Änderung der Grundbuchordnung durch die Verordnung zur Änderung des Verfahrens in [X.] vom 5. August 1935 ([X.]. I 1035) auf die Buchung von Dienstbarkeiten auf den danach neu angelegten [X.] nicht mehr anzuwenden ist.

Aufgrund der Verweisung auf Art. 55 EG[X.] in § 116 Abs. 2 [X.] aF (jetzt § 142 Abs. 2) sind alle von der Grundbuchordnung abweichenden landesrechtlichen Vorschriften außer [X.] getreten, soweit nicht in der Grundbuchordnung oder in der Änderungsverordnung etwas anderes bestimmt worden ist (Briesemeister in [X.], 6. Aufl., [X.], § 135 Rn. 11; [X.], [X.], 27. Aufl., § 142 Rn. 10; Meikel/Böhringer, [X.], 10. Aufl., § 135 Rn. 25; [X.]/[X.] in Hügel, [X.], 2. Aufl., § 143 Rn. 8).

Einen Vorbehalt, der es erlaubt hätte, auch die nach Maßgabe der Grundbuchordnung neu angelegten Grundbuchblätter nach landesrechtlichen Vorschriften - wie bisher - in Verbindung mit einem anderen Register als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu führen, gibt es nicht. Zwar gestatten die §§ 119, 120 [X.] aF (jetzt §§ 145, 146 [X.]) die Fortführung der bisherigen, auch der aus mehreren Büchern bestehenden Grundbücher. Wenn jedoch Grundbuchblätter nach dem Inkrafttreten der geänderten Grundbuchordnung am 1. April 1936 unter Verwendung des neuen Vordrucks neu angelegt werden, ist das frühere Landesrecht nicht mehr anzuwenden. Eintragungen auf den nach § 67 [X.] aF (jetzt § 104 [X.]) umgeschriebenen Grundbüchern sind nur nach Maßgabe der Grundbuchverfügung vorzunehmen (vgl. [X.] 1987, 121, 132; [X.], [X.], § 145 Rn. 6; [X.]/Saage/[X.], [X.], 2. Aufl., § 68 [X.] Rn. 1; [X.] in v. Oefele/[X.], [X.], 2. Aufl., § 138 Rn. 6). Für die Eintragung einer altrechtlichen Grunddienstbarkeit, die unter Geltung der Grundbuchordnung vorgenommen wird, sind nunmehr deren Vorschriften maßgebend (vgl. [X.] 1953, 80, 86; 1967, 397, 401 und [X.] 1980, 103, 105). Gemessen daran fehlt es hier an der Eintragung einer Grunddienstbarkeit für ein Wegerecht.

aa) Die Grundstücke der Parteien sind nach den vorgelegten Grundbuchauszügen auf neu angelegten [X.] gebucht worden; die auf das [X.] Bezug nehmenden Eintragungen stammen aus den Jahren 1955 (im Grundbuch der Klägerin) und 1951 (im Grundbuch der Beklagten). Das Mitbenutzungsrecht der Beklagten an der gemeinsamen Zufahrt ist nur als sog. Herrschvermerk in dem Bestandsverzeichnis des für ihr Grundstück angelegten [X.]s eingetragen, jedoch nicht auf dem Blatt des Grundstücks der Klägerin als Belastung gebucht worden. Auf diesem [X.] findet sich lediglich im Bestandsverzeichnis ein Herrschvermerk über das Recht des Eigentümers der [X.] zur Einmündung in die gemeinschaftliche Dohle, das auf dem [X.] des Grundstücks der Beklagten in der Abteilung II auch als Belastung gebucht ist. Danach fehlt es an der für eine Grunddienstbarkeit wesentlichen Buchung auf dem [X.] des belasteten Grundstücks (vgl. Meikel/[X.], [X.], Einl. [X.] Rn. 325).

bb) Das Fehlen der Eintragung des Wegerechts als Belastung wird nicht durch die Verweisung auf die Seite 40 des [X.]s bei dem Herrschvermerk für das Recht zur Einmündung der [X.] in dem Bestandsverzeichnis des [X.]s des Grundstücks der Klägerin ersetzt.

Dafür ist allerdings nicht entscheidend, dass ein Verweis auf das [X.] nur im Bestandsverzeichnis und nicht - wie in § 10 [X.] bestimmt - in der Abteilung II des Grundblatts des Grundstücks der Klägerin eingetragen worden ist. Eine Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Bestandsverzeichnis wäre zwar ordnungswidrig, berührte aber deren Wirksamkeit nicht ([X.] 1995, 413, 420). An der Eintragung des [X.]s fehlt es jedoch deswegen, weil aus den Buchungen auf dem [X.] des Grundstücks der Klägerin die Belastung durch ein Mitbenutzungsrecht des Nachbarn an der Zufahrt nicht einmal ansatzweise erkennbar wird und der Vorbehalt in § 146 [X.], dass mehrere Bücher als Grundbuch geführt werden können, nur für die gemäß §145 [X.] nach den bisherigen Bestimmungen, jedoch nicht für die nach der Grundbuchordnung geführten Grundbücher gilt.

Auch eine im [X.] eingetragene Dienstbarkeit muss danach auf einem neu angelegten [X.] als Belastung eingetragen sein. Ist sie auf das neue, nach §§ 4 ff. [X.] angelegte [X.] nicht übertragen worden, gilt sie nach dem in § 46 Abs. 2 [X.] bestimmten Grundsatz als gelöscht (vgl. Senatsurteil vom 8. April 1988 - [X.], [X.], 139, 143). Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn die Dienstbarkeit (weiter) im [X.] eingetragen ist.

cc) An dieser Rechtslage vermag der Hinweis der Revision auf § 21 der Verordnung des Baden-Württembergischen [X.] zur Ausführung des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit im Bereich des [X.] ([X.]O) vom 21. Mai 1975 (GBl. [X.] S. 398) nichts zu ändern. Nach dieser Vorschrift gelten die Eintragungen im [X.] als Teil des Grundbuchs. Da die Grundbuchordnung für die neu angelegten Grundbuchblätter keinen Vorbehalt für eine landesrechtliche Regelung enthält, ist diese Bestimmung nur noch auf die alten Grundbücher und im Übrigen allenfalls noch insoweit sinngemäß anzuwenden, als sich der Verweis auf das [X.] als eine nach § 874 [X.] zulässige Bezugnahme auf eine daraus ersichtliche Einigung über die Bestellung einer Grunddienstbarkeit darstellt. Ein solches Verständnis der Vorschrift des Landesrechts entspricht dem Gebot verfassungskonformer Auslegung, weil sie die Nichtigkeit der landesrechtlichen Regelung wegen eines Verstoßes gegen den Vorrang des Bundesrechts nach Art. 31 GG vermeidet (vgl. [X.] 121, 317, 349), der sich ansonsten daraus ergäbe, dass das einschlägige Bundes- und Landesrecht für dieselben Sachverhalte bei ihrer Anwendung zu unterschiedlichen Ergebnissen führten (vgl. [X.] 36, 342, 363).

d) Da das Grundbuch des Grundstücks der Klägerin keinen Hinweis auf eine Belastung durch ein Wegerecht der Grundstücksnachbarn enthält, war ein gutgläubig [X.] Erwerb nach § 892 Abs. 1 [X.] möglich. Danach ist die Grunddienstbarkeit erloschen, da eine Kenntnis des Ehemanns der Klägerin bei seinem Rechtserwerb von einem [X.] weder festgestellt noch vorgetragen worden ist.

Hat der Ehemann gutgläubig lastenfrei erworben, wurde das Eigentum ohne das Wegerecht auf die Klägerin übertragen. Eine etwaige eigene Kenntnis der Klägerin von der (erloschenen) [X.] ist ohne Bedeutung (vgl. [X.], 283, 284).

2. Das Berufungsurteil ist jedoch rechtsfehlerhaft, weil nach dem festgestellten Sachverhalt die Klägerin aus anderen Rechtsgründen zur Duldung des Befahrens der Zufahrt verpflichtet sein kann.

a) Die Klägerin ist nach § 921, § 922 Satz 1 [X.] zur (weiteren) Duldung der Zufahrt verpflichtet, wenn diese eine Grenzeinrichtung ist. Durch diese Vorschriften wird ein Recht zur Mitbenutzung gemeinschaftlicher Grenzeinrichtungen begründet. Mit den §§ 921, 922 [X.] ist im Bürgerlichen Gesetzbuch ein nachbarrechtliches Rechtsverhältnis bestimmt worden, wie es auch durch die Bestellung von entsprechenden Grunddienstbarkeiten begründet werden könnte (Motive zu dem Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Band III, [X.]). Diese Vorschriften sind auch auf Grenzanlagen anzuwenden, die schon vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestanden ([X.], 307, 311; [X.]/[X.], [X.] [2002], § 921 Rn. 1).

aa) Bei der als Zufahrt genutzten [X.] zwischen den Gebäuden kann es sich um eine Grenzeinrichtung im Sinne des § 921 [X.] handeln. Deren Kennzeichen ist, dass sie von der Grundstücksgrenze - nicht notwendigerweise in der Mitte - durchschnitten wird (Senat, Urteil vom 15. Oktober 1999 - [X.], [X.], 1, 3 mwN) und beiden Grundstücken nutzt, auf denen sie errichtet worden ist (Senat, Urteil vom 18. Mai 2001 - [X.], [X.], 1903, 1905).

Die Grundstücke haben nach dem Berufungsurteil eine gemeinsame Grundstücksgrenze. Eine Zufahrt, die von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird, kann eine Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 [X.] sein. Diese Vorschrift erfasst nicht nur die Anlagen, die nach ihrer Gestaltung und Lage die beiden Grundstücke voneinander scheiden (so die frühere Rechtsprechung: [X.], 200, 204), sondern auch andere, sich auf der Grenze befindende Einrichtungen, wenn diese dem Vorteil der benachbarten Grundstücke dienen (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - [X.], [X.], 139, 144).

Die für die Herstellung einer Grenzeinrichtung erforderliche Zustimmung des Nachbarn (vgl. Senat, Urteile vom 25. Mai 1984 - [X.], [X.], 282, 286 und vom 15. Oktober 1999 - [X.], [X.], 1, 5) liegt vor, wenn die Eigentümer der benachbarten Grundstücke - wie hier in dem [X.] dokumentiert - sich über die Errichtung und die Unterhaltung einer gemeinschaftlichen Zufahrt über der Grundstücksgrenze vertraglich geeinigt haben (vgl. [X.], [X.], 408, 409). Die Zustimmung des damaligen Eigentümers des Grundstücks der Klägerin zur Herstellung einer Einfahrt als Grenzeinrichtung begründete nunmehr das Mitbenutzungsrecht für die Beklagten nach § 921, § 922 Satz 1 [X.]. Die Klägerin wäre auch als Einzelrechtsnachfolgerin an die seinerzeit erteilte Zustimmung zur Anlage und zur Unterhaltung einer gemeinsamen Grenzeinrichtung gebunden ([X.] Urteil vom 16. Dezember 2002 - 9 U 122/02, Rn. 10 juris; [X.] 1998, 591, 592; [X.]/[X.], [X.], [2009], § 921 Rn. 9; [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., § 921 Rn. 2).

bb) [X.] ist jedoch noch nicht entscheidungsreif, weil die auf der Grundstücksgrenze befindliche Zufahrt nur dann eine Grenzeinrichtung im Sinne des § 921 [X.] ist, wenn sie für beide Grundstücke (also auch für das jetzt der Klägerin gehörende) vorteilhaft ist. Maßgebend dafür sind die Verhältnisse bei der Herstellung der Grenzanlage. Nachfolgende bauliche Änderungen an einem Gebäude, die für eines der Grundstücke zum Wegfall des Vorteils durch die Einfahrt führen (vgl. Senat, Urteil vom 9. November 1965 - [X.], [X.], 143, 144), sind ebenso wie eine Einstellung der Mitbenutzung durch einen der Eigentümer für das Mitbenutzungsrecht des Nachbarn an der Grenzeinrichtung ohne Bedeutung, da diese nach § 922 Satz 3 [X.] nicht ohne dessen Zustimmung beseitigt oder geändert werden darf, solange der Nachbar ein Interesse an ihr hat (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - [X.], [X.], 139, 145).

Ein Vorteil für das Grundstück der Klägerin liegt zwar nach den Umständen (dem Inhalt der Vereinbarung aus dem Jahre 1895 und den vorgelegten Lageplänen) nahe. Es fehlt jedoch - da die §§ 921, 922 [X.] bisher weder von den Parteien noch von den Gerichten in den Blick genommen worden sind - an Feststellungen dazu.

b) Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs des Eigentümers nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.] kann sich zudem als eine gegen Treu und Glauben (§ 242 [X.]) verstoßende, unzulässige Rechtsausübung darstellen.

aa) Die Unzulässigkeit einer Rechtsausübung ist von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Mai 1962 - [X.], [X.], 147, 152). Ein solcher Missbrauch der Eigentümerrechte kommt in Betracht, wenn das Eigentum an einem Grundstück auf den Ehegatten oder auf einen nahen Angehörigen zu dem Zweck übertragen wird, die "nur" schuldrechtlich begründeten Rechte des Nachbarn (hier auf Duldung der Mitbenutzung der Zufahrt) zu vereiteln (vgl. [X.], [X.], 856; [X.] 2005, 52, 53; vgl. [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., § 826 Rn. 47).

bb) Die tatrichterliche Würdigung des Vorbringens der Beklagten durch das Berufungsgericht stellt sich vor diesem Hintergrund als unvollständig dar. Sie lässt den von den Beklagten vorgetragenen Zweck der Übereignung unberücksichtigt, dass das Grundstück nur deshalb auf die Klägerin übertragen worden sei, um sich der Duldungspflicht aus dem Mitbenutzungsrecht zu entziehen, welches ihr Ehemann als damaliger Grundstückseigentümer in dem im Jahre 2001 abgeschlossenen Vergleich anerkannt habe. Gerade wenn - wie im Berufungsurteil festgestellt - die Klägerin bei ihrem Erwerb den Inhalt des Vergleichs kannte, liegt eine Übereignung auf den Ehegatten zu dem von den Beklagten behaupteten Zweck nahe.

Die Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht gibt insoweit Gelegenheit zu ergänzendem Parteivortrag und zu dessen Würdigung durch das Berufungsgericht.

Krüger                                              Stresemann                                          [X.]zub

                        Brückner                                                 Weinland

Meta

V ZR 10/11

21.10.2011

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Stuttgart, 8. Dezember 2010, Az: 5 S 65/10, Urteil

§ 1 Abs 4 GBO, § 46 Abs 2 GBO, § 116 Abs 2 GBO, § 142 Abs 2 GBO, § 4 GBVfg, §§ 4ff GBVfg, § 67 GBVfg, § 21 GBV BW, Art 55 BGBEG, Art 184 S 1 BGBEG, § 921 BGB, § 1018 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.10.2011, Az. V ZR 10/11 (REWIS RS 2011, 2108)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2108

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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