Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.10.2011, Az. V ZR 10/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2105

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR
10/11
Verkündet am:

21. Oktober 2011

Lesniak

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 1 Abs. 4, § 46 Abs. 2, § 142
Abs. 2; [X.] § 4; [X.]O BW § 21
a)
Auch eine im [X.]itutenbuch einer [X.] Gemeinde eingetragene Dienstbarkeit muss auf einem gemäß §§ 4 ff. [X.] neu angelegten Grundbuch-blatt als Belastung eingetragen sein. Ist sie auf das neue [X.] nicht übertragen worden, gilt sie nach dem in §
46 Abs. 2 [X.] bestimmten Grundsatz als gelöscht (wenngleich materiell-rechtlich weiterbestehend).
b)
Aufgrund der Verweisung auf Art. 55 EG[X.] in § 142 Abs. 2 [X.] sind von der Grundbuchordnung abweichende landesrechtliche Vorschriften außer [X.] getre-ten.
Die Grundbuchordnung enthält keinen Vorbehalt, der es erlaubte, nach §§ 4 ff. [X.] angelegte Grundbücher nach landesrechtlichen Vorschriften in Verbin-dung mit einem anderen Register als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu führen.
[X.], Urteil vom 21. Oktober 2011 -
V [X.] -
LG [X.]

AG Waiblingen

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21.
Oktober 2011 durch [X.]
Dr.
Krüger, die [X.]in Dr.
Stresemann, den [X.] Dr.
[X.]zub und die [X.]innen Dr.
[X.] und Weinland

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 8.
Dezember 2010 aufgehoben.
[X.] wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind [X.] in W.

(Württemberg).
Die Klägerin ist Eigentümerin des bebauten Grundstücks S.

-straße
58 (früher 38). In einem Vermessungsplan aus dem Jahr 1832 ist der Parzelle, auf der ihr [X.]äude steht, die Nummer 212 zugewiesen worden. Das Eigentum an dem Grundstück ist ihr im Jahr 2009 von
ihrem Ehemann übertra-gen worden, der dieses seinerseits im Jahre 1985 durch Rechtsgeschäft er-1
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worben hatte. Die Beklagten sind Eigentümer des bebauten Nachbargrund-stücks S.

straße 60 (früher 40), im Vermessungsplan aus dem Jahre 1832 mit der Nummer
211 bezeichnet. Die Beklagten nutzen eine zwischen den Ge-bäuden befindliche Einfahrt, die zum Teil auf dem Grundstück der Klägerin liegt.
Auf dem [X.] des Grundstücks der Klägerin, Grundbuch von [X.].

[X.], ist im Bestandsverzeichnis folgendes eingetragen:
"Recht zur Einmündung [X.] in die gemeinschaftliche [X.]. 38 und 40 S.

straße; s.
[X.].
Buch
S.
40. Mitübertragen, den 3.
August 1955."
Auf dem [X.] des Grundstücks der Beklagten, Grundbuch von [X.].

[X.], ist im Bestandsverzeichnis u.a. vermerkt:
"Mitbenutzungsrecht der gemeinschaftlichen Zufahrt zwischen [X.]. 211 und 212, siehe [X.].[X.]. 40"

und in der Abteilung II eingetragen:
"Die zwischen [X.]. 211 und 212 bestehende Zufahrt und die darunter befindliche Dohle ist von dem Besitzer [X.]. 211 und 212a gemeinschaft-lich zu unterhalten, der Besitzer von [X.]. 212 darf seine [X.] in die vorgenannte Dohle einmünden lassen, siehe [X.].[X.]. 40. Mit-übertragen, den 19.
Juli 1951."
Auf der Seite 40 des [X.]itutenbuchs ist folgendes eingetragen:
"Nach dem [X.]. Vertrag vom 22.
Juni 1895 ist die zwischen [X.]. [X.]. 211 + 212. hergestellte Dohle und die darüber angebrachte gemein-schaftliche Einfahrt von dem jeweiligen Besitzer von [X.]. [X.]. 211 + 212. A. gemeinschaftlich zu unterhalten und zwar erstere auf ihre ganze Aus-dehnung vom Ortsweg [X.]. 1 bis zum Auslauf zwischen [X.]. 41 + 42.
Der Besitzer von [X.]. [X.]. 211. darf seine [X.] in die hiervor [X.] Dohle einmünden lassen.
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-
Ein etwaiger durch Benützung der gemeinschaftlichen Zufahrt dem [X.]. [X.]. 212. zugefügter [X.]aden ist von demjenigen, welcher solchen [X.] wieder ausbessern zu lassen."
Über das Zufahrtsrecht kam es zwischen den Parteien zum Streit. Im Jahre 2001 schlossen der
Ehemann der Klägerin als damaliger Eigentümer, der Beklagte zu 1 und die seinerzeitigen weiteren Eigentümer des Grundstücks S.

straße 60 folgenden Vergleich:
"1.
Die Antragsteller Ziffer 1 bis 3 [der Beklagte zu 1 und die damaligen Miteigentümer] sichern zu, dass die zwischen den [X.]äuden Nr.
58 und 60 der S.

str. in [X.].

gelegene Zufahrt nur für private [X.] genutzt wird.
2.

3.
Die zum [X.]äude Nr. 60 gehörende [X.]eune wird saniert und bleibt in den Ausmaßen bestehen. Sie wird später maximal von 2 [X.]fahrzeu-gen genutzt werden.
4.
Im Gegenzug verpflichtet sich der Antragsgegner [der Ehemann der Klägerin] den in der Einfahrt errichteten Pfosten noch heute zu beseiti-gen und nicht wieder aufzustellen.
5.
(Kosten)."

Die Klägerin hat nach
dem Erwerb des Eigentums gegen die Beklagten Klage mit dem Antrag erhoben, es zu unterlassen, ihr Grundstück im Bereich der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu befahren, Fahrzeuge dort abzustellen oder [X.] das Befahren oder Abstellen von Fahrzeugen zu gestatten. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht bejaht den Unterlassungsanspruch. Die Klägerin sei nicht verpflichtet, die Mitbenutzung des in ihrem Eigentum stehenden Teils der gemeinsamen Einfahrt zu dulden, weil ihr Ehemann das Grundstück gut-gläubig lastenfrei, ohne das auf Seite 40 des [X.]itutenbuchs vermerkte -
wie immer geartete
-
Wegerecht erworben habe.
Ausschlaggebend sei, dass ein solches Wegerecht in dem Grundbuch des Grundstücks der Klägerin nicht eingetragen sei. Die Verweisung auf das [X.]itutenbuch reiche nämlich nur so weit, wie ihr Inhalt gehe. Vorliegend [X.] sich der Verweis auf das Einmündungsrecht in die gemeinsame Doh-le,
so dass im Grundbuch nicht der gesamte Inhalt der Eintragungen auf Seite 40 des [X.]itutenbuchs in Bezug genommen worden sei.
Der im Jahr 2001 abgeschlossene Vergleich verpflichte die Klägerin ebenfalls nicht zur Duldung der Mitbenutzung, da sie nicht [X.] sei. Die Klägerin sei allein durch den Umstand, dass sie bei der Über-tragung des Grundstücks von ihrem Ehemann Kenntnis von dem Vergleich [X.] habe, gegenüber den Beklagten nicht verpflichtet, die Mitbenutzung ihres Grundstücks zu dulden.
II.
Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Nicht zu beanstanden ist
die Annahme, dass der [X.] (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.]) nicht nach §
1004 Abs. 2 [X.] wegen einer altrechtlichen Dienstbarkeit ausgeschlossen ist. Ein Mitbenutzungsrecht an der 8
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Einfahrt aus einem [X.]itut besteht entgegen der Auffassung der Revision nicht (mehr).
a) Nach den Eintragungen im [X.]itutenbuch ist allerdings davon auszu-gehen, dass durch den dort erwähnten [X.]itutenvertrag aus dem Jahre 1895 ein Recht begründet wurde, nach dem der jeweilige Eigentümer des den [X.] gehörenden Grundstücks die gemeinschaftliche Einfahrt, auch soweit sich diese auf dem Grundstück der Klägerin befindet, mitbenutzen durfte.
Nach Art. 184 Satz 1 EG[X.] bestimmen sich Entstehung und Inhalt vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs begründeter
beschränkter dinglicher Rechte nach dem jeweiligen Landesrecht (Senat, Urteil vom 24. Ja-nuar 1964 -
V
ZR 162/61, [X.]Z 42, 63, 64), in diesem Fall also nach dem im damaligen [X.] geltenden Zivilrecht.
Nach diesem konnte ein -
inhaltlich
einer Grunddienstbarkeit nach §
1018 [X.] entsprechende -
[X.]itut durch vertragliche Einigung der [X.] mit Zustimmung des Gemeinderats begründet werden ([X.], Handbuch des im [X.] geltenden Sachenrechts, 2.
Aufl.
[1893], 1.
Teil, [X.], 404; [X.], Justiz, 1968, 140).
Auf Grund der Umstände, dass im Jahre 1895 ein [X.]itutenvertrag zwi-schen den damaligen Eigentümern der benachbarten [X.]äude über einen ge-meinschaftlichen Wasserkanal (Dohle) und eine darüber befindliche gemein-schaftliche Einfahrt abgeschlossen und die vertragliche Einigung in das [X.]itu-tenbuch der Gemeinde eingetragen wurde, ist hier davon auszugehen, dass ein Recht zur Mitbenutzung des (auf dem jeweils anderen Grundstück befindlichen Teils) der gemeinschaftlichen Einfahrt durch eine Dienstbarkeit abgesichert wurde. Einer solchen Absicherung bedurfte es nach dem damaligen Recht, weil Abstände zwischen zwei bebauten Grundstücken nur bis zu der herkömmlichen 13
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Breite von ein bis
zwei Fuß im Zweifel als gemeinschaftlich galten ([X.], aaO, S.
176), an der beide Nachbarn zu Besitz und Nutzung berechtigt waren. Die

auch als Durchfahrt für Fahrzeuge geeignete

Einfahrt zwischen den Häusern der Parteien ist breiter.
b) Eine im [X.]itutenbuch eingetragene Dienstbarkeit bestand auch nach dem 1. Januar 1900 fort, wenn im Grundbuch nur der Verweis auf das [X.]itutenbuch, aber nicht die Art der Belastung (hier eines Leitungs-
und We-gerechts) vermerkt worden war. Die
Revision verweist zu Recht auf die -
von dem Berufungsgericht nicht erörterten
-
einschlägigen reichs-
und landesrecht-lichen Regelungen anlässlich der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
aa) Nach § 87 Satz 1 der Grundbuchordnung vom 24. März 1897 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 ([X.]. 1898, S. 754) konnte durch landesherrliche Verordnung bestimmt werden, dass ein oder mehrere bisher geführte Bücher für sich allein oder zusammen mit einem neuen Buch oder mehreren neuen Büchern als Grundbuch gelten sollen. Von diesem Vor-behalt machte
das [X.] durch die Verordnung betreffend das Grundbuchwesen vom 30. Juli 1899 ([X.]. [X.]) [X.]rauch. Nach §
1 Satz 1 der Verordnung galten vom 1. Januar 1990 an die in den Gemeinden bisher geführten Güterbücher, [X.]itutenbücher und Unterpfandsbücher für den Grundbuchamtsbezirk als Grundbuch mit der Maßgabe, dass das [X.] als Hauptbuch anzusehen war, wodurch diesen Eintragungen -
abweichend vom früheren Recht
-
auch die nunmehr in §
891 [X.] bestimmte Vermutungswirkung zukam ([X.], Das [X.] zum Bürgerlichen Gesetzbuch [1900], [X.]). Die in den Gemeinden geführten [X.]itutenbücher konnten mit Genehmigung des Amtsgerichts auch bei der -
grundsätzlich vorgesehenen
-
Herstellung neuer Grundbücher durch Um-schreibung gemäß § 5 der Verordnung -
nach § 8 Abs. 2 weiter geführt werden. 17
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8
-
In diesem Falle bildete nach § 9 Abs. 1 das neu angelegte [X.] zu-sammen mit den nicht übernommenen Eintragungen in dem bisherigen [X.]itu-tenbuch das Grundbuch für das Grundstück im Sinne des Bürgerlichen Ge-setzbuchs.
bb) Die im [X.]itutenbuch eingetragenen Dienstbarkeiten mussten aller-dings nach §
8 Abs. 3 der Verordnung auch in diesem Fall in den [X.] durch einen Verweis auf die Eintragungen im [X.]itutenbuch vermerkt werden. Die Verordnung enthielt insoweit eine nach Art. 187 Abs. 2 Satz 1 EG-[X.] zulässige Abweichung von der Vorschrift in Art. 187 Abs. 1 Satz 1 EG-[X.], nach der vor dem 1.
Januar 1900 bestehende Grunddienstbarkeiten zur Erhaltung der Wirksamkeit
gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grund-buchs nicht der Eintragung in das Grundbuch bedürfen. War kein Verweis ein-getragen, galt das [X.]itut nach §
46 Abs.
2 [X.] infolge Nichtübertragung auf das neu angelegte [X.] als gelöscht ([X.], Justiz 1968, 140; [X.]/Hammel, Baden-Württembergisches Landesgesetz über die frei-willigen Gerichtsbarkeit, 4. Aufl., § 31 [X.] Rn. 3), wie wohl es materiell-rechtlich weiterbestand.
cc) Weitere Anforderungen waren an den Verweis im Grundbuch auf das [X.]itutenbuch jedoch nicht zu stellen, weil -
worauf die Revision zu Recht ver-weist
-
dadurch der gesamte Inhalt der im [X.]itutenbuch vorhandenen Eintra-gungen in Bezug genommen worden war. Zwar bestimmte § 41 Abs.
4 der zur Ausführung der vorstehend genannten Verordnung erlassenen Verfügung des [X.] vom 2. September 1899 (Amtsblatt des Königlich Württem-bergischen [X.], [X.]), dass im Falle der Beibehaltung des [X.]itutenbuchs und des Verweises nach § 8 Abs. 3 der Verordnung auch die Art der Grunddienstbarkeit kurz angegeben werden sollte. Hierbei handelte es sich aber lediglich um eine Sollvorschrift. Da das [X.]itutenbuch nicht Grundak-19
20
-
9
-
te, sondern zusammen mit dem neu angelegten Grundbuch das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs war, bedurfte es für die Wirksamkeit der Buchung keiner schlagwortartigen Angabe des Wesenskerns der Grunddienst-barkeit im Grundbuch, wie es bei einer Bezugnahme auf eine Eintragungsbewil-ligung nach § 874 [X.] zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts erfor-derlich ist (dazu Senat, Beschluss vom 22. September 1961 -
V
ZB 16/61, [X.]Z 35, 378, 382; Urteil vom 29. September 2006 -
V
ZR 25/06, Rpfleger 2007, 34, 35).
c) Die Revision ist jedoch in diesem Punkt deswegen unbegründet, weil sie nicht berücksichtigt, dass das von ihr zitierte Landesrecht nach der Ände-rung der Grundbuchordnung durch die Verordnung zur Änderung des Verfah-rens in Grundbuchsachen vom 5. August 1935 ([X.]. I 1035) auf die Buchung von Dienstbarkeiten auf den danach
neu angelegten [X.] nicht mehr anzuwenden ist.
Aufgrund der Verweisung auf Art. 55 EG[X.] in § 116 Abs. 2 [X.] aF (jetzt § 142 Abs. 2) sind alle von der Grundbuchordnung abweichenden landes-rechtlichen Vorschriften außer [X.] getreten, soweit nicht in der Grundbuch-ordnung oder in der Änderungsverordnung etwas anderes bestimmt worden ist (Briesemeister in [X.], 6. Aufl., [X.], § 135 Rn. 11; [X.], [X.], 27.
Aufl., §
142 Rn.
10; Meikel/Böhringer, [X.], 10. Aufl., §
135 Rn.
25; Wilsch/
Otto in
Hügel, [X.], 2. Aufl., §
143 Rn. 8).
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-
Einen Vorbehalt, der es erlaubt hätte, auch die nach Maßgabe der Grundbuchordnung neu angelegten Grundbuchblätter nach landesrechtlichen Vorschriften -
wie bisher
-
in Verbindung mit einem anderen Register als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu führen, gibt es nicht. Zwar gestatten die §§
119, 120 [X.] aF (jetzt §§ 145, 146 [X.]) die [X.] der bisherigen, auch der aus mehreren Büchern bestehenden [X.]. Wenn jedoch Grundbuchblätter nach dem Inkrafttreten der geänderten Grundbuchordnung am 1. April 1936 unter Verwendung des neuen Vordrucks neu angelegt werden, ist das frühere Landesrecht nicht mehr anzuwenden. [X.] auf den nach §
67 [X.] aF (jetzt § 104 [X.]) umgeschriebenen Grundbüchern sind nur nach Maßgabe der Grundbuchverfügung vorzunehmen (vgl. [X.] 1987, 121, 132; [X.], [X.], §
145 Rn. 6; [X.]/Saage/
[X.], [X.], 2. Aufl., § 68 [X.] Rn. 1; [X.] in v. Oefele/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
138 Rn.
6). Für die Eintragung einer altrechtlichen Grunddienstbar-keit, die unter Geltung der Grundbuchordnung vorgenommen wird, sind nun-mehr deren Vorschriften maßgebend (vgl. [X.] 1953, 80, 86; 1967, 397, 401 und D[X.]tZ 1980, 103, 105). Gemessen daran fehlt es hier an der Eintra-gung einer Grunddienstbarkeit für ein Wegerecht.
aa) Die Grundstücke der Parteien sind nach den vorgelegten [X.] auf neu angelegten [X.] gebucht worden; die auf das [X.]itutenbuch Bezug nehmenden Eintragungen stammen aus den Jahren 1955
(im Grundbuch der Klägerin) und 1951 (im Grundbuch der Beklagten). Das Mitbenutzungsrecht der Beklagten an der gemeinsamen Zufahrt ist nur als sog. Herrschvermerk in dem Bestandsverzeichnis des für ihr Grundstück ange-legten [X.]s eingetragen, jedoch nicht auf dem Blatt des [X.] als Belastung gebucht worden. Auf diesem [X.] findet sich lediglich im Bestandsverzeichnis ein Herrschvermerk über das Recht des Eigentümers der [X.] zur Einmündung in die gemeinschaftliche 23
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-
Dohle, das auf dem [X.] des Grundstücks der Beklagten in der [X.] auch als Belastung gebucht ist. Danach fehlt es an der für eine Grunddienstbarkeit wesentlichen Buchung auf dem [X.] des be-lasteten Grundstücks (vgl. Meikel/Morvillus, [X.], Einl. [X.] Rn. 325).
bb) Das Fehlen der Eintragung des Wegerechts als Belastung wird nicht durch die Verweisung auf die Seite 40 des [X.]itutenbuchs bei dem Herrsch-vermerk für das Recht zur Einmündung der [X.] in dem Bestandsver-zeichnis des [X.]s des Grundstücks der Klägerin ersetzt.
Dafür ist allerdings nicht entscheidend, dass ein Verweis auf das [X.]itu-tenbuch nur im Bestandsverzeichnis und nicht -
wie in § 10 [X.] bestimmt
-
in der Abteilung II des Grundblatts des Grundstücks der Klägerin eingetragen worden ist. Eine Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Bestandsverzeichnis wäre zwar ordnungswidrig, berührte aber deren Wirksamkeit nicht ([X.] 1995, 413, 420). An der Eintragung des [X.]ituts fehlt es jedoch deswegen, weil aus den Buchungen auf dem [X.] des Grundstücks der [X.] die Belastung durch ein Mitbenutzungsrecht des Nachbarn an der Zufahrt nicht einmal ansatzweise erkennbar wird und der Vorbehalt in § 146 [X.], dass mehrere Bücher als Grundbuch
geführt werden können, nur für die gemäß §145 [X.] nach den bisherigen Bestimmungen, jedoch nicht für die nach der Grundbuchordnung geführten Grundbücher gilt.
Auch eine im [X.]itutenbuch eingetragene Dienstbarkeit muss danach auf einem neu angelegten [X.] als Belastung eingetragen sein. Ist sie auf das neue, nach §§ 4 ff. [X.] angelegte [X.] nicht übertragen worden, gilt sie nach dem in § 46 Abs. 2 [X.] bestimmten Grundsatz als ge-löscht (vgl. Senatsurteil vom 8. April 1988 -
V
ZR 34/87, [X.]Z 104, 139, 143). 25
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12
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Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn die Dienstbarkeit (weiter) im [X.] eingetragen ist.
cc) An dieser Rechtslage vermag der Hinweis der Revision auf §
21 der Verordnung des Baden-Württembergischen [X.] zur Ausführung des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit im Bereich des [X.] ([X.]O) vom 21.
Mai 1975 (GBl. [X.] S. 398) nichts zu ändern. Nach dieser Vorschrift gelten die Eintragungen im [X.]itutenbuch als Teil des Grundbuchs. Da die Grundbuchordnung für die neu angelegten [X.] keinen Vorbehalt für eine landesrechtliche Regelung enthält, ist diese Be-stimmung nur noch auf die alten Grundbücher und im Übrigen allenfalls noch insoweit sinngemäß anzuwenden, als sich der Verweis auf das [X.]itutenbuch als eine nach § 874 [X.] zulässige Bezugnahme auf eine daraus ersichtliche Einigung über die Bestellung einer Grunddienstbarkeit darstellt. Ein solches Verständnis der Vorschrift des Landesrechts entspricht dem [X.]ot verfas-sungskonformer Auslegung, weil sie die Nichtigkeit der landesrechtlichen Rege-lung wegen eines Verstoßes gegen den Vorrang des Bundesrechts nach Art.
31 GG vermeidet (vgl. [X.]
121, 317, 349), der sich ansonsten daraus ergäbe, dass das einschlägige Bundes-
und Landesrecht für dieselben Sach-verhalte bei ihrer Anwendung zu unterschiedlichen Ergebnissen führten (vgl. [X.] 36, 342, 363).
d) Da das Grundbuch des Grundstücks der Klägerin keinen Hinweis auf eine Belastung durch ein Wegerecht der [X.] enthält, war ein gutgläubig [X.] Erwerb nach § 892 Abs. 1 [X.] möglich. Danach ist die Grunddienstbarkeit erloschen, da eine Kenntnis des Ehemanns der Klägerin bei seinem Rechtserwerb von einem [X.]itut weder festgestellt noch vorgetra-gen worden ist.
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Hat der Ehemann gutgläubig lastenfrei erworben, wurde das Eigentum ohne das Wegerecht auf die Klägerin übertragen. Eine etwaige eigene Kennt-nis der Klägerin von der (erloschenen) [X.]itut ist ohne Bedeutung (vgl. [X.], 283, 284).
2. Das Berufungsurteil ist jedoch rechtsfehlerhaft, weil nach dem festge-stellten Sachverhalt die Klägerin aus anderen Rechtsgründen zur Duldung des Befahrens der Zufahrt verpflichtet sein kann.
a) Die Klägerin ist nach §
921, §
922 Satz 1 [X.] zur (weiteren) Duldung der Zufahrt verpflichtet, wenn diese eine Grenzeinrichtung ist. Durch diese [X.] wird ein Recht zur Mitbenutzung gemeinschaftlicher Grenzeinrichtun-gen begründet. Mit den §§
921, 922 [X.] ist im Bürgerlichen Gesetzbuch ein nachbarrechtliches Rechtsverhältnis bestimmt worden, wie es auch durch die Bestellung von entsprechenden Grunddienstbarkeiten begründet werden könn-te (Motive zu dem Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Band III, S. 274).
Diese Vorschriften sind auch auf Grenzanlagen anzuwenden, die schon vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestanden ([X.], 307, 311; [X.]/[X.], [X.] [2002], §
921 Rn. 1).
aa) Bei der als Zufahrt genutzten [X.] zwischen den [X.]äu-den kann
es sich um eine Grenzeinrichtung im Sinne des §
921 [X.] handeln. Deren Kennzeichen ist, dass sie von der Grundstücksgrenze -
nicht notwendi-gerweise in der Mitte
-
durchschnitten wird (Senat, Urteil vom 15. Oktober 1999 -
V
ZR 77/99, [X.]Z 143, 1, 3 mwN) und beiden Grundstücken nutzt, auf denen sie errichtet worden ist (Senat, Urteil vom 18. Mai 2001 -
V
ZR 119/00, [X.], 1903, 1905).
Die Grundstücke haben nach dem Berufungsurteil eine gemeinsame Grundstücksgrenze. Eine Zufahrt, die von der Grundstücksgrenze durchschnit-30
31
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-
14
-
ten wird, kann eine Grenzeinrichtung im Sinne von §
921 [X.] sein. Diese [X.] erfasst nicht nur die Anlagen, die nach ihrer Gestaltung und Lage die beiden Grundstücke voneinander scheiden (so die frühere Rechtsprechung: [X.], 200, 204), sondern auch andere, sich auf der Grenze befindende [X.], wenn diese dem Vorteil der benachbarten Grundstücke dienen (Senat, Urteil vom 7. März 2003 -
V
ZR 11/02, [X.]Z 154, 139, 144).
Die für die Herstellung einer Grenzeinrichtung erforderliche Zustimmung des Nachbarn (vgl. Senat, Urteile vom 25. Mai 1984 -
V
ZR 199/82, [X.]Z 91, 282, 286 und vom 15. Oktober 1999 -
V
ZR 77/99, [X.]Z 143, 1, 5) liegt vor, wenn die Eigentümer der benachbarten Grundstücke -
wie hier in dem [X.]itu-tenbuch dokumentiert
-
sich über die Errichtung und die
Unterhaltung einer ge-meinschaftlichen Zufahrt über der Grundstücksgrenze vertraglich geeinigt ha-ben (vgl. [X.], [X.], 408, 409). Die Zustimmung des damaligen Eigentümers des Grundstücks der Klägerin zur Herstellung einer Einfahrt als Grenzeinrichtung begründete nunmehr das Mitbenutzungsrecht für die [X.] nach §
921, §
922 Satz
1 [X.]. Die Klägerin wäre auch als Einzelrechts-nachfolgerin an die seinerzeit erteilte Zustimmung zur Anlage und zur [X.] einer gemeinsamen Grenzeinrichtung gebunden ([X.] Urteil vom 16.
Dezember 2002 -
9
U
122/02, Rn.
10 juris; [X.] 1998, 591, 592; [X.]/[X.], [X.], [2009], §
921 Rn.
9; [X.]/[X.], [X.], 70.
Aufl., §
921 Rn.
2).
bb) [X.] ist jedoch noch nicht entscheidungsreif, weil die auf der Grundstücksgrenze befindliche Zufahrt nur dann eine Grenzeinrichtung im Sin-ne des §
921 [X.] ist, wenn sie für beide Grundstücke (also auch für das jetzt der Klägerin gehörende) vorteilhaft ist. Maßgebend dafür sind die Verhältnisse bei
der Herstellung der Grenzanlage. Nachfolgende bauliche Änderungen an einem [X.]äude, die für eines der Grundstücke zum Wegfall des Vorteils durch 35
36
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die Einfahrt führen (vgl. Senat, Urteil vom 9. [X.]vember 1965 -
V
ZR 84/63, [X.], 143, 144), sind ebenso wie eine Einstellung der Mitbenutzung durch ei-nen der Eigentümer für das Mitbenutzungsrecht des Nachbarn an der [X.] ohne Bedeutung, da diese nach §
922 Satz 3 [X.] nicht ohne des-sen Zustimmung beseitigt oder geändert werden darf, solange der Nachbar ein Interesse an ihr hat (Senat, Urteil vom 7. März 2003 -
V
ZR 11/02, [X.]Z 154, 139, 145).
Ein Vorteil für das Grundstück der Klägerin liegt zwar nach den [X.] (dem Inhalt der Vereinbarung aus dem Jahre 1895 und den vorgelegten Lageplänen) nahe. Es fehlt jedoch -
da die §§
921, 922 [X.] bisher weder von den Parteien noch von den Gerichten in den Blick genommen worden sind
-
an Feststellungen dazu.
b)
Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs
des Eigentümers nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.] kann sich zudem als eine gegen Treu und Glauben (§
242 [X.]) verstoßende, unzulässige Rechtsausübung darstellen.
aa) Die Unzulässigkeit einer Rechtsausübung ist von Amts wegen zu be-rücksichtigen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Mai 1962 -
V
ZR 123/60, [X.]Z 37, 147, 152). Ein solcher Missbrauch der Eigentümerrechte kommt in Betracht, wenn das Eigentum an einem Grundstück auf den Ehegatten oder auf einen nahen Angehörigen zu dem Zweck übertragen wird, die "nur"
schuldrechtlich begründeten Rechte des Nachbarn (hier auf Duldung der Mitbenutzung der [X.]) zu vereiteln (vgl. [X.], [X.], 856; OLGR [X.]leswig 2005, 52, 53; vgl. [X.]/[X.], [X.], 70.
Aufl., §
826 Rn. 47).
bb) Die tatrichterliche Würdigung des Vorbringens der Beklagten durch das Berufungsgericht stellt sich vor diesem Hintergrund als unvollständig dar. Sie lässt den von den Beklagten vorgetragenen Zweck der Übereignung unbe-37
38
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16
-
rücksichtigt, dass das Grundstück nur deshalb auf die Klägerin übertragen [X.] sei, um sich der Duldungspflicht aus dem Mitbenutzungsrecht zu entzie-hen, welches ihr Ehemann als damaliger Grundstückseigentümer in dem im Jahre 2001 abgeschlossenen
Vergleich anerkannt habe. Gerade wenn -
wie im Berufungsurteil festgestellt
-
die Klägerin bei ihrem Erwerb den Inhalt des Ver-gleichs kannte, liegt eine Übereignung auf den Ehegatten zu dem von den [X.] behaupteten Zweck nahe.
Die Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht gibt insoweit Gelegenheit zu ergänzendem [X.] und zu dessen Würdigung durch das Berufungsgericht.
Krüger

Stresemann

[X.]zub

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
7 [X.] 918/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 08.12.2010 -
5 S 65/10 -

41

Meta

V ZR 10/11

21.10.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.10.2011, Az. V ZR 10/11 (REWIS RS 2011, 2105)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2105

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V ZR 10/11

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