Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.01.2017, Az. III R 44/14

3. Senat | REWIS RS 2017, 17104

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Gegenstand

Kindergeld: Anspruch auf Kindergeld für ein volljähriges, psychisch erkranktes Kind - Keine Bindungswirkung des Revisionsgerichts bei fehlender tragfähiger Tatsachengrundlage


Leitsatz

1. NV: Für die Beurteilung des Merkmals "Behinderung" i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG ist die in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX enthaltene Legaldefinition maßgeblich (Anschluss an BFH-Urteile vom 21. Oktober 2015 XI R 17/14, BFH/NV 2016, 190; vom 28. Mai 2013 XI R 44/11, BFH/NV 2013, 1409, und vom 23. Februar 2012 V R 39/11, BFH/NV 2012, 1584).

2. NV: Die Folgerung des FG, dass ein volljähriges Kind behindert ist, kann grundsätzlich nur das Ergebnis einer durch das FG vorzunehmenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls sein.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. März 2014 15 K 768/09 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist der Kindergeldanspruch für das Kind [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] für die Monate Juni 2002 und Juli 2002 sowie April 2003.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter des im Mai 1981 geborenen [[[X.].].]es [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].]. [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] war seit seinem 16. Lebensjahr bis in den streitigen [X.]raum hinein drogenabhängig und psychisch krank. In dem [X.]raum vom 27. Juni 2002 bis 8. Juli 2002 und im April 2003 war [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] stationär in einer Klinik aufgenommen.

3

Die Klägerin beantragte am 28. August 2006 Kindergeld für [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].]. Dem [[[[[[[[[X.].].].].].].].].] war ein Attest des [[[[[[[[[X.].].].].].].].].] vom 21. August 2006 beigefügt. Hiernach befinde sich [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] wegen einer psychiatrischen Erkrankung seit 2003 in regelmäßiger fachpsychiatrischer Behandlung. Die Ersterkrankung sei auf das [[[[[[[[X.].].].].].].].] zurückzudatieren. Auch unter medikamentösen und nichtmedikamentösen Behandlungsmaßnahmen bestehe durch die Erkrankung weiterhin eine erhebliche Beeinträchtigung des Leistungsvermögens. [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] sei derzeit aufgrund der Erkrankung für einen noch nicht absehbaren [X.]raum nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und dadurch den Lebensunterhalt sicherzustellen.

4

Mit Bescheid vom 26. März 2008 lehnte die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) den Antrag der Klägerin auf Kindergeld für [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] ab, da laut Stellungnahme des ärztlichen Dienstes eine nachträgliche Aussage oder Entscheidung über die Erwerbsfähigkeit nicht mehr möglich sei.

5

Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2009).

6

Mit der hiergegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin Kindergeld für [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].], zuletzt für die Monate Juni 2002 und Juli 2002 sowie April 2003. Zum Beleg ihres Vortrags, [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] sei aufgrund seiner Behinderung erwerbsunfähig gewesen, legte sie eine Bescheinigung des [[[[X.].].].] vom 2. Januar 2009 vor, aus der sich u.a. ergibt, dass [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] seit dem [[[[[[[[X.].].].].].].].] psychisch erkrankt ist.

7

Das Finanzgericht ([X.]) holte zunächst eine Stellungnahme, sodann eine schriftliche Zeugenaussage des den [[[X.].].] im Streitzeitraum behandelnden Arztes ein. Zu der Frage, ob die krankheitsbedingten Folgen so stark gewesen seien, dass [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] nicht in der Lage gewesen sei, eine berufliche Tätigkeit von mindestens 15 Stunden in der Woche auszuüben, erklärte dieser, eine Einschätzung sei ihm zwar nicht mehr möglich, aufgrund der Aufzeichnungen sei jedoch davon auszugehen, dass [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] nicht in der Lage gewesen sei, einer strukturierten Arbeit vollschichtig nachzugehen.

8

Am 18. Juli 2012 erließ das [X.] einen Beweisbeschluss zur Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Fragen,
"1. ob das Kind [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] ... im [X.]raum Januar 2002 bis Juli 2003 oder in Teilen dieser [X.] aufgrund einer psychischen Erkrankung behindert war,
2. ..., welcher Grad der Behinderung und welches Merkmal festgestellt werden kann,
3. ..., ob das Kind nach Art und Umfang der Behinderung in der Lage war, eine mindestens 15 Wochenstunden umfassende versicherungspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben".

9

Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 2. Oktober 2013 im Wesentlichen zu folgendem Ergebnis:
"... 1. ... [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] ... war im [X.]raum von Januar 2002 bis Juli 2003 in Teilen dieser [X.] aufgrund einer psychischen Erkrankung behindert. Allerdings lässt sich diese Feststellung nur treffen für die [X.]räume zwischen dem 27. Juni 2002 bis zum 8. Juli 2002 sowie zwischen 1. April 2003 bis zum 8. April 2003, da es sich hierbei um die Dauer der stationären Aufenthalte handelte. ...
2. Daher ist für die genannte Dauer der stationären Behandlung ein Grad der Behinderung von 100 % festzustellen unter der Diagnose einer akuten ... psychotischen Störung mit Symptomen einer ...
3. Für die genannten [X.]räume der stationären Behandlung ... war der Proband nicht in der Lage, eine mindestens 15 Stunden pro Woche umfassende versicherungspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben. Über die weiteren [X.]räume kann keine Aussage getroffen werden. ...".

Das [X.] gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2015, 821 veröffentlichten Urteil statt. Es hob den Bescheid vom 26. März 2008 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2009 teilweise auf und setzte Kindergeld für den [[[X.].].] [[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].]].] für den zuletzt streitigen [X.]raum Juni 2002 und Juli 2002 sowie April 2003 fest.

Mit der Revision rügt die Familienkasse die sich aus einer unzutreffenden Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG) ergebende Verletzung materiellen Rechts sowie Verfahrensfehler.

Die Familienkasse beantragt,
das Urteil des [X.] Köln vom 13. März 2014  15 K 768/09 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].]O--). Die Entscheidung des [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].], dass [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] als behindertes Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG kindergeldrechtlich zu berücksichtigen ist, wird durch die tatsächlichen Feststellungen des [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] nicht getragen. Die Revision hat somit bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die erhobenen Verfahrensrügen nicht mehr ankommt (vgl. z.B. Urteil des [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] --[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-- vom 19. Oktober 2011 [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] R 65/09, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].], 304, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].], 345, Rz 50, m.w.N.).

1. Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG besteht für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, sofern die Behinderung vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten ist.

a) Nach der Rechtsprechung des [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] ist ein Mensch behindert, wenn seine körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Teilhabe am Leben in der [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] beeinträchtigt ist (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 des [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] Sozialgesetzbuch --SGB I[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]--; z.B. [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteile vom 23. Februar 2012 V R 39/11, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]/NV 2012, 1584, Rz 22; vom 28. Mai 2013 [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]I R 44/11, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]/NV 2013, 1409, Rz 14, m.w.N., und vom 21. Oktober 2015 [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]I R 17/14, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]/NV 2016, 190, Rz 27, m.w.N.).

aa) Seelisch behindert ist, wer infolge seelischer Störung in der Funktionsfähigkeit entsprechend gemindert ist. Als solche seelische Störungen kommen körperlich nicht begründbare Psychosen, seelische Störungen als Folge von Krankheit oder Verletzung des Gehirns, Anfallsleiden oder körperliche Beeinträchtigungen, Suchtkrankheiten, Neurosen und Persönlichkeitsstörungen in Betracht ([[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 31/14, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 251, 147, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].], 40, Rz 21, m.w.N.).

bb) Eine Behinderung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB I[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] setzt zudem eine mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate sich erstreckende Gesundheitsstörung voraus. Entscheidend ist nicht die seit Beginn der Erkrankung oder seit ihrer erstmaligen ärztlichen Feststellung tatsächlich abgelaufene Zeit, sondern die ihrer Art nach zu erwartende Dauer der von ihr ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung (vgl. [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteil in [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 251, 147, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].], 40, Rz 22, m.w.N.). Zur Beurteilung dieser Frage ist (ggf.) eine Prognose zur (weiteren) Entwicklung der Funktionsbeeinträchtigung zu stellen (vgl. Urteil des [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] --BSG-- vom 12. April 2000 B 9 SB 3/99 R, Sozialrecht --[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-- 3-3870 § 3 [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].], zu § 3 Abs. 1 Satz 3 des Schwerbehindertengesetzes).

cc) Die (seelische) Gesundheit muss nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB I[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] zudem "von dem für das Lebensalter typischen Zustand" abweichen. Leistungseinschränkungen, die für das jeweilige Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind, stellen keine Behinderung dar. Bei Kindern ist zur Feststellung einer Behinderung die Abgrenzung altersadäquater Gesundheitszustände notwendig. Erforderlich ist ein Vergleich der körperlichen, geistigen bzw. seelischen Fähigkeiten mit denen eines altersentsprechenden nicht behinderten Kindes (vgl. [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteil in [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 251, 147, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].], 40, Rz 23, m.w.N.).

dd) Für die Frage, ob in Folge einer seelischen Störung die Teilhabe am Leben in der [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] beeinträchtigt ist, kommt es auf das Ausmaß und den Grad der seelischen Störung an. Entscheidend ist, ob die seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv ist, dass sie die Fähigkeit zur Eingliederung in die [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] beeinträchtigt. Die Prüfung einer Teilhabebeeinträchtigung hat aufgrund einer umfassenden Kenntnis des [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] Umfelds des betroffenen Kindes oder Jugendlichen nach [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] und gegebenenfalls psychologischem Sachverstand zu erfolgen (vgl. [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteil in [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 251, 147, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].], 40, Rz 24, m.w.N.; vgl. auch [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] vom 30. September 2015 B 3 [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] 14/14 R, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] 4-2500 § 33 Nr. 48, Rz 19).

b) Das [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] ist zu dem Ergebnis gekommen, dass [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] im Streitzeitraum i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG behindert war. Es stützt seine Würdigung auf die Ausführungen des Sachverständigen. Dieser hat in seinem wissenschaftlich-psychiatrischen Gutachten u.a. die Feststellung getroffen, dass [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] im Zeitraum der stationären Klinikaufenthalte (27. Juni 2002 bis 8. Juli 2002 und 1. April 2003 bis 8. April 2003) aufgrund einer psychischen Erkrankung behindert gewesen sei. Diese ärztliche Beurteilung kann eine Grundlage der vom [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] vorzunehmenden Gesamtwürdigung sein. Die Frage, ob eine Behinderung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG vorliegt, ist hingegen eine Rechtsfrage. Dem Sachverständigen, der Beweismittel ist und dem Gericht im Wesentlichen die allgemeinen Erfahrungssätze aus seinem Fachgebiet vermittelt, darf die Prüfung von Rechtsfragen nicht übertragen werden (vgl. [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteil vom 8. Januar 1991 VII R 16-19/89, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]/NV 1991, 850, unter [[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].], m.w.N.; vgl. auch [[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].] in [[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].], [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].]O § 82 Rz 132, und [[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].] in [[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].]/[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].]/[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].], § 82 [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].]O Rz 140). Die Folgerung des [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].], dass [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] im Streitzeitraum i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG behindert war, kann daher nur das Ergebnis der durch das [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] vorzunehmenden Gesamtwürdigung sein.

2. Zwar ist die finanzrichterliche Überzeugungsbildung revisionsrechtlich nur eingeschränkt auf Verstöße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze überprüfbar. Das [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] hat jedoch im Einzelnen darzulegen, wie und dass es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat. Die aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnende Würdigung des [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] ist nur dann ausreichend und für das Revisionsgericht bindend, wenn sie auf einer logischen, verstandesmäßig einsichtigen Würdigung beruht, deren nachvollziehbare Folgerungen den Denkgesetzen entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen werden. Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor (z.B. [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteil vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 246, 326, [[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].], 9, Rz 21, m.w.N.; vgl. auch Senatsurteil vom 16. April 2015 III R 6/14, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]/NV 2015, 1237, Rz 16, m.w.N.).

Auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten [[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].] ist die vom [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] vorgenommene Würdigung zu beanstanden. Denn für den Senat ist nicht nachvollziehbar, auf welche Tatsachen und Umstände das [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] seine Folgerung stützt, dass [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] im Streitzeitraum i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG behindert war. Es fehlt an einer tragfähigen Tatsachengrundlage.

a) Zwar diagnostizierte der Sachverständige bei [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] für die Dauer der stationären Behandlung eine akute psychotische Störung. Das [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] hat aber weder Feststellungen dazu getroffen, ob die seelische Gesundheit des [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] tatsächlich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abwich noch hat es aus dem seelischen Zustand des [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] sich ableitende, für eine Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] bedeutsame Umstände festgestellt. Zwar ist der Vorentscheidung zu entnehmen, dass [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] seit seinem 16. Lebensjahr bis in den streitigen Zeitraum hinein drogenabhängig und psychisch krank war. Es sind aber weder Ausmaß noch Folgen der psychischen Erkrankung insbesondere in psychischer, physischer, beruflicher und [[[[[[[[X.].].].].].].].] Hinsicht ersichtlich (vgl. z.B. [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteil vom 16. April 2002 VIII R 62/99, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 198, 567, [[[[[[[[X.].].].].].].].] 2002, 738, unter [[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].] bb, zur Teilnahme an einem Polamidon-Substitutions-Programm).

b) Entsprechende Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht aus dem vom [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] in Bezug genommenen Sachverständigengutachten. Zwar führt der Sachverständige darin aus, dass von einer initial durch ausgeprägten Drogenkonsum angestoßenen psychotischen Entwicklung im Jahr 2002 auszugehen sei. Der Sachverständige beschränkt seine Feststellungen aber ausdrücklich auf die Dauer des 12-tägigen und des 8-tägigen stationären Klinikaufenthalts des [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]. Allein die Diagnose einer psychotischen Störung für die Dauer der stationären Klinikaufenthalte lässt jedoch unter Beachtung der unter [[[[[[[[X.].].].].].].].] dargelegten Maßstäbe nicht den Schluss zu, dass [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG behindert war (vgl. z.B. [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteil in [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 198, 567, [[[[[[[[X.].].].].].].].] 2002, 738, unter [[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].] bb, zur Teilnahme an einem Polamidon-Substitutions-Programm).

3. Die Vorentscheidung war somit aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und daher gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].]O an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Im zweiten Rechtsgang wird das [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] die entsprechenden Feststellungen, gegebenenfalls nach persönlicher Anhörung des Sachverständigen, zu treffen haben.

a) Sollte sich eine Behinderung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht feststellen lassen, geht der fehlende Nachweis der Behinderung nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten des [[[[[[[[X.].].].].].].].] (z.B. Senatsurteil vom 19. November 2008 III R 105/07, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 223, 365, [[[[[[[[X.].].].].].].].] 2010, 1057, unter [[[[[[[[X.].].].].].].].]; vgl. auch [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteil in [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]/NV 2013, 1409, Rz 14, m.w.N.).

b) Für den Fall, dass bei [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] im Streitzeitraum eine Behinderung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG vorgelegen haben sollte, wird das [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] weiter aufzuklären haben, ob [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] wegen seiner Behinderung außerstande war, sich selbst zu unterhalten.

Für die Prüfung der Fähigkeit zum Selbstunterhalt wird das [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] den gesamten existenziellen Lebensbedarf (Grundbedarf und behinderungsbedingter Mehrbedarf) des [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] einerseits und dessen finanzielle Mittel andererseits gegenüberzustellen haben (vgl. z.B. Senatsurteil vom 13. April 2016 III R 28/15, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 253, 249, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].], 648, Rz 10 ff., m.w.N.). Auch hier tragen die in sich nicht widerspruchsfreien Feststellungen der angefochtenen Vorentscheidung nicht den Schluss, dass [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] mangels tatsächlicher Erwerbstätigkeit und fehlender Anhaltspunkte für einen [[[[X.].].].] außerstande war, sich selbst zu unterhalten. Denn ausweislich des [[[[X.].].].] zur mündlichen Verhandlung vom 13. März 2014 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] habe im streitigen Zeitraum Sozialleistungen erhalten, aber kein sonstiges Erwerbseinkommen erzielt. Zu den Bezügen, mit deren Hilfe ein behindertes volljähriges Kind seinen existenziellen Grundbedarf abdecken kann, können jedoch grundsätzlich auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für die Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem [[[X.].].] gehören (vgl. z.B. Senatsurteil vom 5. Februar 2015 III R 31/13, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 249, 144, [[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].], 1017, Rz 15, m.w.N.); soweit ein Sozialleistungsträger für seine Leistungen bei den Eltern Rückgriff nimmt, dürfen solche Leistungen nicht als Bezüge des Kindes angesehen werden (vgl. z.B. [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteile vom 26. November 2003 VIII R 32/02, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 204, 454, [[[[[[[[X.].].].].].].].] 2004, 588, unter 2.b, m.w.N., und vom 12. Dezember 2012 VI R 101/10, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 240, 50, [[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].], 651, Rz 12, m.w.N.). Die Schlussfolgerung des [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].], dass [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] außerstande war, sich selbst zu unterhalten, kann daher ohne konkrete Feststellungen dazu, ob und welche Sozialleistungen [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].], gegebenenfalls in welcher Höhe, im streitigen Zeitraum bezogen hat, nicht getroffen werden. In diesem Zusammenhang ist auch auf die sich bei den Akten befindliche Aufstellung vom 10. März 2008 hinzuweisen, aus der Immobilienvermögen des [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].] hervorgeht (vgl. [X.]. 543).

c) Die Entscheidung über die [X.] hat das [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] schließlich unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles und unter Abwägung der für und gegen eine [X.] sprechenden Indizien zu treffen (z.B. Senatsurteil vom 22. Dezember 2011 III R 46/08, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]/NV 2012, 730, Rz 20). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die Entscheidungsgründe in den [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]-Urteilen in [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]/NV 2012, 730, Rz 13 ff.; vom 15. März 2012 III R 29/09, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]E 237, 68, [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].], 892, Rz 27, und in [[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].]/NV 2016, 190, Rz 29 ff., m.w.N. Bezug genommen.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].] beruht auf § 143 Abs. 2 [[[[[[[[[[[[[[[[[X.].].].].].].].].].].].].].].].].]O.

Meta

III R 44/14

19.01.2017

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 13. März 2014, Az: 15 K 768/09, Urteil

§ 32 Abs 4 S 1 Nr 3 EStG 2002, § 32 Abs 4 S 1 Nr 3 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 SGB 9, § 118 Abs 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.01.2017, Az. III R 44/14 (REWIS RS 2017, 17104)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17104

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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