Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.09.2015, Az. I ZR 47/14

1. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 5249

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Gegenstand

Auskunftsvereinbarung zwischen einem Markeninhaber und einem Einzelhändler: Haftung des Vertreibers beanstandeter Koffer wegen irreführender Lieferantenangabe - Irreführende Lieferantenangabe


Leitsatz

Irreführende Lieferantenangabe

Es fällt unter den Schutzzweck der Pflicht zur richtigen Auskunftserteilung, den Auskunftsberechtigten vor Schäden zu bewahren, die adäquat durch eine unrichtige oder irreführende Auskunft nicht nur verursacht, sondern nach Lage der Dinge auch bei angemessen besonnenem Vorgehen geradezu herausgefordert werden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 19. Februar 2014 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Berufung der Beklagten stattgegeben worden ist.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 31. Zivilkammer des [X.] vom 11. April 2013 wird zurückgewiesen.

Von den Kosten der Revision und des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte 63% und die Klägerin 37%.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin mahnte im Jahr 2009 den Einzelhändler [X.] wegen des Angebots eines Koffers ab, den sie als Nachahmung eines von ihr hergestellten Rillenkoffers ansah. [X.] teilte ihr mit, er habe den Koffer von der [X.] bezogen.

2

Die Parteien schlossen daraufhin am 23./28. Dezember 2009 eine Vereinbarung, deren Nummern 5 und 6 folgenden Wortlaut haben:

5. Die [Beklagte] verpflichtet sich, den Hersteller der streitgegenständlichen Produkte bis zum [X.] mit vollständiger Adresse zu benennen.

6. Die [Klägerin] verzichtet im Übrigen auf Auskunft, Schadensersatz sowie weitere [X.] gegen [X.] sowie die [Beklagte].

3

Unter dem 8. Januar 2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe den Hersteller der Koffer bisher nicht in Erfahrung bringen können. Mit Schreiben vom 11. Januar 2010 gab sie an, der Lieferant sei die [X.]. [X.]., [X.] (im Folgenden: [X.].). Nach [X.] Abmahnung erhob die Klägerin gegen die [X.]. vor dem [X.] (31 O 516/10) Klage auf Unterlassung des Vertriebs der näher bezeichneten Rillenkoffer im Gebiet der [X.], Auskunft, Erstattung von Abmahnkosten sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht. Die [X.]. verteidigte sich damit, die fraglichen Koffer weder nach [X.] exportiert noch verkauft zu haben. Nachdem die Klägerin die Beklagte unter dem 21. Oktober 2011 um weitere Informationen zur Lieferanteneigenschaft der [X.]. gebeten hatte, übermittelte die Beklagte der Klägerin eine Zollurkunde, die von der Klägerin im Verfahren 31 O 516/10 vorgelegt wurde. Aus der Zollurkunde ergab sich, dass die [X.]. lediglich an die Muttergesellschaft der [X.] in [X.], die [X.].   G.  B.V., geliefert hatte, nicht jedoch in das Gebiet der [X.]. Daraufhin erklärte die Klägerin im Verfahren 31 O 516/10 die Klagerücknahme, der die [X.]. nicht zustimmte. Nachdem die Klägerin sich auf einen Hinweis der Kammer nicht zu einem Verzicht auf die Klageforderung bereit erklärte, wurde ihre Klage gegen die [X.]. abgewiesen.

4

Die Klägerin verlangt von der [X.] die Erstattung der ihr im Verfahren gegen die [X.]. entstandenen Kosten. Sie hat zunächst beantragt, die Beklagte zur Zahlung von [X.] € zuzüglich Zinsen zu verurteilen. Das [X.] hat der Klage in Höhe von 17.028,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz stattgegeben und sie im Übrigen hinsichtlich geltend gemachter Kosten für einen Patentanwalt und einen Teil der Gerichtskosten abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt, die Klägerin allerdings nur, soweit ihr nicht weitere 9.871 € zugesprochen worden sind.

5

Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

6

A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden keine Ansprüche wegen mangelhafter [X.]serteilung gegen die Beklagte zu. Dazu hat es ausgeführt:

7

Nach dem eindeutigen Wortlaut von Nr. 5 der Vereinbarung der Parteien habe sich die Beklagte verpflichtet, "den Hersteller der streitgegenständlichen Produkte mit vollständiger Adresse" zu benennen. Einen weitergehenden Anspruch auf [X.] über die gesamte Lieferkette, wie ihn § 19 [X.] vorsehe, hätten die Parteien nicht vereinbart. Die der Klägerin mit Schreiben vom 11. Januar 2010 erteilte [X.] der [X.], in der die [X.]. als "Lieferant" benannt worden sei, sei insoweit mangelhaft gewesen, als die Beklagte nicht die Herstellerin, sondern ausdrücklich die Lieferantin des in Rede stehenden Koffers bezeichnet habe. Ein zum Schadensersatz verpflichtender Zusammenhang zwischen der mangelhaften [X.] und dem eingetretenen Schaden sei jedoch bei wertender Betrachtung nicht festzustellen. Zwar habe die Klägerin die von der [X.] erteilte [X.] dahin verstehen dürfen, dass die [X.]. selbst an die Beklagte geliefert habe. Nach den [X.] habe die [X.] der Klägerin jedoch vor Erhebung der mit erheblichen Kostenrisiken und Kostenfolgen verbundenen Klage gegen die [X.]. zumindest Anlass zu einer Nachfrage bei der [X.] geben müssen. Da die Klägerin sich nicht bemüht habe, den [X.] aufzuklären, habe sie auf der Grundlage eines nicht hinreichend aufgeklärten Sachverhalts Klage erhoben. Sie könne die dafür aufgewendeten Kosten nicht unter Verweis auf die Mangelhaftigkeit der [X.] auf die Beklagte verlagern. Gesetzliche Ansprüche aus § 19 Abs. 5 [X.] oder §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. a, § 9 UWG seien nach Nr. 6 der Vereinbarung zwischen den Parteien ausgeschlossen.

8

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht eine Haftung der [X.] insgesamt verneint (dazu unten zu [X.]). Der Klägerin stehen aber keine weitergehenden als die ihr vom [X.] zugesprochenen Schadensersatzansprüche zu (dazu unten zu [X.]I).

9

I. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe wegen mangelhafter [X.] der [X.] kein Anspruch auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten zu, die ihr im Verfahren gegen die [X.]. entstanden sind.

1. Entgegen der Ansicht der Revision hält es allerdings revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, dass das Berufungsgericht die Vereinbarung der Parteien dahingehend ausgelegt hat, die Beklagte habe allein [X.] über den Hersteller der Rillenkoffer zu erteilen.

a) Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Das Revisionsgericht kann die Vertragsauslegung nur darauf überprüfen, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln oder Denkgesetze verstößt, erfahrungswidrig ist oder wesentlichen Tatsachenstoff außer [X.] lässt ([X.], Urteil vom 21. Januar 2010 - [X.], [X.], 828 Rn. 19 = [X.], 1154 - DiSC, mwN).

b) Solche Rechtsfehler werden von der Revision nicht aufgezeigt und lassen sich dem Berufungsurteil auch nicht entnehmen.

aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte sei nach Nr. 5 der Vereinbarung der Parteien verpflichtet gewesen, "den Hersteller der streitgegenständlichen Produkte mit vollständiger Adresse" zu benennen. Diese Formulierung sei ersichtlich enger als der in § 19 Abs. 1 [X.] geregelte [X.]sanspruch. In Nr. 6 der Vereinbarung habe die Klägerin "im Übrigen" auf [X.] verzichtet und damit inhaltlich weitergehende Ansprüche ausgeschlossen. Zudem habe den anwaltlich vertretenen Parteien die marken- und wettbewerbsrechtlich bedeutsame Unterscheidung zwischen "Hersteller" und "Lieferant" geläufig sein müssen. Die Klägerin möge ein Interesse an der Offenlegung der gesamten [X.] und bei Abschluss der Vereinbarung entsprechende Vorstellungen über deren Inhalt gehabt haben; einen [X.]sanspruch im Umfang von § 19 [X.] habe sie mit der [X.] jedoch nicht vereinbart. Die abweichende Auslegung des [X.]s, dass [X.] wie nach § 19 [X.] geschuldet sei, weil dem Abschluss der Vereinbarung eine markenrechtliche Streitigkeit vorausgegangen sei, stehe im Gegensatz zum eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung.

bb) Anders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht bei dieser Beurteilung keinen wesentlichen Tatsachenstoff unberücksichtigt gelassen.

(1) Das Berufungsgericht hat den Zusammenhang der Vereinbarung mit einer vorausgegangenen markenrechtlichen Streitigkeit nicht außer [X.] gelassen. Es ist vielmehr davon ausgegangen, dieser Umstand führe nicht dazu, die Vereinbarung in dem Sinne auszulegen, es sei [X.] wie nach § 19 [X.] geschuldet. Das Berufungsgericht hat dazu auf den Wortlaut der Nr. 5 im Zusammenhang mit Nr. 6 der Vereinbarung verwiesen. Während Nr. 5 mit der Verpflichtung der [X.], den Hersteller zu benennen, eine erkennbar engere Formulierung wähle als der in § 19 Abs. 1 [X.] geregelte [X.]sanspruch, schließe Nr. 6 ausdrücklich weitergehende [X.]sansprüche aus. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

(2) Die Auslegung des Berufungsgerichts beruht auch nicht darauf, dass es das Schreiben der Klägerin vom 4. November 2009 unberücksichtigt gelassen hat. Dieses Schreiben nimmt Bezug auf den Vorschlag einer Vereinbarung, die der Klägerin von der [X.] am 29. Oktober 2009 übermittelt worden ist. Dort wurde unter Nr. 5 vorgeschlagen, dass die Klägerin "im Übrigen auf [X.], Schadensersatz sowie weitere [X.] sowie auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung des [X.]s [X.]" gegenüber dem ursprünglich abgemahnten Einzelhändler J. verzichtete. Zu diesem Vorschlag heißt es im Schreiben der Klägerin vom 4. November 2009:

Zu Ziffer 5: Diese könnte man hiernach akzeptieren. Allerdings müsste der bisher nicht genannte Lieferant erklären, ob er Hersteller ist oder ebenfalls nur Händler ist. In diesem Falle müsste der Lieferant seinen Zulieferer bzw. den Hersteller nennen.

Die Beklagte antwortete daraufhin unter dem 13. November 2009:

Selbstverständlich ist unser Mandat auch bereit, den Hersteller der hier interessierenden Koffer zu benennen.

Dementsprechend heißt es in Nr. 5 der danach abgeschlossenen Vereinbarung:

Die [Beklagte] verpflichtet sich, den Hersteller … zu benennen.

Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus dieser Vorkorrespondenz zur Vereinbarung kein Hinweis darauf, dass die Beklagte sich zu vollständigen Angaben über die Lieferkette verpflichtet hat. Ob die Klägerin die vollständige Lieferkette erfahren wollte, ist demgegenüber unerheblich, da es allein auf den tatsächlich vereinbarten Inhalt der Vereinbarung ankommt.

(3) Zu Recht hat das Berufungsgericht den nach Abschluss der Vereinbarung datierenden Schreiben der [X.] an die Klägerin vom 8. und 11. Januar 2010 keine entscheidende Bedeutung für die Auslegung des Begriffs "Hersteller" in der Vereinbarung beigemessen. Es hat vielmehr zutreffend angenommen, für seine Auslegung anhand des Wortlauts spreche "die eindeutige Begriffswahl" der anwaltlich vertretenen Parteien, denen die marken- und wettbewerbsrechtlich bedeutsame Unterscheidung zwischen "Hersteller" und "Lieferant" sowie "Herkunft" und "Vertriebsweg" geläufig sein musste. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, wie die Klägerin die ihr am 11. Januar 2010 erteilte [X.] verstehen musste.

2. Ausgehend von diesem Verständnis der Vereinbarung der Parteien hat das Berufungsgericht angenommen, die der Klägerin mit Schreiben vom 11. Januar 2010 erteilte [X.] der [X.] sei mangelhaft, weil die Beklagte die [X.]. dort nicht als Herstellerin, sondern ausdrücklich als Lieferantin des in Rede stehenden Koffers bezeichnet habe. Das habe die Klägerin dahingehend verstehen dürfen, dass die [X.]. selbst direkt an die Beklagte geliefert habe und nicht über den Umweg der Muttergesellschaft der [X.] in [X.]. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zu Recht hat das Berufungsgericht bei dieser tatrichterlichen Beurteilung dem von der Revisionserwiderung angeführten Umstand keine Bedeutung beigemessen, dass die Beklagte bei der [X.] nicht die Formulierung gewählt hat, die [X.]. sei "ihr Lieferant" gewesen, sondern stattdessen allgemein "den Lieferanten für den Trolly" benannt hat. Die Revisionserwiderung zeigt keinen Anhaltspunkt dafür auf, dass die Klägerin aufgrund der [X.] Anlass hatte, die [X.]. als Lieferanten an ein anderes Unternehmen als die Beklagte anzusehen. Auch das [X.] hatte die von der [X.] verwendete Formulierung im Sinne von "ihr Lieferant" verstanden.

b) Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts zur Angabe des Lieferanten in der [X.] der [X.] wird entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht dadurch in Frage gestellt, dass nach der Vereinbarung der Parteien allein die Angabe des Herstellers geschuldet war. Wie die Revision unter Hinweis auf die Ausführungen des [X.]s zutreffend geltend macht, konnte die Klägerin die [X.] der [X.] dahingehend verstehen, die [X.]. sei zugleich Hersteller der Rillenkoffer und Lieferant der [X.]. Aus Sicht der Klägerin war auch keineswegs ausgeschlossen, dass die Beklagte, wenn sie den Hersteller - wie im Schreiben vom 8. Januar 2010 mitgeteilt - nicht in Erfahrung bringen konnte, stattdessen jedenfalls ihren Lieferanten nannte.

c) Die Beklagte war gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit der Vereinbarung der Parteien verpflichtet, die geschuldete [X.] vollständig und richtig zu erteilen. Eine vertragliche Nebenpflicht aus dem [X.]svertrag ist es zudem, die [X.] so zu geben, dass der Empfänger der [X.] nicht irregeführt wird. Gegen diese Pflichten hat die Beklagte schuldhaft verstoßen.

aa) Das Berufungsgericht hat die der Klägerin erteilte [X.] zu Recht als mangelhaft angesehen. Das gilt auch dann, wenn die [X.]., wie die Revisionserwiderung geltend macht und das Berufungsgericht unterstellt hat, tatsächlich Hersteller der in Rede stehenden Rillenkoffer war.

Mit der Angabe, die [X.]. sei "Lieferant", hat die Beklagte die Klägerin durch eine unvollständige [X.] irregeführt. Ohne Erfolg wendet die Revisionserwiderung dagegen ein, die [X.]. sei der einzige Lieferant gewesen, da es keinen weiteren Lieferanten gegeben habe, der nach [X.] geliefert habe. Das von der [X.]. belieferte [X.] in [X.] habe nicht an die Beklagte geliefert, sondern die Beklagte habe die jeweilige Ware vom konzernzugehörigen Lager abgerufen und von dort an ihre Kunden versandt.

Die Beklagte hat nicht vorgetragen, wie der Abruf der Ware in [X.] rechtlich ausgestaltet war. Nicht fernliegend ist, dass es sich rechtlich um Lieferungen der [X.] Muttergesellschaft an die [X.] Tochtergesellschaft handelt. Unabhängig davon hatte die Klägerin keinen Anhaltspunkt dafür, dass die [X.]. die Koffer nicht an die Beklagte nach [X.], sondern an ein Zentrallager ihrer Muttergesellschaft in [X.] lieferte. Brauchte die Klägerin mit einer Lieferung an ein Lager in [X.] nicht zu rechnen, so war die Beklagte verpflichtet, auf diesen wesentlichen Umstand hinzuweisen. Es entsprach dem üblichen Verlauf der Dinge, dass die Klägerin versuchen würde, wettbewerbs- und markenrechtliche Ansprüche gegenüber dem von der [X.] benannten Lieferanten durchzusetzen. Die in Nr. 5 der Vereinbarung der Parteien vorgesehene [X.]spflicht hatte, ungeachtet ihres beschränkten Umfangs, den für die Beklagte erkennbaren Zweck, der Klägerin eine solche Rechtsverfolgung zu ermöglichen. Die Beklagte war deshalb verpflichtet, die geschuldete [X.] in einer Weise zu erteilen, die die Klägerin nicht durch Verschweigen wesentlicher Umstände in naheliegender Weise zu einer aussichtslosen Rechtsverfolgung veranlasste.

bb) Die Beklagte hat die Mangelhaftigkeit ihrer [X.] auch im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten.

Der anwaltlich vertretenen [X.] musste, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, die im Marken- und Wettbewerbsrecht bedeutsame Unterscheidung zwischen "Hersteller" und "Lieferant" geläufig sein. Gab die Beklagte die [X.]. als Lieferanten und nicht, wie vereinbart, als Hersteller an, musste sie auch erkennen, dass die Klägerin dies nur dahingehend verstehen konnte, die [X.]. sei entweder zugleich Hersteller und Lieferant der [X.], oder die Beklagte könne ihr den Hersteller nach wie vor nicht benennen und teile ihr stattdessen nunmehr ihren Lieferanten mit. In beiden Fällen musste die Beklagte erkennen, dass die Klägerin die [X.] nur im Sinne einer Lieferung von der [X.]. an die Beklagte nach [X.] verstehen konnte. Diese zu erwartende Fehlvorstellung bei der Klägerin, die für die Beklagte im Hinblick auf das Zentrallager ihrer Muttergesellschaft in [X.] und dessen Funktion ohne weiteres erkennbar war, hätte die Beklagte durch eine entsprechende ergänzende Information leicht vermeiden können und aufgrund des [X.]svertrags auch verhindern müssen.

3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Zurechnungszusammenhang zwischen der mangelhaften [X.] der [X.] und dem Schaden der Klägerin in Form nutzloser Rechtsverfolgungskosten verneint.

a) In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Eine Haftung besteht für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Der geltend gemachte Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen; ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang genügt nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (vgl. [X.], Urteil vom 22. Mai 2012 - [X.], [X.], 2024 Rn. 14 mwN). Konnte der geltend gemachte Schaden nicht ohne eigenes Verhalten des Geschädigten entstehen, das als solches auf einem freien Entschluss beruhte und erst nach dem zum Anlass der Ersatzforderung genommenen Geschehen in den hierdurch in Gang gesetzten Kausalverlauf eingegriffen hat, ist bei wertender Betrachtung grundsätzlich kein zum Schadensersatz verpflichtender Zusammenhang mehr gegeben. Eine Ersatzpflicht kann allerdings auch dann der Billigkeit entsprechen, wenn für das tatsächliche Verhalten des Geschädigten nach dem haftungsbegründenden Ereignis ein rechtfertigender Anlass bestand oder es durch dieses Ereignis herausgefordert wurde und eine nicht ungewöhnliche oder unangemessene Reaktion darauf darstellte (vgl. [X.], Urteil vom 17. Oktober 2000 - [X.], NJW 2001, 512, 513; Urteil vom 23. November 2006 - I ZR 276/03, [X.], 631 Rn. 23 = [X.], 783 - Abmahnaktion, mwN).

b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nur unzureichend beachtet.

aa) Zutreffend ist insoweit allerdings der Ausgangspunkt der Überlegungen des Berufungsgerichts, der von der Klägerin geltend gemachte Schaden hätte nicht ohne ihren freien Entschluss entstehen können, Klage gegen die [X.]. vor dem [X.] [X.] zu erheben. Das hat indes bei wertender Betrachtung der Gesamtumstände im Streitfall entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zur Folge, dass der zum Schadensersatz verpflichtende Zusammenhang zwischen mangelbehafteter [X.] und Schaden fehlt. Dabei ist zwar die Ermittlung der in die Betrachtung einzubeziehenden Gesamtumstände eine tatrichterliche Aufgabe. Bei der Bewertung dieser Gesamtumstände und den daraus abgeleiteten rechtlichen Folgerungen handelt es sich jedoch um eine Rechtsfrage, die der Beurteilung des [X.] unterliegt.

bb) Nicht zuzustimmen ist der Beurteilung des Berufungsgerichts, die erteilte [X.] habe der Klägerin zumindest Anlass zu einer Nachfrage bei der [X.] geben müssen, bevor sie den mit erheblichen Kostenrisiken und Kostenfolgen verbundenen Klageweg gegen die [X.]. beschritt. Anlass zur Nachfrage gebende Umstände seien die wettbewerbs- und markenrechtlich bedeutsame Unterscheidung zwischen "Hersteller" und "Lieferant", die ausdrückliche Beschränkung in Nr. 5 der Vereinbarung auf die Nennung des Herstellers sowie das Schreiben der [X.] vom 8. Januar 2010, wonach sie [X.] über den Hersteller erteilen wollte.

Alle diese Umstände konnten allein Zweifel daran begründen, ob mit der Nennung des Lieferanten im Schreiben vom 11. Januar 2010 auch zugleich der Hersteller benannt worden war und ob demgemäß der Anspruch aus Nr. 5 der Vereinbarung mit dieser [X.] erfüllt werden konnte. Aus diesen Umständen folgt aber nicht, dass die [X.]. von der Klägerin aufgrund der [X.] nicht jedenfalls als Lieferant der Koffer an die Beklagte nach [X.] angesehen werden durfte und musste, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang selbst angenommen hat. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nicht, dass für die Klägerin hinsichtlich der Eigenschaft der [X.]. als Lieferantin Unklarheiten bestanden oder sich für sie dazu Nachfragen aufdrängten.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus dem Normzweck des [X.]sanspruchs gemäß § 19 [X.], der dem Verletzten eine umfassende, eigenverantwortliche Überprüfung von Herkunft und Vertriebsweg ermöglichen soll. Die Parteien haben unabhängig von § 19 [X.] eine eigenständige vertragliche [X.]spflicht begründet. Die Klägerin konnte schon allein auf Grundlage der [X.] der [X.] annehmen, die [X.]. jedenfalls wegen der Lieferung der beanstandeten Rillenkoffer nach [X.] erfolgreich in Anspruch nehmen zu können. Die Klägerin hat dementsprechend die [X.]. in dem Verfahren 31 O 516/10 vor dem [X.] [X.] auch nur als Lieferant in Anspruch genommen.

c) Unter den vom Berufungsgericht festgestellten Umständen entspricht es dem adäquaten Kausalverlauf, dass die Klägerin durch die [X.] der [X.] zu einer Abmahnung der [X.]. veranlasst wurde und, nachdem die Abmahnung unbeantwortet blieb, Klage erhoben hat. Wird die Klage abgewiesen, weil die erteilte [X.] falsch war und sich herausstellte, dass die [X.]. nicht nach [X.], sondern nur in die [X.] geliefert hat, besteht der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen falscher [X.] und Schaden in Form der notwendigen Rechtsverfolgungskosten. Es fällt jedenfalls unter den Schutzzweck der Pflicht zur richtigen [X.]serteilung, den [X.]sberechtigten vor Schäden zu bewahren, die adäquat durch eine unrichtige oder irreführende [X.] nicht nur verursacht, sondern nach Lage der Dinge auch bei angemessen besonnenem Vorgehen geradezu herausgefordert werden. So liegt es hier.

d) Der Kausalzusammenhang zwischen der irreführenden [X.] der [X.] und den nutzlos aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten der Klägerin gegen die [X.]. kann nicht mit der Erwägung verneint werden, die Klägerin hätte diesen Prozess auch bei zutreffender mangelfreier [X.] verloren. Hätte die Beklagte offengelegt, die [X.]. habe an das Lager der Muttergesellschaft in [X.] geliefert, oder hätte die Beklagte sich auf die vertraglich allein geschuldete Angabe des Herstellers der beanstandeten Koffer beschränkt, gibt es keinen Anhalt dafür, dass die Klägerin die Klage beim [X.] [X.] erhoben hätte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Klägerin sich bei einer richtigen [X.] folgerichtig verhalten hätte (vgl. [X.], Urteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.]Z 193, 159 Rn. 28). Gegenteiliges zeigt die Revisionserwiderung nicht auf. Ihr Hinweis, die Klägerin hätte den Prozess in [X.] ohnehin verloren, geht daher ins Leere. Die Klägerin hätte die im Verfahren gegen die [X.]. entstandenen Rechtsverfolgungskosten vermieden. Ob die Klägerin in diesem Fall durchsetzbare Ansprüche gegen die [X.]. im Ausland gehabt hätte, ist unerheblich.

e) Das Berufungsgericht hat somit eine Haftung der [X.] zu Unrecht schon dem Grunde nach verneint. Das Berufungsurteil ist aufzuheben, soweit es der Berufung der [X.] stattgegeben hat.

II. Zur Bestimmung der Höhe des Schadensersatzanspruchs der Klägerin bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Berufungsurteils nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung der Grundsätze zum Zurechnungszusammenhang erfolgt und weitere Feststellungen nicht erforderlich sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage ist wegen schuldhaft mangelhaft und irreführend erteilter [X.] gemäß § 280 Abs. 1 BGB entsprechend dem Ausspruch des [X.]s in Höhe von 17.028,30 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. August 2012 begründet. Die weitergehende Revision der Klägerin ist zurückzuweisen, so dass die Zurückweisung ihrer Berufung Bestand hat.

1. Nach § 249 Abs. 1 BGB sind nicht alle durch ein Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren ([X.], Urteil vom 23. Oktober 2003 - [X.], NJW 2004, 444, 446; Urteil vom 10. Januar 2006 - [X.], [X.], 1065 Rn. 5).

2. Nach diesem Maßstab hat das [X.] zu Recht die im Kostenfestsetzungsbeschluss des Verfahrens 31 O 516/10 gegen die Klägerin festgesetzten Kosten von 5.998,50 € sowie die in diesem Verfahren angefallenen Kosten für die Auslandszustellung in Höhe von 1.860 €, eine einfache Gerichtsgebühr in Höhe von 2.056 € und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 7.113,80 €, insgesamt also 17.028,30 €, als ersatzfähig angesehen. Die Revisionserwiderung erhebt dagegen keine Einwände; Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich.

Dasselbe gilt für die vom [X.] zugesprochenen Zinsen, die aus § 280 Abs. 2, § 286 Abs. 1 S. 1, § 288 Abs. 1 BGB ab 18. August 2012 begründet sind.

3. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin dagegen nicht zu, so dass es bei der Zurückweisung der Berufung der Klägerin durch das Berufungsgericht verbleibt.

a) Die Kosten für den mitwirkenden Patentanwalt hat das [X.] der Klägerin nicht zugesprochen, weil sie nichts dazu vorgetragen habe, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich gewesen sei und was der Patentanwalt zu der Abmahnung oder zu dem Prozess gegen die [X.]. beigetragen habe. Die Revision verweist auf keinen dazu von der Klägerin gehaltenen Vortrag.

Auf die unwiderlegliche Vermutung der Notwendigkeit der Mitwirkung eines Patentanwalts nach § 140 Abs. 3 [X.] kann sich die Klägerin nicht berufen. Diese Bestimmung ist für Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts außerhalb eines Rechtsstreits, etwa bei einer Abmahnung, angefallen sind, weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar ([X.], Urteil vom 24. Februar 2011 - [X.], [X.], 754 Rn. 11 ff. = [X.], 1057 - Kosten des Patentanwalts II). Im Übrigen betrifft § 140 Abs. 3 [X.] nur das Prozessrechtsverhältnis zwischen den an einem Rechtsstreit beteiligten Parteien, hier also zwischen der Klägerin und der [X.]. Dagegen ist für die Schadensersatzpflicht der [X.] die Bestimmung des § 249 BGB maßgeblich, nach der Ersatz nur zu leisten ist, soweit die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich und zweckmäßig war.

b) Von den Gerichtskosten des Verfahrens 31 O 516/10 in Höhe von 6.168 € hat das [X.] zu Recht nur eine einfache Gerichtsgebühr aus dem Streitwert von 300.000 € in Höhe von 2.056 € als ersatzfähig angesehen.

Die weiteren zwei Gerichtsgebühren hätte die Klägerin vermeiden können, wenn sie auf die Klageforderung verzichtet hätte. Dazu bestand Anlass, nachdem aufgrund der in jenem Verfahren vorgelegten Zollurkunde deutlich geworden war, dass die [X.]. lediglich an das Lager in [X.] geliefert hatte, und das [X.] mit Schreiben der Berichterstatterin vom 2. Februar 2012 eine Erklärung der Klägerin erbeten hatte, ob auf die Klageforderung verzichtet werde. Stattdessen hat die Klägerin nach Vorlage der Zollurkunde und dem Hinweisbeschluss des [X.]s vom 8. Dezember 2011 die Klage zurückgenommen, ohne dass die [X.]. der Rücknahme zugestimmt hat.

Aufgrund der Zollurkunde war der Sachverhalt für die Klägerin jedenfalls insoweit klar, als die [X.]. vor dem [X.] [X.] nicht mit Aussicht auf Erfolg in Anspruch genommen werden konnte. Noch bestehende offene Fragen im Verhältnis zur [X.] konnten in jenem Verfahren nicht geklärt werden. Die Fortsetzung des Verfahrens gegen die [X.]. war auch nicht im Hinblick auf die Streitverkündung der Klägerin gegenüber der [X.] erforderlich und zweckmäßig, um die Bindungswirkung gemäß §§ 74, 68 ZPO zu erreichen. Die Klägerin hat durch ihren Versuch der Rücknahme der Klage deutlich gemacht, dass ihr diese Bindungswirkung nicht wesentlich erschien. Darüber hinaus ist die Zollurkunde der Klägerin von der [X.] übergeben worden, so dass die Beklagte kaum ihren Inhalt hätte bestreiten können oder ein etwaiges Bestreiten jedenfalls prozessual folgenlos hätte bleiben müssen.

c) Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin weder aus § 19 Abs. 5 [X.] noch aus § 9 UWG zu.

aa) Die Haftung für eine fehlerhafte [X.] nach § 19 Abs. 5 [X.] knüpft an die Pflicht zur Erteilung von Auskünften nach § 19 Abs. 1 oder Abs. 2 [X.] an. Nach Nr. 6 der Vereinbarung der Parteien schuldete die Beklagte aber [X.] allein gemäß Nr. 5 der Vereinbarung. § 19 Abs. 5 [X.] kann danach im Streitfall weder direkt noch entsprechend zur Begründung der Ansprüche der Klägerin herangezogen werden.

bb) Ansprüche aus § 9 UWG kommen schon deshalb nicht in Betracht, weil die [X.]serteilung aufgrund der Vereinbarung der Parteien keine geschäftliche Handlung der [X.] im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt.

III. [X.] beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher                  Schaffert                         [X.]

                Koch                       [X.]

Meta

I ZR 47/14

17.09.2015

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 19. Februar 2014, Az: I-6 U 72/13, Urteil

§ 280 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.09.2015, Az. I ZR 47/14 (REWIS RS 2015, 5249)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5249

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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