Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2008, Az. I ZR 123/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4181

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 30. April 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Rillenkoffer [X.] § 14 Abs. 2 Nr. 2; UWG §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a a) In die Beurteilung der Frage, ob eine angegriffene dreidimensionale Aufma-chung markenmäßig benutzt wird, ist auch die Kennzeichnungskraft der [X.] mit einzubeziehen. b) Eine Produktpalette kann als Gesamtheit von Erzeugnissen mit Gemein-samkeiten in der Zweckbestimmung und Formgestaltung über wettbewerbli-che Eigenart verfügen. c) Zur Herkunftstäuschung bei einem aus mehreren Produkten zusammenge-setzten Angebot (hier: Koffer mit Kosmetikartikeln). [X.], [X.]. v. 30. April 2008 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 30. April 2008 durch [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 6. Juli 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin produziert und vertreibt Koffer. Zu ihrem Sortiment gehören seit 50 Jahren Koffer aus Aluminium, die ein bestimmtes [X.] aufwei-sen. Diese werden in nahezu jedem Fachgeschäft in [X.] angeboten und von der Klägerin seit langer Zeit auf einschlägigen Fachmessen und in Fachzeitschriften sowie [X.] beworben. Die nachfolgend abgebildeten Koffer zeigen aus der Produktpalette der Klägerin die Serie "S. ": 1 - 3 - Die Klägerin ist Inhaberin der nachstehend wiedergegebenen dreidimen-sionalen Marke Nr. 396 16 163, die unter anderem für "Reise- und Handkoffer, Kosmetikkoffer (alle aus Aluminium oder Kunststoff)" eingetragen ist, 2 - 4 - sowie der weiteren dreidimensionalen Marke Nr. 396 16 159: Die [X.] handelt mit Kosmetika. Sie belieferte die Parfümeriekette [X.]mit Koffern in der im Klageantrag wiedergegebenen Aufmachung. [X.] verfügten über ein [X.] und waren mit Kosmetika befüllt. 3 Die Klägerin sieht den Vertrieb des von der [X.] angebotenen [X.] als eine Verletzung ihrer Markenrechte und wegen vermeidbarer Herkunfts-täuschung als wettbewerbswidrig an. Sie hat behauptet, das [X.] ihrer [X.]e sei im Verkehr sehr bekannt und im Markt nahezu einmalig. 4 Die Klägerin hat beantragt, 5 [X.] die [X.] zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepu-blik [X.] [X.]s wie nachstehend wiedergegeben - 5 - anzubieten, feilzuhalten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen: 2. Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die [X.] seit dem 23. Dezember 2003 Handlungen gemäß Ziffer [X.] begangen hat, insbesondere a) welche Umsätze sie mit dem in Ziffer [X.] genannten [X.] getätigt hat bzw. welche Stückzahlen sie hiervon zu welchen Preisen verkauft hat, und zwar aufgeschlüsselt nach Kalendermonaten und [X.]; b) von welchem(n) Lieferanten sie diesen [X.] bezogen und an welche gewerblichen Abnehmer in der Bundesrepublik [X.] sie diese zu welchen Preisen veräußert hat, und zwar unter Angabe der vollen Adressen; I[X.] festzustellen, dass die [X.] verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer [X.] bezeichnete - 6 - Handlung seit dem 23. Dezember 2003 entstanden ist und/oder noch entstehen wird. Die [X.] ist der Auffassung der Klägerin entgegengetreten, dass das Publikum über die betriebliche Herkunft des von ihr vertriebenen Koffers ge-täuscht werde. Die Rillenstruktur verkörpere eine gestalterische Grundidee, die nicht zugunsten der Klägerin monopolisiert werden dürfe. 6 Das [X.] hat die [X.] antragsgemäß verurteilt ([X.], [X.]. v. 16.12.2004 - 31 O 562/04, juris). 7 Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (O[X.] [X.] 2005, 449 = MD 2006, 90). 8 Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. 9 Entscheidungsgründe: 10 [X.] Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung und nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 [X.] wegen Verletzung der Marken der Klägerin sowie Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatz verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die wettbewerbliche Eigenart der Koffer der Klägerin könne bereits nicht festgestellt werden. Die Klägerin hätte sich auf bestimmte [X.]e [X.] - 7 - gen müssen, aus denen sie eine wettbewerbliche Eigenart habe ableiten [X.]. Das sei nicht geschehen. Letztlich komme es darauf aber nicht einmal an, weil die Gefahr einer Herkunftstäuschung im Zeitpunkt des Kaufs auszuschlie-ßen sei. Der Koffer der [X.] werde mit Kosmetika geliefert und angebo-ten. Er wirke daher nur als Verpackung der offen präsentierten Kosmetika. Der Verbraucher, der eine Kosmetikabteilung aufsuche, wolle in erster Linie [X.] erwerben und achte nur auf die Kosmetikartikel. Einer Herkunftstäuschung hinsichtlich des Koffers, der nur als Verpackung wirke, könne er nicht unterlie-gen. Markenrechtliche Ansprüche seien ebenfalls ausgeschlossen. Es fehle jedenfalls in der vorbeschriebenen Vertriebssituation an der für eine Verletzung erforderlichen markenmäßigen Benutzung des [X.]s. 12 I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverwei-sung der Sache an das Berufungsgericht. 13 1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, ein markenrechtlicher [X.] nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 [X.] sei nicht gege-ben, weil das [X.] der [X.] nicht markenmäßig benutzt werde, hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 14 a) Eine Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 [X.] kann allerdings grundsätzlich nur angenommen werden, wenn die angegriffene Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig verwendet wird, also im Rahmen des [X.] jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren eines Unterneh-mens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. [X.], [X.]. v. 12.11.2002 15 - 8 - - [X.]/01, [X.]. 2002, [X.] = [X.], 55 [X.]. 51 ff. = [X.], 1415 - [X.]; [X.] 153, 131, 138 - Abschlussstück; 164, 139, 145 - Dentale Abformmasse). Dies hat seinen Grund im Zweck der Rechte des [X.], die sicherstellen sollen, dass die Marke ihre Funktion erfüllen kann. Diese Rechte sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen [X.] die Funktion der Marke und insbe-sondere deren Hauptfunktion, d.h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (vgl. [X.] [X.], 55 [X.]. 51 f. - [X.]; [X.], [X.]. v. 7.10.2004 - I ZR 91/02, [X.], 427, 428 = [X.], 616 - Lila-Schokolade). Auch bei einer dreidimensionalen Marke richtet sich der Schutz des Markenrechts vor allem gegen die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke und nicht gegen die Übernahme technischer Lösungen, von Gebrauchseigenschaften oder ästhetischer Gestaltungsgedanken durch Mitbe-werber für deren Waren (vgl. [X.], [X.]. v. 18.6.2002 - [X.]/99, [X.]. 2002, [X.] = [X.], 804 [X.]. 78 = [X.], 924 - [X.]; [X.] 171, 89 [X.]. 22 - Pralinenform). b) Die Beurteilung, ob eine Warengestaltung vom Verkehr als [X.] verstanden und somit markenmäßig verwendet wird, obliegt im Wesent-lichen dem Tatrichter ([X.] 153, 131, 139 - Abschlussstück; [X.], [X.]. [X.] - [X.], [X.], 414, 415 = [X.], 610 - [X.] Schaumgebäck). Im Revisionsverfahren ist daher nur zu prüfen, ob der Tatrich-ter den Rechtsbegriff zutreffend erfasst und entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung geurteilt hat und ob das gewonnene Er-gebnis von den Feststellungen getragen wird. Die Annahme des Berufungsge-richts, die angegriffene Aufmachung sei nicht markenmäßig verwandt worden, beruht auf [X.]. 16 - 9 - [X.]) Das Berufungsgericht hat bei der Ablehnung einer markenmäßigen Benutzung entscheidend auf die Vertriebssituation abgestellt. Diese hat das Berufungsgericht primär darin gesehen, dass vorliegend ein Kosmetiksortiment in einem Kosmetikgeschäft oder einer Kosmetikabteilung ausgestellt wurde. 17 [X.]) Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass in die Beurteilung, ob die [X.] die angegriffene Aufmachung markenmäßig benutzt, die Kennzeichnungskraft der [X.] einzubeziehen ist. Der Kennzeichnungsgrad einer dreidimensionalen Marke hat Auswirkungen darauf, ob der Verkehr dieser Form einen Herkunftshinweis ent-nimmt, wenn er ihr als Form einer Ware begegnet ([X.] 171, 89 [X.]. 30 - Pralinenform, m.w.N.). Die Klägerin hatte hierzu unbestritten geltend gemacht, sie stelle seit 50 Jahren Koffer mit einem speziellen Oberflächen-[X.] aus Aluminium her, die sich in [X.] in beinahe jedem Fachgeschäft fänden und die sie umfangreich beworben habe. Die Klägerin hat hieraus gefol-gert, dass sich das [X.] innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin durchgesetzt hat und ihre [X.] bekannte Marken sind. Das Berufungsgericht hat zur originären Un-terscheidungskraft der dreidimensionalen Marken der Klägerin und zu einer Steigerung dieser Unterscheidungskraft infolge Benutzung keine Feststellungen getroffen und auch die von der [X.] vorgelegte Verkehrsbefragung zur Form der Koffer der Klägerin nicht gewürdigt. Für das Revisionsverfahren kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die dreidimensionalen Marken der Klägerin aufgrund hoher Marktpräsenz sowie langjähriger und intensiver [X.] über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügen und dies auch [X.] auf die Frage hat, ob der Verkehr der angegriffenen Aufmachung einen Herkunftshinweis entnimmt. 18 - 10 - Sollte das Berufungsgericht im wiedereröffneten [X.] zu dem Ergebnis gelangen, dass die [X.]n über eine gesteigerte [X.] verfügen, wird es auch zu berücksichtigen haben, dass die [X.] Aufmachung nicht genau den [X.]n entspricht und sich deren Kennzeichnungskraft wegen der Abweichungen nicht ohne Weiteres auf die markenmäßige Benutzung der angegriffenen Warenform auszuwirken braucht. 19 cc) Bei der Beurteilung, ob die [X.] die angegriffene Aufmachung des Koffers markenmäßig benutzt hat, hat das Berufungsgericht zudem allein auf den Zeitpunkt der Kaufsituation abgestellt und rechtsfehlerhaft die nachfol-gende Verwendung des von der [X.] mit Kosmetikartikeln vertriebenen Koffers unberücksichtigt gelassen. 20 Die Marke entfaltet zwar ihre Hauptfunktion, die Herkunft der Ware ge-genüber dem Verbraucher zu gewährleisten, vor allem dann, wenn die mit der Marke versehene Ware beim Verkauf in den Verkehr gebracht wird. Aber auch gegenüber denen, die das gekennzeichnete Produkt bestimmungsgemäß [X.], kann die Marke herkunftshinweisend wirken. Das aus der Eintragung folgende Markenrecht kann deshalb auch gegen verwechslungsfähige Zeichen, die erst im Stadium der Benutzung oder des Verbrauchs der Ware wahrge-nommen werden, zu schützen sein (vgl. [X.] [X.], 55 [X.]. 57 - [X.]; [X.], [X.]. v. 12.1.2006 - [X.]/04, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 237 [X.]. 46 - [X.]/PICARO; [X.] 164, 139, 147 f. - [X.]; 171, 89 [X.]. 25 - Pralinenform). 21 Das Berufungsgericht hat in anderem Zusammenhang nicht ausge-schlossen, dass Verbraucher, die das Produkt der [X.] nicht selbst in [X.] - 11 - nem Kosmetikladen gekauft haben und den Koffer später im Einsatz sehen, der Meinung sein könnten, es handele sich dabei um einen von der Klägerin produ-zierten Koffer. Ein derartiges Verständnis beträfe nicht nur die funktionelle oder ästhetische Gestaltung der Warenform, sondern die angesprochenen Verkehrs-kreise würden die angegriffene Aufmachung als Herkunftshinweis auffassen. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob beim [X.] tatsächlich von einem solchen Verkehrsverständnis auszu-gehen ist. Diese wird es ebenfalls nachzuholen haben. c) Die Abweisung der auf Auskunftserteilung und Feststellung der Scha-densersatzverpflichtung gerichteten Klageanträge zu [X.] und [X.] kann ebenfalls keinen Bestand haben, weil markenrechtlich relevante Verletzungshandlungen der [X.] nicht ausgeschlossen sind. 23 2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden die gel-tend gemachten Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leis-tungsschutz nach §§ 8, 9, §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG i.V. mit § 242 BGB, § 1 UWG a.F. nicht zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand. 24 a) Mit Blick auf das im Laufe des Rechtsstreits in [X.] getretene neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen zwischen dem Unterlassungsanspruch einerseits und dem Auskunfts- und Schadensersatzanspruch andererseits zu unterscheiden. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Gefahren gerichtet ist, ist eine Klage nur dann begründet, wenn auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, da es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt. Demgegenüber kommt es 25 - 12 - bei der Feststellung der Schadensersatzpflicht und der Verpflichtung zur [X.] auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Begehung an. Nachdem die Neufassung des [X.] in § 4 Nr. 9 UWG lediglich die gesetzlichen Grundlagen, nicht aber den Inhalt des [X.] wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes geändert hat ([X.], [X.]. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, [X.], 166, 167 = [X.], 88 - Puppenausstattungen; vgl. auch die Begründung des [X.], BT-Drucks. 15/1487, S. 18), ist eine Differenzierung nach neuem und altem Recht nicht erforderlich ([X.], [X.]. v. 11.1.2007 - I ZR 198/04, [X.], 795 [X.]. 19 = [X.], 1076 - Handtaschen). b) Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungs-schutz sind im vorliegenden Fall nicht durch die Vorschriften des Markenrechts ausgeschlossen. Im Anwendungsbereich der Bestimmungen des Markengeset-zes ist allerdings für einen lauterkeitsrechtlichen Schutz grundsätzlich kein Raum (st. Rspr.; [X.], [X.]. v. 3.11.2005 - I ZR 29/03, [X.], 329 [X.]. 36 = [X.], 470 - Gewinnfahrzeug mit Fremdemblem). Die Klägerin begehrt jedoch, soweit sie ihre Ansprüche auf die Grundsätze des ergänzenden wett-bewerbsrechtlichen Leistungsschutzes stützt, keinen Schutz für eine Kenn-zeichnung, sondern für die Produktpalette ihrer Koffer als konkrete [X.]. Sie begründet dies damit, dass die [X.] dadurch unlauter ge-handelt habe, dass diese die die wettbewerbliche Eigenart der Koffer der Kläge-rin begründenden Merkmale übernommen und dadurch eine vermeidbare [X.] hervorgerufen habe. Dieses Begehren fällt nicht in den Schutzbereich des Markenrechts (vgl. auch [X.], [X.]. v. 21.9.2006 - I ZR 270/03, [X.], 339 [X.]. 23 = [X.], 313 - [X.]). 26 - 13 - c) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das Produkt von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Über-nahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwir-kung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Über-nahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen ([X.] [X.], 339 [X.]. 24 - [X.]; [X.], [X.]. v. [X.], [X.], 984 [X.]. 14 = [X.], 1455 - Gartenliege). 27 d) Mit Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe sich mit dem Vorbringen der Klägerin zur wettbewerblichen Eigenart ihrer Produkte nicht auseinandergesetzt. Das Berufungsgericht hat hierzu keine Feststellungen mit der Begründung getroffen, es gehe beim ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung um den Vertrieb von Nachahmungen eines wettbewerblich eigenartigen, real existierenden Produkts. Die Klägerin müsse sich deshalb festlegen, aus welchem [X.] oder aus welchen [X.]en sie ihre Ansprüche herleiten wolle, was nicht gesche-hen sei. Dem kann nicht zugestimmt werden. 28 [X.]) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen [X.] Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hin-zuweisen ([X.] [X.], 795 [X.]. 25 - Handtaschen). Nach der Rechtspre-chung des Senats kann einem Produktprogramm als Gesamtheit von Erzeug-nissen mit Gemeinsamkeiten in der Zweckbestimmung und Formgestaltung 29 - 14 - unter bestimmten Voraussetzungen wettbewerblicher Schutz gewährt werden. Voraussetzung ist dabei nicht, dass jedes einzelne Teil für sich genommen eine wettbewerbliche Eigenart aufweist. Diese kann vielmehr auch in einer [X.] Formgestaltung mit charakteristischen Besonderheiten bestehen, die bewirken, dass sich die zum Programm gehörenden Gegenstände für den Verkehr deutlich von Waren anderer Hersteller abheben (vgl. [X.], [X.]. v. 23.10.1981 - I ZR 62/79, [X.], 305, 307 - Büromöbelprogramm; [X.]. v. 6.2.1986 - I ZR 243/83, [X.], 673, 675 = [X.], 377 - [X.]; [X.]. v. 28.5.1998 - I ZR 275/95, GRUR 1999, 183, 186 = [X.], 1171 - [X.]/[X.]). [X.]) Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin weisen die Koffer ihrer Produktpalette jeweils folgende wiederkehrende charakteristische Merkmale auf: Die Koffer verfügen über Rillen, die an der Außenfläche als [X.] hervortreten und eine unterschiedliche Reflexion des Lichts auf der Außen-fläche erzeugen; die Rippen sind auf der Breitseite der beiden den Koffer [X.] Schalen und auf den Schmalseiten vorhanden und gleichmäßig verteilt angeordnet; die Rippen verlaufen in Längsrichtung der Ober- und Unterkante des Koffers; sie haben eine im Verhältnis zum [X.] geringere Höhe; zwischen den Rippen sind glatte Flächen mit gleichbleibender Breite vorhanden und an den Ecken ist ein Schutz vorgesehen. Mit diesem Vorbringen hat sich das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht auseinandergesetzt und nicht ge-prüft, ob diese Merkmale bei den Kofferserien der Klägerin vorhanden sind und eine wettbewerbliche Eigenart sämtlicher Koffer begründen können. 30 e) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, dass das [X.] im Inverkehrbringen des Koffers der [X.] keine vermeidbare 31 - 15 - Täuschung über die betriebliche Herkunft i.S. von § 4 Nr. 9 lit. a UWG gesehen hat. [X.]) Das Berufungsgericht hat eine Herkunftstäuschung mit der [X.] verneint, ein Verbraucher, der ein Kosmetikgeschäft oder eine Kosmetik-abteilung eines Kaufhauses aufsuche, wolle in erster Linie Kosmetika erwerben und achte auf das konkrete Kosmetikangebot. Er richte sein Interesse aus-schließlich auf den Erwerb der Kosmetika und nicht auch auf den nur eine Ver-packung darstellenden Koffer. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 32 [X.]) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Senats zu § 4 Nr. 9 lit. a UWG die [X.] spätestens im Zeitpunkt des Kaufs gegeben sein muss und eine erst nachfolgend auftretende Herkunftstäuschung keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG begründen kann ([X.] 161, 204, 211 - Klemmbausteine [X.]I; [X.] [X.], 339 [X.]. 39 - [X.]). Im vorliegenden Fall braucht nicht entschie-den zu werden, ob infolge der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäfts-praktiken, die grundsätzlich auch unlautere Geschäftspraktiken nach Abschluss eines auf ein Produkt bezogenen Handelsgeschäfts erfasst (Art. 3 Abs. 1), eine Änderung dieser Rechtsprechung geboten ist. 33 cc) Denn die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das [X.] aufgrund der konkreten Verkaufssituation eine Täuschung der [X.] über die betriebliche Herkunft des Koffers, in dem sich die [X.] befinden, als schlechterdings ausgeschlossen angesehen hat. Zwar liegt die Feststellung des Berufungsgerichts, die Verbraucher achteten in der [X.] - 16 - ten Verkaufssituation nur auf die Kosmetikartikel und nicht auch auf den als Verpackung angebotenen Koffer, auf tatrichterlichem Gebiet. Die Feststellung der Verkehrsauffassung ist allerdings in der Revisionsinstanz darauf zu über-prüfen, ob die Vorinstanz den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft hat ([X.], [X.]. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, [X.], 550, 552 = [X.], 527 - Elternbriefe; [X.]. v. 29.6.2006 - I ZR 110/03, [X.], 937 [X.]. 27 = [X.], 1133 - Ichthyol [X.]). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn das Berufungsgericht hat sich nicht mit den gegenteiligen Feststellungen des [X.]s auseinandergesetzt. Dieses hatte angenommen, dass beim [X.] des aus den Kosmetikartikeln und dem Koffer zusammengesetzten Ange-bots der [X.] nicht allein der Kosmetikinhalt im Vordergrund steht, weil der als "[X.]" bezeichnete Koffer auch ohne den Inhalt verwendet werden kann. Trifft diese Feststellung zu und hat der von der [X.] vertriebene Koffer einen von den Kosmetikartikeln losgelösten Verwendungszweck, ist nicht ausgeschlossen, dass die angesprochenen Verkehrskreise, wenn sie diese Verwendungsmöglichkeit erkennen, sich ungeachtet der Vertriebsmodalitäten Vorstellungen über die betriebliche Herkunft dieses Koffers machen. Dies liegt - 17 - um so näher, je höher die wettbewerbliche Eigenart der von der Klägerin ange-botenen Produktpalette der Koffer und der Grad der Übernahme sind. Die [X.]kreise werden dann eher glauben, in dem angebotenen Koffer ein Pro-dukt der Klägerin wiederzuerkennen und sich Vorstellungen über die [X.] machen, auch wenn er zusammen mit [X.] angeboten wird. Die erforderlichen Feststellungen wird das Berufungsge-richt im wiedereröffneten [X.] nachzuholen haben.
Bergmann Pokrant Büscher

Schaffert Koch Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.12.2004 - 31 O 562/04 - O[X.], Entscheidung vom 06.07.2005 - 6 U 226/04 -

Meta

I ZR 123/05

30.04.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2008, Az. I ZR 123/05 (REWIS RS 2008, 4181)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4181

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