Bundessozialgericht, Urteil vom 23.11.2023, Az. B 8 SO 1/23 R

8. Senat | REWIS RS 2023, 10497

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 17. November 2022 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 17 670,56 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Schadensersatzanspruch des [X.] gegen den beklagten überörtlichen Sozialhilfeträger wegen der Erbringung von [X.]eistungen zur Überwindung besonderer [X.] Schwierigkeiten an den [X.] Staatsangehörigen [X.] (im Folgenden: [X.]) in Höhe von 17 670,56 Euro.

2

Der Kläger betreibt in [X.] eine stationäre Einrichtung zur Versorgung von [X.]enschen mit besonderen [X.] Schwierigkeiten, für die er mit dem [X.] eine Vergütungsvereinbarung sowie eine [X.]eistungsvereinbarung über die Festlegung von Inhalt, Umfang und Q[X.]lität der [X.]eistungen nach den §§ 75 ff Zwölftes [X.] - ([X.]) abgeschlossen hat. In der [X.]eistungsvereinbarung, die auch im vorliegend maßgeblichen Zeitraum vom 26.11.2018 bis zum [X.] gültig war, ist unter anderem als Voraussetzung für die Aufnahme geregelt, dass die Zugehörigkeit zum Personenkreis nach § 67 [X.] bestehen muss, ein persönliches Vorstellungsgespräch mit der Hausführung und die sozialpädagogische Abklärung der Notwendigkeit einer stationären Aufnahme bzw Abklärung der Kostenträgerschaft gemäß der "[X.]" stattzufinden habe und die Aufnahme die Anwendung des gültigen Hilfeplanverfahrens für die Wohnungslosenhilfe des [X.] voraussetze. Bei positiver Entscheidung solle eine möglichst unmittelbare Aufnahme erfolgen.

3

Am 26.11.2018 nahm der Kläger [X.] auf. Er zeigte die Aufnahme beim [X.] am 26.11.2018 an; [X.] stellte am 6.12.2018 einen Antrag auf [X.]eistungen. Am [X.] nahm [X.] eine Beschäftigung auf. Der Beklagte bewilligte ihm Hilfe zur Überwindung besonderer [X.] Schwierigkeiten in der Einrichtung des [X.] von diesem Zeitpunkt an (Bescheid vom [X.]). Für den Zeitraum vom 26.11.2018 bis [X.] lehnte er entsprechende [X.]eistungen wegen eines [X.]eistungsausschlusses nach § 23 [X.] gegenüber [X.] ab (bestandskräftiger Bescheid vom 13.9.2019).

4

Im Dezember 2019 hat der Kläger nach erfolglos gebliebenem Schriftwechsel mit dem [X.] eine Klage zum Sozialgericht ([X.]) [X.]ünchen auf Zahlung von 17 670,56 Euro nebst Zinsen wegen der vom 26.11.2018 bis [X.] erbrachten [X.]eistungen erhoben. Das [X.] (Beschluss vom [X.]) und das Bayerische [X.]andessozialgericht ([X.][X.]) haben vorab über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs entschieden; das [X.][X.] hat den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für zulässig erklärt (Beschluss vom [X.]). Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 10.3.2022). Das [X.][X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat es [X.] ausgeführt, aus einer (behaupteten) verspäteten Entscheidung über den [X.]eistungsantrag könne kein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Nebenpflichten aus der zwischen den Beteiligten geschlossenen [X.]eistungsvereinbarung abgeleitet werden. Das zwischen Sozialhilfeträger und [X.]eistungserbringer bestehende Rechtsverhältnis verbinde das öffentlich-rechtliche Grundverhältnis zwischen [X.]eistungsempfänger und Sozialhilfeträger und das privatrechtliche [X.] zwischen [X.]eistungsempfänger und [X.]eistungserbringer zu einer dreiseitigen Rechtsbeziehung. Über die zwischen Sozialhilfeträger und [X.]eistungserbringer nach den §§ 75 ff [X.] zu schließende Vereinbarung werde dem bedürftigen Hilfeempfänger die Sozialleistung verschafft. Habe der Hilfeempfänger - wie hier - keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen, entstehe ein sozialhilferechtliches Dreieck nicht und der Sozialhilfeträger sei nicht zur Übernahme der Vergütung des [X.]eistungserbringers verpflichtet. Dem [X.]eistungserbringer verbleibe lediglich ein zivilrechtlicher Anspruch gegen den [X.]eistungsempfänger aus dem [X.]. Zweck der zwischen den Beteiligten als [X.]eistungserbringer und [X.]eistungsträger geschlossenen Normverträge nach §§ 75 ff [X.] sei die Setzung von Rahmenbedingungen für die [X.]eistungserbringung. Sie enthielten keine Nebenpflichten, deren Verletzung nach [X.] und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>) einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des im Fall einer positiven Entscheidung über den [X.]eistungsantrag entstehenden Vergütungsanspruchs auslösen würde. Da keine vergleichbare Interessenlage bestehe, komme eine entsprechende Anwendung des § 280 BGB nach § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - ([X.]B X) nicht in Betracht. Ansprüche aus einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag oder einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch schieden ebenso aus (Urteil vom 17.11.2022).

5

[X.]it seiner Revision verfolgt der Kläger den Zahlungsanspruch gestützt auf einen Schadensersatz aus einer [X.] (§ 61 Abs 2 [X.]B X iVm §§ 242, 241 Abs 2 BGB) bezogen auf das zwischen den Beteiligten bestehende Vertragsverhältnis nach §§ 75 ff [X.] weiter. Der Beklagte habe mit der verzögerten Bearbeitung und der ablehnenden Entscheidung erst im September 2019 die aus der Vereinbarung folgende Nebenpflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme verletzt. Die [X.]eistungsvereinbarung verpflichte ihn, den Kläger, den dort definierten Personenkreis im Rahmen seiner Platzkapazitäten aufzunehmen und zu betreuen. Auch wenn die [X.]eistungsvereinbarung regelmäßig vorsehe, dass der Betroffene erst nach Kostenübernahmeerklärung des [X.] aufgenommen würde, begründe die [X.]eistungsvereinbarung schon im Rahmen des Aufnahmeverfahrens umfangreiche Pflichten des [X.]eistungserbringers, wie ein persönliches Vorstellungsgespräch mit Hausführung, die sozialpädagogische Abklärung der Notwendigkeit einer stationären Aufnahme, den Beginn des Hilfeplanverfahrens sowie die medizinische Erstuntersuchung und die Erhebung einer Erst-Anamnese. Angesichts des zu betreuenden Personenkreises sei selbstverständlich, dass die Einrichtung bei der Stellung der entsprechenden [X.]eistungsanträge behilflich sei. Die [X.]eistungsvereinbarung setze daher denklogisch die Aufnahme des Betroffenen vor der [X.]eistungsentscheidung voraus. Der [X.]eistungsträger sei daher nach [X.] und Glauben zu einer zügigen Entscheidung über den [X.]eistungsantrag verpflichtet, um einem Schaden des [X.]eistungserbringers infolge längerer Fehlbelegung entgegenzuwirken.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen [X.]andessozialgerichts vom 17. November 2022 und des Sozialgerichts [X.]ünchen vom 10. [X.]ärz 2022 aufzuheben und den [X.] zu verurteilen, an den Kläger 17 670,56 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage auf Zahlung von 17 670,56 Euro nebst Zinsen wegen der [X.]eistungserbringung an [X.] abgewiesen.

Das [X.] hat den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für das vorliegende Klagebegehren für den Senat verbindlich bejaht (§ 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz <GVG>). Seinen konkret bezifferten Schadensersatzanspruch wegen Verletzung vertraglicher Nebenpflichten aus der [X.]eistungsvereinbarung macht der Kläger als Beteiligtenstreit im [X.] zutreffend mit der (echten) [X.]eistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend, für die kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl nur BSG vom [X.] [X.] 4/16 R - [X.] 4-3500 § 17 [X.] Rd[X.]0 mwN).

Als einzig denkbare Anspruchsgrundlage gegen den Beklagten wegen des Ersatzes der Aufwendungen für die an [X.] erbrachten [X.]eistungen verfolgt der Kläger noch einen Schadensersatzanspruch nach § 61 Satz 2 [X.] X (idF der Bekanntmachung vom 18.1.2001 <[X.]) iVm mit § 280 [X.] (idF des [X.] vom 26.11.2001, [X.] 3138) wegen der Verletzung von Nebenpflichten aus den abgeschlossenen Vereinbarungen nach §§ 75 ff [X.]. Eine andere unmittelbare [X.]eistungsbeziehung, aus der er Ansprüche gegen den Beklagten herleiten könnte, besteht nicht. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig.

Ein Vergütungsanspruch folgt insbesondere nicht bereits daraus, dass der Kläger an [X.] die in der [X.]eistungsvereinbarung mit dem Beklagten vereinbarten [X.]eistungen erbracht hat. Dem steht entgegen, dass mit der bestandskräftig gewordenen Ablehnungsentscheidung vom 13.9.2019 für den vorliegenden Rechtsstreit bindend feststeht, dass [X.] nicht leistungsberechtigt war und Rechte aus einem Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt, der gegenüber [X.] zu ergehen hätte, ausscheiden.

Der Abschluss von [X.]eistungs- und Vergütungsvereinbarungen nach §§ 75 ff [X.] (hier idF des [X.] der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften <[X.] [X.]> vom 23.12.2016, [X.] 3191) begründet - die vom [X.] ungeprüft gelassene Zuständigkeit des Beklagten für den Abschluss solcher Vereinbarungen unterstellt (vgl dazu BSG vom [X.] [X.] 21/15 R - [X.] 4-3500 § 97 [X.]) - keine unmittelbare [X.]eistungsbeziehung des [X.] gegen den Beklagten. Die Beziehungen zwischen dem [X.]eistungserbringer und dem Sozialhilfeträger im [X.]eistungsverschaffungsverhältnis werden geprägt durch das Sachleistungsverschaffungsprinzip in Form einer Gewährleistungsverantwortung, indem der Sozialhilfeträger der Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers, einer privatrechtlichen Schuld, gegenüber der Einrichtung aus dem zwischen ihnen abgeschlossenen [X.] (sog sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis). Danach entsteht der Anspruch des [X.]eistungserbringers auf Vergütung ausschließlich aufgrund eines mit dem [X.]eistungsempfänger geschlossenen zivilrechtlichen Vertrags über die Erbringung der vereinbarten [X.]eistungen nach dem Siebten bis [X.] Kapitel des [X.]. Die zwischen [X.]eistungserbringer und Sozialhilfeträger geschlossenen [X.] haben zwar privatrechtsgestaltenden Charakter insoweit, als sie die zivilrechtlichen Pflichten zwischen dem [X.]eistungsempfänger und dem [X.]eistungserbringer modifizieren. Der [X.]eistungserbringer kann jedoch hieraus keinen eigenen öffentlich-rechtlichen Honoraranspruch herleiten. Eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen [X.]eistungserbringer und Sozialhilfeträger bezogen auf den Einzelfall entsteht erst durch Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers zur Schuld des [X.]eistungsempfängers aufgrund dessen Vertrag mit dem [X.]eistungserbringer, der regelmäßig in der [X.]eistungsbewilligung gegenüber dem [X.]eistungsberechtigten liegt und der seine Grundlage damit im Zivilrecht findet. Eine weitergehende eigene Rechtsposition in Bezug auf die Vergütung steht dem [X.]eistungserbringer gegenüber dem Sozialhilfeträger nicht zu. Er ist daher auch nicht berechtigt, eine ablehnende Entscheidung gegenüber dem [X.]eistungsempfänger anzufechten und Rechtsbehelfe auf Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur [X.]eistungsbewilligung zu erheben (stRspr; vgl nur BSG vom 28.10.2008 - [X.] [X.] 22/07 R - [X.], 1 = [X.] 4-1500 § 75 [X.] 9; BSG vom 18.3.2014 - [X.] SF 2/13 R - [X.] 4-3500 § 75 [X.] 3 Rd[X.] 7; BSG vom 23.7.2015 - [X.] [X.] 15/14 R - [X.] 4-5910 § 28 [X.] Rd[X.]4; ebenso [X.] <[X.]> vom 7.5.2015 - III ZR 304/14 - [X.]Z 205, 260; [X.] vom 31.3.2016 - III ZR 267/15 - [X.]Z 209, 316; zum Ganzen auch [X.], [X.] 2013, 127, 130 mwN; [X.]ange in jurisPK-[X.], 3. Aufl 2020, § 75 Rd[X.] 47 ff; [X.] in [X.]/[X.] [X.], § 75 Rd[X.] 71 ff, Stand 1/2024; [X.]ange in jurisPK-[X.], 3. Aufl 2020, § 75 Rd[X.] 33 ff).

Infolge dieser abschließenden Risikozuordnung der §§ 75 ff [X.] im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis sind auch die Regelungen der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 61 [X.] X iVm §§ 677 ff [X.]) weder im Verhältnis zum [X.]eistungsempfänger (vgl BSG vom 25.9.2014 - [X.] [X.] 8/13 R - [X.] 4-3500 § 53 [X.] 4 Rd[X.] 20) noch im Verhältnis zum [X.]eistungserbringer anwendbar, wovon auch der Kläger ausgeht.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten wegen der [X.]eistungserbringung an [X.] aber auch kein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung von Nebenpflichten nach § 61 Satz 2 [X.] X iVm § 280 [X.] zu. Aus der zwischen Kläger und [X.] im [X.] vorliegend geschlossenen [X.]eistungsvereinbarung ergeben sich keine Nebenpflichten nach [X.] (§§ 242, 241 Abs 2 [X.]), deren Verletzung Schadensersatzansprüche in Fällen entstehen lässt, in denen es an der [X.]eistungsberechtigung des Empfängers der [X.]eistungen nach dem [X.] fehlt. Dies gilt unabhängig davon, von welchem Zeitpunkt an überhaupt von einer "verspäteten" Entscheidung des Beklagten über Ansprüche des [X.] auszugehen wäre und ob nicht ohnehin in der Bewilligung erst ab dem [X.] mit Bescheid vom [X.] konkludent bereits eine Ablehnung für den Zeitraum vom 26.11.2018 bis [X.] lag (dazu etwa BSG vom 10.11.2011 - [X.] [X.] 12/10 R - [X.] 4-3500 § 30 [X.] 4 Rd[X.] 34).

Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei den nach § 75 Abs 3 [X.] abzuschließenden Verträgen um öffentlich-rechtliche [X.], auf die im Grundsatz §§ 53 ff [X.] X anzuwenden sind (vgl zu Vergütungsvereinbarungen zuletzt BSG vom [X.] [X.] 21/15 R - [X.] 4-3500 § 97 [X.] Rd[X.]8 mwN). Dies folgt schon aus der Erstreckung der Gültigkeit sowohl der [X.]eistungs- als auch der Vergütungsvereinbarung auf andere als am eigentlichen Vertrag unmittelbar Beteiligte (vgl § 77 Abs 1 Satz 2 [X.] in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung; nunmehr § 75 Abs 1 Satz 3 [X.]). Nach § 61 Satz 2 [X.] X gelten für öffentlich-rechtliche Verträge ergänzend - soweit sich aus §§ 53 bis 60 [X.] X und den übrigen Vorschriften dieses Buches nichts Abweichendes ergibt (§ 61 Satz 1 [X.] X) - die Vorschriften des [X.] entsprechend. Nach § 280 Abs 1 Satz 1 [X.] setzt ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung die Verletzung einer Pflicht aus einem Schuldverhältnis voraus, hier also nach dem Vortrag des [X.] die Verletzung der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt von [X.] (§§ 242, 241 Abs 2 [X.]). Die entsprechende Anwendung des § 280 [X.] nach § 61 Satz 2 [X.] X verlangt zudem eine vergleichbare Interessenlage für öffentlich-rechtliche Verträge (vgl BSG vom [X.] KR 2/07 R - [X.], 303 = [X.] 4-2500 § 132a [X.] 4; dort bejaht für öffentlich-rechtliche Vertragsbeziehungen zwischen nichtärztlichen [X.]eistungserbringern und Krankenkassen).

Ob aus [X.]n nach § 75 [X.] überhaupt zum Schadensersatz nach § 61 Satz 2 [X.] X iVm § 280 [X.] berechtigende Nebenpflichten in Bezug auf die Vergütung von an [X.]eistungsempfänger erbrachte [X.]eistungen folgen können, ob also im Einzelfall zwischen den Vertragsparteien mit Regelungen, wie sie Gegenstand nach §§ 75 ff [X.] sein können, eine vergleichbare, schuldrechtsähnliche Interessenlage geschaffen werden kann, die eine entsprechende Anwendung der zivilrechtlichen Vorschrift in § 280 [X.] auf den öffentlich-rechtlichen Normvertrag nach § 61 Satz 2 [X.] X rechtfertigt, kann hier offen bleiben (verneinend [X.] [X.] vom 4.2.2016 - [X.] 18 [X.] 89/14 - Rd[X.] 30 ff = [X.] 2016, 203, 206; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 75 Rd[X.]7, Stand 1/2024). Die [X.] nach den §§ 75 ff [X.] befassen sich allerdings nach ihrer gesetzlichen Konzeption nicht mit Fragen der Vergütungsabrechnung, deren Abwicklung im Verhältnis zum [X.]eistungserbringer oder der Entscheidung darüber. Anders als etwa bei den Verträgen über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs 2 Satz 1 [X.] Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (<[X.] V> vgl hier Buchst b: "Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen"), sind Regelungsinhalt der Vergütungsvereinbarung nach § 76 Abs 3 [X.] ausschließlich Zusammensetzung und Höhe der Vergütung. Daneben konkretisiert die [X.]eistungsvereinbarung im Verhältnis zwischen Einrichtung und Sozialhilfeträger die wesentlichen [X.]eistungsmerkmale. Entsprechend der zivilrechtlichen Natur des Anspruchs, zu dem der Schuldbeitritt erklärt wird, sind Folgen von Pflichtverletzungen zivilrechtlich zu klären (vgl [X.] vom 7.5.2015 - III ZR 304/14 - [X.]Z 205, 260 zu den Folgen des Verzugs des Sozialhilfeträgers nach Schuldbeitritt). Bestehen also nach der dargelegten Konzeption des §§ 75 ff [X.] keine im [X.] zu regelnden Beziehungen bezogen auf die Entstehung von Vergütungsansprüchen im Einzelfall, fehlt es in diesen Vereinbarungen im Grundsatz an einem Anknüpfungspunkt für hieraus folgende Nebenpflichten. Ob weitergehende öffentlich-rechtliche Vereinbarungen (etwa über Entscheidungsfristen seitens des Sozialhilfeträgers) überhaupt zulässig wären, braucht vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden.

Jedenfalls aus der vorliegenden [X.]eistungsvereinbarung lässt sich die vom Kläger für sich in Anspruch genommene Nebenpflicht zur zügigen Entscheidung über einen Antrag eines [X.]eistungsberechtigten nicht ableiten. Sie trifft nach den Feststellungen des [X.] allein Regelungen über die im Gesetz aufgeführten Mindestinhalte, also über die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtung, den von ihr zu betreuenden Personenkreis, Art, Ziel und Qualität der [X.]eistung, [X.] sowie die erforderliche sächliche und personelle Ausstattung. In erster [X.]inie wird durch die vorgegebenen Mindestinhalte das [X.]eistungsspektrum des [X.]eistungserbringers festgelegt, ohne dass hier überhaupt auf den einzelnen [X.]eistungsfall Bezug genommen wird. Insbesondere aus der gesetzlichen Vorgabe, dass in der [X.]eistungsvereinbarung eine Verpflichtung der Einrichtung aufgenommen werden muss, im Rahmen des vereinbarten [X.]eistungsangebotes [X.]eistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen und den in der [X.]eistungsvereinbarung im Hinblick hierauf konkretisierten Pflichten des [X.] zu Beginn des [X.]eistungsfalls, folgen Nebenpflichten für den Beklagten iS des § 241 Abs 2 [X.] nicht. Diese Regelung ist notwendig, um dem Sozialhilfeträger die Wahrnehmung seiner Gewährleistungsverantwortung zu ermöglichen und eine bedarfsdeckende Versorgung der bedürftigen Hilfeempfänger auch im Falle der Einschaltung Dritter in die [X.]eistungsgewährung sicherzustellen. Andere Konsequenzen im Sinne einer Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und dabei einer (bestimmten) Frist für die Prüfung der [X.]eistungsberechtigung hat sie nicht. Auch insoweit regelt die [X.]eistungsvereinbarung keine Modalitäten der Vergütungsabrechnung und -zahlung und verhält sich nicht zu der Frage nach deren Abhängigkeit von einer Entscheidung über den [X.]eistungsanspruch des [X.]eistungsempfängers.

Nichts anderes folgt aus der in der [X.]eistungsvereinbarung in Bezug genommenen Zweckvereinbarung der [X.] Bezirke über die Sozialhilfe für [X.] (sog "[X.] Vereinbarung"; hier idF vom 14.9.2009 <AllMBl 2009/11 S 334>) und den Gemeinsamen Richtlinien der [X.] Bezirke zum Vollzug der Hilfe nach §§ 67 bis 69 [X.] und zum Vollzug der [X.] Vereinbarung, deren Inhalt das [X.] im Einzelnen nicht festgestellt hat. Hierbei handelt es sich schon nicht um Regelungen mit Rechts- und Außenwirkung gegenüber den [X.]eistungserbringern. Die vom Kläger in der Revisionsbegründung angeführte Regelung der Gemeinsamen Richtlinien, wonach eine vorläufige Kostenübernahmepflicht des örtlich zuständigen Bezirks verbunden mit einem Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten eintritt, wenn nicht die Nichtsesshaftigkeit innerhalb von vier Wochen geklärt ist, betrifft nicht die [X.]eistungsberechtigung dem Grunde nach, sondern (in Anknüpfung an § 98 Abs 2 Satz 3 [X.]) die Zuständigkeitsklärung. Schließlich wird in den vom Kläger dem [X.] vorgelegten Hinweisen der [X.] Bezirke für die Gewährung von Hilfe zur Überwindung besonderer [X.] Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69 [X.] durch den überörtlichen Träger der Sozialhilfe vom [X.] vor der Aufnahme von Ausländern "dringend empfohlen, die Entscheidung des jeweiligen Bezirks abzuwarten". Weiter heißt es dort ausdrücklich: "Aufnahmen in die Einrichtungen vor Entscheidung des Kostenträgers gehen insoweit zu [X.]asten der Einrichtung."

Es ist nach alledem Sache des [X.]eistungserbringers, bei Aufnahme und in der Folge die weitere [X.]eistungserbringung im Einzelfall davon abhängig zu machen, dass der potentiell [X.]eistungsberechtigte gegenüber dem Träger der Sozialhilfe (ggf durch gerichtlichen Eilrechtsschutz) auf eine baldige Entscheidung über den [X.]eistungsanspruch hinwirkt. Sieht er die [X.]eistungserbringung ohne einen erfolgten Schuldbeitritt nach Bewilligung von [X.]eistungen nach seiner betriebswirtschaftlichen Kalkulation als nicht mehr hinnehmbar an, muss er die Erbringung der Hilfen einstellen und es dem [X.]eistungsberechtigten überlassen, welche rechtlichen Schritte dieser ergreifen will. Selbst eine positive Entscheidung über einen Bewilligungsantrag des [X.]eistungsempfängers (auf die der Kläger nach seinem Vortrag vertraut hätte) bedeutet nicht zwingend, dass der [X.]eistungserbringer die Vergütung auch tatsächlich erhält oder eine gezahlte Vergütung behalten darf. Die Wirksamkeit des Schuldbeitritts hängt vom Schicksal des [X.] ab, mithin davon, dass der der Bewilligung zugrunde liegende (begünstigende) Verwaltungsakt nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs 2, §§ 44 ff [X.] X). Damit ist selbst eine gezahlte Vergütung im Fall einer späteren (rückwirkenden) Aufhebung der Bewilligung zurückzuzahlen (vgl [X.] vom 31.3.2016 - III ZR 267/15 - [X.]Z 209, 316 Rd[X.] 26 f; dazu auch Grube [X.] 2017, 121 f). Auch dies macht deutlich, dass eine Nebenpflicht auf eine frühe verbindliche Entscheidung der Konzeption des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses fremd ist.

Zwar stellt der Kläger zutreffend die Praxis dar, wonach gerade bei Hilfen zur Überwindung besonderer [X.] Schwierigkeiten regelmäßig erst die tatsächliche Aufnahme in die Einrichtung die Kenntnis vom [X.]eistungsfall vermittelt und dementsprechend dem Sozialhilfeträger keine oder nur kurze Zeit verbleibt, rechtzeitig vor Beginn der [X.]eistung über die [X.]eistungsberechtigung zu entscheiden. Daraus entsteht für die Einrichtung das Risiko einer Fehlbelegung, das für stationäre Einrichtungen mit dem [X.]eistungsspektrum nach §§ 67, 68 [X.] typischerweise höher sein mag als für andere Einrichtungen - etwa solche der stationären Pflege. Die vorliegende [X.]eistungsvereinbarung nimmt dieses Risiko aber an keiner Stelle erkennbar in Bezug. Sie setzt vielmehr in allen Punkten voraus, dass der Empfänger der [X.]eistung Berechtigter iS des § 19 Abs 3 [X.] ist. Das alles bedeutet keine unverhältnismäßige Benachteiligung der Position des [X.]; denn das beschriebene unternehmerische Risiko einzelner Fehlbelegungen lässt sich auch anderweitig, insbesondere über eine angemessene Belegungsquote im Rahmen eines Risikozuschlags bei der Vereinbarung der Vergütungshöhe abbilden (vgl hierzu BSG vom 8.12.2022 - [X.] [X.] 8/20 R - Rd[X.] 20 mwN). Inwieweit dies hier angemessen erfolgt ist, war im vorliegenden Verfahren nicht zu überprüfen.

Unabhängig davon scheidet der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz aus Verletzung von Nebenpflichten aus den Verträgen nach den §§ 75 ff [X.] aber auch bereits mangels eines möglichen (dem Beklagten zurechenbaren) Schadens aus. Denn der Rechtsgüterstand des [X.] infolge der verzögerten Entscheidung des Beklagten über den [X.]eistungsantrag des [X.] unterscheidet sich nicht von einem hypothetischen Vermögensstand, der bei einer früheren Entscheidung über diesen Antrag bestanden hätte (vgl zum Schadensbegriff zB [X.] in [X.] Kommentar zum [X.], 9. Aufl 2022, § 249 Rd[X.]9 mwN). Der Kläger macht insoweit geltend, er habe dadurch einen Schaden in Form des Vergütungsausfalls erlitten, dass er den [X.] nicht früher entlassen habe, was er getan hätte, wenn er die ablehnende Entscheidung früher erhalten hätte. Da von dem mittellosen [X.] die Zahlung der vereinbarten Vergütung nicht zu erwarten gewesen sei, habe er die [X.]eistung an ihn nur wegen der erwarteten Schuldübernahme durch den Beklagten erbracht. Ob hier tatsächlich ein Vergütungsausfall vorliegt bzw ob der Kläger seiner Schadensminderungspflicht (vgl § 254 [X.]) nachgekommen ist und versucht hat, seinen Vergütungsanspruch gegenüber [X.] - ggf zum Teil - zu realisieren, hat das [X.] nicht festgestellt. Dies kann hier aber auch offen bleiben.

Jedenfalls wäre ein etwaiger Schaden einer verspäteten Bescheidung als schädigendem Ereignis nicht zuzurechnen. Der Kläger macht mit seinem Vortrag geltend, durch die fortgesetzte [X.]eistungserbringung an [X.] sei ein Schaden in Form eines Vergütungsausfalls eingetreten. Dieser sei der verzögerten Entscheidung über den [X.]eistungsantrag des [X.] als schädigendem Ereignis zuzurechnen. Unmittelbar ist der Schaden danach durch eine fortgesetzte [X.]eistungserbringung auf Grundlage eines mit [X.] geschlossenen Vertrags eingetreten. Es kann hier offenbleiben, ob der Kläger aufgrund dieses Vertrags zur [X.]eistungserbringung gegenüber [X.] verpflichtet war. Der Kläger macht mit seinem Vortrag jedenfalls für den Schaden ein selbstschädigendes Verhalten verantwortlich, das er unterlassen hätte, wenn der Beklagte früher - ablehnend - über einen [X.]eistungsanspruch des [X.] entschieden hätte. Ein solcher Zurechnungszusammenhang setzt voraus, dass die selbstschädigende Handlung durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde oder für sie ein rechtfertigender Anlass im Sinne einer nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen zu bewertenden Entschließung bestand (vgl [X.] vom 13.10.2016 - [X.] - NJW 2017, 1600, 1601, Rd[X.]1 mwN). Die Konzeption der §§ 75 ff [X.] ordnet das Risiko einer Fehlbelegung - wie oben ausgeführt - aber dem [X.]eistungserbringer zu. Eine Schadenszurechnung scheidet damit aus. Eine Rechtfertigung für die Handlungen des [X.]eistungserbringers liegt in der Entscheidungspraxis des [X.]eistungsträgers folglich nicht.

Eine - vom Kläger in Erwägung gezogene - analoge Anwendung von § 13 Abs 3 und 3a [X.] V scheitert bereits daran, dass keine vergleichbare Interessenlage vorliegt. Denn diese Vorschrift betrifft die Kostenerstattung im [X.]eistungsverhältnis zwischen Versichertem und Krankenkasse, also gerade nicht das Verhältnis zum [X.]eistungserbringer.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1, § 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und [X.] ([X.]).

Krauß 

Bieresborn

Scholz

Meta

B 8 SO 1/23 R

23.11.2023

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG München, 10. März 2022, Az: S 46 SO 625/19, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.11.2023, Az. B 8 SO 1/23 R (REWIS RS 2023, 10497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 10497

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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