Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2000, Az. IX ZB 67/00

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 1106

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] ZB 67/00vom21. September 2000in dem [X.]:ja[X.]Z:nein ZPO § 233 Ia) Zu den Anforderungen an die Überwachung einer nach mehrjähriger Be-rufsunterbrechung eingestellten und sofort mit der Führung des [X.] beauftragten [X.]) Liegt ein Verschulden im Sinne des § 233 ZPO vor, so kann [X.] nur dann gewährt werden, wenn glaubhaft gemacht ist, daß es [X.] auf die Fristversäumung ausgewirkt hat.[X.], [X.]uß vom 21. September 2000 - [X.]/00 - [X.] 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Kreft, Stodolko-witz, Kirchhof, Dr. Fischer und [X.] 21. September 2000beschlossen:Die sofortige Beschwerde gegen den [X.]uß des [X.] [X.] vom 16. Juni 2000wird auf Kosten des [X.]n zurückgewiesen.[X.]: 119.348,23 [X.]:[X.] verklagte Rechtsanwalt und Notar hat gegen das Urteil des Landge-richts, das seinen mit ihm in einer Sozietät verbundenen [X.] am 17. Februar 2000 zugestellt worden ist, am 17. März 2000 Berufungeingelegt. Nachdem auf seinen Antrag die Berufungsbegründungsfrist bis zum17. Mai 2000 verlängert worden und die Vorsitzende des [X.] vom 24. Mai 2000 auf den inzwischen eingetretenen Ablauf der Fristhingewiesen hatte, hat der [X.] durch seine Prozeßbevollmächtigten dieBerufung am 5. Juni 2000 begründet; gleichzeitig hat er einen Antrag auf [X.] in den vorigen Stand gestellt. Das Berufungsgericht hat mit dem- 3 -angefochtenen [X.]uß diesen Antrag zurückgewiesen und die Berufung alsunzulässig verworfen.II.Die gemäß § 567 Abs. 4 Satz 2, § 519 b Abs. 2 ZPO zulässige sofortigeBeschwerde ist nicht begründet.1. Der [X.] hat folgenden Sachverhalt glaubhaft gemacht: Nach [X.] des [X.] vom 17. April 2000, mit dem die Verlängerungder Frist bis zum 17. Mai 2000 beantragt worden sei - aus den Akten ergibtsich, daß ein gleichlautender Antrag schon mit Schreiben vom 14. April 2000gestellt worden war -, habe sich die Büroangestellte, Frau [X.], entsprechendallgemeiner Anweisung noch am selben Tag von der Geschäftsstelle des zu-ständigen Senats des [X.] zunächst den Eingang des [X.] kurz darauf die Bewilligung der beantragten Fristverlängerung telefonischbestätigen lassen. Aus unaufgeklärt gebliebenen Gründen habe Frau [X.] ursprünglich im [X.] eingetragene Berufungsfrist (17. [X.]) gestrichen, jedoch weder nach den Telefonaten mit der [X.] später nach Eingang der schriftlichen Mitteilung der [X.] das Gericht die neue Frist in den [X.] eingetragen, sondernlediglich dieses Schriftstück in der Handakte abgeheftet. Bei Frau [X.] habe essich um eine geschulte Bürokraft gehandelt, die von April 1994 bis [X.] in einer anderen Anwaltskanzlei als Anwaltsgehilfin beschäftigt gewesenund im Büro des [X.]n und seiner Sozien seit dem 3. März 2000 tätig sei.Sie sei bei ihrer Einstellung in die Führung des [X.]s eingewiesen- 4 -und danach mehrfach bei ihrer Tätigkeit kontrolliert worden, wobei sich keineBeanstandungen ergeben hätten. Sie sei im übrigen ebenso wie die anderenBüroangestellten entsprechend der Handhabung in seiner Kanzlei [X.] im Monat an die Regeln zur Überwachung der Fristen erinnert [X.] Die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung lie-gen nach § 233 ZPO nicht vor, weil den [X.]n und/oder seine Sozien ander Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ein Verschulden trifft. [X.] es nicht darauf an, ob, wie das [X.] gemeint hat, ein [X.] darin zu sehen ist, daß keine Anweisung bestand, nach Ablauf dergesetzlichen Berufungsbegründungsfrist bis zur Entscheidung über einenFristverlängerungsantrag zunächst das Ende der vom [X.] beantragten Frist in den [X.] einzutragen, und ob ein solchesUnterlassen für die Fristversäumung ursächlich gewesen wäre. Die [X.] ist deswegen zu versagen, weil, wie das [X.] zutreffendangenommen hat, die damals erst etwa vor 1 Monaten eingestellte [X.] nicht ohne besondere Überwachung mit der selbständigen Fristenkon-trolle hätte betraut werden dürfen. Die vom [X.]n vorgetragene und [X.] gemachte Überwachung war unter den gegebenen Umständen unzurei-chend.Ein Rechtsanwalt darf die selbständige Führung seines [X.]snur sorgfältig ausgewähltem und bewährtem Büropersonal überlassen. [X.] unerfahrene und in ihrer Zuverlässigkeit noch nicht erprobte [X.] nur unter besonderen Überwachungsmaßnahmen mit der Fristenkontrollebetraut werden ([X.], [X.]. v. 19. Dezember 1975 - [X.], VersR 1976,494 f; Urt. v. 23. September 1977 - [X.], [X.], 139; [X.]. [X.], [X.], 157; v. 18. Oktober 1995 - [X.]/95,NJW 1996, 319). Frau [X.] war zwar, wie der [X.] glaubhaft gemacht hat,nach Beendigung ihrer Ausbildung als Anwaltsgehilfin 2 Jahre in einer ande-ren Kanzlei mit der Führung eines [X.]s befaßt gewesen. [X.] sie jedoch ihre berufliche Tätigkeit als Anwaltsgehilfin für mehr als dreiJahre unterbrochen, bevor sie sie in der Kanzlei des [X.]n wieder auf-nahm. Dort war sie am 17. April 2000, als ihr der Fehler unterlief, um den [X.] geht, erst seit etwa 1 Monaten beschäftigt. Der Senat teilt die Auffas-sung des [X.], daß ihr die eigenverantwortliche Führung des[X.]s nicht von Anfang an ohne besondere Überwachungsmaß-nahmen anvertraut werden durfte. Nach der Darstellung des [X.]n be-schränkte sich die Kontrolle auf die monatlich zweimalige Anweisung, die in [X.] angeordnete Handhabung der Fristenüberwachung einzuhalten, undgelegentliche Stichproben ("mehrere Kontrollen in den ersten beiden Mona-ten"). Das entspricht in etwa den Anforderungen, die zur Überwachung einerschon bewährten, mit der Führung des Fristenbuchs beauftragten [X.] werden (vgl. [X.], [X.]. v. 22. September 1971 - [X.], NJW1971, 2269 f). Im hier vorliegenden Fall reichten diese allgemeinen Überwa-chungsmaßnahmen zunächst nicht aus. Angesichts der mehr als dreijährigenBerufsunterbrechung der Angestellten durften sich die Rechtsanwälte nichtvom ersten Tag an darauf verlassen, daß Frau [X.] früher schon mehr als zweiJahre lang - angeblich fehlerfrei - einen [X.] geführt hatte.Allerdings dürfen die Anforderungen an einen Rechtsanwalt, der einesolche immerhin voll ausgebildete und über praktische Erfahrungen verfügendeBürokraft einstellt, nicht überspannt werden. Besondere, möglichst alle Fehler-quellen ausschaltende Überwachungsmaßnahmen sind in einem solchen Son-- 6 -derfall nur für einen begrenzten Zeitraum erforderlich. Es mag offenbleiben, [X.], in der eine besondere Überwachung erforderlich ist, im vorliegendenFall bereits abgelaufen gewesen wäre, als der Fehler passierte. [X.] eine solche besondere Überwachung von vornherein nicht stattgefunden.Bei dieser Sachlage läßt es sich nicht ausschließen, daß dies den Fehler [X.] hat, daß dieser also unterblieben wäre, wenn Frau [X.] in der ersten Zeitnach ihrer Einstellung intensiv überwacht und auf dabei möglicherweise zutagegetretene Fehlerquellen aufmerksam gemacht worden wäre. Diese Ungewiß-heit wirkt sich zu Lasten des [X.]n aus. Liegt ein Verschulden im Sinnedes § 233 ZPO vor, so kann Wiedereinsetzung nur dann gewährt werden,wenn glaubhaft gemacht ist, daß es sich nicht auf die Fristversäumung ausge-wirkt haben kann.Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer Raebel

Meta

IX ZB 67/00

21.09.2000

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2000, Az. IX ZB 67/00 (REWIS RS 2000, 1106)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1106

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZB 26/00 (Bundesgerichtshof)


VI ZB 1/10 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in eine versäumte, verlängerte Berufungsbegründungsfrist: Anforderungen an die Kanzleiorganisation des Fristenwesens


VI ZB 7/01 (Bundesgerichtshof)


VI ZB 23/11 (Bundesgerichtshof)


VI ZB 23/11 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung: Verschulden des Anwalts an der Fristversäumung im Falle der Nichtbefolgung einer Einzelanweisung durch eine …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.