Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.11.2012, Az. 5 StR 416/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 930

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Gegenstand

Besetzungseinwand im Revisionsverfahren in einer Strafsache: Formelle Anforderungen an die Besetzungsrüge; Mitwirkung bisher beteiligter Richter nach Zurückverweisung gemäß Geschäftsverteilungsplan


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. Mai 2012 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Die Rüge, das Gericht sei in der Person des Vorsitzenden nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, ist unzulässig. Dem [X.] ist nicht zu entnehmen, ob der gemäß § 338 Nr. 1b, §§ 222a, 222b StPO erforderliche [X.] rechtzeitig erhoben wurde. Die Formulierung „in der Vernehmung des Angeklagten“ lässt nicht erkennen, ob der Einwand, wie es nach § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO geboten ist, bereits vor Beginn der Vernehmung des Angeklagten zur Sache angebracht wurde. Die Verfahrenstatsachen sind indessen so vollständig anzugeben, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, darüber – unter der Voraussetzung der Erweisbarkeit – vollständig zu entscheiden (vgl. [X.] in [X.], 6. Aufl., § 344 Rn. 39 mwN). Zu den [X.] Tatsachen gehört im Fall des § 338 Nr. 1b StPO auch der rechtzeitig erhobene [X.] ([X.], Beschluss vom 25. Juli 2002 – 3 StR 41/02, NJW 2002, 3717; [X.] aaO § 338 Rn. 16 und § 344 Rn. 45 mwN).

Der Senat bemerkt allerdings, dass eine Geschäftsverteilung wie die hier vorliegende durchaus geeignet sein kann, die Rüge des § 338 Nr. 1 StPO zu begründen. Zwar ist [X.] nicht etwa allein deshalb kraft Gesetzes oder wegen Besorgnis der Befangenheit von der Ausübung des Richteramts in einer vom Revisionsgericht zurückverwiesenen Sache ausgeschlossen, weil er bereits an der aufgehobenen Entscheidung mitgewirkt hatte (vgl. [X.], Beschlüsse vom 18. Mai 1994 – 3 [X.], [X.], 447; vom 27. August 1991 – 1 StR 438/91, [X.], 595, und vom 27. April 1972 – 4 StR 149/72, [X.]St 24, 336; Urteil vom 9. September 1966 – 4 StR 261/66, [X.]St 21, 142). Dessen ungeachtet kann sich eine nicht ordnungsgemäße Besetzung im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO daraus ergeben, dass der ihr zugrunde liegende Geschäftsverteilungsplan wegen eines Verstoßes gegen § 354 Abs. 2 StPO rechtswidrig ist (vgl. [X.] aaO, § 354 Rn. 30). Die Regelung der Zuständigkeit als solche ist – anders als ihre Anwendung – durch das Revisionsgericht nicht nur auf Willkür, sondern in vollem Umfang auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen ([X.], Beschluss vom 4. August 2009 – 3 [X.], [X.], 294). Dabei ist nicht nur das Gebot einer Zuteilung der einzelnen Sachen nach allgemeinen abstrakten Merkmalen (vgl. [X.] in [X.], 6. Aufl., § 21e [X.] Rn. 11 mwN) zu beachten; es ist auch festzustellen, ob der Geschäftsverteilungsplan mit sonstigen die gerichtliche Zuständigkeit betreffenden gesetzlichen Vorschriften in Einklang steht. Ist aber aufgrund eines [X.] die Bearbeitung vom Revisionsgericht zurückverwiesener Sachen einer bestimmten [X.], ohne dass hierzu eine durch personelle Engpässe oder sonstige besondere Umstände begründete Notwendigkeit bestanden hätte, einer mit solchen Richtern besetzten [X.] zugewiesen, die zuvor aufgrund einer anderen Kammerzugehörigkeit regelmäßig an den in Rede stehenden zurückverwiesenen Sachen beteiligt waren, so liegt die Annahme einer rechtswidrigen Umgehung der Vorschrift des § 354 Abs. 2 StPO ausgesprochen nahe (vgl. [X.] aaO). Deren Ziel ist es zu gewährleisten, dass eine vom Revisionsgericht zurückverwiesene Sache jedenfalls in der Regel von anderen Richtern bearbeitet wird ([X.], Beschluss vom 27. April 1972 – 4 StR 149/72, [X.]St 24, 336), um so den Anschein der Voreingenommenheit zu vermeiden, der entstehen könnte, wenn stets [X.], die an dem angefochtenen Urteil mitgewirkt haben, auch gehalten wären, über die zurückverwiesene Sache zu entscheiden ([X.] aaO, Rn. 29). Zwar hat der Gesetzgeber insofern bewusst in Kauf genommen, dass im Einzelfall an der neuen Entscheidung auch [X.] mitwirkt, der schon an der aufgehobenen Entscheidung beteiligt war ([X.] aaO). Durch eine Geschäftsverteilung, die dies zur Regel macht und so in die Beteiligung eines bereits an der aufgehobenen Entscheidung mitwirkenden Richters an den zurückverwiesenen Verfahren einer [X.] einmündet, wird indessen der Regelungsgehalt des § 354 Abs. 2 StPO bezogen auf Verfahren der betroffenen [X.] vollständig ausgehöhlt.

[X.]                         Schaal                            Dölp

                  König                          [X.]

Meta

5 StR 416/12

28.11.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Potsdam, 7. Mai 2012, Az: 22 KLs 3/12

§ 222b Abs 1 Nr 1 StPO, § 338 Nr 1 Buchst b StPO, § 354 Abs 2 StPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.11.2012, Az. 5 StR 416/12 (REWIS RS 2012, 930)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 930

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Referenzen
Wird zitiert von

StB 42/23

5 StR 273/15

5 StR 273/15

5 StR 416/12

1 Ws 105/20

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