Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. X ZR 7/09

X. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4488

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
X ZR 7/09
Verkündet am:

21. Juli 2011

Wermes

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche
Ver-handlung vom 21.
Juli 2011 durch [X.], die Richterin [X.], [X.] und [X.] und die Richterin Schuster

für Recht erkannt:

Die Berufung gegen das am 11.
November 2008 verkündete Urteil des 4.
Senats ([X.]) des [X.] wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des im Wege
mehrfacher Teilung aus der am 12. August 1996 erfolgten Patentanmeldung 196 32 472 hervorgegangenen, unter Inanspruchnahme der Priorität einer Anmeldung in [X.] vom 30. August 1995 angemeldeten [X.] Patents 196
55
334 ([X.]), das eine Spindelanordnung für eine Werkzeugmaschine betrifft. Es umfasst acht [X.], von denen die Patentansprüche
1, 2 und 6 angegriffen sind. Diese lauten:
1
-
3
-
"1.
Spindelanordnung für eine Werkzeugmaschine, mit einer Spindel, die zur Drehung um eine Drehachse angepasst ist, einem ersten Zufuhrpfad und einem zweiten Zufuhrpfad zum getrennten Führen von
Flüssigkeit und Luft in der Spindel, wobei der erste Zufuhrpfad intern in dem zweiten Zufuhrpfad angeordnet ist, und einer [X.] zum Erzeugen von Nebel durch Mischen von Luft und Flüssigkeit, die über den ersten und zweiten Zufuhrpfad
zugeführt werden, dadurch gekennzeichnet,
dass die Nebelerzeugungsvorrich-tung in dem vorderen Endbereich der Spindel vorgesehen ist, der erste Zufuhrpfad zur zu der Drehachse der Spindel koaxia-len Drehung zusammen mit der Spindel ausgebildet ist, und ein Drehgelenk an der Rückseite der Spindel vorgesehen ist, das ein auf der zu der Drehachse der Spindel koaxialen Achse des [X.] angeordnetes rohrförmiges Element, das zur mit der Spindel integralen Drehung ausgebildet ist und mit dem Ende des ersten Zufuhrpfads an der Rückseite der [X.] verbunden ist, und in dem rotierenden Teil des [X.] einen zu der Drehachse der Spindel koaxialen inneren Kanal, der an der Außenseite des rohrförmigen Elements aus-gebildet ist und mit dem Ende des zweiten Zufuhrpfads an der Rückseite der Spindel verbunden ist, aufweist, so dass das Drehgelenk angepasst ist zum gleichzeitigen und getrennten Zuführen der Flüssigkeit und der Luft zu dem ersten und dem zweiten Zufuhrpfad während der Drehung der Spindel.
2.
Spindelanordnung für eine Werkzeugmaschine, mit einer [X.], die zur Drehung um eine Drehachse angepasst ist, einem ersten Zufuhrpfad und einem zweiten Zufuhrpfad zum getrenn--
4
-
ten Führen von Flüssigkeit und Luft in der Spindel, wobei der erste Zufuhrpfad intern in dem zweiten Zufuhrpfad angeordnet ist, und einer [X.] zum Erzeugen von Nebel durch Mischen von Luft und Flüssigkeit, die über den ersten und zweiten Zufuhrpfad zugeführt werden, dadurch [X.],
dass die [X.] in dem Werkzeughalter vorgesehen ist, der erste Zufuhrpfad zur zu der Drehachse der Spindel koaxialen Drehung zusammen mit der Spindel ausgebildet ist, und ein Drehgelenk an der [X.] vorgesehen ist, das ein auf der zu der Dreh-achse der Spindel koaxialen Achse des [X.] angeord-netes rohrförmiges Element, das zur mit der Spindel integralen Drehung ausgebildet ist und mit dem Ende des ersten [X.]s an der Rückseite der Spindel verbunden ist, und in dem rotierenden Teil des [X.] einen zu der Drehachse der Spindel koaxialen inneren Kanal, der an der Außenseite des rohrförmigen Elements ausgebildet ist und mit dem Ende des zweiten Zufuhrpfads an der Rückseite der Spindel verbunden ist, aufweist, so dass das Drehgelenk angepasst
ist zum gleichzeitigen und getrennten Zuführen der Flüssigkeit und der Luft zu dem ersten und dem zweiten Zufuhrpfad während der Drehung der Spindel.
6.
Spindelanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass ein Absperrventil (38) vor der Nebeler-zeugungsvorrichtung (33) in dem für die Flüssigkeitszufuhr vorgesehenen Zufuhrpfad ([X.]) vorgesehen ist, und dass das Absperrventil (38) geschlossen gehalten wird, wenn der Flüs--
5
-
sigkeitsdruck gleich oder kleiner als ein festgelegter Druckwert ist."
Die Klägerin hat geltend gemacht, das Streitpatent gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und sein Gegenstand sei zu-dem gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Sie hat beantragt, das Streitpatent im Umfang seiner Ansprüche
1, 2 und 6, letzteren nur in Rück-beziehung auf die Patentansprüche 1 und 2, für nichtig zu erklären. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese weiterhin ihr Klageziel verfolgt.
Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Als gerichtlicher
Sachverständiger hat Prof. Dr.-Ing.

T.

, emeritierter Professor für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der [X.]

, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündli-chen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat keinen
Erfolg.
I. Das Streitpatent betrifft eine Spindelanordnung für eine [X.]. Derartige [X.] besorgen die leistungsführende Drehbewe-gung für das Spanen beim Fräsen und Bohren. Die Beschreibung schildert [X.], dass bei einer Werkstückbearbeitung mittels einer Werkzeugmaschine 2
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6
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6
-
oftmals der [X.] eines Werkstoffs Kühlmittel zugeführt würden, um hierdurch das Werkstück und das Werkzeug zu kühlen und zu schmieren oder um Schneidspäne zu beseitigen. Dies werfe vielfältige Probleme auf wie etwa eine Verschmutzung der Umgebung durch das Kühlmittel, nachteilige [X.] auf die menschliche Gesundheit, eine Erhöhung der Kosten in Verbin-dung mit der Behandlung des benutzten Kühlmittels, eine Verringerung der Le-bensdauer der Werkzeuge aufgrund einer übermäßigen Kühlung der [X.] sowie eine Reibungsabnutzung bei einer feinen Vorschubbearbeitung mittels des Werkzeugs aufgrund von überschüssigem Kühlmittel. Sie bezeichnet Ver-fahren als bekannt, bei denen eine relativ kleine Menge von [X.] in Ne-belform, d.h. in Form von feinen Tropfen, gebracht und das nebelförmige [X.] zu der [X.] des Werkstücks geleitet werde. An den [X.] Verfahren beanstandet die [X.]chrift, dass es, wenn die [X.] an einer relativ tiefen Position des Werkstücks liege, nicht möglich sei, den Nebel effektiv zu der [X.] zu leiten. Zur Abhilfe sei erwo-gen worden, das fein verteilte Kühlmittel durch einen Einlass einer Einrichtung zur Bildung eines Nebelzufuhrpfads zuzuführen, die um den Werkzeughalter herum befestigt sei, um den Nebel so zu der [X.] zu führen. [X.] sei jedoch nachteilig, dass der Nebel, der durch den Einlass ströme, wegen der gemeinsamen Drehung von Werkzeughalter und Werkzeug mit der Spindel während der Bearbeitung eine Zentrifugalkraft erfahre. Die Strömung des Ne-bels werde durch diese Zentrifugalkraft beeinflusst, so dass der Nebel nicht gleichförmig mit stabilisierter Dichte zu der [X.] geführt werde. Dies bedeute, dass die Luft und die Flüssigkeit voneinander getrennt würden. Daher werde dem Werkstück Nebel mit unregelmäßigem Gehalt an Kühlmittel zugeführt. Auch der Ansatz, ein Drehgelenk für einen Fluidpfad an dem rücksei-tigen Teil der Spindel vorzusehen und den Nebel durch einen Einlass des [X.] einzuleiten und über Pfade zu der [X.] zu leiten, die -
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in der Spindel, dem Werkzeughalter und dem Werkzeug ausgebildet seien, ha-be nicht verhindern können, dass sich Luft und Kühlmittel aufteilten. Schließlich sei aus der [X.] [X.] 42
00
808 ([X.]) eine Spindelanord-nung bekannt, bei der eine Schmiermittelzufuhrleitung bis in den hohlen Schaft eines Schaftfräsers hineingeführt sei. Die Spindelanordnung verfüge über einen Druckluftanschluss, über den Druckluft an der Außenseite der [X.] entlang bis zu deren offenem Ende geleitet werde, so dass sich das Schmiermittel mit der Luft zu einem Nebel mische, der über eine Öffnung des Schaftfräsers zur [X.] ausgestoßen werde. Bei dieser Spindelan-ordnung seien speziell angepasste Werkzeuge erforderlich.
Demgegenüber soll durch das Streitpatent eine Spindelanordnung für ei-ne Werkzeugmaschine zur Verfügung gestellt werden, die mit geringem Auf-wand und ohne speziell angepasste Werkzeuge eine effektive Nebelgenerie-rung ermöglicht.
Dazu stellen die Patentansprüche
1 und 2
des [X.] eine sich nur in Merkmal 4 unterscheidende Spindelanordnung für eine Werkzeugmaschine unter Schutz
1
mit einer Spindel, die zur Drehung um eine Drehachse an-gepasst ist,
2
mit einem ersten Zufuhrpfad und einem zweiten Zufuhrpfad zum getrennten Zuführen von Flüssigkeit und Luft in der Spindel,
2.1
wobei der erste Zufuhrpfad intern in dem zweiten [X.] angeordnet ist,
3
und einer [X.] zum Erzeugen von Nebel
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8
-
3.1
durch Mischen von Luft und Flüssigkeit,
3.2
die über den ersten und zweiten Zufuhrpfad zugeführt wer-den,
4
bei der die [X.] in dem vorderen Endbereich der Spindel (Patentanspruch 1)
/ in dem [X.] (Patentanspruch 2) vorgesehen,
5
der erste Zufuhrpfad zur zu der Drehachse der Spindel ko-axialen Drehung zusammen mit der Spindel ausgebildet und
6
ein Drehgelenk an der Rückseite der Spindel vorgesehen ist, das zum gleichzeitigen und getrennten Zuführen der Flüssigkeit und der Luft zu dem ersten und dem zweiten Zu-fuhrpfad während der Drehung der Spindel angepasst ist,
7
das ein rohrförmiges Element aufweist,
7.1
das auf der zu der Drehachse der Spindel koaxialen Achse des [X.] angeordnet,
7.2
zur mit der Spindel integralen Drehung ausgebildet ist
7.3
und mit dem Ende des ersten Zufuhrpfads an der Rückseite der Spindel verbunden ist,
8
wobei in dem rotierenden Teil des [X.] ein zu der Drehachse der Spindel koaxialer innerer Kanal ausgebildet ist
8.1
an der Außenseite des rohrförmigen Elements,
8.2
der mit dem Ende des zweiten Zufuhrpfads an der [X.] verbunden ist.
Mit der Spindelanordnung nach der Lehre des [X.] soll eine [X.] ermöglicht werden; die [X.]chrift setzt dieses in der [X.] beschriebene Verfahren, das in der Fertigungstechnik bei [X.]
-
9
-
benden Vorgängen zum Einsatz kommt, als bekannt voraus. Nach der Lösung des [X.] werden Druckluft und Schmiermittel getrennt zu dem [X.] geleitet, der mit einer Drehdurchführung
in der [X.]chrift als Drehgelenk bezeichnet
versehen ist. Dieses Element lässt während einer Drehbewegung die Übertragung von zwei Fluiden zu. Die Spindel weist zur ge-trennten Zuführung zwei Zuführpfade auf, die hinter der
Drehdurchführung
ko-axial verlaufen. Der [X.] des flüssigen Schmiermittels erfolgt über den Pfad
[X.] durch eine Gleitringdichtung mit einem inneren Rohr, das mit der [X.] rotiert, und die Druckluft ist mit Pfad
s1 über eine zweite Gleitringdichtung mit dem [X.] dichtend verbunden. Der Pfad
s1
für die Druckluft wird zwischen der Bohrung der Spindel einerseits und dem inneren Rohr anderer-seits gebildet. Beide Pfade münden in die [X.], die Nebelerzeu-gungsvorrichtung. Der Flüssigkeitspfad
[X.] läuft zentral bis zum vorderen [X.]. Der [X.] führt über die drei Segmente
s5 und die radiale Bohrung
s6 in einen Ringraum, in dem der Druck der Druckluft anliegt. In dem sich anschließenden [X.] wird die Luft wegen der [X.] stark beschleunigt und Luft und Schmiermittel werden in einen Nebel umge-wandelt, der aus dem vorderen [X.] (vgl. Figur 11, Bezugszeichen 36) ausgestoßen wird. Durch die koaxiale Anordnung der beiden Zufuhrpfade, die sich durch die gesamte Spindel einschließlich der Drehdurchführung erstre-cken, wird eine kompakte Ausbildung der Spindelanordnung erreicht und wer-den Störungen des Fluidkreislaufs beispielsweise durch [X.] vermie-den.
Nachfolgend
ist Figur 5 des [X.] wiedergegeben, die eine Schnittansicht eines Spindelkopfs
nach der Lehre des [X.] zeigt.
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-

-
11
-
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Patentansprüche
1, 2 und 6 gingen nicht über den Inhalt der Anmel-dung hinaus. Die Auffassung der Klägerin, wonach sich durch das Streichen des ursprünglich in den Patentansprüchen
1 und 2 enthaltenen Merkmals eines "[X.]en" Nebels eine Erweiterung zum ursprünglichen Anmeldungsge-genstand ergebe, treffe nicht zu. Es gehe beim Streitpatent um die Ausgestal-tung eines [X.] bei einer für eine Minimalmengenschmierung geeigne-ten [X.]. Für den Fachmann ergebe sich von selbst, dass der erzeugte Nebel unter Druck
also in Form eines "[X.]en" Ne-bels
ausgestoßen werden müsse, weil es sonst zu einer Entmischung von Luft und Schmiermittel käme. Das gelte auch für Patentanspruch
6. Zwar sei [X.] vorgesehen, das Absperrventil in der Nähe der Nebelerzeugungseinrich-tung anzuordnen, während nach Schutzanspruch 3 der Anmeldung eine Anord-nung unmittelbar vor der [X.] vorgesehen gewesen sei. Die jetzige Fassung entspreche jedoch der Beschreibung in der Anmeldung (Sp.
9 Z.
9 bis 50).
Der Gegenstand des [X.] sei neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit. Der Ausgangspunkt des [X.], die [X.] Offenlegungs-schrift 42 00 808 ([X.]), zeige eine Kühl-Schmiervorrichtung für eine Werkzeug-maschine, bei der jedoch der erste Zufuhrpfad nicht zur zu der Drehachse der Spindel axialen Drehung zusammen mit der Spindel ausgebildet sei. Aus die-sem Grund sei auch das Drehgelenk der [X.] anders aufgebaut als beim [X.]. Ihm fehle das rohrförmige Element, welches zur mit der Spindel integra-len Drehung ausgebildet sei. Vielmehr sei das dünne Rohr feststehend und [X.] Bestandteil des [X.] und nicht des [X.], wie dies beim [X.] sei. Die [X.] 221 952 ([X.]) könne dem Fach-11
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-
12
-
mann keine Anregung geben, wie eine Spindelanordnung mit einer Nebeler-zeugungseinrichtung auszugestalten sei, weil eine solche Nebelerzeugungsein-richtung dort nicht vorhanden sei und auch kein Mischen von Luft und Flüssig-keit erfolge. Das Konvolut zur behaupteten offenkundigen Vorbenutzung "H.

" ([X.]) könne weder für sich gesehen noch in Kombination mit ande-ren Druckschriften dem Fachmann den Gegenstand nach Patentanspruch
1 nahelegen, weshalb dahinstehen könne, ob es sich um eine offenkundige [X.] handele. Insbesondere weise das Drehgelenk der (nicht veröffent-lichten) [X.] Patentanmeldung
P
43
37
919.1 ([X.]einen ande-ren Aufbau auf als das Drehgelenk des [X.]. Das dort beschriebene Drehgelenk sehe ein komplexes Kanalsystem vor, welches teilweise in axialer und teilweise in radialer Richtung durch den feststehenden Teil (Lagerzapfen) sowie den mitdrehenden Teil (Hülse) des [X.] geführt sei. Auch eine Kombination dieses [X.] mit der [X.] führe nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des [X.], denn bei der [X.] verliefen die Zufuhrpfade allenfalls im Bereich der Spindel koaxial zueinander, während im Bereich des [X.] gemäß der Darstellung in Figur
2 der Zufuhrpfad sowie der [X.] für das [X.] von jeweils drei Kanälen gebildet würden, die parallel und punktsymmetrisch zur Spindelachse angeordnet seien. Damit gebe die [X.] dem Fachmann nicht die Anregung, die Zufuhrpfade von der einen Seite bis zur anderen Seite der gesamten Spindelanordnung einschließlich des Dreh-gelenks konsequent durchgehend koaxial anzuordnen.
Ebenso wie Patentanspruch
1 hat das Patentgericht auch den nebenge-ordneten Patentanspruch
2 und den auf Patentansprüche
1 und 2 rückbezoge-nen Patentanspruch
6 für patentfähig erachtet.
[X.] Dies hält
der Überprüfung in der Berufungsinstanz stand.
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-
13
-
1. Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, die Streichung des in dem ur-sprünglichen Schutzanspruch 1 der [X.] enthaltenen Merk-mals eines "[X.] ausgestoßenen" Nebels erweitere Patentanspruch
1 und 2 in der verteidigten Fassung. Außerdem werde Patentanspruch
6 in der verteidigten Fassung gegenüber der Anmeldung erweitert, indem sich die Lage des [X.] nunmehr nur noch vor der [X.] und nicht mehr -
wie in Patentanspruch 3 der [X.] -
unmittelbar vor der [X.] befinden solle.
Die Patentansprüche
1, 2 und 6 gehen nicht über den Inhalt der Anmel-dung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung ([X.] 32 472.6)
hinaus.
Der [X.] des §
21 Abs.
1 Nr. 4 [X.] i.V.m. §
22 Abs.
1 [X.] ist dann erfüllt, wenn der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung hinausgeht. Dabei ist der Gegenstand des Patents mit der Gesam-toffenbarung in den Anmeldeunterlagen zu vergleichen (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 22. September 2009 -
X ZR 27/06,
GRUR 2010, 509 -
Hub-gliedertor
I); maßgebliche Grundlage hierfür ist im Fall der Teilung der Anmel-dung nach §
39 [X.] die [X.] (vgl. [X.], Beschluss
vom 22.
April 1998 -
X [X.], [X.], 148 -
Informationsträger).
Die ur-sprünglich eingereichten Schutzansprüche sind dabei zwar Bestandteil der [X.], nicht aber mit dieser gleichzusetzen.
Demnach ist der Erweiterungstatbestand nicht erfüllt: Wie der gerichtli-che Sachverständige erläutert hat, erkennt der Fachmann, dass es bei der [X.] des [X.] um eine Mindermengenkühlschmierung geht, bei der Nebel zur Kühlschmierung dient und an der [X.] aus dem Werkzeug ausgesto-ßen wird, wobei eine ausreichende Strömungsgeschwindigkeit an der Mündung des Werkzeugs zur [X.] hin sichergestellt sein muss. Den Patentansprü-16
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-
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-
chen
1 und 2 des [X.] ist aus fachmännischer Sicht eindeutig und un-mittelbar zu entnehmen, dass der Nebel "[X.]" ausgestoßen werden muss, weil es eine andere sinnvolle Möglichkeit nicht gibt.
[X.], die einen nicht "[X.]en" Nebel erzeugen, wie zum Beispiel Raumbefeuchter, [X.], wie die Klägerin ausgeführt hat, geläufig und dem Fachpublikum bekannt sein. Aus fachlicher Sicht ist es aber selbstverständlich, dass es zur Vermei-dung der Entmischung des [X.] und der Luft, und um dieses an die [X.] heranzubringen, notwendig ist, dieses unter Druck auszustoßen. Ob in der [X.] zunächst ein nicht "[X.]er" Nebel erzeugt wird, ist dabei nicht entscheidend. Aus fachlicher Sicht ist es jedenfalls erforderlich, den Nebel, wenn er ausgestoßen wird, auf die [X.] hin zu beschleunigen. Dies entspricht dem "[X.]en" Ausstoßen in den Schutz-ansprüchen
1 und 2 der Anmeldung.
Auch Patentanspruch
6 in der verteidigten Fassung geht bezüglich der Position des [X.] nicht über den Offenbarungsgehalt der Ursprungs-anmeldung hinaus. Über seine Lage wird bei dem Ausführungsbeispiel (Sp.
9 Z.
46-50) ausgeführt, dass es im Hinblick auf die Verhinderung eines leckförmi-gen Austretens des Kühlmittels die zuverlässigere Ausgestaltung sei, das Ab-sperrventil in der Nähe der [X.] vorzusehen. Allerdings ist in Schutzanspruch
3 der [X.] für die Lage des [X.] unmittelbar vor der [X.] Schutz beansprucht. Dies bedeutet jedoch keinen Widerspruch zum Inhalt der Beschreibung, vielmehr ist die Fassung des Patentanspruchs
3 der [X.] insoweit enger als die in der Beschreibung geschilderte bevorzugte Ausführungsform. Durch die engere Fassung des Patentanspruchs wird nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte auf die Beschreibung zurückgreift, die jede Anordnung in der Nähe der [X.] erfasst und als zur Erfindung gehörend offenbart.
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-
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-
2. Die Klägerin greift das Urteil des Patentgerichts nicht an, soweit dieses die Neuheit des Gegenstands der Patentansprüche
1 und 2 des [X.] gegenüber dem Stand der Technik bejaht hat. Das Patentgericht hat auch zu Recht entschieden, dass er auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
a)
Die Lehre des [X.] war nicht schon durch die Kenntnis der Spindeleinheit nach der [X.] und das allgemeine Fachwissen des Fachmanns, als den das Patentgericht zutreffend und von den Parteien
auch nicht bean-standet einen Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähri-ger praktischer Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion von [X.]n angesehen hat, nahegelegt. Aus der [X.] ist eine Spindeleinheit mit ei-ner Sprühnebelkühlschmierung bekannt, bei der die Kühlschmierung direkt der [X.] zugeführt wird. Dazu werden Schmiermittel und Druckluft in die rotie-rende Spindel eingeleitet. Das Schmiermittel wird durch ein am [X.] langes dünnes Rohr durch die
hohle Spindel bis vor die Schneide des ebenfalls mit einer Bohrung versehenen Werkzeugs geführt. Der [X.] wird am Ende des [X.] dadurch erzeugt, dass das Schmiermittel als Freistrahl austritt und durch die vorbeiströmende Luft zur [X.]
transportiert wird. Weder für die Druckluftzufuhr noch für das Schmiermittel ist eine Dreh-durchführung vorgesehen. Damit liegen, wie auch der gerichtliche Sachver-ständige bestätigt hat, bei der Spindeleinheit nach der [X.] jedenfalls die Merk-male
2.1, 5 und
6 nicht vor,
sowie alle weiteren Merkmale, die sich auf die Aus-gestaltung des [X.] beziehen.
Wollte der Fachmann die Spindeleinheit nach der [X.] verbessern, um ei-ne effektivere Nebelgenerierung zu ermöglichen und dabei den Einsatz speziell angepasster Werkzeuge, die bei der Spindeleinheit nach der [X.] erforderlich sind, vermeiden, so musste er zunächst erkennen, dass an der [X.] nachteilig war, dass das Zentralrohr bis in das Werkzeug hineingeführt wird, denn dies 21
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-
16
-
führt dazu, dass speziell angepasste
Werkzeuge erforderlich sind. Daher mag es für den Fachmann nahegelegen haben, das Zentralrohr nicht bis in das Werkzeug zu führen, sondern nur bis zur [X.] und dort die Zerstäubung vorzunehmen.
Um zur Lehre des [X.] zu gelangen, musste der Fachmann [X.] erkennen, dass das Zentralrohr bei der [X.] sehr dünn sein und deshalb zu starken [X.] neigen kann. Daraus mag der Fachmann ab-leiten, dass es zweckmäßig sein kann, das Zentralrohr mit der Spindel rotieren zu lassen, was eine Drehdurchführung voraussetzt, die sinnvollerweise auf der Antriebsseite der Spindel angeordnet ist. Dies beinhaltet aber den Nachteil, dass die Drehdurchführung aufwendig ist und im rotierenden Zentralrohr die viskose Flüssigkeit ebenfalls in Drehung gesetzt wird. Weiterhin musste die Druckluft in das rotierende System eingebracht werden. Hierzu war eine weitere Drehdurchführung für die Druckluft mit einer zweiten Gleitringdichtung erforder-lich.
Diese Überlegungen genügten jedoch noch nicht für die Ausgestaltung der Spindelvorrichtung nach der Lehre des [X.]. Eine Anregung für eine solche Ausgestaltung der Spindelvorrichtung, die zwei Zufuhrpfade [X.], von denen der erste in dem zweiten Zufuhrpfad angeordnet ist, und die die gesamte Spindel einschließlich des [X.] durchlaufen, lag ohne Kenntnis der Lehre des [X.], wie auch der gerichtliche Sachverständi-ge bestätigt hat, allein aufgrund seines Fachwissens für den Fachmann nicht nahe. Für diese Ausgestaltung bedurfte es neben
den zuvor dargestellten Än-derungen einer weitgehenden Umkonstruktion der Spindeleinheit nach der [X.], von der im Wesentlichen nur das Prinzip der Minimalmengenschmierung zu übernehmen war.
Hierzu mag der Fachmann in Kenntnis der Lehre des Streit-24
25
-
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-
patents ohne große Schwierigkeiten in der Lage sein, eine ausreichende Anre-gung dazu ergab sich aber ohne diese Kenntnis nicht in naheliegender Weise.

b)
Eine Anregung hierzu erhielt der Fachmann auch aus keiner der übri-gen Entgegenhaltungen. Insbesondere ergibt sie sich nicht aus der [X.]. Diese offenbart
eine Einrichtung zum Kühlen der Hauptspindel von Werkzeugmaschi-nen, bei der Küh oder Schmiermittel für den Zerspanprozess axial durch die Hauptspindel hindurchgeleitet werden; außerdem wird die Hauptspindel durch ein [X.] gekühlt. Die [X.]vorrichtung für den [X.] und diejenige für die Kühlung der Hauptspindel sind voneinander vollständig getrennt. Das [X.] für den Zerspanprozess wird nicht zurückgeführt; es wird über die Leitung durch den [X.] in ein Rohr transportiert. Das [X.], das dem Zerspanprozess zugeführt wird, wird nicht mit Luft vermischt. Es handelt sich daher nicht um eine Minimalmen-genschmierung. Das Kühlmittel für die Spindel fließt in einem geschlossenen Kreislauf von der [X.]verschraubung in Richtung der Vorderseite der Spindel und von dort wieder zurück zu einer [X.]verschraubung. Auch diese Anordnung weist keinen Zufuhrpfad für Luft auf. Dementsprechend ist auch keine [X.] vorhanden. Damit mag die [X.] Ele-mente enthalten, die auch die Lösung des [X.] vorsieht. Sie ist jedoch, schon weil es sich nicht um eine Minimalmengenschmierung handelt, nicht [X.], dem Fachmann Anregungen für eine Spindelanordnung mit einer Ne-belerzeugungsvorrichtung zu
geben.
Es ist mithin nicht ersichtlich, dass ohne Kenntnis der Lehre des [X.] der Fachmann angeregt worden wäre, einzelne
Konstruktionselemente aus der [X.] zu übernehmen.
c)
Dies gilt ebenso für die [X.] ([X.]

), die [X.] mit Gleitringdichtungen für zwei Zufuhrpfade zeigt. Diese ist auch nach dem Vortrag der Klägerin nur insoweit von Bedeutung,
als sie in Zu-26
27
-
18
-
sammenschau mit der [X.] die Lehre des [X.] nahelegen soll. Dass die [X.] für sich genommen geeignet wäre, den Fachmann dazu anzuregen, eine Spindelanordung so auszugestalten, wie es das Streitpatent lehrt, macht auch die Klägerin nicht geltend.
d)
Schließlich ist die von der Klägerin behauptete öffentlich zugängliche Benutzung nicht bewiesen, weshalb auch hieraus keine Anregung zur Verbes-serung der Spindelanordnung nach der [X.] hergeleitet werden kann.
Die öffentliche Zugänglichkeit einer Benutzung
im Sinne
des §
3 Abs.
1 [X.] hängt davon ab, ob die nicht zu entfernte Möglichkeit besteht, dass belie-bige Dritte zuverlässige, ausreichende Kenntnis vom Gegenstand der [X.] erhalten konnten. Dies ist zu bejahen, wenn die technische Lehre zwar nicht durch bloßen Augenschein des sie verkörpernden Gegenstands erkenn-bar ist, dem Fachkundigen jedoch erläutert wird ([X.], Beschluss vom 5.
März 1996 -
X
ZB
13/92, [X.], 747, 752
-
Lichtbogen-Plasma-Beschich-tungssystem). Neben der Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Vorrichtung bedarf
es daher auch der Feststellung der Informationen, die eine fachkundige Person über die technische Lehre erkennen und verstehen konnte ([X.], Urteil vom 5.
Juni 1997 -
X
ZR 139/95, [X.]Z 136, 40, 51 -
Leiterplattennutzen). Dass eine Erläuterung
der Lehre des
[X.] in einer solchen Weise erfolgt ist, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung
zur Offenkundigkeit der Vorbenutzung vorgetragen, dass der Zeuge Dr. B.

die Prinzipzeichnung [X.] 5 Besuchern der [X.]
der H.

GmbH im Juni/Juli 1994 vorgelegt habe. Der Zeuge Dr. B.

hat dazu angegeben, dass die Zeichnung im DIN
A 0 -
Format in der [X.] ausgehangen habe. Dort habe er sie Besuchern erläutert. Ablichtungen, die den Besuchern in die Hand
gegeben 28
29
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-
19
-
worden seien, habe es nicht gegeben.
Ebenso wenig sei ein Modell der [X.]anordnung
vorhanden gewesen.
Der Senat ist aufgrund dieser Aussage nicht davon überzeugt, dass die Besucher die erforderliche Kenntnis vom Gegenstand der Vorbenutzung erlan-gen konnten. Die Prinzipzeichnung ist, worauf auch der gerichtliche Sachver-ständige hingewiesen hat, komplex und erschließt sich nicht ohne nähere Be-fassung. Es erscheint daher zweifelhaft, dass allein aufgrund der einmaligen Erläuterung der an der Wand hängenden Zeichnung den Besuchern ausrei-chende Kenntnisse über die dargestellte technische Lehre vermittelt worden sind, die diese verstanden haben und hätten wiedergeben oder selbst nutzen können. Die Zeugen J.

und F.

haben sich wegen des Zeitablaufs an Einzelheiten der Präsentation nicht mehr erinnert. Sie konnten auch keine An-gaben über die technischen Informationen machen oder diese näher wiederge-ben. Der Zeuge F.

hat vielmehr angegeben, für ihn seien diese damals nicht von Interesse gewesen, weil sie bei seiner Arbeitgeberin nicht anwendbar ge-wesen seien, er habe nach seiner Erinnerung diese aber auch nicht wirklich verstanden. Für den Senat steht danach nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass der Inhalt der Prinzipzeichnung den fachkundigen Besuchern der [X.] ausreichend deutlich geworden ist und sie sich ein mehr als nur oberflächliches Bild von der Funktionsweise der gezeigten Spindelanordung machen konnten.
31
-
20
-
V. [X.] beruht auf § 121 Abs.2 [X.] i.V.m. §
97 ZPO.

[X.]
[X.]
[X.]

Grabinski
Schuster
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 11.11.2008 -
4 Ni 48/07 -

32

Meta

X ZR 7/09

21.07.2011

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. X ZR 7/09 (REWIS RS 2011, 4488)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4488

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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