Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.08.2015, Az. X R 51/13

10. Senat | REWIS RS 2015, 6455

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Gegenstand

(Inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 19.8.2015 X R 50/13 - Widerstreitende Steuerfestsetzungen - § 174 Abs. 4 AO)


Leitsatz

1. NV: Ein bestimmter Sachverhalt i.S.d. § 174 AO ist der einzelne Lebensvorgang im Sinne eines Sachverhaltskomplexes, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft.

2. NV: Auch im Rahmen des § 174 Abs. 4 AO muss der dem geänderten sowie der dem zu ändernden Steuerbescheid zugrundeliegende Sachverhalt übereinstimmen.

3. NV: Übereinstimmung setzt jedoch keine vollständige Identität voraus.

4. NV: Die irrige steuerliche Beurteilung in dem geänderten Bescheid muss sich ausschließlich auf diesen bestimmten Sachverhalt bezogen haben und darf nicht auf einem erst um weitere Tatsachen ergänzten Sachverhalt beruhen.

5. NV: In dem zu ändernden Bescheid dürfen hingegen weitere Sachverhaltselemente hinzutreten, um einen gesetzlichen Tatbestand zu erfüllen, der den zunächst irrig beurteilten Sachverhalt nunmehr mit den richtigen steuerlichen Folgen versieht.

6. NV: Maßstab für die Frage, ob ein Sachverhalt in dem geänderten Bescheid irrig beurteilt wurde, ist der letzte dem Änderungsbescheid vorausgegangene Bescheid.

7. NV: Unerheblich ist, ob die irrige Beurteilung sich auf Tatsachen oder Rechtsfragen bezog.

8. NV: § 174 Abs. 4 AO ist nicht auf Fälle der Objekt-, Perioden-, Zuständigkeits- oder Subjektkollision beschränkt, sondern enthält eine spezialgesetzliche Ausformung von Treu und Glauben. Hat der Steuerpflichtige erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten, so hat er auch die damit denklogisch verbundenen Nachteile hinzunehmen.

9. NV: Das für die Gerichte geltende "Verböserungsverbot" schließt es grundsätzlich nicht aus, einen Bescheid, der bereits Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung war, nach den Vorschriften der AO zu ändern.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. Oktober 2012  14 K 1401/11 G aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte als selbständiger [X.]inzelunternehmer mit einem Maler- und Lackierbetrieb [X.]inkünfte aus [X.]ewerbebetrieb und ermittelte seinen [X.]ewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Der [X.]ater ([X.]) seiner [X.]hefrau ([X.]) war [X.]igentümer eines u.a. mit einer Scheune bebauten [X.]rundstücks. Aufgrund einer schriftlichen [X.]ereinbarung aus dem Jahre 1993 überließ [X.] dem Kläger die Scheune zur betrieblichen Nutzung. Die [X.]ereinbarung lautete wörtlich:

2

"[[X.]] überlässt [Kläger] ab dem [X.] die auf der Hofstelle in ... gelegene Scheune zur Nutzung für dessen Malerbetrieb. Die Nutzungsüberlassung erfolgt ohne [X.]ntgelt. [[X.]] haftet nicht für etwaige Mängel des [X.]ebäudes und ist auch künftig nicht verpflichtet, dieses zu reparieren. Die mit der Nutzung verbundenen Kosten (Strom, Wasser, Abwasser u.s.w.) trägt [Kläger]. [Kläger] darf die Scheune auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko von innen ausbauen und für Zwecke seines Betriebs herrichten. Die Nutzungsdauer beträgt zunächst 20 Jahre. Die Nutzungsdauer verlängert sich jeweils um 1 Jahr, wenn nicht einer der [X.]ertragspartner 12 Monate vor dem jeweiligen [X.]nde gekündigt hat. Für den Fall, dass die Nutzungsüberlassung endet, hat [Kläger] einen Anspruch auf [X.]rsatz des Wertes der von ihm geschaffenen Baumaßnahmen. Maßgebend ist der Wert, den diese Baumaßnahmen im Zeitpunkt der Beendigung des Nutzungsverhältnisses haben. [Kläger] kann statt dessen nach seiner Wahl die von ihm geschaffenen Umbauten beseitigen und die Scheune in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzen".

3

[X.] nahm der Kläger eine umfangreiche Sanierung des [X.] vor und machte hierfür Betriebsausgaben in Höhe von netto 149.483 DM im [X.] und 4.298 DM im Jahre 2001 geltend. Zusätzlich begehrte er im Jahre 2001 einen Betriebsausgabenabzug in Höhe von 57.341 DM für die [X.]rrichtung von 12 Stellplätzen.

4

Mit [X.]ertrag vom 18. Juni 2001 übertrug [X.] das [X.]rundstück unentgeltlich auf [X.]. Der [X.]ertrag enthielt u.a. die Zusicherung gegenüber [X.], dass keine Miet- und [X.] mit Dritten bestünden. Mit [X.]ertrag vom 28. Juni 2001 vermietete [X.] dem Kläger die Scheune für eine monatliche Kaltmiete von 3.736 DM. [X.]inen [X.]rsatzanspruch für die in den Jahren 2000 und 2001 getätigten Aufwendungen machte der Kläger gegenüber [X.] nicht geltend. Nach eigenen Angaben hatte niemand mehr an einen solchen Anspruch gedacht.

5

Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) den Kläger zunächst unter dem [X.]orbehalt der Nachprüfung veranlagt hatte, kam eine Außenprüfung zu der Auffassung, die Aufwendungen für die Dachsanierung seien keine Betriebsausgaben. [X.]s handele sich um nicht abziehbare Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 des [X.]inkommensteuergesetzes ([X.]St[X.]). Das beruhe darauf, dass der Kläger den ihm gegen [X.] zustehenden [X.]rsatzanspruch nicht geltend gemacht habe. Das [X.] änderte die [X.]ewerbesteuermessbescheide am 3. November 2006 entsprechend und hob die Nachprüfungsvorbehalte auf.

6

Während des folgenden [X.]inspruchsverfahrens kam das [X.] zu der Auffassung, dass es sich dem [X.]runde nach doch um Betriebsausgaben handele. Allerdings sei nicht erwiesen, dass sämtliche Aufwendungen auf das betrieblich genutzte [X.]ebäude entfielen. In der [X.]inspruchsentscheidung vom 17. November 2008 berücksichtigte das [X.] daher für das [X.] im Schätzungswege 50 % der Aufwendungen --netto 74.742 [X.] als Betriebsausgaben. Für das [X.] erhöhte es allerdings den [X.]ewinn um denselben Betrag und verböserte den [X.]ewerbesteuermessbescheid entsprechend. [X.]inerseits seien die Aufwendungen auf das fremde [X.]rundstück mit Rücksicht auf den vereinbarten [X.]rsatzanspruch als Betriebsausgaben abziehbar. Andererseits sei dieser Anspruch dann auch zu bilanzieren. Werde er aus privaten [X.]ründen nicht realisiert, liege eine nicht abziehbare Zuwendung nach § 12 Nr. 2 [X.]St[X.] vor, so dass sich der [X.]ewinn des Jahres 2001 um den Wert des [X.]rsatzanspruchs erhöhe.

7

Darauf hatte der Kläger u.a. wegen der [X.] und 2001 Klage erhoben, die beim [X.] ([X.]) unter 16 K 5166/08 [X.] geführt worden war. Im Rahmen jenes [X.]erfahrens beschränkte der Kläger den für das [X.] geltend gemachten Aufwand aus tatsächlichen [X.]ründen auf 138.621 DM. Nach einer Beweisaufnahme kam das [X.] zu der Überzeugung, dass dieser Aufwand vollständig dem betrieblich genutzten [X.]ebäude zuzuordnen sei. Nachdem das [X.] Abhilfe zugesagt hatte, wurde der Rechtsstreit hinsichtlich des Jahres 2000 für erledigt erklärt.

8

Soweit es das noch streitige [X.] betraf, ging der Kläger weiterhin davon aus, auf den [X.]rsatzanspruch sei zu keinem Zeitpunkt verzichtet worden, so dass eine gewinnwirksame Bilanzierung nicht stattfinde. Das [X.] wies die Klage mit Urteil vom 4. November 2010, zugestellt am 7. Dezember 2010, ab. Bei den Stellplätzen sei die bisher bereits berücksichtigte Absetzung für Abnutzung auf 19 Jahre bei den [X.]ermietungseinkünften der [X.] zutreffend. Im Übrigen wäre dem [X.]runde nach der [X.]ewerbesteuermessbetrag höher festzusetzen als bisher geschehen. Der [X.]rsatzanspruch aus der Dachsanierung sei richtigerweise im Jahre 2001 mit 138.621 DM statt wie bisher mit 74.742 DM zu aktivieren. Da indes dem [X.]ericht die [X.]erböserung verwehrt sei, bewende es bei der festgesetzten Steuer. [X.]ine ggf. mögliche Berichtigung sei dem [X.] vorbehalten. Der Aufwand für die Dachsanierung sei [X.]rhaltungsaufwand gewesen, der im [X.] zu sofort abziehbaren Betriebsausgaben geführt habe. Dieser Aufwand habe zu einem [X.]rsatzanspruch des [X.] geführt. [X.]s habe sich nicht um kleinere Reparaturen gehandelt, die der Kläger endgültig zu tragen hatte, sondern um "Baumaßnahmen" im Sinne der [X.]ereinbarung. Zwischen dem Kläger und [X.] habe rechtlich ein Leihverhältnis bestanden, das mit der Übertragung des [X.]rundstücks auf [X.] beendet worden sei. Jedenfalls der Abschluss des [X.] zwischen dem Kläger und [X.] habe das [X.]ertragsverhältnis zwischen dem Kläger und [X.] beendet. Mit diesem Zeitpunkt sei sodann der [X.]rsatzanspruch fällig geworden. Da zwischen der Dachsanierung und der [X.]ntstehung des [X.]rsatzanspruchs lediglich ein Jahr liege und Dacheindeckungen langlebig seien, könne der Wert des [X.]rsatzanspruchs auf die Höhe des getätigten Aufwands und damit auf 138.621 DM geschätzt werden. Dieser Anspruch sei im [X.] gewinnerhöhend zu aktivieren gewesen. Das gelte unabhängig davon, ob der Kläger noch im selben Jahr auf den Anspruch verzichtet habe, da dies nur noch eine gewinnneutrale Privatentnahme bewirke.

9

Das [X.] erließ am 6. Januar 2011 den zugesagten Änderungsbescheid zum [X.]ewerbesteuermessbetrag 2000, am 18. Februar 2011 unter Berufung auf § 174 der Abgabenordnung ([X.]) den im vorliegenden [X.]erfahren streitgegenständlichen Änderungsbescheid zum [X.]ewerbesteuermessbetrag 2001. Darin ging es von einem zu aktivierenden [X.]rsatzanspruch in Höhe von 138.621 DM und damit von einem um 63.879 DM erhöhten [X.]ewinn aus.

Der [X.]inspruch blieb erfolglos. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Für die Änderung des Bescheids habe schon deshalb keine verfahrensrechtliche Befugnis aus § 174 Abs. 4 [X.] --andere [X.]orschriften stehen nach allseitiger Auffassung nicht zur [X.]erfügung-- bestanden, weil es sich bei den für die Besteuerung maßgeblichen [X.]eschehen in den Jahren 2000 und 2001 nicht um einen einheitlichen Lebensvorgang bzw. [X.] gehandelt habe. Die [X.]orschrift ermögliche unter bestimmten [X.]oraussetzungen die Korrektur von Bescheiden, die aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ergangen seien. Sie fordere zwar keine vollständige Übereinstimmung zwischen dem ursprünglich beurteilten und dem tatsächlich verwirklichten Lebens- und Besteuerungssachverhalt, fordere aber, dass aus demselben --unveränderten und nicht durch weitere Tatsachen ergänzten-- Sachverhalt andere steuerliche Folgen noch in einem anderen Steuerbescheid gegenüber dem Steuerpflichtigen zu ziehen seien. Mit einem "bestimmten Sachverhalt" sei daher "derselbe Sachverhalt" gemeint.

Während für das [X.] (nur) die Dachsanierungsaufwendungen tatsächlich und rechtlich zu würdigen gewesen seien, stellten die [X.]orgänge im Jahre 2001, nämlich die Beendigung der Nutzungsüberlassung durch [X.] und die Neuvermietung durch [X.] einen neuen Lebensvorgang bzw. [X.] dar. Die Beziehung zwischen den Betriebsausgaben 2000 und dem etwaigen [X.]rsatzanspruch 2001 reiche als [X.]rundlage für eine Änderung nach § 174 Abs. 4 [X.] nicht aus. [X.]s existiere kein einheitlicher im [X.] beginnender und im Folgejahr 2001 weitergeführter Sachverhalt, dessen einzelne Tatsachen sich bei natürlicher Betrachtung als Teile eines gemeinsamen [X.]anzen darstellten. [X.]ielmehr folge der Dachsanierung im [X.] ein hiervon unabhängiger neuer Lebenssachverhalt mit neu hinzugetretenen Tatsachen im Streitjahr 2001, dessen Beurteilung lediglich durch die rechtliche Beurteilung im [X.] angelegt war.

Mit der Revision macht das [X.] geltend, die [X.]oraussetzungen des § 174 Abs. 4 [X.] hätten vorgelegen. In beiden Jahren sei der Sachverhalt "Dachsanierungsaufwand" zu beurteilen gewesen, im [X.] für die Frage des [X.], im [X.] für die Frage der Aktivierung eines [X.]rsatzanspruchs. Diese Beurteilung habe in den beiden Jahren nicht zu unterschiedlichen [X.]rgebnissen führen können. War sie in einem Jahr rechtsirrig, so sei sie es auch in dem anderen gewesen. Soweit das [X.] meine, die Anwendung von § 174 Abs. 4 [X.] sei nicht möglich, wenn eigenständig zu beurteilende Sachverhalte für das zu ändernde Jahr hinzuträten, entspreche dies nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung. [X.]ielmehr genüge es, dass ein zu beurteilender entscheidungserheblicher Teilkomplex in verschiedenen Jahren übereinstimme.

[X.]iner Zurückverweisung bedürfe es nicht. Zwar habe das [X.] nicht geprüft, ob ein im [X.] zu aktivierender [X.]rsatzanspruch dem [X.]runde nach entstanden ist. Der Sachverhalt stehe aber fest und müsse nur noch rechtlich beurteilt werden.

Das [X.] beantragt,
das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur anderweitigen [X.]erhandlung und [X.]ntscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

[X.]s müsse ein und derselbe Sachverhalt erfasst und dabei irrig beurteilt worden sein. [X.]s sei einhellige Auffassung in der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) und der Literatur, dass ein bestimmter Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 [X.] ein einzelner Lebensvorgang sei, an den das [X.]esetz steuerliche Folgen knüpfe. Im Streitfall seien an den Sachverhalt "Dachsanierungsaufwand" bereits steuerliche Folgen geknüpft worden. Mit der Beendigung der Nutzungsüberlassung sei eine weitere Tatsache hinzugetreten, die sich nicht selbstverständlich aus dem Sachverhalt "Dachsanierungsaufwand" ergeben habe. Das weitere [X.]erhalten der Parteien hätte auch zu einem anderen steuerlichen [X.]rgebnis führen können.

Entscheidungsgründe

II. Auf die Revision des [X.] ist gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) das [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der angefochtene Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig.

1. Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen [X.]unsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] aus dem Sachverhalt nachträglich durch [X.]rlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist nach § 174 Abs. 4 Satz 3 [X.] unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. Nach § 174 Abs. 4 Satz 4 [X.] gilt dies nur unter den [X.]oraussetzungen des Abs. 3 Satz 1, wenn die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde.

Alle [X.]oraussetzungen der Änderungsvorschrift haben vorgelegen. Der ursprünglich beurteilte Sachverhalt und der nachträglich mit steuerlichen Folgen versehene Sachverhalt decken sich in dem erforderlichen Maße (dazu a). Das [X.] hat aufgrund irriger Beurteilung dieses Sachverhalts den [X.] erlassen und aufgrund des Rechtsbehelfs des [X.] zu dessen [X.]unsten geändert (dazu b). [X.]s hat sodann aus dem Sachverhalt durch Änderung auch des [X.]ewerbesteuermessbescheids 2001 die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen (dazu c). Die Festsetzungsfrist ist gewahrt (dazu d). Ausschlussgründe für die Änderung liegen nicht vor (dazu e).

a) Die Sachverhalte, die den Steuerfestsetzungen 2000 und 2001 zugrunde liegen, stimmen in dem von § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] geforderten Umfang überein. Die Änderungsvorschrift des § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] knüpft an einen bestimmten Sachverhalt an. Somit fordert sie zwar Übereinstimmung, jedoch keine vollständige Identität zwischen dem zunächst irrig beurteilten und dem später zu beurteilenden Sachverhalt.

aa) Das Merkmal "bestimmter Sachverhalt" ist zentrales [X.]lement aller Tatbestände des § 174 [X.] und deshalb einheitlich auszulegen. Darunter ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das [X.]esetz steuerliche Folgen knüpft. [X.]s fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Tatbestandsmerkmal hierunter, sondern auch der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche [X.]. Mehrere Sachverhaltselemente bilden dann einen einheitlichen Lebensvorgang und [X.], wenn die betreffenden Sachverhaltselemente einen inneren Zusammenhang aufweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.] nach § 126a [X.]O vom 19. November 2003 I R 41/02, [X.]N[X.] 2004, 604, [X.] --[X.]-- 2004, 302; [X.]-Urteile vom 14. März 2006 I R 8/05, [X.] 212, 517, [X.] 2007, 602; vom 14. Januar 2010 I[X.] R 33/07, [X.] 228, 122, [X.] 2010, 586; vom 24. April 2013 II R 53/10, [X.] 241, 63, [X.] 2013, 755; vom 12. Februar 2015 [X.] R 38/13, [X.] 248, 504, [X.]N[X.] 2015, 877, [X.] 2015, 645, jeweils m.w.[X.]). Wann dies der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen ab.

bb) Nach dem Wortlaut nicht nur des § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.], sondern aller Tatbestände des § 174 [X.], ist es dieser "bestimmte Sachverhalt", der verschiedene einander widerstreitende Steuerfestsetzungen verklammert und die Auflösung des [X.] verlangt und erlaubt. Allerdings müssen der ursprünglich beurteilte und der tatsächlich verwirklichte Lebenssachverhalt und Besteuerungssachverhalt nicht vollständig übereinstimmen. Je nach den [X.]rfordernissen des jeweiligen steuerlichen Tatbestandes kann vielmehr teilweise Deckungsgleichheit genügen (vgl. [X.] in [X.]N[X.] 2004, 604, [X.] 2004, 302; [X.]-Urteile in [X.] 241, 63, [X.], 755, und in [X.] 248, 504, [X.]N[X.] 2015, 877, [X.] 2015, 645).

cc) Hinsichtlich der Frage, inwieweit bei den verschiedenen potentiell widerstreitenden Steuerfestsetzungen zu dem nach Maßgabe von aa) definierten Lebensvorgang oder [X.] weitere Sachverhaltselemente hinzutreten oder aus diesem einzelne Sachverhaltselemente entfallen dürfen, ist zu differenzieren.

(1) In dem geänderten Bescheid dürfen keine Sachverhaltselemente enthalten sein, die bei der Beurteilung in dem zu ändernden Bescheid keine Rolle mehr spielen. Die irrige steuerliche Beurteilung in dem auf Betreiben des Steuerpflichtigen geänderten Bescheid muss sich ausschließlich auf diesen "bestimmten Sachverhalt" bezogen haben. Sie darf nicht auf einem erst um weitere Tatsachen ergänzten Sachverhalt beruhen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 174 Rz 52). Diesen Fall nimmt insbesondere das [X.]-Urteil vom 22. August 1990 I R 42/88 ([X.] 162, 470, [X.] 1991, 387), auf das sich der Kläger beruft, aus (ebenso [X.]-Urteil vom 17. Oktober 1990 I R 9/89, [X.]N[X.] 1991, 354). § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] findet nur Anwendung, wenn aus dem (unveränderten) Sachverhalt, der der irrigen Beurteilung zugrunde lag, andere steuerliche Folgerungen gezogen werden können und müssen.

(2) Jedoch dürfen in dem zu ändernden Bescheid weitere Sachverhaltselemente hinzutreten. Die Anwendung von § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] ist auch dann möglich, wenn der eine --zunächst irrig [X.] Lebenssachverhalt ein Teilstück jenes gesetzlichen Tatbestandes darstellt, durch den der andere --nunmehr mit den richtigen steuerlichen Folgen zu versehende [X.] erfasst wird.

(a) In dieser Weise formuliert es explizit der [X.] in [X.]N[X.] 2004, 604, [X.] 2004, 302. Der Kläger versteht jene [X.]ntscheidung anders. In dem dort zugrunde liegenden Sachverhalt hatte das dortige [X.] zunächst einen [X.]inbringungsvorgang durch Übertragung von [X.]esellschaftsanteilen als eine nach § 17 [X.]St[X.] steuerpflichtige [X.]eräußerung behandelt und einen [X.]eräußerungsgewinn der Besteuerung unterworfen, hingegen in einem späteren Jahr aus der [X.]eräußerung der Anteile an der aufnehmenden [X.]esellschaft keine steuerlichen Folgen gezogen. Auf [X.]inspruch machte das [X.] die [X.]rfassung des [X.]eräußerungsgewinns rückgängig, da die Buchwerte fortgeführt worden waren. [X.]s berücksichtigte jedoch in einem auf § 174 Abs. 4 [X.] gestützten Änderungsbescheid den [X.]eräußerungsgewinn in dem späteren Jahr, da es sich um eine [X.]eräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen handele. Der [X.] hielt dies für richtig.

Der Kläger interpretiert die [X.]ntscheidung in der Weise, dass erst derjenige Sachverhalt, der das hinzutretende Sachverhaltselement des zu ändernden Bescheids einschließt, den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt im Sinne der [X.]orschrift darstelle, während der in dem geänderten Bescheid zunächst unzutreffend beurteilte Sachverhalt bei tatsächlicher Betrachtung kein Sachverhalt sei, an den das [X.]esetz steuerliche Folgen knüpfe. Der [X.] vermag dem nicht zu folgen. Mit diesem [X.]erständnis wäre die Anwendung von § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] nicht in Betracht gekommen, da die [X.]orschrift die irrige Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts voraussetzt. Der bestimmte Sachverhalt muss also dem geänderten Bescheid zugrunde gelegen haben. Der Umstand, dass bei zutreffender Beurteilung dieses Sachverhalts keine steuerlichen Folgen zu ziehen waren, ist gerade der Irrtum, den die [X.]orschrift voraussetzt. Welcher Art dieser Irrtum allerdings war, ob das [X.] fälschlich von einer steuerlichen Relevanz dem [X.]runde nach ausgegangen ist oder die steuerlichen Folgen anderweit fehlerhaft beurteilt hat, stellt keinen rechtserheblichen Unterschied dar. Im Übrigen beruht auch die [X.]rkenntnis, dass bestimmte steuerliche Folgen auszubleiben haben, auf einer steuerlichen Beurteilung.

Nach alledem war in dem der [X.]-[X.]ntscheidung in [X.]N[X.] 2004, 604, [X.] 2004, 302 zugrunde liegenden Sachverhalt der "bestimmte Sachverhalt" des geänderten Bescheids i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] der [X.]inbringungsvorgang, das hinzugetretene Sachverhaltselement des zu ändernden Bescheids die spätere [X.]eräußerung.

(b) Das von dem Kläger weiter herangezogene [X.]-Urteil vom 18. Februar 1997 [X.]III R 54/95 ([X.] 183, 6, [X.] 1997, 647) steht diesem [X.]erständnis nicht entgegen. Der [X.] geht in dieser [X.]ntscheidung davon aus, dass steuerrechtliche Folgen aus einem bestimmten und unveränderten, nicht durch weitere Tatsachen ergänzten Sachverhalt zu ziehen sind. Allerdings bezieht sich das [X.]erbot der Sachverhaltsergänzung trotz der u.U. missverständlichen Formulierungen nach dem Kontext der [X.]ntscheidung auf den geänderten Bescheid und darauf, dass dessen Sachverhaltsgrundlage unverändert zur [X.]rundlage des zu ändernden Bescheids werden muss (s.o. unter (1)). In dem jener [X.]ntscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der dortige Kläger für die Finanzierung von Anteilen an einer [X.]esellschaft Schuldzinsen aufgewandt. Das dortige [X.] berücksichtigte diese in den [X.]n mangels [X.]ewinnerzielungsabsicht nicht, berücksichtigte in einem Folgejahr u.a. eine Ausschüttung allerdings auch nicht. Nach erfolgreichem [X.]inspruch bezüglich der [X.] hinsichtlich der Zinsen änderte das [X.] unter Berufung auf § 174 Abs. 4 [X.] die [X.]inkommensteuerfestsetzung des Folgejahres in der Weise, dass es nunmehr u.a. die Ausschüttung als [X.]innahmen aus Kapitalvermögen ansetzte. Der [X.] hielt dies wiederum für zutreffend.

Auch diese [X.]ntscheidung hätte anders ergehen müssen, wäre das [X.]erständnis des [X.] richtig, denn auch in diesem Fall war für den zu ändernden Bescheid des Folgejahres ein Sachverhaltselement hinzugetreten, nämlich die Ausschüttung.

(3) Nach alledem genügt es nicht, wenn beiden Bescheiden dieselben Teile eines bestimmten Sachverhalts zugrunde liegen. [X.]ielmehr muss derjenige bestimmte Sachverhalt, der der irrigen steuerlichen Beurteilung in dem auf Betreiben des Steuerpflichtigen geänderten Bescheid zugrunde lag, seinerseits in vollem Umfange [X.]rundlage des zu ändernden Bescheids geworden sein. Im Rahmen des zu ändernden Bescheids dürfen aber zur steuerlichen Beurteilung Sachverhaltselemente hinzutreten.

dd) Im Streitfall ist die von § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] geforderte Übereinstimmung der Sachverhalte gewahrt. Der Sachverhalt, der dem [X.] zugrunde lag, ist der [X.]organg "Scheunendachsanierung". Diesen hat das [X.] in unveränderter Form dem streitigen [X.]ewerbesteuermessbescheid 2001 zugrunde gelegt. Die Änderung der zivilrechtlichen [X.]erhältnisse im Jahre 2001, die den [X.]rsatzanspruch des [X.] gegen [X.] erstmals begründeten, stellt ein hinzugetretenes Sachverhaltselement dar, das aber nach den vorstehenden [X.]rundsätzen unschädlich ist. Hingegen gibt es kein zur Beurteilung der Rechtslage 2000 erforderliches Sachverhaltselement, das bei der Beurteilung der Rechtslage des Jahres 2001 entfallen wäre und entfallen könnte.

b) Das [X.] hat den [X.] aufgrund einer irrigen Beurteilung dieses Sachverhalts erlassen und aufgrund des Rechtsbehelfs des [X.] zu dessen [X.]unsten geändert.

aa) Inhaltlicher Ausgangspunkt für die Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] ist die [X.]inspruchsentscheidung vom 17. November 2008. [X.]egenstand der damaligen Anfechtungsklage war nach § 44 Abs. 2 [X.]O der ursprüngliche [X.]erwaltungsakt in der [X.]estalt, die er durch die [X.]ntscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat. Nach § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] knüpft eine etwaige Änderungsbefugnis an denjenigen Steuerbescheid an, der aufgrund eines Rechtsbehelfs zu [X.]unsten des Steuerpflichtigen geändert wurde. Der letzte und erfolgreiche Rechtsbehelf des [X.] war die Klage. Folglich muss der [X.]ewerbesteuermessbescheid in [X.]estalt der [X.]inspruchsentscheidung derjenige Bescheid sein, den das [X.] aufgrund irriger Beurteilung erlassen hat. Damit ist der Inhalt der [X.]inspruchsentscheidung für die Prüfung der irrigen Beurteilung des Sachverhalts maßgebend.

bb) Diese [X.]ntscheidung beruhte darauf, dass das [X.] davon ausging, die Scheunendachsanierung sei lediglich zur Hälfte betrieblich veranlasst, da ein Teil der Aufwendungen anderen [X.]ebäuden zugutegekommen sei. Tatsächlich waren die Aufwendungen nach der mittlerweile zwischen den Beteiligten einhelligen und seitens des [X.] geteilten [X.]inschätzung der Sachlage ausschließlich für die betrieblich genutzte Scheune angefallen. Das ist eine irrige Beurteilung i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.]. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.], die der Fassung der [X.]orschrift entspricht, ist es unerheblich, ob der Beurteilungsfehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen lag (vgl. [X.]-Urteile in [X.] 183, 6, [X.] 1997, 647; vom 28. Februar 2001 I R 29/99, [X.]N[X.] 2001, 1099; in [X.] 212, 517, [X.] 2007, 602; vom 5. Mai 2011 [X.] R 45/09, [X.]N[X.] 2011, 1655; vom 14. November 2012 I R 53/11, [X.]N[X.] 2013, 690; ebenso von [X.] in [X.], [X.] § 174 Rz 95.2; [X.], Abgabenordnung, 3. Aufl., § 174 Rz 60; a.[X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 174 [X.] Rz 237). Der [X.] kann deshalb dahingestellt sein lassen, auf [X.] die vorliegende Fehlbeurteilung lag.

cc) Durch Abhilfe im Klageverfahren hat das [X.] sodann mit Bescheid vom 6. Januar 2011 den [X.] aufgrund des Rechtsbehelfs des [X.] zu dessen [X.]unsten in der Weise geändert, dass es nunmehr nicht nur 50 %, sondern 100 % der Aufwendungen für die Dachsanierung als Betriebsausgaben berücksichtigt hat.

c) Mit dem im vorliegenden [X.]erfahren angefochtenen [X.]ewerbesteuermessbescheid 2001 hat das [X.] die richtigen steuerlichen Folgerungen aus diesem Sachverhalt gezogen, indem es den [X.]rsatzanspruch spiegelbildlich zu der Korrektur des zunächst irrig beurteilten [X.] im Jahre 2000 nunmehr nicht mehr nur zu 50 %, sondern zu 100 % aktiviert hat.

aa) Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht mehr im Streit, dass mit der Übertragung des Scheunengrundstücks auf [X.], spätestens aber mit Abschluss des [X.] zwischen dem Kläger und [X.] der auf der [X.]ereinbarung des Jahres 1993 gründende [X.]rsatzanspruch des [X.] gegen den [X.] fällig wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt stand der Anspruch unter der aufschiebenden Bedingung der Beendigung der Nutzungsüberlassung zwischen [X.] und dem Kläger und war aus diesem [X.]runde (noch) nicht bilanziell zu erfassen (vgl. [X.]surteil vom 23. März 2011 [X.], [X.] 233, 398, [X.] 2012, 188). Als die Bedingung eingetreten war, war der Anspruch mit dem Wert der Baumaßnahmen zu bilanzieren, der seinerseits nach den tatsächlichen und damit den [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden Feststellungen des [X.] der Höhe der Aufwendungen entsprach. Indem das [X.] in dem im Streitfall angefochtenen Urteil Bezug auf das vorangegangene Urteil des [X.] vom 4. November 2010  16 K 5166/08 [X.] genommen hat, hat es sich die dortigen Feststellungen, die sich im [X.]inzelnen mit der Höhe des [X.]rsatzanspruchs befassten, zu eigen gemacht. Im Übrigen verweist der [X.] hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung des [X.]rsatzanspruchs auf die zutreffende Begründung des [X.]s vom 4. November 2010  16 K 5166/08 [X.].

bb) [X.]in Saldierungsrahmen nach § 177 Abs. 2 [X.] zu [X.]unsten des [X.] besteht nicht. Das [X.] hat im Rahmen des Urteils vom 4. November 2010  16 K 5166/08 [X.] über die Aufwendungen für die Stellplätze abschließend zu Ungunsten des [X.] entschieden.

d) Der streitgegenständliche Bescheid wurde noch innerhalb der Festsetzungsfrist erlassen. Der fehlerhafte [X.] ist am 6. Januar 2011 geändert worden. Das [X.] hat die steuerlichen Folgerungen in [X.]estalt des im vorliegenden [X.]erfahren angefochtenen Bescheids vom 18. Februar 2011 innerhalb der Jahresfrist gezogen. Bei [X.]rlass des später geänderten Steuerbescheids war auch die (allgemeine) Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen, so dass es auf die [X.]oraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 [X.] nicht ankommt. [X.]s kann dahinstehen, ob in diesem Zusammenhang auf den Bescheid vom 3. November 2006 oder die [X.]inspruchsentscheidung vom 17. November 2008 abzustellen ist. Die Festsetzungsfrist hinsichtlich des Jahres 2001 war aufgrund des auch für das [X.] durchgeführten Klageverfahrens nach § 171 Abs. 3a [X.] erst mit Unanfechtbarkeit des Urteils vom 4. November 2010  16 K 5166/08 [X.], damit Anfang Januar 2011 und weit nach [X.]rlass des später geänderten Bescheids betreffend das Jahr 2000 abgelaufen.

e) Sonstige [X.]ründe, die die nach diesen Maßstäben zulässige Änderung ausschließen könnten, liegen nicht vor.

aa) Die Änderung nach § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] setzt nicht etwa voraus, dass der Sachverhalt, um den es geht, ohne die Korrektur ohne Regelung bliebe. Sie ist nicht auf Fälle der Objekt-, [X.], Zuständigkeits- oder Subjektkollision beschränkt (so aber [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 [X.] Rz 39 bis 42). Die [X.]orschrift erfasst neben diesen Kollisionen vielmehr auch Fälle, in denen --wie im [X.] der Sachverhalt in verschiedenen Bescheiden zu berücksichtigen ist und bleibt, die jeweiligen Beurteilungen des Sachverhalts aber nach einem erfolgreichen Rechtsbehelf des Steuerpflichtigen bezüglich (wenigstens) eines dieser Bescheide nicht mehr miteinander vereinbar sind. Für das Konzept, die Berücksichtigung des Sachverhalts in dem einen Bescheid müsse die Berücksichtigung in dem anderen Bescheid zwingend ausschließen, bieten weder die [X.]orschrift noch der Zusammenhang, in den sie gestellt ist, einen Anhaltspunkt. Das gilt auch für die Überschrift des § 174 [X.], "Widerstreitende Steuerfestsetzungen", die als eine [X.]oraussetzung der Änderung zu verstehen ist (Beschluss des [X.]roßen [X.]s des [X.] vom 10. November 1997 [X.]rS 1/96, [X.] 184, 1, [X.] 1998, 83). [X.]s besteht kein Anlass, den damit erforderlichen "Widerstreit" im Rahmen von § 174 Abs. 4 [X.] auf einen negativen Widerstreit zu reduzieren. Die [X.]orschrift stellt neben § 174 Abs. 1 bis 3 [X.] eine eigenständige Änderungsnorm dar ([X.]-Urteil vom 11. Juli 1991 I[X.] R 52/90, [X.] 165, 449, [X.] 1992, 126). Auch wenn die Widersprüchlichkeit zwischen zwei verschiedenen Bescheiden allein darin besteht, dass die darin enthaltenen rechtlichen Beurteilungen nicht mehr miteinander vereinbar sind, handelt es sich um einen Widerstreit, nämlich einen denklogischen Widerstreit. Mit diesem [X.]erständnis ist § 174 Abs. 4 [X.] auch kein Fremdkörper innerhalb des § 174 [X.], sondern fügt sich in die übrigen Tatbestände dieser [X.]orschrift ein.

Der [X.] hält daher an der ständigen Rechtsprechung des [X.] fest, nach der es dem Sinn und Zweck der [X.]orschrift entspricht, den Steuerpflichtigen im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festzuhalten, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist. Hat er erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten, muss er auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen. [X.]s handelt sich um eine besondere gesetzliche Ausformung des [X.]rundsatzes von Treu und [X.]lauben ([X.]-Urteile vom 24. März 1981 [X.]III R 85/80, [X.] 134, 1, [X.] 1981, 778; in [X.] 183, 6, [X.] 1997, 647 mit eingehender Begründung; vom 10. März 1999 XI R 28/98, [X.] 188, 409, [X.] 1999, 475; in [X.] 212, 517, [X.] 2007, 602; in [X.]N[X.] 2013, 690; ebenso von [X.]roll in [X.], § 174 [X.] Rz 220; von [X.] in [X.], [X.] § 174 Rz 91, 104; [X.], Abgabenordnung, 3. Aufl., § 174 Rz 59; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 174 Rz 51, 57).

bb) Die Anwendbarkeit von § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] ist schließlich nicht dadurch eingeschränkt, dass bereits ein rechtskräftiges Urteil betreffend den [X.]ewerbesteuermessbetrag 2001 existiert. Dieses bindet nach § 110 Abs. 1 [X.]O nur, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Das für das [X.] geltende und von diesem angewandte [X.]erböserungsverbot hinderte das [X.] aber nicht, einen Änderungsbescheid zu erlassen, da nach § 110 Abs. 2 [X.]O die Rechtskraftwirkung des Urteils die [X.]orschriften der [X.] u.a. über die Änderung von [X.]erwaltungsakten unberührt lässt. Zwar erlaubt § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] nicht eine nochmalige Änderung eines bereits durch [X.]erichtsentscheidung modifizierten Steuerbescheids mit dem Ziel, aus dieser [X.]erichtsentscheidung Folgerungen zu ziehen, die das [X.]ericht aus [X.]ründen des [X.]erböserungsverbots nicht ziehen durfte ([X.]-Urteil vom 8. Juli 1992 XI R 54/89, [X.] 168, 231, [X.] 1992, 867). Diese Aussage bezieht sich jedoch nur auf Korrekturen innerhalb desselben Besteuerungsverfahrens. Der [X.] hat in der genannten [X.]ntscheidung im [X.]inzelnen ausgeführt, dass sich im Rahmen des § 174 Abs. 4 [X.] schon begrifflich zwei oder mehrere verschiedene Besteuerungsverfahren gegenüberstehen müssen, in denen der "bestimmte Sachverhalt" möglicherweise geregelt werden könnte. Deswegen werde zutreffend allgemein von dem [X.]rlass oder der Änderung einer "anderen" Steuerfestsetzung gesprochen. Mit seinem Urteil vom 8. Juni 2000 I[X.] R 65/99 ([X.] 192, 207, [X.] 2001, 89) hat der [X.] unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die [X.]ntscheidung in [X.] 168, 231, [X.] 1992, 867 erläutert, dass nach § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] der nämliche Bescheid, der [X.]egenstand der gerichtlichen Nachprüfung war, grundsätzlich nochmals geändert werden könne, dass es nur nicht zulässig sei, einen durch das [X.]ericht geänderten Bescheid zu Lasten des Steuerpflichtigen erneut zu ändern, wenn die Rechtsfolgen vom [X.]ericht bereits in Betracht gezogen, aber aufgrund der Teilbestandskraft des angefochtenen [X.]ewinnfeststellungsbescheids bewusst nicht berücksichtigt wurden. [X.]in allgemeines "Änderungsverbot" im Hinblick auf § 174 Abs. 4 [X.] begründet das finanzgerichtliche [X.]erböserungsverbot nicht (vgl. [X.]-Urteil vom 13. Juni 2012 [X.]I R 92/10, [X.] 237, 302, [X.], 139; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 174 Rz 51).

Mithin schränken das für die [X.]erichte geltende [X.]erböserungsverbot und die Rechtskraftwirkung des § 110 [X.]O die Änderbarkeit eines Bescheids nach § 174 Abs. 4 [X.] nur ein, wenn der zu ändernde Bescheid seinerseits den auf den Rechtsbehelf des Steuerpflichtigen geänderten Bescheid ändern soll. Allein dies ist nicht zulässig (ebenso [X.] vom 13. Juni 2012 I B 137/11, [X.]N[X.] 2012, 1574).

2. [X.] folgt aus § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

X R 51/13

19.08.2015

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 25. Oktober 2012, Az: 14 K 1401/11 G, Urteil

§ 171 Abs 3a AO, § 174 Abs 4 AO, § 177 Abs 2 AO, § 44 Abs 2 FGO, § 110 FGO, § 126 Abs 3 S 1 Nr 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.08.2015, Az. X R 51/13 (REWIS RS 2015, 6455)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 6455

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