Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.05.2016, Az. 6 AZR 300/15

6. Senat | REWIS RS 2016, 11428

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Gegenstand

Höhe der persönlichen Zulage gemäß § 23 Abs. 5 TV-N Hessen nach vorübergehender Teilzeitbeschäftigung


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 31. März 2015 - 13 Sa 409/14 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer tariflichen Einkommenssicherungszulage.

2

Der Kläger ist seit dem 1. September 1984 bei der Beklagten als Busfahrer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich zunächst nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe ([X.]) in Verbindung mit dem [X.]. Seit dem 1. Juli 2010 gilt der Tarifvertrag [X.] vom 30. Juni 2010 ([X.]). Die Überleitung in das neue Tarifsystem erfolgte gemäß § 23 [X.]. Dieser lautet in der Fassung der [X.] vom 30. September 2013 auszugsweise wie folgt:

        

§ 23 

        

Überleitungsregelungen

        

Für die Arbeitnehmer, die am 30. Juni 2010 in einem Arbeitsverhältnis stehen, das am 1. Juli 2010 zu demselben Arbeitgeber fortbesteht, gilt folgendes:

        

(1)     

Die Arbeitnehmer werden am 1. Juli 2010 in diesen Tarifvertrag übergeleitet.

        

…       

        
        

(4)     

Durch die Überleitung entstehende finanzielle Nachteile werden nach Maßgabe der folgenden Absätze ausgeglichen.

        

(5)     

Auf der Basis der im Juni 2010 tatsächlich erhaltenen Bezüge ist ein Vergleichsentgelt zu ermitteln.

                 

Bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem [X.] richtet, sind die Grundvergütung, die allgemeine Zulage und der [X.] der Stufe 1 bzw. das HGTAV-Monatsgehalt und eine eventuelle Gehaltsgruppenzulage, bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem [X.] richtet, der Monatstabellenlohn zugrunde zu legen.

                 

Die Arbeitnehmer, bei denen das für den Monat Juli 2010 zustehende Tabellenentgelt … das Vergleichsentgelt nach den Unterabsätzen 1 und 2 unterschreitet, erhalten neben ihrem Entgelt eine persönliche Zulage in Höhe des Differenzbetrages.

                 

…       

                 

Wird mit einem Arbeitnehmer nach dem 1. Juli 2010 eine geringere individuelle wöchentliche Arbeitszeit als die Arbeitszeit vereinbart, die der Arbeitnehmer vor dem 1. Juli 2010 zu leisten hatte, ist die persönliche Zulage in demselben Verhältnis zu kürzen, wie die Arbeitszeit herabgesetzt worden ist.

                 

Die persönliche Zulage erhöht sich bei allgemeinen linearen Entgelterhöhungen ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Erhöhungen wie folgt:

                 

Die persönliche Zulage erhöht sich bei der ersten allgemeinen linearen Entgelterhöhung nach dem 30. Juni 2010 um 90 v.H. des [X.] nach § 25 Abs. 3 Satz 1. Der Prozentsatz von 90 vermindert sich bei folgenden allgemeinen linearen Entgelterhöhungen um jeweils 10 Prozentpunkte; bei mehrstufigen linearen Entgelterhöhungen innerhalb eines Kalenderjahres ist nur die erste Erhöhung maßgeblich. Berechnungsgrundlage ist der jeweilige Betrag der persönlichen Zulage. …

                 

Entgeltgewinne aus [X.] ab dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrages werden auf die persönliche Zulage angerechnet. Eine Anrechnung unterbleibt insoweit, als ein Entgeltgewinn im Zeitraum bis zu dem Zeitpunkt des Stufenaufstieges nach dem ab 1. Juli 2010 geltenden Tarifrecht auch nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarifrecht eingetreten wäre. …

                 

Im Falle der Höhergruppierung eines Omnibus- und/oder Schienenbahnfahrers von [X.] 4 nach [X.] 5 der Anlage 1 zum [X.] wird der Höhergruppierungsgewinn auf die persönliche Zulage angerechnet.

        

(6)     

Für den Monat Juni 2010 zustehende familienbezogene Entgeltbestandteile (Differenz zwischen den [X.]sstufen 1 und 2 ff., [X.]) werden nach Maßgabe der Vorschriften des [X.]/[X.] als Besitzstandszulage fortgezahlt. … Die Besitzstandszulage nimmt an allgemeinen linearen Entgelterhöhungen teil. § 7 ist anzuwenden.

        

…“    

3

Zum Überleitungsstichtag war der Kläger in Vollzeit beschäftigt. Er erhielt seit der Überleitung neben seiner Vergütung nach [X.] 4 [X.] eine persönliche Zulage gemäß § 23 Abs. 5 Unterabs. 3 [X.]. Mit Änderungsvertrag vom 15. November 2010 vereinbarten die Parteien für das Kalenderjahr 2011 eine vorübergehende Herabsetzung der Arbeitszeit auf 75 % der Vollzeitbeschäftigung. Die Vergütung des Klägers einschließlich der persönlichen Zulage wurde dementsprechend reduziert. Seit dem 1. Januar 2012 arbeitet der Kläger vertragsgemäß wieder in Vollzeit. Er erhält hierfür das ungeschmälerte Tabellenentgelt. Die persönliche Zulage zahlt die Beklagte - unter Berücksichtigung allgemeiner [X.] - jedoch weiterhin in gekürzter Höhe entsprechend der vormals herabgesetzten Arbeitszeit. Mit Schreiben vom 30. Juli 2012 verlangte der Kläger rückwirkend ab Januar 2012 erfolglos die Leistung der persönlichen Zulage bezogen auf die wieder ausgeübte Vollzeittätigkeit.

4

Mit seiner Klage hat er dieses Begehren weiterverfolgt. Die tarifvertragliche Regelung in § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.], wonach bei Vereinbarung einer geringeren individuellen wöchentlichen Arbeitszeit nach dem 1. Juli 2010 die persönliche Zulage anteilig zu kürzen ist, müsse so ausgelegt werden, dass bei einer vorübergehenden [X.] eine ebenfalls vorübergehende Kürzung der persönlichen Zulage vorgenommen werde. Die persönliche Zulage sei Teil des synallagmatischen Verhältnisses von Arbeitszeit und Vergütung. Sie könne nicht für einen längeren Zeitraum gekürzt werden, als die befristete Änderung des Arbeitsverhältnisses dauere. Unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher Tariferhöhungen sei die Beklagte bezogen auf den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Mai 2013 zur Zahlung eines Differenzbetrags von 1.781,16 Euro brutto verpflichtet.

5

Der Kläger hat dementsprechend beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.781,16 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

6

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, der Kläger habe auch nach seiner Rückkehr in eine Vollzeitbeschäftigung nur einen Anspruch auf die gekürzte persönliche Zulage. § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] bestimme im Falle einer Herabsetzung der Arbeitszeit nach dem Überleitungsstichtag die unbefristete Kürzung der persönlichen Zulage. Bei Erhöhung der Arbeitszeit solle die persönliche Zulage unverändert bleiben. Sie werde nur bei linearen [X.] gesteigert. Dies entspreche ihrem Zweck, das am [X.] erreichte Entgelt zu sichern. Ein dauerhafter Erhalt der persönlichen Zulage sei nicht beabsichtigt gewesen. Bei [X.] wegen Stufenaufstieg oder Höhergruppierung iSd. § 23 Abs. 5 Unterabs. 12 [X.] sei ihre Abschmelzung vorgesehen. Auch sei sie nur für eine begrenzte Zeit dynamisch ausgestaltet worden.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat gemäß § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 23 Abs. 5 Unterabs. 3 [X.] ab dem 1. Januar 2012 einen Anspruch auf die persönliche Zulage bezogen auf seine Vollzeittätigkeit. Die Höhe der Klageforderung steht zwischen den Parteien nicht in Streit.

9

1. § 23 Abs. 5 Unterabs. 3 [X.] kommt als Grundregel erneut zur Anwendung, wenn ein nach dem 1. Juli 2010 beginnender Zeitraum der befristeten Herabsetzung der Arbeitszeit abgeschlossen ist und der Arbeitnehmer vereinbarungsgemäß seine vor der Überleitung bereits ausgeübte Vollzeittätigkeit wieder aufnimmt. Der Regelungsbereich der Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] ist dann nicht mehr eröffnet.

a) § 23 Abs. 5 Unterabs. 3 [X.] gewährt den von der Überleitung in den [X.] betroffenen Arbeitnehmern grundsätzlich unbefristet die Differenz zwischen dem Vergleichsentgelt und der Vergütung nach dem [X.] als persönliche Zulage und sichert damit bezogen auf die Bezüge des Monats Juni 2010 das erreichte Einkommensniveau. Diese Besitzstandswahrung ist dynamisch ausgestaltet, allerdings verliert die persönliche Zulage durch die in § 23 Abs. 5 Unterabs. 10 [X.] vorgesehene Abschwächung der Dynamik mit jeder linearen Entgelterhöhung an Bedeutung.

b) Die Tarifvertragsparteien haben für bestimmte Konstellationen eine Verminderung der persönlichen Zulage angeordnet.

aa) Dies betrifft [X.] aus [X.] (§ 23 Abs. 5 Unterabs. 11 [X.]) oder einer Höhergruppierung iSd. § 23 Abs. 5 Unterabs. 12 [X.]. Solche Entgeltsteigerungen werden auf die persönliche Zulage angerechnet, weil es nach Einschätzung der Tarifvertragsparteien insoweit keiner Einkommenssicherung mehr bedarf.

bb) § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] bestimmt eine Verminderung der persönlichen Zulage, wenn nach dem Überleitungsstichtag (1. Juli 2010) eine geringere individuelle wöchentliche Arbeitszeit als die Arbeitszeit vereinbart wird, die der Arbeitnehmer vor dem 1. Juli 2010 zu leisten hatte. Die persönliche Zulage ist dann in demselben Verhältnis zu kürzen, wie die Arbeitszeit herabgesetzt worden ist.

c) Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die persönliche Zulage des Klägers während der Reduzierung seiner Arbeitszeit im Jahr 2011 zu Recht gemäß § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] zu kürzen war. Mit der vertraglich vorgesehenen Rückkehr zur Vollzeittätigkeit ab dem 1. Januar 2012 endete jedoch der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.], da keine Herabsetzung der Arbeitszeit mehr vorlag. Entgegen der Auffassung der Revision sieht § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] keine Aufrechterhaltung der Kürzung bei einer Rückkehr zur Vollzeittätigkeit vor.

aa) Dies ist dem Wortlaut der Tarifnorm nicht zu entnehmen. § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] ordnet eine Kürzung der persönlichen Zulage bei Herabsetzung der Arbeitszeit an. Mit der [X.]olge von Erhöhungen der Arbeitszeit befasst sich die Vorschrift nicht. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien mit § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] die Höhe der persönlichen Zulage auch bei Wiederaufnahme einer Vollzeittätigkeit, dh. einer Erhöhung der Arbeitszeit, regeln wollten.

bb) Dies ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Norm bei Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs.

(1) § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] trägt dem [X.] von Arbeitsleistung und Vergütung Rechnung. Bei verminderter Arbeitsleistung soll das durch § 23 Abs. 5 [X.] gesicherte Einkommensniveau nicht vollständig aufrechterhalten werden, sondern sich entsprechend der Herabsetzung der Arbeitszeit vermindern. Dies steht im Einklang mit § 7 [X.]. Dieser sieht vor, dass teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer alle Entgeltbestandteile in dem Umfang erhalten, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer vollbeschäftigter Arbeitnehmer entspricht. Bei Rückkehr zur Vollzeittätigkeit ist jedoch keine Veranlassung für eine anteilige Kürzung mehr gegeben. Dem [X.] entspricht dann vielmehr die Leistung der ungekürzten Zulage.

(2) Einer ausdrücklichen Verweisung auf § 7 [X.] bedurfte es nicht, um die synallagmatische Verbindung zwischen [X.] und Höhe der persönlichen Zulage zum Ausdruck zu bringen. Soweit die Revision insoweit auf § 23 Abs. 6 [X.] verweist, verkennt sie, dass diese Vorschrift eigenständig bzgl. der familienbezogenen Entgeltbestandteile eine Besitzstandszulage regelt und dabei ohne die Verweisung auf § 7 [X.] keinen Bezug zur Arbeitszeit aufweisen würde. § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] hat demgegenüber innerhalb der Gesamtregelung des § 23 Abs. 5 [X.] bzgl. der persönlichen Zulage eine arbeitszeitbezogene Spezialregelung zum Gegenstand.

(3) Mit der persönlichen Zulage sollen nur die Einkünfte zum Überleitungsstichtag gesichert werden. [X.]olglich bewirkt die Erhöhung der Arbeitszeit eines vor der Überleitung in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmers nach dem 1. Juli 2010 keine Steigerung der persönlichen Zulage (vgl. [X.] 29. Januar 2013 - 19 Sa 149/12 - Rn. 29 f.). War ein Arbeitnehmer vor der Überleitung aber in Vollzeit tätig, hat er mit der Überleitung die darauf bezogene tarifliche Einkommenssicherung erreicht. Diese kann ihm nur genommen werden, wenn eine Tarifvorschrift dies anordnet. § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] nimmt eine solche Anordnung vor, aber eben nur bei Herabsetzung der Arbeitszeit. [X.]indet nach einer befristeten Herabsetzung eine Rückkehr zur Vollzeittätigkeit statt, entfällt die Kürzung nach § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.]. Damit wird der Zweck der persönlichen Zulage erreicht. Der nun wieder in Vollzeit Beschäftigte befindet sich in derselben Situation wie zum Überleitungsstichtag. Dem entspricht, dass die Grundregel des § 23 Abs. 5 Unterabs. 3 [X.] wieder zur Anwendung kommt und die persönliche Zulage erneut bezogen auf die Vollzeittätigkeit gewährt (vgl. [X.] 29. Januar 2013 - 19 Sa 149/12 - Rn. 39).

2. Mit diesem Tarifverständnis verstößt § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] nicht gegen das Verbot der Diskriminierung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nach § 4 Abs. 1 [X.].

a) § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.] enthalten ein einheitliches Verbot der sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit ([X.] 22. Oktober 2015 - 8 [X.] - Rn. 29). Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Demgemäß ist nach § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten entspricht. Das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 [X.] gilt auch für tarifvertragliche Regelungen. Es steht gemäß § 22 Abs. 1 [X.] nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien ([X.] 10. [X.]ebruar 2015 - 9 [X.] ([X.]) - Rn. 16 mwN, [X.]E 150, 345 ; 19. Oktober 2010 - 6 [X.]/09 - Rn. 18, [X.]E 136, 62; 24. September 2008 - 6 [X.] - Rn. 23, [X.]E 128, 63). Eine Ungleichbehandlung wegen der Teilzeitarbeit liegt vor, wenn die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium darstellt, an das die Differenzierung hinsichtlich der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen anknüpft ([X.] 19. Januar 2016 - 9 [X.] - Rn. 15; 24. September 2008 - 6 [X.] - Rn. 25, aaO). Vollzeit- und Teilzeitkräfte werden daher ungleich vergütet, wenn für jeweils die gleiche Stundenanzahl nicht die gleiche Gesamtvergütung gezahlt wird ([X.] 25. September 2013 - 10 [X.] - Rn. 15).

b) Würde § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 [X.] eine unbefristete Kürzung der persönlichen Zulage auch bei Wiederaufnahme der Vollzeitbeschäftigung nach einer befristeten Herabsetzung der Arbeitszeit anordnen, könnte eine Benachteiligung [X.] gegeben sein.

aa) Dies würde voraussetzen, dass nach dem 1. Juli 2010 vorübergehend eine Teilzeitbeschäftigung iSv. § 2 [X.] ausgeübt wird und nach Wiederaufnahme der Vollzeitbeschäftigung vergleichbare durchgehend vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer eine ungekürzte persönliche Zulage erhalten. Eine beibehaltene Kürzung der persönlichen Zulage des ehemals [X.] wäre dann nur auf die vorangegangene Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen. Die Tarifvertragsparteien hätten teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer [X.], auch wenn diese während der Teilzeitbeschäftigung noch keine ungerechtfertigten Nachteile hinnehmen müssten. Die Benachteiligung bei einer späteren Vollzeitbeschäftigung wäre aber in der Teilzeitbeschäftigung angelegt. Wegen dieser Kausalität würde das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 [X.] eingreifen, auch wenn zum Zeitpunkt der Benachteiligung keine Teilzeitbeschäftigung mehr ausgeübt wird. Insofern besteht eine Vergleichbarkeit zu den [X.]ällen, in denen § 4 Abs. 2 [X.] bei der Neubegründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses gebietet, die in einer vorherigen befristeten Beschäftigung gewonnene Berufserfahrung bei der [X.] zu berücksichtigen (vgl. [X.] 18. Oktober 2012 - [X.] ua. - [[X.]] Rn. 34 f.; [X.] 17. Dezember 2015 - 6 [X.] - Rn. 23 ff.; 24. Oktober 2013 - 6 [X.] - Rn. 28 ff.; 21. [X.]ebruar 2013 - 6 [X.] - Rn. 26 f., [X.]E 144, 263).

bb) Eine solche Benachteiligung der [X.] wäre nicht durch einen sachlichen Grund iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] gerechtfertigt.

(1) § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] setzt [X.] 4 des Anhangs der Richtlinie 97/81/[X.] vom 15. Dezember 1997 zu der von [X.], [X.] und [X.] geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit ([X.]. [X.] vom 20. Januar 1998 S. 9) um. [X.]ür die Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung von Vollzeit- und [X.] reicht es danach nicht aus, dass sie in einer allgemeinen und abstrakten Norm vorgesehen ist. Auch bloße [X.] genügen nicht. Vielmehr muss die Ungleichbehandlung einem echten Bedarf entsprechen und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich sein ([X.] 1. März 2012 - [X.]/10 - [O‘Brien] Rn. 64, 66). Dementsprechend hat sich die Prüfung, ob die unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt ist, am Zweck der Leistung zu orientieren ([X.] 31. Juli 2014 - 6 [X.] - Rn. 18; 18. März 2014 - 9 [X.] - Rn. 22; 11. Dezember 2012 - 3 [X.] - Rn. 27; 5. August 2009 - 10 [X.] - Rn. 32).

(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen wäre eine Rechtfertigung für eine auf die Teilzeittätigkeit zurückgehende Schlechterstellung hier nicht erkennbar. Das Gegenteil ist der [X.]all. Wie dargestellt, soll die persönliche Zulage die zum 1. Juli 2010 erreichten Einkommensverhältnisse sichern. Diesem Zweck entspricht es, die persönliche Zulage nach Beendigung einer vorübergehenden Teilzeittätigkeit wieder in der ursprünglichen Höhe zu leisten. Sowohl die Arbeitszeit als auch die Entgeltsicherung sind damit wieder auf dem Stand des Überleitungsstichtages.

3. Soweit die Revision auf die Entscheidung des [X.]s Baden-Württemberg vom 15. September 2010 (- 12 [X.]/09 -) zur persönlichen Zulage nach § 6 des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der [X.] ([X.]) Bezug nimmt, führt dies nicht weiter. Die Regelungen des [X.] weisen keinen Bezug zu § 23 Abs. 5 [X.] auf.

4. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    [X.]ischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    M. Jostes     

        

    Sieberts    

                 

Meta

6 AZR 300/15

12.05.2016

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wiesbaden, 16. Januar 2014, Az: 4 Ca 1484/13, Urteil

§ 4 Abs 1 TzBfG, § 1 TVG, § 611 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.05.2016, Az. 6 AZR 300/15 (REWIS RS 2016, 11428)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11428

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14 Sa 874/15

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