Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2013, Az. 5 StR 25/13

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 7709

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5 StR 25/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 5. März 2013
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

-
2
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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am
5. März 2013
beschlossen:

1.
Auf die Revision des
Angeklagten wird
das Urteil des [X.] vom 23. August 2012 nach § 349 Abs.
4
StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision,
an eine andere Jugendkammer des [X.] zurückverwiesen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung, ver-suchter Erpressung in zwei Fällen, versuchter Nötigung in drei Fällen, Be-drohung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung und Beleidigung in drei Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat im Umfang der [X.]; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. [X.] liegt eine Serie von Straftaten zugrunde, die der Angeklagte im Zeitraum von Mitte Dezember 2010 bis August 2011 zum Nachteil von vier jungen Frauen beging,
zu denen
er jeweils über das Inter-net Kontakt aufgenommen
hatte. Zu zwei der Frauen, unter anderem zu der Nebenkläg[X.], hatte sich daraus eine sexuelle Beziehung entwickelt. Von 1
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allen Frauen ließ der Angeklagte sich über das [X.] schicken. Durch die Drohung, diese Fotos im [X.] zu veröffentlichen, versuchte er die Frauen zur Übersendung weiterer Nacktfotos
und
die Nebenkläg[X.] zur Fortsetzung der Beziehung mit ihm zu zwingen. In zwei Fällen versuchte er mit derselben Drohung
die Zahlung eines Geldbetrages durchzusetzen. [X.] hinaus bedrohte und beleidigte er die
Frauen. Die Nebenkläg[X.] zwang er
in einem Fall unter Einsatz körperlicher Gewalt zur Duldung des Ge-schlechtsverkehrs.

2. Das [X.] hat auf die Taten des
im Zeitpunkt der ersten (Ver-gewaltigungs-)Tat noch heranwachsenden Angeklagten insgesamt Jugend-strafrecht angewendet und wegen der Schwere der Schuld und schädlicher Neigungen des Angeklagten eine Jugendstrafe verhängt. [X.] beraten ist es dabei von der
uneingeschränkten Schuldfähigkeit des Ange-klagten ausgegangen. Nach dem vom [X.] für überzeugend erachte-
nd unterschiedli-cher Ausprägung
haltschwache, emotional instabile, narzisstische und sadis-Alltagsbeeinträchtigungen und der [X.] Konsequenzen für den Angeklag-ten eine schwere andere seelische
Abartigkeit dar. Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung seiner
Steuerungsfähigkeit ergäben sich gleichwohl nicht. mehrschrittig, strukturiert und würden planerisches Vorgehen vorau
rediente Einengung auf einen pathologischen Kompensationsversuch für ein von ständiger Dekompensati-könne indes nicht ausreichend beurteilt werden, da zum inneren Kräftespiel von Abwehr und Impuls zur Tatausführung zu wenige
Erkenntnisse
vorlägen. Insgesamt würden die vorhandenen Einsichten noch nicht die Feststellung einer durch die psychische Störung bedingten erheblichen Störung

oder gar Aufhebung der Steuerungsfähigkeit erlauben (UA S.
29 f.).
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3. Diese Begründung für die
Annahme uneingeschränkter Schuldfä-higkeit des Angeklagten bei der Begehung der Taten hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

a) Angesichts der im Urteil geschilderten erheblichen Auffälligkeiten des Angeklagten im Alltags-, Sozial-
und Sexualverhalten ist die Bejahung
einer schweren anderen seelischen Abartigkeit nachvollziehbar. Dass diese die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten nicht er-heblich beeinträchtigt haben soll, ist nicht rechtsfehlerfrei begründet. Es wird nicht bedacht, dass auch bei geplantem und geordnetem Vorgehen die Fä-higkeit erheblich eingeschränkt sein kann, Anreize zu einem bestimmten Verhalten und Hemmungsvermögen gegeneinander abzuwägen und danach den [X.] zu bilden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 4. Dezem-ber
2007

5 [X.], [X.], 104,
und vom 20. Februar 2001

5 StR 3/01, [X.] 2001, 249).

b) Zum anderen lassen die Erwägungen des [X.] besorgen, dass es bei der Prüfung der Frage, ob die psychische Störung des Angeklag-ten zu einer erheblichen Verminderung seiner Schulfähigkeit geführt hat, den über die Voraussetzungen der verminderten Schuldfähigkeit findet dieser Grundsatz
Anwendung, wenn nicht behebbare tatsächliche Zweifel bestehen, die sich auf Art und Grad des psychischen Ausnahmezustandes beziehen (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Juli 2006

4 [X.], [X.], 335). Entsprechendes hat auch zu gelten, wenn tatsächliche Zweifel daran bestehen, ob und in welchem Maße
sich eine angenommene schwere seeli-sche Störung auf die Tatentstehung ausgewirkt hat.

4. Der [X.] kann zwar eine Aufhebung der Schuldfähigkeit sicher ausschließen, nicht hingegen, dass der Rechtsfolgenausspruch milder aus-gefallen wäre. In Rahmen erneuter Prüfung der Voraussetzungen des §
21 StGB wird, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines anderen Sachverstän-4
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digen, bei dem ersichtlich dringend therapiebedürftigen Angeklagten auch die Frage einer Unterbringung nach §
63 StGB (vgl. auch § 5
Abs.
3 [X.]) zu prüfen sein, die freilich nur bei gesicherter Feststellung erheblich verminder-ter Steuerungsfähigkeit angeordnet werden darf (vgl. zudem gegebenenfalls § 23 Abs. 1, § 10 [X.], § 56c
Abs. 3 StGB).

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Meta

5 StR 25/13

05.03.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2013, Az. 5 StR 25/13 (REWIS RS 2013, 7709)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7709

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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