Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2013, Az. 1 StR 372/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 2711

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 372/13

vom
17. September
2013
in der Strafsache
gegen

wegen räuberischer Erpressung u.a.

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17.
September 2013 be-schlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird
das Urteil des [X.] vom 11.
März 2013 im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
1.
Der wegen einer Vielzahl von Einbrüchen, Körperverletzungen und weiterer Delikte vorgeahndete Angeklagte wurde wegen einer Reihe wiederholt in alkoholisiertem Zustand begangener Straftaten wie etwa
-
räuberischer Erpressung, versuchter räuberischer Erpressung und versuchter Nötigung (begangen etwa z.
N. eines Zechgenossen oder eines Bekannten aus dem Obdachlosenmilieu);
-
Widerstandshandlungen, Körperverletzung, Beleidigung im Rahmen der häufig von ihm verursachten polizeilichen Einsätze;
1
-
3
-
-
Sachbeschädigung (er zertrümmerte die Tür der von ihm gemieteten Wohnung, weil er den Schlüssel vergessen hatte);
-
Verstößen gegen Weisungen der Führungsaufsicht
zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Zugleich wurde er gemäß §
63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus [X.]. Bei allen Taten war die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich i.S.d. §
21 StGB vermindert. Wie näher dargelegt ist, liegt bei ihm eine schwer-gradig ausgeprägte kombinierte Persönlichkeitsstörung vor, die durch eine Intel-hier insgesamt von einer schweren (anderen) seelischen Abartigkeit i.S.d. §
20 StGB auszugehen sei. Nachdem er inzwischen anders als früher
auch Perso-nen bedroht, um sich Vermögensvorteile zu verschaffen, seien von ihm weitere, i.S.d. §

[X.], den [X.] nicht gegen bestimmte Personen richteten und ihre Ursache allein in dem konkreten persönlichen Verhältnis des Beschuldigten (gemeint: Angeklagten) zu diesen Personen hatten, sondern wahllos und situationsbe-

2.
Während der Schuldspruch ohne den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ist (§
349 Abs.
2 StPO), kann der Rechtsfolgenausspruch nicht bestehen bleiben (§
349 Abs.
4 StPO):
a)
Dem Urteil ist weder ausdrücklich noch in seinem Gesamtzusammen-hang zu entnehmen, dass die [X.] die gemäß §
5 Abs.
3, §
105 Abs.
1 [X.] gebotene Prüfung vorgenommen hätte, ob von Jugendstrafe wegen 2
3
-
4
-
der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus abgesehen werden kann.
b)
Der [X.] hat geprüft, ob sich gleichwohl ohne weiteres aus dem
Zusammenhang der Urteilsgründe von selbst versteht, dass eine Anwendung von §
5 Abs.
3 [X.] ausscheidet (vgl. [X.], Beschluss vom 22.
Juli 2009
-
2
StR 240/09).
Dies war zu verneinen:
Die [X.] folgt dem Sachverständigen, wonach der Angeklagte ei
s-störung zum vierten Eingangsmerkmal des §

e--liegt die Entscheidung darüber, ob hier neben der Unterbringungsanordnung Jugendstrafe zu verhängen ist, nicht offenkundig auf der Hand. Daher kann der [X.] nicht selbst abschließend hierüber entscheiden, da er das insoweit von der [X.] auszuübende,
aber nicht ausgeübte Ermessen nicht durch eigenes Ermessen
ersetzen kann (vgl. allgemein zu dieser Konstellation [X.],
Urteil vom 4.
Juni 2013 -
1
StR
32/13 Rn.
86 mwN).
c)
Schon angesichts des Sachzusammenhangs zwischen Jugendstrafe und Unterbringung kann auch die Unterbringungsanordnung keinen Bestand haben (vgl. [X.],
Beschlüsse vom 22.
Juli 2009 -
2
StR
240/09 und vom 27.
Mai 2008 -
3
StR
131/08 mwN).
4
5
6
7
-
5
-
d)
Darüber hinaus bemerkt der [X.], dass die im Rahmen der Prüfung von §
63 StGB angestellten Erwägungen der [X.] nicht [X.] erscheinen (1) und darüber hinaus -
dies würde für sich genommen hier den Angeklagten nicht beschweren
-
keinen zutreffenden Maßstab anle-gen
(2):
(1)
Die Bewertung der zurückliegenden Taten (vgl. oben 1. am Ende) als wahllos und ohne Zusammenhang mit Beziehungen zu den Opfern begangen, stimmt jedenfalls auf die hier als wesentlich angesehenen Taten -
räuberische Erpressung und versuchte räuberische Erpressung
-
bezogen, nicht mit den Feststellungen überein. Opfer der räuberischen Erpressung war ein Nachbar des Angeklagten. Diesen hatte er zunächst zum
gemeinsamen
Zechen in seine Wohnung geholt,
mit ihm die dort vorhandenen Alkoholvorräte ausgetrunken und dann von ihm gewaltsam Geld für weiteren Alkohol und Zigaretten erpresst. Auch mit dem Geschädigten der versuchten räuberischen Erpressung hatte der Angeklagte offenbar schon länger Kontakt. Jedenfalls hatte sich der [X.], so ein Zeuge über Bekundungen des inzwischen verstorbenen Geschädig-ten, häufiger in der Wohnung des Geschädigten aufgehalten und
von diesem dort Geld verlangt.
(2)
Andererseits besteht eine Gefahr für die Allgemeinheit aber nicht nur, wenn eine unbestimmte Vielzahl noch nicht näher individualisierter Personen betroffen ist. Vielmehr ist jeder als Einzelner
Mitglied der Allgemeinheit, wenn ihm schwerer Schaden droht. Dementsprechend genügt es für eine Gefähr-lichkeit i.S.d. §
63 StGB, wenn vom Täter erhebliche rechtswidrige Taten nur gegen einen begrenzten Personenkreis oder sogar nur gegen eine [X.] zu erwarten sind (vgl. [X.], Urteil vom 6.
April 1976 -
1
StR
847/75, [X.]St 8
9
10
-
6
-
26, 321; [X.],
Urteil vom 10.
Januar 2007
-
1
StR
530/06 mwN zum hinsichtlich des Begriffs der Allgemeinheit gleich zu behandelnden Fall des §
66 StGB).
Raum
Wahl
Rothfuß

Jäger
Cirener

Meta

1 StR 372/13

17.09.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2013, Az. 1 StR 372/13 (REWIS RS 2013, 2711)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2711

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 387/15

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