Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2014, Az. IV ZR 331/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1626

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 331/14

Verkündet am:

5. November 2014

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
im schriftli-chen Verfahren
nach §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum
8.
Oktober 2014

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerseite gegen das Urteil des [X.] -
9.
Zivilsenat -
vom 16.
Oktober 2012 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Verneinung eines Schadensersatzan-spruchs und die Abweisung des [X.] richtet.

Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsur-teil auf die Revision aufgehoben und die Sache zur [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Streitwert wird auf bis 13.000

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer/in: im Folgenden [X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) 1
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3
-

Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Kapitallebensversi-cherung nebst Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, weiterhin [X.] und hilfsweise Auskunft.

Der Versicherungsvertrag wurde
aufgrund eines Antrags [X.] mit Vertragsbeginn zum 1.
November 2001 nach dem so genannten [X.] des §
5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.[X.]) abgeschlossen. Mit Schreiben vom 21.
August 2008 erklärte [X.] den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.[X.], vorsorglich die Anfechtung, hilfsweise die Kündigung des [X.]. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.

Mit der Klage verlangt [X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.]
(insgesamt 10.632,97

.

Nach Auffassung [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des -
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden
-
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] habe der [X.] noch erklärt werden können.
Außerdem sei der Versicherer wegen unzureichender Aufklärung über die Abschlusskosten zum [X.] verpflichtet. Hilfsweise begehrt [X.] im Wege der Stufen-klage Auskunft über die Verrechnung der Abschlusskosten und weiterge-hende Zahlung.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt [X.] das Klagebegehren weiter.
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Entscheidungsgründe:

Die Revision ist bezüglich des geltend gemachten Schadenser-satzanspruchs und des [X.] als unzulässig zu verwerfen. Im Üb-rigen führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückver-weisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Es hat der Auffassung zugeneigt, dass die Widerspruchsbelehrung unzureichend gewesen sei, da ein Hin-weis auf die erforderliche Textform des Widerspruchs fehle. Der Hinweis "Zur Wahrung dieser Frist genügt die rechtzeitige Absendung des [X.]s"
dürfte nicht hinreichend präzise sein. Der Vertrag sei aber ge-mäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] a.[X.] ein Jahr nach Zahlung der ersten Prä-mie rückwirkend endgültig wirksam geworden. D. [X.] könne weder [X.]
noch
Auskunft verlangen.

[X.] Die Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs und bezüglich des [X.] unzulässig.

Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht den Widerspruch nach §
5a [X.] a.[X.] für unwirksam erachtet hat. Es hat die Revision [X.], da sich angesichts der vom [X.] beschlossenen Vorlage zum Gerichtshof der [X.] zu §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] die Vermutung aufdränge, dass der [X.] die im Berufungsurteil vertretene Rechtsauffassung nicht teile. Diese in den 6
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5
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Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlich-keit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung auf den aus dem Widerspruch abgeleiteten Bereicherungsanspruch ist wirk-sam.
Der diesem zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für die Schadensersatzfor-derung und den Auskunftsanspruch maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 -
[X.]/11, [X.], 817 Rn.
11; für BGHZ vorgesehen).

I[X.] Die Revision ist, soweit sie zulässig ist,
begründet.

1. Der Anspruch auf Prämienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB.

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war

ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

aa) Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, fehlte in der [X.]sbelehrung im Versicherungsschein der Hinweis auf die gemäß §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] in der ab dem 1.
August 2001 gültigen Fassung erforderliche Textform des Widerspruchs. Die Belehrung in § 3 der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbil-dende Lebensversicherung enthielt auch keinen entsprechenden Hinweis
und
war zudem nicht drucktechnisch hervorgehoben. Mithin
belehrte der Versicherer [X.] nicht ordnungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] 10
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a.[X.] über das Widerspruchsrecht. Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der [X.] und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.]/11 [X.], 817 Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die [X.] müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert wer-den, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Le-bensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn [X.] -
wie hier
-
nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die [X.] nicht erhalten hat.

bb) Die hilfsweise erklärte Kündigung des [X.] steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] sind nicht auf eine Wirkung 14
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7
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ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen.
Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

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Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.]

[X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.05.2012 -
332 O 32/11 -

O[X.], Entscheidung vom 16.10.2012 -
9 [X.] -

19

Meta

IV ZR 331/14

05.11.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2014, Az. IV ZR 331/14 (REWIS RS 2014, 1626)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1626

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 331/14

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