Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2017, Az. 1 StR 491/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 2025

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:211117B1STR491.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 491/17

vom
21. November
2017
in der Strafsache
gegen

wegen
schweren [X.]s u.a.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des [X.] und des [X.]

zu 3. auf dessen Antrag

am 21.
November
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten H.

wird das Urteil des [X.] vom 10.
Juli 2017, soweit es diesen Angeklagten betrifft, aufgehoben
a)
im
Schuldspruch in den Fällen 1.1 bis 1.3, 1.5 und 1.6, 1.10 und 1.11 sowie 2.1 bis 2.3 der Urteilsgründe,
b)
im gesamten Strafausspruch.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

[X.] in elf tatmehrheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Tatmehrheit mit versuchtem schweren [X.] in Tateinheit mit

Die hiergegen gerichtete und auf die Verletzung materiellen Rechts ge-stützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersicht-1
2
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3
-
lichen Erfolg (§
349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
I.
Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und [X.] getroffen:
Die nicht revidierenden Mitangeklagten M.

und B.

sowie der An-geklagte H.

schlossen sich gemeinsam mit den anderweitig Verfolgten [X.]

, [X.]

, D.

und Po.

und mindestens einem weiteren unbekann-ten Bandenmitglied zu einem nicht näher
bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 5.
Oktober 2016 in der Absicht zusammen, künftig gemeinsam eine Mehrzahl von [X.] zu begehen und sich hieraus eine Einnahmequelle von gewisser Dauer und nicht unerheblichem Umfang zu erschließen. Dem ge-meinsamen [X.] entsprechend begingen die nicht revidierenden Mitange-klagten M.

und B.

als unmittelbar Tatausführende elf [X.] in verschiedene Geschäftsräume, und zwar in der Nacht vom 5.
Oktober 2016 auf den 6.
Oktober 2016 in

A.

(Fälle 1.1 bis 1.3, 1.5 und 1.6 der Urteilsgründe), zwischen dem 5.
Oktober 2016, 22.40
Uhr und dem 6.
Oktober 2016, 22.55 Uhr in R.

(Fall 1.8 der Urteilsgründe), am 6.
Oktober 2016 zwischen 1.00 Uhr und 6.00 Uhr in Br.

(Fälle 1.10 und 1.11 der Urteils-gründe) sowie in der Nacht vom 7.
Oktober 2016 auf den 8.
Oktober 2016 in

E.

(Fälle 2.1 bis 2.3 der Urteilsgründe).
Der Tatbeitrag des Angeklagten H.

bestand jeweils darin, die Mitangeklagten M.

und B.

von der Wohnung des weiteren

nicht revi-dierenden

Mitangeklagten O.

mit einem Pkw zu den [X.] sowie nach Ausführung der Taten wieder zurück zur Wohnung des Mitangeklagten O.

zu bringen und die [X.] zu transportieren.
3
4
5
-
4
-
Im Fall 3. der Urteilsgründe hebelten die Mitangeklagten M.

und
B.

am 11.
Oktober 2016, 00.24 Uhr, gemeinsam mit vier weiteren [X.] am und im Gebäude der Firma [X.]

GmbH in R.

eine Außentüre sowie mehrere innenliegende Türen auf und versuchten, mit einem Vorschlaghammer [X.] im Obergeschoss des Gebäudes zu öffnen, um daraus Stehlenswertes zu entwenden. Nach ihrer Entdeckung brachen sie das Öffnen des Tresors ab und flüchteten
ohne das darin befindliche Bargeld. Der Angeklagte H.

wartete währenddessen als Fahrer mit dem Pkw im Nahbereich des Gebäudes, um den Abtransport der Beute und die Flucht der Angeklagten M.

und B.

bzw. der anderweitig Verfolgten vom [X.] zu sichern.
II.
Die Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge führt zur Teilaufhebung im Schuldspruch sowie zur Aufhebung im gesamten Strafausspruch. Im Übrigen weist das Urteil keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
1. Die vom [X.] rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Art und Umfang der Tatbeteiligung des Angeklagten tragen

entgegen der [X.] der Revision

in allen Fällen den Schuldspruch wegen mittäterschaftlich begangenen (versuchten) schweren [X.]s jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung.
Für jede einzelne (Banden-)Tat ist nach den allgemeinen Kriterien fest-zustellen, ob sich die Bandenmitglieder hieran als Mittäter, Anstifter oder Gehil-fen beteiligt und ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Beitrag geleistet haben (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 24. Juli 2008

3 [X.], [X.], 130). Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft an bzw. Bei-hilfe zu der jeweiligen Einzeltat ist in wertender Betrachtung unter Berücksichti-6
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gung aller Umstände vorzunehmen, die von der Vorstellung des jeweiligen Bandenmitglieds umfasst sind. Maßgeblich sind dabei insbesondere sein Inte-resse an der Durchführung der Tat sowie der Umfang seiner Tatherrschaft oder jedenfalls sein Wille, Tatherrschaft auszuüben, was sich danach beurteilt, ob objektiv oder jedenfalls aus der Sicht des [X.] die Ausführung der Tat we-sentlich von seiner Mitwirkung abhängt ([X.],
Urteil vom 26.
April 2012

4 [X.], [X.], 669; Beschlüsse
vom 24. Juli 2008 aaO
und
vom 13. Mai 2003

3
StR 128/03, [X.], 265, 267).
Gemessen daran hat der Angeklagte auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen in allen (versuchten) [X.] als Mittäter gehandelt. So hatte der Angeklagte das für die Annahme der [X.] erforderliche eigene Interesse am Erfolg der Tat, weil er anteilig an der Beute beteiligt werden sollte ([X.]). Ihm kam nach dem gemeinsam ge-fassten [X.] auch eine bedeutende Rolle zu. Er verbrachte die Mitangeklag-ten M.

und B.

in seinem Fahrzeug unter Verwendung des darin befind-lichen Navigationsgerätes zu den jeweiligen [X.], stand während der [X.] in unmittelbarer Nähe des jeweiligen [X.]s bereit und er-möglichte sodann den Abtransport des Diebesgutes und der Mitangeklagten in seinem Fahrzeug ([X.] 18).
2. Die tatrichterliche Annahme, dass die Taten 1.1 bis 1.3, 1.5, 1.6, 1.10, 1.11 und 2.1 bis 2.3 der Urteilsgründe jeweils im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehen, hält rechtlicher Nachprüfung hingegen nicht stand. Die Feststellungen des [X.]s tragen die Annahme von jeweils selbständi-gen, real konkurrierenden [X.] nicht.
a) Sind an einer Deliktserie

wie vorliegend

mehrere Personen als [X.], mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die ein-10
11
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zelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten [X.]. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Ein-zeltaten einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten

soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt

als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tat-beiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzei-tig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten Straftaten als tatein-heitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des §
52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 11. April 2017

4 [X.], Rn. 4; vom 2. Juli 2014

4 [X.], [X.], 437 und vom 30. Juli 2013

4
StR 29/13, [X.], 641; Urteil vom 17. Juni 2004

3 [X.], [X.]St 49, 177, 182 f.).
b) Danach träfe die Annahme des [X.]s, die Zahl der selbständi-gen Einzeltaten des Angeklagten entspreche in den zuvor bezeichneten Fällen der Anzahl der von den unmittelbar tatausführenden Tätern begangenen Die[X.]taten, nur unter der Voraussetzung zu, dass er hinsichtlich jedes Die[X.] einen (allein) diesen fördernden Beitrag geleistet hat. Hierzu verhält sich das Urteil jedoch nicht abschließend. Insbesondere hat die [X.] nicht festgestellt, was der Angeklagte konkret vor Ort gemacht hat, ob der Angeklag-te von [X.] zu [X.] gefahren ist oder ob er seine Tatgenossen an den jewei-ligen Tattagen nur an eine Stelle, beispielsweise in ein Gewerbegebiet gefah-ren, diese dort abgesetzt und nach Begehung von mehreren [X.]n in verschiedene Geschäftsräume wieder abgeholt hat. Sollten die Fälle 1.1
bis 1.3, 1.5 und 1.6 der Urteilsgründe (

A.

), 1.10 und 1.11 der [X.]
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teilsgründe (Br.

) sowie 2.1 bis 2.3 der Urteilsgründe (

E.

) in der Person des Angeklagten jeweils durch einen einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne von § 52 StGB verknüpft werden, lägen insoweit bei dem Angeklagten lediglich drei tatmehrheitlich begangene schwere [X.] (in gleichartiger Idealkonkurrenz, vgl.
insoweit [X.], Beschlüsse vom 11. [X.] 2017

4 [X.], Rn. 6 und vom 28. März 2017

4 StR 82/17, Rn. 7, mwN)
vor.
Diese Umstände zwingen zur Aufhebung der Schuldsprüche in den [X.] Fällen.
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs hat die Aufhebung der [X.] in den Fällen 1.1 bis 1.3, 1.5, 1.6, 1.10, 1.11 und 2.1 bis 2.3 der Urteils-gründe sowie der Gesamtstrafe zur Folge. Die von dem Rechtsfehler nicht be-troffenen
Einzelstrafen
in den Fällen 1.8 und 3. der Urteilsgründe werden
eben-falls aufgehoben, um dem neuen Tatrichter eine einheitliche, widerspruchsfreie Strafzumessung zu ermöglichen. Demgegenüber haben die zugrundeliegenden Feststellungen, die von dem Rechtsfehler in der konkurrenzrechtlichen Beurtei-lung der Taten nicht betroffen sind, Bestand. Der neue Tatrichter kann ergän-zende, mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen tref-fen.
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4. Die Sache bedarf im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung. Der neue Tatrichter wird dabei darauf Bedacht zu nehmen ha-ben, dass die Berücksichtigung einer erheblichen kriminellen Energie im Rah-men der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten, die die [X.] aus dem planmäßigen, arbeitsteiligen Vorgehen der Angeklagten schließt
([X.]
21), eine unzulässige Doppelverwertung der bandenmäßigen Begehung [X.] könnte.
[X.] Bellay

Cirener Hohoff
16

Meta

1 StR 491/17

21.11.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2017, Az. 1 StR 491/17 (REWIS RS 2017, 2025)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2025

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 StR 491/17

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4 StR 176/14

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