Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2009, Az. BLw 9/07

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2009, 3852

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[X.][X.] vom 24. April 2009 in der [X.]- 2 - Der [X.], [X.], hat am 24. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. [X.] und [X.] Lemke und [X.] sowie [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 13. Zivilsenats in [X.] des [X.] - [X.] - vom 16. April 2007 aufgeho-ben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.] und des Verfahrens vor dem [X.], an das Be-schwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 410 •. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist [X.] Landwirt und hat seinen Betriebs-sitz in der [X.]. Mit [X.] pachtete er von dem Verpächter in [X.] gelegenes Ackerland zur Größe von 2,05 ha für ei-nen jährlichen Pachtzins von 410 • für die [X.] vom 1. November 2005 bis zum 1 - 3 - 31. Oktober 2006. Der Vertrag enthält eine Verlängerungsklausel für jeweils ein weiteres Jahr. Das Landwirtschaftsamt beanstandete den Pachtvertrag und forderte die Beteiligten auf, ihn unverzüglich aufzuheben. Der dagegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist erfolglos geblieben; das Amtsgericht - [X.] - hat den Pachtvertrag aufgehoben. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das [X.] - [X.] Landwirtschaftssa-chen - zurückgewiesen. 2 Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Antragsteller die [X.] erreichen, dass der Pachtvertrag nicht zu beanstanden ist. 3 Der [X.] hat mit Beschluss vom 23. November 2007 das Verfahren ausgesetzt und dem [X.] die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob nach Art. 15 Abs. 1 des [X.] des Abkommens zwischen der [X.] und ihren Mitgliedstaa-ten einerseits und der [X.]erischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (ABl. 2002, [X.], [X.]) nur Selbständigen im Sinne von Art. 12 Abs. 1 des [X.] des Abkommens in dem [X.] hinsicht-lich des Zugangs zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit und deren Ausübung eine Behandlung zu gewähren ist, die nicht weniger günstiger ist als die den eigenen Staatsangehörigen gewährte Behandlung, oder ob dies auch für selb-ständige Grenzgänger im Sinne von Art. 13 Abs. 1 des [X.] des Abkom-mens gilt. Nachdem der Gerichtshof in einer Parallelsache ([X.]) diese Frage beantwortet hat, hat der [X.] mit Einverständnis der Beteiligten das [X.] nicht aufrechterhalten. 4 - 4 - I[X.] Nach Auffassung des [X.] hat das Landwirtschaftsge-richt den Pachtvertrag zu Recht mit der Begründung aufgehoben, die Verpach-tung bedeute eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 LPachtVG. Ein [X.] Landwirt mit Betriebssitz in der [X.] sei bei der [X.] von Flächen im [X.] Hoheitsgebiet nicht wie ein inländischer Landwirt, sondern wie ein Nichtlandwirt zu behandeln. Der in Art. 15 des [X.] zu dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der Euro-päischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der [X.]e-rischen Eidgenossenschaft andererseits geregelte Gleichbehandlungsgrundsatz gelte nur für Selbständige, nicht aber für selbständige Grenzgänger. Die von dem Landwirtschaftsgericht durchgeführte Beweisaufnahme habe ein dringen-des Bedürfnis zweier [X.] Landwirte an der [X.] der Flächen er-geben, von denen einer zudem bereit und in der Lage sei, einen angemesse-nen Pachtzins zu zahlen. 5 Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 6 II[X.] Die nach § 24 Abs. 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht die Aufhebung des Pachtvertrags durch das Landwirtschaftsgericht (§ 8 Abs. 1 Satz 1 LPachtVG) bestätigt. Die Verpachtung bedeutet keine ungesunde Vertei-lung der Bodennutzung. 7 1. Nach § 4 Abs. 2 LPachtVG liegt eine ungesunde Verteilung der [X.] in der Regel vor, wenn die Verpachtung Maßnahmen zur [X.] - 5 - serung der Agrarstruktur widerspricht. Das ist nach der bisherigen Rechtspre-chung des [X.]s ([X.], 95, 99) der Fall, wenn landwirtschaftliche Grundstücke auf dem Gebiet der Bundesrepublik [X.] durch Verpach-tung an [X.] Landwirte, deren Betriebsstätte in der [X.] liegt, der Nutzung [X.] Vollerwerbslandwirte entzogen werden, die dieses Land dringend zur Schaffung und Erhaltung leistungs- und wettbewerbsfähiger [X.] benötigen. Das in die [X.] Agrarstruktur eingebettete [X.] [X.] Landwirte muss demgegenüber zurücktreten, so dass im Ergebnis bei der Anwendung von § 4 LPachtVG [X.] Landwirte mit Betriebssitz in der [X.] als außerhalb der [X.] Agrar-struktur stehend, mithin wie [X.] zu behandeln sind. 2. Der [X.] hält diese Rechtsprechung nicht aufrecht. Ihr steht nämlich die Regelung in Art. 15 Abs. 1 des [X.] des Abkommens zwischen der [X.] und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der [X.]erischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (ABl. 2002, [X.], [X.]), welches am 1. Juni 2002 in [X.] getreten ist (BGBl. [X.]), entgegen. Danach muss eine Vertragspartei den selbständigen Grenzgängern einer anderen Vertragspartei im Sinne des Art. 13 dieses [X.] hinsichtlich des Zugangs zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit und deren Ausübung im [X.] eine Behandlung gewähren, die nicht weni-ger günstig ist als die den eigenen Staatsangehörigen gewährte Behandlung ([X.], Urt. v. 22. Dezember 2008, [X.]/08, [X.], 210). 9 3. Demnach muss der Antragsteller bei der Beurteilung des Pachtver-trags wie ein [X.] Landwirt mit Betriebssitz in [X.] behandelt wer-den, denn er ist selbstständiger Grenzgänger. 10 - 6 - Nach Art. 13 Abs. 1 des [X.] des Abkommens ist selbständiger Grenzgänger ein Staatsangehöriger einer Vertragspartei mit Wohnsitz im Ho-heitsgebiet einer Vertragspartei, der eine selbständige Erwerbstätigkeit im Ho-heitsgebiet der anderen Vertragspartei ausübt und in der Regel täglich oder mindestens einmal in der Woche an seinen Wohnort zurückkehrt. Der Grenz-gängereigenschaft steht es nicht entgegen, dass ein [X.] Landwirt, der in [X.] gelegene [X.] von seinem Betriebssitz in der [X.] aus bewirtschaftetet, diese Flächen gegebenenfalls über mehrere [X.] hinweg nicht aufsucht. Denn das Merkmal der täglichen oder mindestens wöchentlichen Rückkehr an den Wohnort muss schon nach dem Wortlaut der Bestimmung nur "in der Regel" vorliegen; Ausnahmen sind demnach möglich, ohne dass der rechtliche Status des [X.] entfällt. Im Übrigen verlan-gen auch die tatsächlichen Gegebenheiten ein Absehen von dem Erfordernis des täglichen oder wenigstens wöchentlichen Aufsuchens der Flächen. Denn es gibt Erwerbstätige, bei denen das nicht notwendig ist, weil die Ausübung der selbständigen Tätigkeit in dem fremden Hoheitsgebiet nicht ständig den tägli-chen oder wöchentlichen Aufenthalt erfordert. Ein Beispiel dafür ist die Bewirt-schaftung grenznaher landwirtschaftlicher Flächen vom Nachbarstaat aus. 11 4. Somit führt die Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen an den Antragsteller trotz des Vorhandenseins von zwei [X.] Landwirten mit dringendem Aufstockungsbedürfnis zu keiner ungesunden Verteilung der [X.] allein aus dem Grund, dass er [X.] Landwirt ist. 12 IV. Nach alledem ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Der [X.] kann keine eigene Sachentscheidung treffen, weil bisher noch nicht geprüft 13 - 7 - worden ist, ob der Pachtvertrag aus anderen Gründen zu beanstanden ist. [X.] diese Prüfung nachgeholt werden kann, ist die Sache an das Beschwerde-gericht zurückzuverweisen. [X.] Lemke RiBGH [X.] ist

infolge von Krankheit an

der Unterschrift gehindert.

[X.], den 4. Mai 2009

Der Vorsitzende

[X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.08.2006 - 4 [X.] - OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 16.04.2007 - 13 W 98/06 [X.] -

Meta

BLw 9/07

24.04.2009

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2009, Az. BLw 9/07 (REWIS RS 2009, 3852)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3852

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