Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2009, Az. BLw 10/07

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2009, 3855

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BUNDESGERICHTSHOF [X.] vom 24. April 2009 in der [X.] Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: jaLPachtVG § 4 Abs. 2 Die Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen an [X.]Landwirte, deren Betriebsstätte in der [X.]liegt, führt trotz des Vorhandenseins von [X.]Landwirten mit dringendem Aufstockungsbedürfnis zu keiner ungesunden Verteilung der Bodennutzung allein aus dem Grund, dass die Pächter [X.]Landwirte sind (Aufgabe von Senat, [X.]101, 95, 99). BGH, Beschluss vom 24. April 2009 - [X.]- [X.]in [X.] AG [X.] - 2 - Der Bundesgerichtshof, [X.]Landwirtschaftssachen, hat am 24. April 2009 durch [X.]und [X.]Lemke und [X.]sowie [X.]und [X.]beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 13. Zivilsenats in [X.]des [X.]- [X.]- vom 16. April 2007 aufgeho-ben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.]und des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, an das Be-schwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des [X.]beträgt 3.430 •. Gründe: [X.]Der Antragsteller ist [X.]Landwirt und hat seinen Betriebs-sitz in der Schweiz. Mit [X.]pachtete er von der [X.]gelegenes Ackerland zur Größe von 2,75 ha für einen jährlichen Pachtzins von 686 • für fünf Jahre. 1 Das Landwirtschaftsamt beanstandete den Pachtvertrag und forderte die Beteiligten auf, ihn unverzüglich aufzuheben. Der dagegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem der Antragsteller hilfsweise die [X.]- 3 - lung, dass die Beanstandung des Pachtvertrages eine unzumutbare Härte für die Verpächterin bedeute, und weiter hilfsweise die Herabsetzung des [X.]auf eine angemessene Höhe verlangt hat, ist erfolglos geblieben; das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Pachtvertrag aufgehoben. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das [X.]- [X.]- zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbe-schwerde will der Antragsteller die Feststellung erreichen, dass der [X.]nicht zu beanstanden ist. Der [X.]hat mit Beschluss vom 23. November 2007 das Verfahren ausgesetzt und dem [X.]die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob nach Art. 15 Abs. 1 des [X.]des Abkommens zwischen der [X.]und ihren Mitgliedstaa-ten einerseits und der [X.]andererseits über die Freizügigkeit (ABl. 2002, L 114, S. 6) nur Selbständigen im Sinne von Art. 12 Abs. 1 des [X.]des Abkommens in dem [X.]hinsicht-lich des Zugangs zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit und deren Ausübung eine Behandlung zu gewähren ist, die nicht weniger günstiger ist als die den eigenen Staatsangehörigen gewährte Behandlung, oder ob dies auch für selb-ständige Grenzgänger im Sinne von Art. 13 Abs. 1 des [X.]des Abkom-mens gilt. 3 I[X.]Nach Auffassung des [X.]hat das Landwirtschaftsge-richt den Pachtvertrag zu Recht mit der Begründung aufgehoben, die Verpach-tung bedeute eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung. Ein schweizeri-scher Landwirt mit Betriebssitz in der [X.]sei bei der [X.]von [X.]im [X.]Grenzgebiet nicht wie ein inländischer Landwirt, sondern 4 - 4 - wie ein Nichtlandwirt zu behandeln. Der in Art. 15 des [X.]zu dem Frei-zügigkeitsabkommen zwischen der [X.]und ihren Mit-gliedstaaten einerseits und der [X.]anderer-seits gelte nur für Selbständige, nicht aber für selbständige Grenzgänger. Die von dem Landwirtschaftsgericht durchgeführte Beweisaufnahme habe ein drin-gendes Bedürfnis mehrerer [X.]Landwirte an der [X.]der Fläche ergeben. Die Pachtinteressenten seien zudem bereit, einen angemessenen Pachtzins zu zahlen. Die [X.]hat das Beschwerdegericht mit der Begründung zurück-gewiesen, dass eine Differenz von 10 •/Monat zwischen dem vereinbarten Pachtzins und dem ortsüblichen Pachtzins auch im Hinblick auf die niedrige Rente der Verpächterin von 100 •/Monat für sie keine unzumutbare Härte be-deute, und dass die Herabsetzung der vereinbarten Pacht den [X.]der ungesunden Verteilung der Bodennutzung nicht beseitigen könne. 5 Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 6 II[X.]Die nach § 24 Abs. 1 [X.]statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht die Aufhebung des Pachtvertrags durch das Landwirtschaftsgericht (§ 8 Abs. 1 Satz 1 LPachtVG) bestätigt. Die Verpachtung bedeutet keine ungesunde Vertei-lung der Bodennutzung. 7 1. Nach § 4 Abs. 2 LPachtVG liegt eine ungesunde Verteilung der [X.]in der Regel vor, wenn die Verpachtung Maßnahmen zur Verbes-serung der Agrarstruktur widerspricht. Das ist nach der bisherigen Rechtspre-chung des Senats ([X.]101, 95, 99) der Fall, wenn landwirtschaftliche 8 - 5 - Grundstücke auf dem Gebiet der [X.]durch Verpach-tung an [X.]Landwirte, deren Betriebsstätte in der [X.]liegt, der Nutzung [X.]Vollerwerbslandwirte entzogen werden, die dieses Land dringend zur Schaffung und Erhaltung leistungs- und wettbewerbsfähiger [X.]benötigen. Das in die [X.]Agrarstruktur eingebettete [X.][X.]Landwirte muss demgegenüber zurücktreten, so dass im Ergebnis bei der Anwendung von § 4 LPachtVG [X.]Landwirte mit Betriebssitz in der [X.]als außerhalb der [X.]Agrar-struktur stehend, mithin wie [X.]zu behandeln sind. 2. Der [X.]hält diese Rechtsprechung nicht aufrecht. Ihr steht nämlich die Regelung in Art. 15 Abs. 1 des [X.]des Abkommens zwischen der [X.]und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der [X.]andererseits über die Freizügigkeit (ABl. 2002, L 114, S. 6), welches am 1. Juni 2002 in [X.]getreten ist (BGBl. II S. 1692), entgegen. Danach muss, wie der [X.]in dem Vorabentscheidungsverfahren entschieden hat, eine [X.]den selbständigen Grenzgängern einer anderen Vertragspartei im Sinne des Art. 13 dieses Anhangs hinsichtlich des Zugangs zu einer selbstän-digen Erwerbstätigkeit und deren Ausübung im [X.]eine [X.]gewähren, die nicht weniger günstig ist als die den eigenen Staatsangehö-rigen gewährte Behandlung (EuGH, Urt. v. 22. Dezember 2008, C-13/08, DÖV 2009, 210). 9 3. Demnach muss der Antragsteller bei der Beurteilung des Pachtver-trags wie ein [X.]Landwirt mit Betriebssitz in [X.]behandelt wer-den, denn er ist selbstständiger Grenzgänger. 10 - 6 - Nach Art. 13 Abs. 1 des [X.]des Abkommens ist selbständiger Grenzgänger ein Staatsangehöriger einer Vertragspartei mit Wohnsitz im Ho-heitsgebiet einer Vertragspartei, der eine selbständige Erwerbstätigkeit im Ho-heitsgebiet der anderen Vertragspartei ausübt und in der Regel täglich oder mindestens einmal in der Woche an seinen Wohnort zurückkehrt. Der Grenz-gängereigenschaft steht es nicht entgegen, dass ein [X.]Landwirt, der in [X.]gelegene [X.]von seinem Betriebssitz in der [X.]aus bewirtschaftetet, diese Flächen gegebenenfalls über mehrere [X.]hinweg nicht aufsucht. Denn das Merkmal der täglichen oder mindestens wöchentlichen Rückkehr an den Wohnort muss schon nach dem Wortlaut der Bestimmung nur "in der Regel" vorliegen; Ausnahmen sind demnach möglich, ohne dass der rechtliche Status des [X.]entfällt. Im Übrigen verlan-gen auch die tatsächlichen Gegebenheiten ein Absehen von dem Erfordernis des täglichen oder wenigstens wöchentlichen Aufsuchens der Flächen. Denn es gibt Erwerbstätige, bei denen das nicht notwendig ist, weil die Ausübung der selbständigen Tätigkeit in dem fremden Hoheitsgebiet nicht ständig den tägli-chen oder wöchentlichen Aufenthalt erfordert. Ein Beispiel dafür ist die Bewirt-schaftung grenznaher landwirtschaftlicher Flächen vom Nachbarstaat aus. 11 4. Somit führt die Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen an den Antragsteller trotz des Vorhandenseins von zwei [X.]Landwirten mit dringendem Aufstockungsbedürfnis zu keiner ungesunden Verteilung der [X.]allein aus dem Grund, dass er [X.]Landwirt ist. 12 IV. Nach alledem ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Der [X.]kann keine eigene Sachentscheidung treffen, weil bisher noch nicht geprüft worden ist, ob der Pachtvertrag aus anderen Gründen zu beanstanden ist. [X.]- 7 - mit diese Prüfung nachgeholt werden kann, ist die Sache an das Beschwerde-gericht zurückzuverweisen. [X.] Ri[X.][X.]ist

infolge von Krankheit an

der Unterschrift gehindert.

Karlsruhe, den 4. Mai 2009

Der Vorsitzende Krüger
Vorinstanzen: AG Waldshut-Tiengen, Entscheidung vom 13.10.2006 - 4 [X.]- [X.]in Freiburg, Entscheidung vom 16.04.2007 - 13 W 119/06 [X.]-

Meta

BLw 10/07

24.04.2009

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2009, Az. BLw 10/07 (REWIS RS 2009, 3855)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3855

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