Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2018, Az. X ZR 24/17

X. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13653

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:200218BX[X.].17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X ZR
24/17
vom
20. Februar 2018
in dem Rechtsstreit

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Der X. Zivilsenat des [X.] hat am 20. Februar 2018
durch [X.], die Richter [X.] und Dr.
Bacher sowie die Richterinnen Dr. Kober-Dehm
und Dr. Marx
beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beab-sichtigt, die Revision der Kläger gegen das Urteil der 11.
Zivil-kammer des [X.] vom 7. Februar 2017 durch [X.] zurückzuweisen.
Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe:
I.
Die Kläger verlangen von dem beklagten Luftfahrtunternehmen ei-nach
Art.
7 Abs. 1 Buchst. b der [X.] ([X.]) Nr. 261/2004 des [X.] und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs-
und Unter-stützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei [X.] oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr. 295/01 (nachfolgend: Fluggastrechteverordnung).
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Die Kläger buchten bei der [X.]n für den 15. Juni 2015 einen Flug von [X.]/[X.] nach [X.] ([X.]). Tatsächlich erreichten die Kläger den Zielflughafen erst am Folgetag mit einem
anderen als dem
zunächst vorgese-henen Flugzeug
und einer Verspätung von mehr als zehn Stunden.
Ursache hierfür war, dass das ursprünglich vorgesehene Flugzeug beim Landeanflug auf den [X.] etwa fünfeinhalb
Stunden vor dem geplanten Abflug in [X.]/[X.]
an einer der Landeklappen von einer Möwe getroffen wurde und
ausweislich einer sogleich
durchgeführten Inspektion nicht mehr verkehrssicher
war, sondern zur (endgültigen) Reparatur ohne Passagiere nach [X.] überführt werden musste.
Das Amtsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt; das Berufungs-gericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, der die [X.] entgegentritt.
II.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der
Revision liegen nicht (mehr) vor
(nachfolgend zu 1), und die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (nachfolgend zu 2).
1.
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der revisionsgerichtlichen Entschei-dung (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Januar 2005 -
I [X.], NJW-RR 2005, 650 Rn. 7) fehlt es, wie auch die Revision nicht verkennt, an den gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung
des Rechts oder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§
543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO). Die Einordnung des Vogelschlags als außergewöhnlicher Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 [X.] und die grundsätzlichen Anforderungen an die einem Luftfahrtunternehmen zur Vermeidung einer Annullierung oder großen Verspätung zumutbaren Maßnah-2
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men sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] und des [X.] geklärt.
2.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die [X.] nach
Art.
5 Abs. 3 [X.] nicht zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet
ist, da die -
insoweit der Annullierung gleichstehende ([X.], Urteil vom 19. November 2009 -
C-402/07, [X.]. 2009, I-10923
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Sturgeon/[X.]) -
große Verspätung
des Fluges
auf außergewöhnliche Umstände zurückging, die sich trotz Ergreifung aller zumutbarer Maßnahmen nicht vermeiden ließen.
a)
Das für den von den Klägern gebuchten Flug vorgesehene Flug-zeug ist nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts durch einen [X.] beschädigt worden. Darin liegt ein außergewöhnlicher Umstand im Sin-ne von Art. 5 Abs. 3 [X.] ([X.], Urteil vom 4.
Mai 2017

C5/15, [X.], 2665
Rn. 24 -

Travel Service a.s.; [X.], Urteil vom 24. September 2013 -
X [X.], NJW 2014, 861
Rn. 12 ff.). Dass der Vogelschlag vermeidbar war, ist nicht festgestellt und wird auch von der [X.] nicht geltend gemacht.
b)
Die Verspätung geht im Sinne von Art. 5 Abs. 3 [X.] auf den Vogelschlag zurück, denn sie konnte nach den Feststellungen des Be-rufungsgerichts mit der [X.]n zumutbaren Maßnahmen nicht verhindert werden (siehe zu dieser Voraussetzung [X.],
Urteil vom 21. August 2012

X
ZR 138/11, [X.]Z 194, 258
Rn. 11).
(1)
Die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass der [X.] durch die nach dem Vogelschlag tatsächlich ergriffenen Maßnahmen nicht verhindert werden konnte, weil der [X.]n kein weiteres eigenes Flug-zeug zur Verfügung stand und ihre unverzüglich durchgeführten Bemühungen fehlgeschlagen sind, bei einem von 53 angefragten, unter den Gesichtspunkten 6
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Flugzeuggröße, Sicherheitsstandards und Erfolgswahrscheinlichkeit ausge-wählten Unternehmen ein Flugzeug zu chartern, lassen keinen Rechtsfehler erkennen und werden von der Revision nicht angegriffen.
(2)
Entgegen ihrer Auffassung kann der [X.]n auch nicht ange-lastet werden, dass sie vor dem schädigenden Ereignis keine weiteren Vorkeh-rungen getroffen hat, um auf ein -
von ihr selbst oder aufgrund einer [X.] vertraglichen Vereinbarung von einem anderen Unternehmen (nebst Besatzung) vorgehaltenes -
Ersatzflugzeug zurückgreifen zu können.
(a)
Das Berufungsgericht hat die Zumutbarkeit [X.] vor dem Vogelschlag verneint, indem es auf die Rechtsprechung des Senats verwiesen hat, dass die Fluggastrechteverordnung keine Verpflich-tung begründet, ohne konkreten Anlass
Vorkehrungen wie etwa das Vorhalten von [X.] zu treffen, um den Folgen außergewöhnlicher Umstände begegnen zu können
([X.], Urteil vom 12. Juni 2014 -
X [X.], NJW 2014, 3303 Rn. 20 ff.; Urteil vom 16. September 2014 -
X [X.], NJW-RR 2015, 111
Rn. 10).
(b)
Dies hält den Angriffen der Revision stand.
Das Vorhalten einer Ersatzmaschine gehört grundsätzlich nicht zu den Vorkehrungen, die einem Luftverkehrsunternehmen zur Vermeidung von [X.]en zumutbar sind.
Anlassunabhängige Vorkehrungen sind zumutbar, soweit sie nach guter fachlicher Praxis getroffen werden müssen, damit nicht bereits bei gewöhnlichem Ablauf des Luftverkehrs geringfügige Beeinträchti-gungen das Luftverkehrsunternehmen außer Stande setzen, seinen vertragli-chen Verpflichtungen nachzukommen und den Flugplan im Wesentlichen [X.]. Hieraus ergeben sich Anforderungen an die Ausgestaltung des [X.], der den Kapazitäten der Flotte anzupassen ist und eine gewisse Zeitre-10
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serve zwischen zwei Flügen vorzusehen hat
([X.], Urteil vom 12. Juni 2014

X
[X.], NJW 2014, 3303
Rn.
21 f.), nicht jedoch die Obliegenheit, eine oder mehrere Ersatzmaschinen
für den Fall vorzuhalten, dass ein Flugzeug in-folge eines nicht als außergewöhnlich im Sinne von Art. 5 Abs. 3 [X.] anzuerkennenden Umstands wie eines abnutzungsbedingten Defekts ausfällt, der innerhalb
der eingeplanten [X.] nicht behoben werden kann. Ein derartiger Ausfall wäre nicht als geringfügige Beeinträchtigung anzusehen. Für in solchen Fällen eintretende Annullierungen und diesen gleichstehende große Verspätungen besteht die Ausgleichspflicht unabhängig davon, ob sie mit einer größeren Flotte oder überhaupt vermeidbar gewesen wären. Umgekehrt bilden in Fällen außergewöhnlicher Umstände allein die vorhandenen oder in der gegebenen Situation erreichbaren Ressourcen den Maßstab für die zur Vermeidung einer Annullierung oder großen Verspätung zumutbaren Maßnah-men
([X.], NJW 2014, 3303
Rn. 25).
Diese Erwägungen gelten unabhängig davon, wie häufig ein Luftver-kehrsunternehmen den Flughafen nutzt, für den im Einzelfall ein Ersatzflugzeug benötigt wird. Dem steht nicht entgegen, dass der Senat die Zumutbarkeit, ein Ersatzflugzeug vorzuhalten, zunächst für
den Fall eines
seltener angeflogenen Flughafens
([X.], Urteil vom 24. September 2013 -
X
[X.], NJW 2014, 861 Rn. 24) und erst später grundsätzlich verneint hat.
Da sich zwar eine statis-tische Wahrscheinlichkeit angeben lässt, mit der -
außergewöhnliche oder nicht außergewöhnliche -
Umstände eintreten, die trotz einer dem Flugplan ange-messenen Kapazität der Durchführung eines Flugs entgegenstehen, sich Ort, Zeit, Umfang und Frequenz von Kapazitätsengpässen aber regelmäßig nicht vorhersagen lassen, wäre letztlich jede von der Rechtsprechung formulierte Anforderung an anlassunabhängige Vorsorgemaßnahmen willkürlich.
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Unerheblich
ist daher auch, ob ein
Luftfahrtunternehmen die Verfügbar-keit eines gegebenenfalls benötigten Ersatzflugzeugs statt durch den Verzicht auf die vollständige Auslastung der eigenen Flotte durch vorsorgliche Rahmen-vereinbarungen mit Charterunternehmen
sicherstellen könnte, die den jederzei-tigen Abruf eines geeigneten Flugzeugs gestatteten. Solche Rahmenvereinba-rungen stellten
ebenfalls anlassunabhängige Vorkehrungen dar und sind nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen ebenso wenig als
zumutbar anzusehen.
Meier-Beck
Grabinski
Bacher

Kober-Dehm
Marx
Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch [X.] erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 27.01.2016 -
112 [X.]/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 07.02.2017 -
11 [X.]/16 -

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Meta

X ZR 24/17

20.02.2018

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2018, Az. X ZR 24/17 (REWIS RS 2018, 13653)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13653

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 160/12

X ZR 121/13

X ZR 102/13

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