Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.02.2019, Az. 1 WB 5/18

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2019, 9760

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Gegenstand

Unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst; nachträgliche Freistellung vom Dienst


Leitsatz

Für Zeiten unerlaubten Fernbleibens vom Dienst kann nicht rückwirkend Gleitzeit genommen werden.

Tatbestand

1

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft die Genehmigung von [X.] ...

2

Die Antragstellerin ist [X.]. ...

3

Die "Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit und die automatisierte Arbeitszeiterfassung im ..." vom ... in der Fassung der ... (im Folgenden: Dienstvereinbarung) sah vor, dass bei ausreichendem Zeitguthaben der automatisierten Zeiterfassung bis zu einer Obergrenze von 14 Tagen [X.] gewährt werden konnten. Der Befehlshaber ... ordnete die Geltung der Regelungen der Dienstvereinbarung auch für die Soldatinnen und Soldaten des Stabes ... an, sofern für sie nicht aufgrund ihres Status entgegenstehende Vorschriften Anwendung fänden. Da nach der Auflösung ... Ende September 2012 nicht sofort einer Nachfolgeregelung vereinbart worden war, einigte sich der Inspekteur ... am 5. November 2012 mit dem übergangsweise amtierenden Örtlichen Personalrat über eine vorläufige Nachwirkung der Dienstvereinbarung. Danach galt für Soldaten am Standort ... weiter eine Obergrenze von 14 [X.]. Ab dem 29. August 2013 trat für das Kommando ... der [X.] eine neue Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit in [X.], deren Geltung durch [X.] auch auf Soldaten erstreckt wurde.

4

2012 war die Antragstellerin Mitglied einer .... Deren Mitglieder leisteten auf Anweisung des Chefs des Stabes Mehrarbeit. Zum 30. September 2012 wies das Arbeitszeitkonto der Antragstellerin ein Zeitguthaben aus. Im August 2012 beantragte sie [X.] für den 31. Oktober 2012 sowie den 2., 5. und 6. November 2012. Am 26. Oktober 2012 wurde ihr per E-Mail mitgeteilt, dass ihr wegen der [X.]grenze von 14 ganzen [X.] pro Kalenderjahr drei der beantragten [X.] im November nicht gewährt werden könnten. Daraufhin beantragte sie am 29. Oktober 2012 die Aussetzung der "[X.]grenze [X.]" für die Mitglieder der ...

5

Am 2., 5. und 6. November 2012 blieb die Antragstellerin dem Dienst fern. Deswegen verhängte der Chef des Stabes unter dem 23. April 2013 - seit 6. August 2013 unanfechtbar - eine [X.] in Höhe von 1 500 €.

6

Mit Bescheid des Chefs des Stabes ... der [X.] vom 14. November 2012 wurde der Antrag auf Gewährung von mehr als 14 [X.] abgelehnt. Diesen Bescheid hob der Inspekteur ... der [X.] am 11. April 2013 wegen der fehlenden Zuständigkeit des Chefs des Stabes für die Entscheidung auf.

7

Am 15. November 2012 beantragte die Antragstellerin für den Zeitraum 2. bis 6. November 2012 nachträglich drei Tage Erholungsurlaub. Diesem Antrag wurde zunächst am 16. November 2012 entsprochen. Der Genehmigungsbescheid wurde aber am 30. Januar 2015 aufgehoben. Hiergegen erhob die Antragstellerin Beschwerde, über die auf ihr Betreiben bis zur Entscheidung in diesem Antragsverfahren nicht entschieden wird.

8

Mit Bescheid vom 10. Juni 2013 lehnte der Inspekteur ... der [X.] den Antrag auf Aussetzung der [X.]grenze für [X.] nach der Dienstvereinbarung ab. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe zwar für das Kommando ... der [X.] noch keine neue Dienstvereinbarung gegolten. Zur Vermeidung eines ungeregelten Zustandes greife eine Nachwirkung der Dienstvereinbarung ein. Diese sei am 5. November 2012 auch zwischen dem Inspekteur ... und dem übergangsweise amtierenden Örtlichen Personalrat vereinbart worden. Dem Antrag stehe auch entgegen, dass die Antragstellerin das Zeitguthaben in Telearbeit erwirtschaftet habe.

9

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 8. Juli 2013 hiergegen wies der Generalinspekteur der [X.] mit [X.] vom 19. Mai 2014 zurück. Die Beschwerde sei mangels [X.] unzulässig. Das Rechtsschutzziel sei nicht mehr zu erreichen. Durch die nachträgliche Genehmigung des vorbehaltlos gestellten [X.] für die fraglichen Tage liege für diese eine Befreiung von der Dienstleistungspflicht vor. Diese könne nicht nochmal erteilt werden. Eine grundsätzlich zulässige rückwirkende Verrechnung von [X.] mit bewilligtem Urlaub scheide in dieser Konstellation aus. Die Beschwerde sei auch unbegründet. Die Obergrenze von 14 [X.] nach der Dienstvereinbarung gelte für Soldaten des Kommandos ... in ... fort. Der Inspekteur ... sei im Rahmen seines Direktionsrechts befugt gewesen, die weitere Anwendung im Einvernehmen mit dem [X.] anzuweisen. Der Erlass über den Ausgleich besonderer zeitlicher Belastungen der Soldatinnen und Soldaten (Dienstzeitausgleichserlass) vom 2. April 2012 sei nicht anwendbar, da er an Dienststellen mit automatisierter Zeiterfassung nur gelte, wenn nicht durch [X.] die Geltung einer Dienstvereinbarung auf Soldaten erstreckt sei. Dies sei aber der Fall gewesen. Im Übrigen weise das [X.] der Antragstellerin eine Zeitschuld aus.

Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 18. Juni 2014 gegen den [X.] gab das [X.] das Verfahren im Mai 2015 zunächst dem Generalinspekteur der [X.] zurück, um über eine darin liegende Beschwerde in einer Verwaltungsangelegenheit zu entscheiden. Den daraufhin ergangenen [X.] vom 19. Mai 2015 hob das Verwaltungsgericht ... auf die Klage der Antragstellerin hin mit rechtskräftigem Urteil vom 9. Dezember 2015 auf.

Unter dem 27. Juni 2017 wies das [X.] die weitere Beschwerde der Antragstellerin als unzulässig zurück. Es sei Erledigung eingetreten. Zwar sei die nachträgliche Gewährung von [X.] rechtlich und tatsächlich möglich, wenn unter Vorbehalt gewährte Urlaubstage in das Folgejahr übertragen und eine rückwirkende Verrechnung durchgeführt werden könne. Diese Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Die Antragstellerin habe nicht genehmigt dienstfrei gehabt, sondern sei vielmehr eigenmächtig abwesend gewesen. Daran ändere die nachträgliche Urlaubsgewährung nichts. Diese sei aufgehoben worden. Die gegen die Aufhebung gerichtete Beschwerde habe keine aufschiebende Wirkung. Der Chef des Stabes sei zwar generell erlasswidrig mit der Berücksichtigung der Mehrarbeit der Antragstellerin einverstanden gewesen, habe aber keine Dienstbefreiung konkret für die fraglichen Tage erteilt, da er ansonsten keine Disziplinarmaßnahme verhängt hätte. Zudem habe die Antragstellerin keinen Urlaub unter Vorbehalt beantragt. Mit Ablauf des Jahres 2013 sei Erledigung eingetreten, weil dann ein durch Inanspruchnahme eines [X.]s gesparter Erholungsurlaub verfallen wäre. Es könne nur noch Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben werden. Dieser fehle es aber am Feststellungsinteresse. Insbesondere liege ein Rehabilitierungsinteresse nicht vor, weil die Ablehnung von [X.] keine Diskriminierung begründe. Die Fortsetzungsfeststellungsklage dürfe die Bestandskraft der Disziplinarmaßnahme nicht umgehen. Etwaige Schadensersatzansprüche begründeten kein Feststellungsinteresse, weil die Erledigung vor Stellung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung eingetreten sei.

Dagegen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 17. Juli 2017 die Entscheidung des [X.] beantragt. Den Antrag hat das [X.] mit seiner Stellungnahme vom 18. Januar 2018 dem Senat vorgelegt.

Zur Begründung trägt sie vor, ihr stehe Freizeitausgleich für den 2., 5. und 6. November 2012 zu. Die weitere Beschwerde sei auch dann nicht unzulässig, allenfalls unbegründet, wenn die Antragstellerin dem Dienst eigenmächtig ferngeblieben wäre und ihr Urlaubsanspruch verfallen wäre. Ihr Antrag sei begründet. Es sei unstreitig, dass der Chef des Stabes Mehrarbeit angeordnet und zugesichert habe, dass [X.] nicht verfallen, sondern später ausgeglichen würden und dass die Antragstellerin ein Zeitguthaben von 130 Stunden habe. Als sie die drei [X.] beantragt habe, habe die Regelung gegolten, dass [X.] als genehmigt gelten würden, wenn binnen drei Tagen keine negative Rückäußerung erfolge. Sie sei daher bis zum 26. Oktober 2012 davon ausgegangen, dass die [X.] genehmigt würden. Nach dem Hinweis per E-Mail vom 26. Oktober 2012, dass die [X.]grenze für [X.] überschritten sei, habe sie am 29. Oktober 2012 die Aussetzung der [X.]grenze beantragt. Am 15. November 2012 habe sie nachträglich vorsorglich einen Antrag auf Erholungsurlaub gestellt, der zunächst genehmigt worden sei. Damit stehe fest, dass Freizeitausgleich an den in Rede stehenden drei Tagen hätte genehmigt werden müssen, weil die Dienstzeitvereinbarung, auf die die Ablehnung gestützt worden sei, zum 1. Oktober 2012 ihre Gültigkeit verloren habe. Die Argumentation, der Chef des Stabes habe zwar erlasswidrig Mehrarbeit genehmigt, sei mit der Freistellung an den gewünschten Tagen aber nicht einverstanden gewesen, weil er sonst keine Disziplinarmaßnahme verhängt hätte, sei ein Zirkelschluss. Die Disziplinarmaßnahme sei verhängt worden, weil er irrig von der Geltung der Dienstzeitvereinbarung und der Unmöglichkeit, zusätzliche [X.] zu gewähren, ausgegangen sei. Mit Ablauf des 31. Dezember 2013 sei nicht deshalb Erledigung eingetreten, weil dann durch Inanspruchnahme von [X.] gesparte Urlaubstage verfallen wären. Durch die Beschwerdeverfahren sei von einer Hemmung auszugehen. [X.] seien nicht gesparte Urlaubstage, sondern Freizeitausgleich für Mehrarbeit. [X.] vorsorglich werde auf das [X.] der Antragstellerin verwiesen. Diese habe eine [X.] in Höhe von 1 500 € gezahlt und ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass ein Freizeitausgleich erfolgen durfte und ihr an den in Rede stehenden Tagen Dienstbefreiung aufgrund weiterer [X.] (Freizeitausgleich) hätte gewährt werden müssen. Das Verfahren umgehe die Bestandskraft der Disziplinarmaßnahme nicht. Der Ausgang eines Disziplinarverfahrens sei vom Ausgang eines anderweitigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unabhängig. [X.] sei nicht das Disziplinarverfahren, vielmehr die verwaltungsrechtliche Frage, ob ein Anspruch auf Dienstbefreiung bestanden habe. Davon hänge ab, ob die Antragstellerin erlaubt oder unerlaubt dem Dienst ferngeblieben sei.

Die Antragstellerin beantragt,

das [X.] unter Aufhebung der Entscheidung des [X.] ... der [X.] vom 10. Juni 2013 in Gestalt des [X.]es des Generalinspekteurs der [X.] vom 19. Mai 2014 sowie der Entscheidung des [X.] vom 27. Juni 2017 zu verpflichten, über den Antrag vom 29. Oktober 2012 auf Genehmigung von drei [X.] am 2., 5. und 6. November 2012 erneut zu entscheiden.

Das [X.] beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er habe aus den im Bescheid über die weitere Beschwerde genannten Gründen keinen Erfolg. Erledigung sei eingetreten. Es gebe keine Rechtsgrundlage, um für einen [X.] nachträglich Dienstbefreiung zu gewähren. Möglich sei lediglich die nachträgliche Änderung der Rechtsgrundlage einer vorab gewährten Dienstbefreiung. Nach § 3 Abs. 1 [X.] habe ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung und auch keine Hemmung. Diese scheide auch aus, weil es sich um ein Verpflichtungsbegehren handele. Ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren dürfe nicht zur Umgehung der Bestandskraft einer Disziplinarmaßnahme genutzt werden. Die Antragstellerin habe keinen Rechtsbehelf gegen die Disziplinarmaßnahme eingelegt. Es bestehe daher auch kein Rechtsschutzbedürfnis.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des [X.] - [X.] 2 - Az.: BMVg [X.] 2 25-05-10 809/14 und 16/16 sowie 25-05-12 959/17 - und die Personalgrundakte der Antragstellerin haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

1. Dem Erfolg des [X.] steht die Erledigung der Hauptsache entgegen.

a) Zwar hat die Antragstellerin mit der Inanspruchnahme wehrdienstgerichtlichen Rechtsschutzes den richtigen Rechtsweg beschritten (§ 82 Abs. 1 SG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]O).

Streitigkeiten um die nachträgliche Bewilligung einzelner Gleittage beziehen sich nicht auf den dienstrechtlichen Status des Soldaten, sondern auf die Gestaltung des militärischen Dienstbetriebs; sie betreffen innerhalb einer Verwendungsentscheidung die Festlegung des zuständigen militärischen Vorgesetzten oder der zuständigen Dienststelle der [X.], wann, wo und wie - das heißt zu welchen Zeiten, an welchem Ort, mit welchem Inhalt und unter welchen fachlichen und/oder persönlichen Voraussetzungen - der Soldat seinen Dienst zu verrichten hat. Derartige Streitigkeiten unterliegen der sachlichen Zuständigkeit der [X.] ([X.], Beschlüsse vom 27. Januar 2010 - 1 [X.] 38.09 - [X.] 232.2 § 7 AZV [X.] Rn. 20 und vom 31. Januar 2018 - 1 [X.] 12.17 - [X.] 2018, 161 Rn. 23 f.).

b) Jedoch ist Erledigung eingetreten, weil mit Ablauf der Kalendertage, für die Gleittage beantragt worden waren, eine nachträgliche Freistellung von der Dienstleistungspflicht nicht mehr möglich ist.

Mit der Bewilligung von [X.] wird zum einen eine Befreiung von der Dienstleistungspflicht erteilt und zum anderen werden die Fehlzeiten für die auf die in Rede stehenden Tage regelmäßig entfallenden Dienststunden mit dem Guthaben des [X.] der Antragstellerin verrechnet. Zwar ist die Verrechnung von Zeitguthaben mit Fehlzeiten auch nach Ablauf des in Rede stehenden Tages und außerhalb des Abrechnungszeitraumes nachträglich möglich ([X.], Beschluss vom 27. Januar 2010 - 1 [X.] 38.09 - [X.] 232.2 § 7 AZV [X.] Rn. 24). Dies setzt allerdings voraus, dass der betroffene Soldat für diesen Tag durch den zuständigen Vorgesetzten vom Dienst - etwa durch unter Vorbehalt gewährten Erholungsurlaub - freigestellt wurde. Ist ein Soldat hingegen ohne vorherige Freistellung eigenmächtig dem Dienst ferngeblieben, kann eine nachträgliche Genehmigung von Urlaub das disziplinarrechtlich relevante eigenmächtige Fernbleiben vom Dienst nicht ungeschehen machen ([X.], Urteil vom 29. Oktober 2003 - 2 WD 9.03 - [X.]E 119, 164 <166> m.w.N. zum Disziplinarrecht der Beamten). Nichts anderes gilt für die nachträgliche Bewilligung von Gleitzeit. Auch sie lässt die Eigenmächtigkeit des Fernbleibens in der Vergangenheit nicht entfallen. Ist aber der mit einer dienstlichen Genehmigung verfolgte Zweck, einen bestimmten rechtmäßigen Geschehensablauf herbeizuführen, nachträglich und rückwirkend nicht mehr herstellbar, tritt Erledigung ein (vgl. [X.], Beschluss vom 31. Januar 2018 - 1 [X.] 39.17 - juris Rn. 15).

Hier ist mithin Erledigung eingetreten, weil das Fernbleiben der Antragstellerin vom Dienst - zumal da es bestandskräftig disziplinarisch geahndet wurde - nicht nachträglich und rückwirkend zu einem rechtmäßigen Verhalten erklärt werden kann. Eine nachträgliche Genehmigung des Fernbleibens ist etwas Anderes als eine vorherige Zustimmung. Während die vorherige Freistellung vom Dienst das Unterlassen der Antragstellerin, ihren dienstlichen Aufgaben nachzukommen, rechtmäßig gemacht hätte, könnte eine nachträgliche Genehmigung nichts daran ändern, dass sie sich pflichtwidrig verhalten und dass für die Antragstellerin an keinem der fraglichen Tage eine Freistellung von ihrer Dienstleistungspflicht durch einen hierzu befugten Vorgesetzten vorgelegen hat. Dies folgt auch aus § 9 [X.]. Hiernach ist der Verlust der Dienstbezüge die zwingende Folge des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst, ohne dass es darauf ankommt, ob materiell ein Anspruch auf eine Freistellung vom Dienst bestanden hat (vgl. [X.]/Wiedow, [X.], Stand 2012, § 9 [X.], Rn. 26 m.w.N.). Daneben ist kein Raum mehr für einen Ausgleich der Fehlzeiten durch Verrechnung mit einem Zeitguthaben im Wege der nachträglichen Gleitzeitgewährung. Soweit der Antragstellerin nachträglich Urlaub gewährt worden ist, ändert dies aus den dargelegten Gründen an der fehlenden vorherigen Freistellung und der Eigenmächtigkeit des Verhaltens der Antragstellerin nichts. Hinzu kommt noch, dass der Bescheid über die nachträgliche Gewährung von Urlaub aufgehoben wurde. Die noch anhängige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Aufhebungsbescheid hat keine aufschiebende Wirkung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 [X.]O).

2. Der Antrag ist auch als Fortsetzungsfeststellungsantrag unzulässig, weil es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse (§ 19 Abs. 1 Satz 3 [X.]O) fehlt.

a) Hat sich eine truppendienstliche Maßnahme, die keinen Befehl im Sinne von § 2 [X.] [X.] darstellt, oder die Ablehnung einer solchen Maßnahme vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt, so entscheidet das Wehrdienstgericht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 [X.]O (hier [X.]. § 21 Abs. 2 Satz 1 [X.]O), ob die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. § 19 Abs. 1 Satz 3 [X.]O in der seit 1. Februar 2009 geltenden Fassung verlangt zwar nicht mehr die Stellung eines förmlichen Feststellungsantrages; der Antragsteller muss aber das Feststellungsinteresse substantiiert geltend machen (stRspr, z.B. [X.], Beschluss vom 25. März 2010 - 1 [X.] 42.09 - [X.] 450.1 § 19 [X.]O Nr. 3 m.w.N.). Das erforderliche Feststellungsinteresse kann sich nach der Rechtsprechung des Senats aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint; ein Feststellungsinteresse kommt auch in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (vgl. z.B. [X.], Beschluss vom 26. Juli 2011 - 1 [X.] 13.11 - [X.] Rn. 19). Wird das Feststellungsinteresse auf die Absicht, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, gestützt, so gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats einschränkend, dass die Erledigung erst nach Rechtshängigkeit des Antrages auf gerichtliche Entscheidung eingetreten sein darf (vgl. [X.], Beschlüsse vom 26. Juli 2011 - 1 [X.] 13.11 - [X.] Rn. 21 und vom 27. Mai 2014 - 1 [X.] 54.13 - juris Rn. 19, jeweils m.w.N.).

b) Hiernach kann dahinstehen, ob die Antragstellerin einen Schadensersatzanspruch haben könnte. Denn jedenfalls ist die Erledigung eingetreten, bevor der Antrag rechtshängig wurde.

Ein [X.] besteht nicht. Die Ablehnung des Antrages auf Gewährung von [X.] unter Überschreitung der Höchstgrenze ist weder im Ausgangsbescheid noch in einem der Beschwerdebescheide mit diskriminierenden oder ehrverletzenden Ausführungen begründet worden. Aus der bestandskräftigen Verhängung einer [X.] folgt ein Rehabilitierungsinteresse nicht. Denn die Feststellung, dass die Antragstellerin ihre Dienstpflichten verletzt hat, ist von der Frage, ob sie an den fraglichen Tagen einen Anspruch auf Bewilligung von [X.] gehabt hätte, unabhängig. Die Disziplinarmaßnahme ist - wie die Verfügung auch eindeutig ausweist - verhängt worden, weil die Antragstellerin an den fraglichen Tagen "ohne Erlaubnis, was sie auch wusste, zumindest aber hätte wissen können und müssen, bzw. ohne vorher Rücksprache mit einem für die Genehmigung von Abwesenheitstagen zuständigen Vorgesetzten zu halten" dem Dienst ferngeblieben ist. Hiermit ist - rechtlich auch zutreffend - festgestellt, dass die Pflichtverletzung gerade in der Eigenmächtigkeit der Antragstellerin besteht, die sich über das Fehlen einer vorherigen Genehmigung für das Fernbleiben vom Dienst durch einen zuständigen Vorgesetzten, hinweggesetzt hat. An dieser disziplinarwürdigen Eigenmächtigkeit ändert eine Feststellung über das Bestehen eines Freistellungsanspruches nichts.

Meta

1 WB 5/18

28.02.2019

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 17 Abs 1 S 1 WBO, § 19 Abs 1 S 3 WBO, § 21 Abs 2 S 1 WBO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.02.2019, Az. 1 WB 5/18 (REWIS RS 2019, 9760)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9760

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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