Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.04.2011, Az. 2 WDB 2/11

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2011, 7276

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Gegenstand

Beschwerde gegen Maßnahmen des Disziplinarvorgesetzten; Zuständigkeit für weitere Beschwerde; Zuständigkeit des Truppendienstgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts


Leitsatz

1. Nimmt der Bundesminister der Verteidigung oder einer der in § 22 WBO genannten Disziplinarvorgesetzten zu Unrecht seine Zuständigkeit zur Entscheidung über eine (weitere) Beschwerde gegen eine Maßnahme des nächsten Disziplinarvorgesetzten an, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Aufhebung dieser Beschwerdeentscheidung zuständig.

2. Im Übrigen ist das Verfahren an das zuständige Truppendienstgericht zu verweisen.

3. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ergeht ohne ehrenamtliche Richter.

Gründe

I.

1

Gegen den Soldaten wurden wegen des Verdachts eines Dienstvergehens disziplinare Ermittlungen geführt. Mit Verfügung vom 11. März 2010 stellte der Chef des [X.] fest, dass der Soldat ein Dienstvergehen begangen habe. Wegen Überschreitens der Frist des § 17 Abs. 2 [X.] zur Verhängung einer einfachen Disziplinarmaßnahme wurde das weitere Verfahren eingestellt.

2

Die Beschwerde des Soldaten gegen die Feststellung eines Dienstvergehens wies der Amtschef ...amt mit [X.] vom 27. Juli 2010 zurück. Dagegen legte der Soldat entsprechend der ihm erteilten Rechtsbehelfsbelehrung mit Schreiben seines Verteidigers vom 10. August 2010 weitere Beschwerde ein, die der Amtschef ...amt mit Verfügung vom 4. Oktober 2010 dem Inspekteur der [X.] zur Entscheidung vorlegte. Die weitere Beschwerde wurde vom Inspekteur der [X.] mit [X.] vom 19. Januar 2011 als unbegründet zurückgewiesen. In der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung heißt es, gegen den Bescheid könne die Entscheidung des [X.] beantragt werden.

3

Mit dem vorliegenden Antrag auf Entscheidung des [X.] vom 21. Februar 2011 wendet sich der Soldat weiterhin gegen die Verfügung des Chefs des [X.] sowie die beiden [X.]e. Zur Begründung macht er geltend, die Verfügung vom 11. März 2010 sei aus formellen und materiellen Gründen rechtswidrig.

II.

4

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist hinsichtlich des Bescheides des [X.] der [X.] zulässig und begründet (1). Im Übrigen ist das [X.] für die Entscheidung nicht zuständig (2). Das Verfahren war daher an das zuständige [X.] Nord zu verweisen (3).

5

Die Entscheidung des Senats ergeht in der Besetzung ohne [X.]. Auf das Beschwerdeverfahren finden nach § 42 Satz 1 [X.] die Vorschriften der Wehrbeschwerdeordnung Anwendung. Zwar werden abschließende Sachentscheidungen im [X.] in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern getroffen (vgl. Beschlüsse vom 31. Juli 2008 - BVerwG 2 [X.] 1.08 - [X.] 449 § 13 SG Nr. 10 Rn. 15 = [X.], 261 und vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 [X.] 3.10 ; [X.], [X.], 5. Aufl. 2009, § 18 Rn. 7 und Einführung Rn. 102). § 80 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 [X.] gilt, wie das Wort "Hauptverhandlung" zeigt, nur für das gerichtliche Disziplinarverfahren und nicht für Wehrbeschwerdesachen und damit wegen der Regelung des § 42 Satz 1 [X.] auch nicht für Beschwerdeverfahren nach § 42 [X.]. Etwas anderes gilt aber bei nicht die Sache selbst betreffenden und nicht verfahrensbeendenden Entscheidungen (vgl. Beschluss vom 17. Januar 2006 - BVerwG 1 [X.] 3.05 - juris Rn. 32 ff. ) zu denen nach der ständigen Rechtsprechung des [X.], der der beschließende Senat folgt, auch Verweisungen an das zuständige Gericht gehören (vgl. Beschlüsse vom 17. Januar 2006 a.a.[X.], vom 17. März 2009 - BVerwG1 [X.] 77.08 - [X.] 449 § 82 SG Nr. 4 Rn. 26 und vom 9. März 2010 - BVerwG 1 [X.] 9.09 - Rn. 13 ). Soweit hier neben der Verweisung des Verfahrens an das zuständige [X.] auch die Aufhebung des von einer unzuständigen Stelle erlassenen Bescheides über die weitere Beschwerde auszusprechen ist, liegt auch darin keine abschließende Sachentscheidung (nämlich über die Rechtmäßigkeit der Feststellung eines Dienstvergehens), sondern nur die Beseitigung eines Bescheides, der formal der Sachentscheidung durch das allein zuständige [X.] entgegenstehen würde.

6

1. Nach § 42 [X.] sind auf Beschwerden der Soldaten gegen Disziplinarmaßnahmen sowie gegen sonstige Maßnahmen und Entscheidungen der [X.] nach näherer Maßgabe der [X.]. 1 bis 12 des § 42 [X.] anzuwenden. Zu den sonstigen Maßnahmen und Entscheidungen des [X.] im Sinne des § 42 [X.] gehört auch die Feststellung eines Dienstvergehens bei Absehen von einer Disziplinarmaßnahme nach § 36 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.], [X.], 5. Auflage 2009, § 42 Rn. 7). Nach § 42 Nr. 4 [X.] entscheidet über die weitere Beschwerde in Abweichung von § 16 Abs. 3 [X.] nicht der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte (hier: der Inspekteur der [X.] als Disziplinarvorgesetzter des [X.]), sondern das [X.]. War demnach der Inspekteur der [X.] für die Entscheidung über die weitere Beschwerde des Soldaten nicht zuständig, ist der dennoch ergangene [X.] aufzuheben. Dafür ist das [X.] zuständig, weil nach § 42 Nr. 4 Satz 3 [X.] die Zuständigkeit des [X.] gegeben ist, wenn der [X.] oder einer der in § 22 [X.] genannten [X.] über die Beschwerde entschieden hat. Zu den in § 22 [X.] genannten [X.] gehört auch der Inspekteur der [X.]. Diese Zuständigkeit ist auch dann gegeben, wenn der [X.] oder einer der in § 22 [X.] genannten [X.] seine Zuständigkeit zur Entscheidung über die (weitere) Beschwerde zu Unrecht angenommen hat. Zur Aufhebung eines solchen zu Unrecht ergangenen [X.]es sind nach dem Willen des Gesetzgebers nicht die [X.]e berufen, sondern das [X.].

7

2. Im Übrigen ist eine Zuständigkeit des [X.] nach § 42 Nr. 4 Satz 3 [X.] nicht gegeben. Die weitere Beschwerde des Soldaten, zu deren Entscheidung - wie dargelegt - die [X.] berufen sind, richtet sich gegen einen [X.] des [X.] und damit weder gegen einen Bescheid des [X.] noch den eines der in § 22 [X.] genannten [X.]. Es verbleibt daher bei der Zuständigkeit des [X.]s nach § 42 Nr. 4 Satz 1 [X.].

8

3. Zuständig ist das [X.], das für den [X.] errichtet ist, zu dem der Vorgesetzte, der die angefochtene Maßnahme oder Entscheidung getroffen hat, zum Zeitpunkt des Beschwerdeanlasses gehört (§ 42 Nr. 4 Satz 2 [X.]). Da das ...amt seinen Sitz in [X.] und damit im Bundesland [X.] hat, ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Errichtung von [X.]en (Errichtungsverordnung - [X.]) vom 16. Mai 2006 ([X.]) das [X.] Nord zuständig. Das Verfahren war daher gemäß § 42 [X.] in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 3 Satz 1 [X.] an dieses Gericht zu verweisen, nachdem die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten und übereinstimmend die Verweisung beantragt haben.

Meta

2 WDB 2/11

26.04.2011

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WDB

§ 42 Nr 4 WDO 2002, § 22 WBO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.04.2011, Az. 2 WDB 2/11 (REWIS RS 2011, 7276)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7276

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