Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2012, Az. 4 StR 345/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2012, 2808

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 345/12

vom
26.
September
2012
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
zu Ziff. 1.
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht

geringer Menge u.a.

zu Ziff. 2.
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 26.
September 2012 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten D.

wird das Urteil des
[X.] vom 3.
Mai 2012, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
2.
Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückver-wiesen.
3.
Die Revision des Angeklagten B.

gegen das vorbe-
zeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte B.

hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten B.

wegen unerlaubten Han-
deltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, den Angeklagten D.

wegen Handeltreibens mit Betäu-
bungsmitteln in 17
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verur-1
-
3
-
teilt. Ferner hat es bezüglich des Angeklagten B.

den Verfall von Werter-
satz in Höhe eines Betrages von 41.450

.

in Höhe eines Betrages von 2.010

n-den sich die Angeklagten jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Während die Revision des
Angeklagten B.

keinen Erfolg hat,
führt das Rechtsmittel des Angeklagten D.

zur Aufhebung des Urteils und
zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
I.
Die Revision des Angeklagten B.

ist unbegründet. Die Nachprü-
fung des
Urteils auf Grund der [X.] hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil
ergeben

349 Abs.
2 StPO).
II.
Hingegen hat das Rechtsmittel des Angeklagten D.

Erfolg. Die An-
nahme des [X.]s von 17
Bewertungseinheiten mittäterschaftlich
began-genen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Sinne von §
29 Abs.
1, 3 Nr.
1 BtMG hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1.
Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist eine ein-heitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens anzunehmen, wenn ein und der-selbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist ([X.], [X.] vom 7.
Januar 1981

2
StR
618/80, [X.]St 30, 28, 31; Senatsurteil vom 23.
März 1995

4
StR
746/94, [X.]R BtMG §
29 Bewertungseinheit
4; [X.],
Beschluss vom 5.
März 2002

3
StR
491/01, [X.], 1810). Alle Be-2
3
4
-
4
-
tätigungen, die sich auf den Vertrieb desselben, in einem Akt erworbenen
Betäubungsmittels richten, sind als eine Tat des unerlaubten Handeltreibens anzusehen, weil der Erwerb und der Besitz von Betäubungsmitteln, die zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung bereitgehalten werden, bereits den Tatbestand des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen ([X.], jeweils aaO).
2.
Gemessen daran hat die [X.] zwar, im Ansatz zutreffend, die Bildung von Bewertungseinheiten für die vom Angeklagten durchgeführten
Einzelverkäufe in Betracht gezogen, soweit die gehandelten Betäubungsmittel einer einheitlichen, größeren Erwerbsmenge entstammten; die Bildung von 17
Bewertungseinheiten beruht indes auf widersprüchlichen und damit rechts-fehlerhaften Erwägungen.
a)
Das [X.] hat seine Feststellungen zu den von dem Angeklag-ten D.

durchgeführten Einzelverkäufen auf dessen "vollumfängliche ge-
ständige Einlassung" gestützt. Danach erhielt der Angeklagte von dem [X.] B.

jeweils eine Gesamtmenge von bis zu 50
Bubbles in Größen
von 0,1 bis 0,3
Gramm Kokain zum gewinnbringenden Weiterverkauf und wur-de für diese Tätigkeit von B.

mit 50 bis 60

lohnt. Eine neue,
ähnlich große Teilmenge Kokain erhielt der Angeklagte erst, wenn er die zuvor in Empfang genommene Menge verkauft hatte. Im Regelfall suchte D.

den
B.

zu diesem Zweck täglich auf, die einer Teilmenge zugehörigen
Bubbles reichten indes in einigen Fällen auch mehrere Tage aus, weshalb der Angeklagte in seiner Wohnung ein Lager mit einem kleinen Kokainvorrat [X.]. Dementsprechend trafen sich die beiden Angeklagten zwar in der Regel täglich, mitunter aber auch erst nach zwei bis drei Tagen, um die Verkäufe ab-zurechnen. Bei der rechtlichen Würdigung ist die [X.] hingegen für den 5
6
-
5
-
Tatzeitraum vom 11. bis zum 27.
September 2011 von insgesamt 17, jeweils an einem Tag verkauften Teilmengen ausgegangen. Der Angeklagte D.

sei
nach seiner eigenen geständigen Einlassung jeweils an vielen Tagen "vollstän-dig ausverkauft" gewesen. Die Bildung mehrere Tage umfassender [X.] sei nicht in Betracht gekommen, da keine Feststellungen zu den Zeitpunkten und dem Umfang der [X.] mit kleinen Mengen über einen längeren Zeitraum hinaus hätten getroffen werden können, die eine sichere Grundlage für die Bildung von anderen [X.] hätten ergeben können
(UA 52).
b)
Mit dieser Begründung
durfte das [X.] die Bildung von [X.], welche
die Verkäufe des Angeklagten an mehr als einem Tag umfassten, nicht ablehnen. Zwar gebietet es der [X.] nicht, von einer Tat im Sinne einer Bewertungseinheit auszugehen, wenn lediglich eine nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, dass mehrere veräußerte [X.] aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren; auch eine [X.] Zusammenfassung kommt nicht in Betracht (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 5.
März 2002 aaO). Vor dem Hintergrund der ausdrücklich als glaubhaft bewerteten geständigen Einlassung des Angeklagten D.

, die das
[X.] seinen Feststellungen in vollem Umfang zugrunde gelegt hat, [X.] im vorliegenden Fall jedoch konkrete Anhaltspunkte, die Anlass boten, der Frage nachzugehen, ob in einigen der festgestellten Fälle das vom Ange-klagten an mehreren Tagen gewinnbringend weiterveräußerte Kokain aus einer vom Mitangeklagten B.

angelieferten Gesamtmenge stammte. Lassen
sich, wie die Urteilsgründe im vorliegenden Fall nahe legen, insoweit genauere Feststellungen mit angemessenem Aufklärungsaufwand nicht treffen, hat der Tatrichter nach der Rechtsprechung des [X.] eine an den [X.] orientierte Schätzung vorzunehmen. Die von der [X.]
-
6
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sprechung insoweit für die vergleichbare Konstellation von [X.] müssen auch bei der hier gegebenen Situation Anwen-dung finden, bei der der [X.] durch die Zahl und die jeweilige Menge der Einzelverkäufe innerhalb eines bestimmten Zeitraums feststeht, [X.] konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Einzelverkäufe jeweils größeren Einkaufsmengen entstammen und deshalb aus Rechtsgründen zu Bewertungseinheiten zusammengefasst werden müssen, die genaue [X.] bestimmter Verkäufe zu bestimmten Erwerbsmengen jedoch Schwierig-keiten bereitet (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 5.
März 2002 aaO mwN). Die vom [X.] in diesem Zusammenhang in Bezug genommene Entschei-dung des [X.] (Urteil vom 24.
März 1999

3
StR
636/98, [X.], 218) besagt nichts anderes: Im damaligen Fall war der Tatrichter
je-doch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Angeklagte jeweils täglich nur die Mengen verkaufte, die er auf Grund
einer vorherigen Absprache mit sei-nem Mittäter von diesem als Gesamtmenge zum Zwecke des Weiterverkaufs an diesem Tag erhalten hatte. So liegt der Fall jedoch hier, wie ausgeführt, [X.] nicht.
3.
Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei Annahme einer geringeren Zahl von Bewertungseinhei-ten eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt worden wäre.
III.
Der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatrichter wird nicht nur die erforderliche Schätzung vor dem Hintergrund der geständigen
8
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7
-
Angaben des Angeklagten vornehmen, sondern
auch über die Frage der [X.] neu befinden müssen.
Mutzbauer
Cierniak
Franke

Quentin
Reiter

Meta

4 StR 345/12

26.09.2012

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2012, Az. 4 StR 345/12 (REWIS RS 2012, 2808)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2808

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 345/12

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