Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.08.2013, Az. 7 B 9/13

7. Senat | REWIS RS 2013, 3610

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Gegenstand

Bundesbodenschutzgesetz; Zustandsverantwortlichkeit; Untätigkeit der Behörde


Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die bodenschutzrechtliche Anordnung des [X.]eklagten vom 27. Dezember 2005, mit der ihm Maßnahmen zur [X.]odenerkundung, u.a. [X.] und die Einrichtung von Grundwassermessstellen, auf dem in seinem Eigentum stehenden Grundstück aufgegeben wurden. Dieses stand mit kurzfristiger Unterbrechung bis 1985 im Eigentum der Eheleute [X.], die es an die Mutter des [X.] veräußerten, der im Jahre 2002 das Grundstück erwarb. Von 1948 bis 1981 betrieb Herr Albert [X.] dort eine Färberei und eine chemische Reinigung, die bis zur Einstellung des [X.]etriebs im Jahre 1983 von [X.] fortgeführt wurde. Anlässlich eines Neuanschlusses des Grundstückes an die öffentliche Entwässerungseinrichtung wurden auf dem Grundstück im Jahre 1983 in einer Abwassergrube hohe Konzentrationen von chlorierten Kohlenwasserstoffen festgestellt und kontaminiertes Erdreich teilweise beseitigt; im Rahmen flächendeckender historischer Ermittlungen mit Ortsbegehungen in den Jahren 1998/2000 ist der [X.]eklagte auf die [X.]elastungen erneut aufmerksam geworden. Die früheren [X.]etreiber der Färberei und der chemischen Reinigung sind zwischenzeitlich verstorben.

2

Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren hob das Verwaltungsgericht die Anordnung auf, weil der [X.]eklagte ermessensfehlerhaft nicht erwogen habe, dass neben dem [X.] auch Gesamtrechtsnachfolger der ursprünglichen Verursacher des Schadens zu Erkundungsmaßnahmen hätten herangezogen werden können. Unter Abänderung dieses Urteils hat der Verwaltungsgerichtshof die Klage abgewiesen. Die bodenschutzrechtliche Inanspruchnahme eines wirtschaftlich leistungsfähigen [X.]s entspreche dem Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr und sei jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unklar sei, ob auch Erben des Gesamtrechtsnachfolgers des Handlungsstörers in Anspruch genommen werden können; die Zulässigkeit einer Heranziehung [X.] sei zweifelhaft. [X.]ehördliche Überwachungsdefizite begründeten keine eigene Störerhaftung der [X.]ehörde.

3

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die [X.]eschwerde des [X.].

II.

4

Die [X.]eschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

5

1. Die Revision ist nicht wegen einer grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

6

a) [X.]ezogen auf die Frage,

ob fehlerhaftes behördliches Unterlassen mit der Folge einer Ausweitung der Kontamination bzw. des Schadens im Altlastenrecht eine eigene Störerhaftung der [X.]ehörde begründen kann und ob diese geeignet ist, die Haftung des Handlungsstörers (richtig: [X.]s) zu überlagern bzw. auszuschließen,

hat die [X.]eschwerde es schon versäumt, einen bundesrechtlich relevanten Klärungsbedarf hinreichend deutlich darzulegen. Sie wirft die Frage auf unter Hinweis auf eine langjährige behördliche Untätigkeit in der [X.] nach den 1984 getroffenen Anordnungen bis hin zu den im Jahre 2000 aufgenommenen Ermittlungen, die zu der angefochtenen, auf § 9 [X.] ([X.]) gestützten Ordnungsverfügung geführt haben. Das [X.] ist erst am 1. März 1999 und damit gegen Ende dieser [X.]spanne in [X.] getreten. Angesichts dessen hätte es näherer Erläuterung bedurft, aus welchen dem [X.]undesrecht zugehörigen Vorschriften sich die vom [X.]erufungsgericht in Abrede gestellte behördliche Garantenstellung ergeben soll, die Grundlage einer an ein Unterlassen anknüpfenden Verhaltensverantwortlichkeit sein könnte.

7

Unabhängig davon lässt sich eine behördliche Garantenstellung nach den [X.]estimmungen des [X.]es anhand der üblichen Auslegungsmethoden ohne Weiteres verneinen, so dass es insoweit zur Klärung nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Die Regelungen dieses Gesetzes über die behördlichen Aufgaben und [X.]efugnisse zur Gefahrenerforschung und -abwehr begründen weder nach ihrem Wortlaut oder noch nach ihrem Sinn und Zweck eine solche Rechtsstellung. Ziel der Regelungen ist eine möglichst effektive Abwehr der von Altlasten und schädlichen [X.]odenveränderungen ausgehenden Gefahren. Als Mittel zur Zielerreichung sieht das Gesetz die Inanspruchnahme von Verhaltens- oder [X.]n vor. Diese Handlungsmöglichkeit bleibt im Interesse effektiver Zielverfolgung von etwaigen behördlichen Versäumnissen in der Vergangenheit unberührt. Mit diesem gesetzlichen Regelungskonzept, nach dem der [X.]ehörde - abgesehen von der Aufgabe nach § 9 Abs. 1 [X.] - allein die Heranziehung der Verantwortlichen zur Erfüllung ihrer [X.], nicht hingegen eigene Maßnahmen zur Gefahrenerforschung und -abwehr obliegen, vertrüge es sich nicht, sie selbst aufgrund von Versäumnissen, die ihr dabei unterlaufen sind, als ordnungspflichtig anzusehen.

8

b) Die weiteren Fragen,

ob eine [X.]ehörde, die infolge langjähriger Untätigkeit es versäumt hat, eine ihr bekannte erhebliche [X.]odenkontamination hinreichend zu überprüfen und Gefahrenabwehr- und Sanierungsmaßnahmen zu veranlassen, die weiter versäumt hat, die Verursacher der Kontamination und deren Erben zu Lebzeiten in die Haftung zu nehmen, einen in Unkenntnis der Altlasten ein Grundstück erwerbenden Eigentümer auf Altlastensanierung in Anspruch nehmen kann und ob die Inanspruchnahme des Eigentümers in derartigen Fällen verfassungsgemäß unzumutbar ist, und

ob die Inanspruchnahme eines ohne Kenntnis von Altlasten ein Grundstück erwerbenden Grundstückseigentümers treuwidrig, rechtsmissbräuchlich oder unverhältnismäßig ist, wenn die [X.]ehörde selbst durch langjährige Untätigkeit die Ursache dafür gesetzt hat, dass im [X.]oden vorhandene Altlasten in den [X.] vordringen konnten und es im Übrigen versäumt, zum [X.]punkt des [X.]ekanntwerdens der Kontamination ihr bekannte und greifbare Verursacher und deren Erben in Anspruch zu nehmen und ob die [X.]ehörde die [X.]efugnis, in solchen Fällen gegenüber einem aktuellen Grundstückseigentümer als [X.] nach den bodenschutzrechtlichen Vorschriften einzuschreiten, verwirkt hat bzw. die Inanspruchnahme des [X.]s in solchen Fällen treuwidrig, rechtsmissbräuchlich oder unverhältnismäßig ist,

rechtfertigen ebenso wenig die Zulassung der Revision. Sie sind in der Rechtsprechung geklärt.

9

Die sicherheitsrechtlichen Vorschriften über die [X.] des Eigentümers, im [X.]odenschutzrecht geregelt in den [X.]estimmungen zur vorsorgenden [X.] in § 4 Abs. 2 [X.] sowie zur Sanierungsverantwortlichkeit bei eingetretenen schädlichen [X.]odenveränderungen in § 4 Abs. 3 Satz 1 [X.], sind eine zulässige Regelung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Ziel der Vorschriften ist es, unbeschadet der Haftung des Verursachers eine effektive Gefahrenabwehr auch durch den Eigentümer als Herrn der Sache sicherzustellen. Der Eigentümer hat regelmäßig die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, auf die Sache und damit auch auf die Gefahrenquelle einzuwirken. Die [X.] findet in der durch die Sachherrschaft vermittelten Einwirkungsmöglichkeit auf die Gefahren ihren legitimierenden Grund. Der Eigentümer kann überdies aus der Sache Nutzen ziehen. Auch dies rechtfertigt es, ihn zur [X.]eseitigung von Gefahren, die von der Sache für die Allgemeinheit ausgehen, zu verpflichten ([X.], [X.]eschluss vom 16. Februar 2000 - 1 [X.]vR 242/91, 315/99 - [X.]E 102, 1 <17 f.>). Angesichts dieser Zielrichtung der [X.]haftung ist es ohne [X.]edeutung, ob der Eigentümer bei Erwerb des Grundstücks in [X.]ezug auf das Vorhandensein einer schädlichen [X.]odenveränderung gut- oder bösgläubig war und von welcher Person oder aufgrund welcher Umstände die schädliche [X.]odenveränderung herbeigeführt wurde; er hat vielmehr lagebedingte Nachteile seines Grundstücks zu tragen, wie sie sich im [X.]punkt des Eigentumserwerbs aufgrund der jeweiligen Gegebenheiten tatsächlich darstellen (stRspr; vgl. [X.]eschluss vom 31. Juli 1998 - [X.]VerwG 1 [X.] 229.97 - [X.] 402.41 [X.] S. 16 m.w.N. = juris Rn. 4). Mit Rücksicht auf das gesetzlich verfolgte Ziel effektiver Gefahrenabwehr kann von einer Unzumutbarkeit oder Rechtsmissbräuchlichkeit der Inanspruchnahme als [X.] auch dann nicht ausgegangen werden, wenn sich die [X.]ehörde über einen längeren [X.]raum über das Ausmaß einer schädlichen [X.]odenveränderung im Unklaren gewesen und daher nicht eingeschritten ist.

Dass ordnungsrechtliche [X.]efugnisse zur Gefahrenabwehr nicht verwirkt werden können, entspricht der Rechtsprechung des beschließenden Senats ([X.]eschluss vom 28. Februar 2008 - [X.]VerwG 7 [X.] 12.08 - [X.] 451.222 § 4 [X.] Nr. 6 Rn. 7; vgl. auch [X.], Urteil vom 1. April 2008 - 10 S 1388/06 - NVwZ-RR 2008, 696 <699> m.w.N.). Die Unverhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme eines Zustands- oder Verhaltensverantwortlichen bemisst sich im Übrigen nicht nach starren zeitlichen Grenzen. In seinem Urteil vom 16. März 2006 - [X.]VerwG 7 [X.] 3.05 - [X.]VerwGE 125, 325 Rn. 32 = [X.] 451.222 § 4 [X.] Nr. 5 Rn. 32) hat der beschließende Senat die Rechtmäßigkeit der Konkretisierung einer Handlungsverantwortlichkeit im Jahre 1999 "ohne Weiteres" für den Fall bejaht, dass die [X.]ehörden erst Ende der 1980er Jahre die [X.]edeutung einer bereits in den 1960er Jahren bekannt gewordenen Grundwasserverunreinigung erkannt hatten. Nichts anderes gilt für den vorliegenden Fall der Konkretisierung der [X.] nach Ablauf von mehr als 20 Jahren seit der erstmaligen behördlichen Kenntnisnahme von einer schädlichen [X.]odenveränderung im Jahre 1983, deren Ausmaß ursprünglich unterschätzt und erst im Rahmen der 1998 einsetzenden flächendeckenden historischen Erhebungen altlastverdächtiger Flächen erkannt worden ist. Nicht nur ist es für die Erfüllung der Voraussetzungen der [X.] unerheblich, auf welche Umstände der Gefahrenzustand zurückzuführen ist, auch der zeitliche Rahmen, in dem es zu einer Konkretisierung der [X.] kommt, ist bei Fehlen besonderer Umstände ohne [X.]edeutung, da der Eigentümer ausschließlich aufgrund seiner Rechtsstellung pflichtig gemacht wird. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ist allein das Ausmaß dessen, was dem Eigentümer zur Gefahrenabwehr abverlangt wird, zu beschränken, und zwar im Grundsatz auf den Verkehrswert des betroffenen Grundstücks nach Durchführung der Sanierung ([X.] a.a.[X.]); hierauf hat der Verwaltungsgerichtshof bereits hingewiesen.

c) Soweit die [X.]eschwerde Fragen zur Nachrangigkeit der Haftung des [X.]s, zur Haftung eines sukzessiven Gesamtrechtsnachfolgers und zur Verjährung ordnungsrechtlicher Ansprüche aufwirft und als rechtsgrundsätzlich bezeichnet, erweist sie sich insoweit bereits als unzulässig, da sie den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht genügt. Insbesondere fehlt jeweils die [X.]ezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird (vgl. [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91 f.> = [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f., vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 23. Januar 2001 - [X.]VerwG 6 [X.] 35.00 - juris Rn. 3).

2. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf Verfahrensmängel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

a) Weil der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung die Mitverursachung der [X.]ehörde für die Grundwasserkontamination übergangen habe, sieht sich der Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt; er erhebt in diesem Zusammenhang weiter die Rüge mangelnder Sachverhaltsaufklärung und wendet das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung, einen Verstoß gegen die Denkgesetze, eine Verletzung des Grundsatzes der freien [X.]eweiswürdigung und einen Fall der Aktenwidrigkeit ein.

Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) scheidet aus. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in den Gründen seiner Entscheidung ([X.]) zur Frage einer Verantwortlichkeit der [X.]ehörde durch Unterlassen geäußert. Auch aus Rechtsgründen hat er aber einer vorzeitigen Kenntnis der [X.]ehörde über die schädliche [X.]odenveränderung keine [X.]edeutung beigemessen, weil es allein deswegen und aufgrund ihrer gesetzlichen Zuständigkeit zu keiner eine polizeirechtliche Störerhaftung der [X.]ehörde begründenden Garantenstellung kommen kann. Das diesbezügliche Vorbringen des [X.] zur möglichen Ausweitung des Kontaminationsschadens und zum Übergriff auf das Schutzgut Wasser infolge Nichteinschreitens der [X.]ehörde war für den Verwaltungsgerichtshof daher ersichtlich nicht entscheidungserheblich. Die im Weiteren unterlassene Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen in den Entscheidungsgründen rechtfertigt deshalb nicht die Annahme einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. [X.]eschluss vom 26. Mai 1999 - [X.]VerwG 6 [X.] - NVwZ-RR 1999, 745, juris Rn. 9 m.w.N.).

Entsprechendes gilt für die erhobene Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO). Da sich Maß und Ziel der gerichtlichen Sachaufklärung nach der materiellrechtlichen Ansicht des Gerichts bestimmen, musste der Verwaltungsgerichtshof dem von der [X.]eschwerde für klärungsbedürftig gehaltenen Umstand einer Ausweitung des Kontaminationsschadens nach 1983 nicht weiter nachgehen.

Von einer Überraschungsentscheidung kann nicht ausgegangen werden. Eine solche ist nur dann gegeben, wenn ein Gericht einen bis dahin nicht erörterten oder sonst hervorgetretenen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne [X.]eteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (Urteil vom 20. Oktober 1987 - [X.]VerwG 9 [X.] 147.86 - juris Rn. 23 m.w.N. § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 nicht abgedruckt>). Die Frage nach dem Ausgangspunkt, dem Umfang und der Entwicklung der [X.]odenverunreinigungen war von Anfang an Gegenstand gegensätzlichen Vorbringens. [X.]ereits der Widerspruchsbescheid (S. 9) setzt sich mit dem Vorhalt auseinander, dass durch pflichtwidrige Untätigkeit der [X.]ehörde dem Kläger ein Schaden entstanden sei. Im [X.]erufungsverfahren haben die [X.]eteiligten diese Frage weiterhin kontrovers diskutiert. Allein der Umstand, dass das [X.]erufungsgericht insoweit zu anderen Ergebnissen gekommen ist, als der Kläger sie für richtig hält, begründet den Vorwurf einer Überraschungsentscheidung nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit der Annahme, dass sich die schädliche [X.]odenveränderung ab 1983/1984 nicht mehr wesentlich vergrößert habe, auch nicht gegen Denkgesetze verstoßen. Ein solcher Verstoß liegt nicht schon dann vor, wenn das [X.] - nach Meinung der [X.]eschwerde - im Rahmen der Tatsachenwürdigung unrichtige oder fernliegende Schlüsse gezogen hat; es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (Urteil vom 20. Oktober 1987 a.a.[X.] juris Rn. 16; [X.]eschluss vom 3. Januar 2012 - [X.]VerwG 2 [X.] 72.11 - juris Rn. 8). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden.

Die Rüge, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, betrifft den Grundsatz der freien [X.]eweiswürdigung und das Gebot der sachgerechten Ausschöpfung des vorhandenen [X.] (§ 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie bedingt die schlüssig vorgetragene [X.]ehauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben ([X.]eschluss vom 19. November 1997 - [X.]VerwG 4 [X.] 182.97 - [X.] 406.11 § 153 [X.]auG[X.] Nr. 1 S. 2 f. = juris Rn. 6). Nach der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts muss dieser Widerspruch offensichtlich sein, so dass es einer weiteren [X.]eweiserhebung zur Klärung des Sachverhalts nicht bedarf; der Widerspruch muss "zweifelsfrei" sein (vgl. Urteil vom 2. Februar 1984 - [X.]VerwG 6 [X.] 134.81 - [X.]VerwGE 68, 338 <340> = [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 145 S. 36 f.; [X.]eschluss vom 28. März 2013 - [X.]VerwG 4 [X.] 15.12 - juris Rn. 22). Diese Voraussetzungen sind durch die [X.]eschwerde nicht dargetan. Hinzu kommt, dass das diesbezügliche Vorbringen des [X.] weiteren Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht entspricht. Denn wird gerügt, das Gericht habe bei seiner Überzeugungsbildung gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen, müssen die Aktenteile, aus denen der Verstoß abgeleitet wird, genau bezeichnet werden ([X.]eschluss vom 12. Februar 2001 - [X.]VerwG 9 [X.] 3.01 - juris Rn. 7). Auch hieran fehlt es.

b) Der weitere Vorhalt, der Verwaltungsgerichtshof habe den Aspekt der Amtshaftung im Rahmen der Urteilsbegründung nicht aufgegriffen, begründet ebenso keinen Verfahrensmangel.

In [X.]ezug auf die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör folgt dies bereits daraus, dass das [X.] nicht jedes - aus seiner rechtlichen Sicht auch nebensächliches - Vorbringen ausdrücklich in seiner Entscheidungsbegründung abhandeln muss (Urteil vom 20. Oktober 1987 a.a.[X.] Rn. 19). Abgesehen davon, dass der Verwaltungsgerichtshof das Vorbringen des [X.] zur Amtspflichtverletzung in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegeben hat und schon deshalb die Annahme fern liegt, er habe das diesbezügliche Vorbringen übergangen, ist er in den Entscheidungsgründen auch auf die Überwachungspflichten der [X.]ehörde ([X.] f.) eingegangen, hat diese aber als dem Schutz der Allgemeinheit vor Schäden, nicht hingegen dem Schutz der zu überwachenden Personen vor einer Inanspruchnahme als [X.] und der daraus folgenden [X.]elastung mit Kosten für [X.]eseitigungsmaßnahmen dienend erachtet ([X.]). Damit hat er implizit eine Amtspflicht zugunsten des [X.] als Grundlage der Amtshaftung verneint. Inwiefern dem Gericht in diesem Zusammenhang ein Verstoß gegen die ihm obliegende Ermittlungspflicht zu Last fallen sollte, erschließt sich nicht. Auch der erneute Einwand einer Überraschungsentscheidung geht fehl; der [X.]eklagte hatte bereits in seiner [X.]erufungsbegründung (S. 7) im Zusammenhang mit der vom Kläger geltend gemachten Amtspflichtverletzung die Frage aufgeworfen und Zweifel geäußert, ob eine Amtspflicht insoweit auch gegenüber [X.] besteht. Soweit der Verwaltungsgerichtshof dem gefolgt ist, begründet dies keine Überraschungsentscheidung.

c) Ein Verfahrensfehler im Sinne eines Verstoßes gegen Denkgesetze verbindet sich auch nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Rechtmäßigkeit der Nichtinanspruchnahme des [X.] und dessen Erben. Die Erwägungen zur [X.] sind grundsätzlich dem materiellen Recht zuzurechnen. Sie liefern hier schon deshalb keinen Ansatz für die erhobene Verfahrensrüge, weil es der Rechtsprechung des beschließenden Senats entspricht, dass die Inanspruchnahme eines Verhaltensverantwortlichen die Erheblichkeit seines [X.] voraussetzt (Urteil vom 16. März 2006 - [X.]VerwG 7 [X.] 3.05 - [X.] 451.222 § 4 [X.] Nr. 5 Rn. 14, insoweit nicht abgedruckt in [X.]VerwGE 125, 325). Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Sinne eines gesetzlich angeordneten Rangverhältnisses der [X.] stets als nachrangig Haftender anzusehen ist, dessen Inanspruchnahme nur dann ermessensfehlerfrei erfolgen könnte, wenn [X.] nicht mehr vorhanden oder zur Gefahrenbeseitigung außer Stande sind ([X.] a.a.[X.] S. 19). Maßgeblich für die behördliche Auswahlentscheidung ist vielmehr allein die Effektivität der Maßnahme zur [X.]eseitigung der schädlichen [X.]odenveränderung.

3. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

Eine Divergenz liegt vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des übergeordneten Gerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist. Die [X.]eschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (stRspr; vgl. [X.]eschluss vom 11. August 1999 - [X.]VerwG 11 [X.] 61.98 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19 m.w.N.). Dieses [X.] erfüllt die [X.]eschwerde nicht, soweit sie auf das Urteil des beschließenden Senats vom 16. März 2006 (a.a.[X.]) verweist und ohne die nötige Substantiierung lediglich behauptet, dass das angegriffene Urteil hiervon abweiche.

Meta

7 B 9/13

07.08.2013

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 18. Dezember 2012, Az: 10 S 744/12, Urteil

§ 4 Abs 2 BBodSchG, § 4 Abs 3 BBodSchG, Art 14 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.08.2013, Az. 7 B 9/13 (REWIS RS 2013, 3610)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3610

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

AN 9 K 15.02552

M 2 K 14.4198

Au 3 K 16.1061

Au 3 K 16.1089

22 ZB 16.610

W 4 K 15.487

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