Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2014, Az. V ZR 30/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3943

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V [X.]
Verkündet am:

18. Juli 2014

Weschenfelder

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
a)
Abwehr-
und [X.] nach § 1004 BGB, § 19 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entstehen im Sinne von §
28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] mit der Beeinträchtigung des [X.] und dem ersatzlosen Fortfall der bisherigen öffentlich-rechtlichen Widmung.
b)
Der ersatzlose Fortfall der bisherigen Widmung des Grundstücks als Schutzbau liegt nicht schon in der Aufgabe dieser Nutzung, sondern erst in der Entscheidung, dass der Schutzbau nicht mehr wiederverwendet werden soll. Beides muss dem Grundstückseigentümer bekannt gemacht werden. Daran fehlt es vorbehaltlich anderer eindeutiger Hinweise der Behörde, wenn diese den Grundstückseigentü-mer im Zusammenhang mit der Aufgabe des [X.] auffordert.
[X.], Urteil vom 18. Juli 2014 -
V [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der V. Zivilsenat des [X.]gerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 2014 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Lemke
und die Richterinnen
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Brückner
und Weinland
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 10. Januar 2013 aufgeho-ben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Auf dem Grundstück der Klägerin befindet sich ein Felsen mit einer
ehe-maligen
[X.], die während des [X.] als Luftschutzraum genutzt wurde. Diese hat mehrere Eingänge. Einer davon befindet sich auf ei-nem anderen Grundstück und war verschlossen. Vor einem
auf dem [X.] der Klägerin befindlichen weiteren Eingang wurde in den 1960er Jahren eine Mauer errichtet, um ein Betreten der Anlage
von dort aus zu verhindern. Ende 1982 nahmen
die Parteien Verhandlungen
über
eine vertragliche Rege-lung des Übergangs
des Besitzes
an der [X.] auf die Klägerin auf. Die beklagte [X.] (fortan: Beklagte) strebte die Aufnahme 1
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einer Klausel an, in welcher die Beseitigung der akuten Gefahrenzustände durch die Beklagte festgestellt
und bestimmt werden
sollte, dass ihre
Verpflich-tung zur Beseitigung neu
auftretender Gefahrenstellen unberührt bleibe. Dazu sah sich die Klägerin außerstande. Daraufhin erklärte die Beklagte mit einem Schreiben an die Klägerin vom 26. April 1983, sie gebe
den Besitz an der [X.] auf. Ende 2006 stellte die Klägerin schwere Bauschäden an einem 1954 vor der Wand des Felsens
errichteten
Lagergebäude fest, die auf einen
[X.] oberhalb des Zugangs zu der [X.]
zurückzuführen sind. Die Klägerin verlangt von der Beklagten als Ersatz für Sicherungs-
und Abtra-gungsarbeiten Zahlung von zuletzt
215.2
für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2012.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr auf die Berufung der Klägerin unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels weitgehend entsprochen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision
möchte die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Ur-teils erreichen.
Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe
der geltend gemachte Anspruch unter
dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag in [X.] mit § 1004 Abs. 1 BGB und § 19 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu. Der [X.], der die Arbeiten der Klägerin ausgelöst habe, sei durch die unsachge-mäße Errichtung
des Luftschutzraums
verursacht worden. Der Anspruch sei 2
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nicht nach § 28 [X.] erloschen. Die in dieser Vorschrift geregelte [X.] habe nicht mit dem Verschließen der Anlage in den 1960er Jahren, [X.] erst mit der endgültigen
Besitzaufgabe durch die Beklagte begonnen. Die Klägerin habe durch den Schriftwechsel mit der Beklagten in den Jahren 1982 und 1983 ihre Ansprüche rechtzeitig angemeldet.

II.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

1. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen kann ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der aus dem [X.] entstandenen
Kosten unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht be-jaht werden.

a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass
die Beklagte der Klägerin die Kosten der Beseitigung des [X.]s
und der Sicherung der Felswand zu erstatten hätte, wenn die Beklagte zur Be-seitigung und Sicherung verpflichtet gewesen wäre, und zwar -
soweit sich die Voraussetzungen feststellen lassen -
aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§
683, 677, 670 BGB), im Übrigen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (Senat, Urteile vom 4. Februar 2005 -
V [X.], NJW 2005, 1366 f. und vom 13.
Januar 2012 -
V [X.], NJW
2012, 1080 Rn. 6).

b)
Noch zutreffend
nimmt
das Berufungsgericht weiter an, dass sich eine Verpflichtung der Beklagten zur Beseitigung des Abbruchs und zur Sicherung der Felswand gegen weitere Abbrüche nur unter dem Gesichtspunkt einer Ei-gentumsstörung
gemäß § 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Nr. 1 4
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[X.] ergeben kann. Eine Verpflichtung zur Beseitigung der Eigentumsstörung, auf welcher der [X.] beruht, würde außer der Behebung
der Ab-bruchsursache auch die Entfernung
des abgebrochenen Felsmaterials und die Sicherung der Wand gegen weitere Abbrüche umfassen
(vgl. dazu: Senat, Ur-teile vom 21. Oktober 1994
-
V ZR 12/94,
NJW 1995, 395, 396 und vom 28.
November 2003 -
V [X.], [X.], 603, 604).

c)
Die von dem Berufungsgericht gegebene Begründung trägt aber seine Annahme nicht, der Ersatzanspruch sei nicht nach § 26 [X.] erloschen, weil die Klägerin ihn
rechtzeitig vor Ablauf der Ausschlussfrist nach §
28 [X.] bei der zuständigen Anmeldestelle der Beklagten angemeldet
habe.

[X.]) Das Berufungsgericht sieht die erforderliche Anmeldung von Ansprü-chen in dem Schreiben der Klägerin vom 3. Juni 1983. Diese tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar und in diesem Rahmen nicht zu beanstanden. In diesem Schreiben erklärt die Klägerin, sie könne die für die Besitzübergabevereinbarung vorgesehene Feststellung, die Beklagte habe alle Gefahrenzustände beseitigt, nicht prüfen und vermöge auf ihre Ansprüche nicht zu verzichten. Das lässt sich ohne weiteres als Geltend-machung von Ansprüchen wegen etwaiger Gefahren verstehen, die von den
Luftschutzräumen in der [X.] ausgehen.

bb) Die Anmeldung vermochte der Klägerin ihre Rechte aber nur zu [X.], wenn sie rechtzeitig war. Gemäß
§ 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] können die in § 19 Abs. 2 [X.] bezeichneten Ansprüche, um die es hier geht, nur innerhalb einer Frist von einem Jahr nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.
Januar 1958 angemeldet werden. Ist der Anspruch später entstanden, be-ginnt die Frist
nach §
28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] erst mit diesem Zeitpunkt.
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(1)
Wann die in § 19 Abs. 2 [X.] bezeichneten (Beseitigungs-) Ansprü-che entstehen, bestimmt sich nach bürgerlichem Recht. Die Vorschrift des § 19 Abs. 2 [X.] modifiziert diese Ansprüche nicht. Sie setzt sie voraus und legt nur die Bedingungen fest, unter denen sie nicht gemäß § 1 [X.]
erlöschen, [X.] ausnahmsweise erfüllt werden sollen
(Senat, Urteil vom 7. April 2006
-
V [X.], NJW-RR 2006, 1496 Rn. 17). Nach §
1004 Abs. 1 BGB entsteht der Beseitigungsanspruch des Eigentümers, auf den es hier ankommt, mit der Beeinträchtigung des fremden Grundstücks (dazu: Senat, Urteile vom 23.
Februar 1973 -
V [X.], [X.]Z 60, 235, 240 und vom 12. Dezember 2003
-
V [X.], [X.], 1035, 1036; [X.], NJW 2005, 241, 242), und zwar in dem Moment, in dem diese Beeinträchtigung abwehrfähig wird (Senat, Urteil vom 7. April 2006 -
V [X.], NJW-RR 2006, 1496 Rn. 16).

(2)
Beeinträchtigt ist ein Grundstück, auf dem vor dem Ende des [X.] ein Luftschutzraum
errichtet worden ist, nicht erst dann, wenn von der Anlage, etwa einem Hohlraum,
eine unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit ausgeht oder wenn diese
Anlage
Erdbewegungen auslöst, die zum Einsturz des Gebirges über dem
Luftschutzraum oder
-
wie hier -
zu dem [X.] eines Felsens führt, in den er getrieben worden ist. Die Beein-trächtigung des [X.] liegt vielmehr schon in der Anlegung des
Luftschutzstollens auf dem fremden Grundstück als solcher. Tritt auf Grund dieser Veränderung später eine Gefahr auf, liegt darin keine neue Störung, wie sie der Senat in der wiederholten Vornahme einer störenden Handlung oder in der Aufrechterhaltung eines Zustands auf dem eigenen Grundstück gesehen hat, der sich zur Störung des Nachbargrundstücks entwickelt. Die Annahme einer neuen Störung setzt bei [X.] auf fremdem Grundstück eine fortdauernde Inanspruchnahme der Anlagen durch die st[X.]tliche Stelle, etwa 11
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durch ihre Nutzung zur Vermietung, voraus. Deren
fortdauerndes
Untätigblei-ben genügt dagegen für die Annahme einer neuen Störung nicht (Senat, Urteil vom 7. April 2006 -
V [X.], NJW-RR 2006, 1496 Rn. 16).

(3) Abwehrfähig wird die Eigentumsstörung
nach § 1004 Abs. 1 BGB, §
19 Abs. 2 Nr. 1 [X.] mit dem Fortfall
der öffentlich-rechtlichen Widmung des Grundstücks; die Aufgabe des Besitzes
durch die st[X.]tliche Stelle
ist hierfür weder erforderlich noch ausreichend.

(a) Der Geltendmachung des Abwehr-
und Beseitigungsanspruchs steht in den Fällen der vorliegenden Art nur die öffentlich-rechtliche Widmung entge-gen. Denn mit der Durchsetzung der Ansprüche würde die Erfüllung der öffent-lichen Aufgabe, für die das Grundstück
gewidmet ist, unterbunden oder er-schwert. Dieses Hindernis entfällt mit der endgültigen Entwidmung (Senat, Ur-teil vom 7. April 2006 -
V [X.], NJW-RR 2006, 1496 Rn. 16).
Dann näm-lich dient das Grundstück
weder der ursprünglichen noch, etwa auf Grund einer Umwidmung, einer anderen öffentlichen Aufgabe. Die
Erfüllung solcher Aufga-ben könnte nicht mehr dadurch beeinträchtigt werden, dass der Eigentümer seine Abwehr-
und [X.] geltend macht. Deshalb entfällt mit der Entwidmung auch die Pflicht des Eigentümers
nach § 1004 Abs. 2 BGB, eine Eigentumsstörung bei der Nutzung des Grundstücks für den Widmungs-zweck hinzunehmen (vgl. [X.]/[X.], BGB [2012], § 1004 Rn. 190). Damit wird diese
Störung abwehrfähig.

(b) Die Abwehrfähigkeit einer Eigentumsstörung hängt, anders als das Berufungsgericht meint, nicht von der Aufgabe auch des Besitzes ab. Die Auf-gabe des Besitzes kann zwar äußeres Zeichen einer
anderweit erfolgten [X.] sein (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 1963 -
III ZR 132/61, [X.]Z 40, 78, 13
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82 f., allerdings zu der Frage des Besitzes im Sinne von §
11 [X.]). Auf sie kommt es aber für die Entwidmung eines Schutzraums, um die es hier geht, nicht an.

([X.]) Der Besitz hindert als solcher den privaten Eigentümer nicht an der Durchsetzung seiner Ansprüche auf Beseitigung von Störungen seines [X.]seigentums. Daran ändert
es nichts, dass die st[X.]tliche Stelle auf Grund ihrer tatsächlichen Sachherrschaft die Möglichkeit
hätte, die Anlage bei Bedarf für (andere) öffentliche Zwecke zu benutzen oder benutzen zu
lassen. Ohne die Zustimmung des Eigentümers wäre sie dazu nur berechtigt, wenn es für eine zwangsweise Inanspruchnahme seines Grundstücks eine gesetzliche Grundla-ge gibt, die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen und das vorge-schriebene Verfahren eingehalten wird. Allein die theoretische Möglichkeit, das Grundstück etwa in dem von dem Berufungsgericht angesprochenen Katastro-phenfall auf Grund Polizei-
und Ordnungsrechts in Anspruch zu nehmen, führt nicht zu einer fortbestehenden oder neuen Widmung und hindert den [X.] daher nicht, seine Rechte gegenüber der
st[X.]tlichen Stelle geltend zu ma-chen.

(bb) Die Aufgabe des Besitzes an einem Luftschutzraum führt auch nicht ohne Weiteres zu dessen (vollständiger) Entwidmung. Schutzräume unterlagen nämlich von dem Inkrafttreten des Schutzbaugesetzes (SchBauG) vom 9.
September 1965 ([X.] I S. 1232) bis zur Aufhebung der relevanten Teile dieses Gesetzes am 4. April 1997 (Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes vom 25.
März 1997, [X.] I S. 726) dem [X.] nach §
19 Abs. 1 SchBauG aF. Dieses Verbot galt nach § 19
Abs. 2 SchBauG aF auch für
sei-nerzeit schon
vorhandene Schutzbauwerke, und zwar bis zum Ablauf der in §
15 Abs. 1
SchBauG aF bestimmten Frist zur Entscheidung über ihre Wieder-16
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9
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verwendung. Diese Frist ist zwar nie abgelaufen, weil die Vorschrift durch die mit Artikel 17 Nr. 2 Buchstabe a des [X.] 1967 ([X.] I S. 1259) geänderte Regelung in § 41 Abs. 1 Satz 1 SchBauG vom 1.
Januar
1968 an suspendiert und bis zu ihrer Aufhebung am 4. April 1997 nicht mehr in Kraft
gesetzt worden
ist. Sie führt aber dazu, dass die [X.] bis zu einer Entscheidung über die Wiederverwendung oder endgültige Aufgabe als Schutzräume nicht vollständig entwidmet waren. Das wiederum hatte zur Folge, dass der Anspruch des Eigentümers auf Besei-tigung der in der Anlegung solcher Schutzräume liegenden Eigentumsstörun-gen bis zur Aufhebung auch dieser Vorschrift zum 4. April 1997 nur [X.] war, wenn die zuständige Behörde -
bei Schutzräumen des [X.] nach §
19 Abs. 1 Satz
2 SchBauG aF das [X.]ministerium des Innern -
dies ge-nehmigte. Daran kann auch die Aufgabe des Besitzes durch die zuständige Dienststelle nichts ändern (vgl. zum Ganzen: [X.], Urteil vom 25. Oktober 1979 -
III ZR 134/77, [X.], 200, 202).

(4) Der Anspruch auf Beseitigung eines Schutzraums entsteht deshalb in diesen Fällen erst, wenn dieser nicht mehr als Schutzraum genutzt wird und auch darüber entschieden ist, dass er nicht mehr als Schutzraum wiederver-wendet werden soll. Diese Entscheidung muss entweder dem betroffenen Grundstückseigentümer mitgeteilt oder öffentlich bekannt gemacht werden. [X.] schlichte Außerdienststellung genügt demgegenüber nicht.

(a) Die aktuelle Nutzung eines Stollens als Schutzraum könnte zwar durch einseitigen Akt der zuständigen Dienststelle aufgehoben werden ([X.], Urteile vom 11. Juli 1963 -
III ZR 132/61, [X.]Z 40, 78, 82 f., vom 27. Mai 1971 -
III
ZR 200/68, LM Nr. 73 zu [X.]. [X.], [X.] und vom 25.
Oktober
1979 -
III ZR 134/77, [X.], 200, 202). Hierfür wären keine 18
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Förmlichkeiten
vorgeschrieben. Von seinem Anspruch auf Beseitigung der in der Anlegung des Schutzraums liegenden Eigentumsstörung kann der [X.]seigentümer aber erst (effektiv) Gebrauch machen, wenn er von dem [X.] der st[X.]tlichen Inanspruchnahme seines Grundstücks
und dem Fortfall der öffentlich-rechtlichen Beschränkungen erfährt. Vorher kann der Anspruch auch nicht im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] entstehen.

(b) Der Grundstückseigentümer muss nicht nur darüber unterrichtet wer-den, dass der Schutzraum vorerst nicht weiter betrieben werden soll. Vielmehr muss im Hinblick auf die Beschränkungen nach § 19 SchBauG aF auch mitge-teilt werden, dass der Schutzraum nicht mehr wiederverwendet werden soll. Für diese Entscheidung und die Unterrichtung des Grundstückseigentümers sind ebenfalls keine bestimmten Formen vorgeschrieben. Der Eigentümer kann [X.] durch einen förmlichen Bescheid ebenso unterrichtet werden wie durch konkludentes Handeln oder auch eine öffentliche Bekanntmachung. [X.] ist, dass er von der zuständigen Behörde klar und eindeutig erfährt, dass sein Grundstück endgültig nicht mehr für den Schutzraum in Anspruch genom-men werden soll.

(c) Diesen Anforderungen genügt das Schreiben der zuständigen Dienst-stelle der Beklagten vom 26. April 1983 nicht. Darin wird die Klägerin
nämlich ausdrücklich auf die Beschränkungen nach § 19 SchBauG aF aufmerksam ge-macht und aufgefordert, sich daran zu halten. Das bedeutet für die Klägerin bei objektiver Betrachtung, dass jedenfalls die Entscheidung über die [X.] noch aussteht und sie
von ihren [X.] gerade nicht un-eingeschränkt Gebrauch machen kann. Anders läge es, wenn die
Klägerin be-reits zuvor über die endgültige Freigabe ihres Grundstücks unterrichtet worden wäre und den Hinweis auf § 19 SchBauG als Fehler erkennen konnte. Feststel-20
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lungen dazu hat das Berufungsgericht -
von seinem Standpunkt aus [X.] -
nicht getroffen. Eine entsprechende Unterrichtung der Klägerin lässt sich deshalb aber auch nicht ausschließen.

2. Das angefochtene Urteil erweist sich nicht aus einem anderen Grund als richtig. Die zuständige Dienststelle der Beklagten hat die Klägerin zwar im Rahmen der Verhandlungen über die Aufgabe des Besitzes in einem Schreiben vom 15. Juni 1983 darauf hingewiesen,
dass die Aufgabe des Besitzes die Ver-pflichtung der Beklagten zur Beseitigung von etwaigen künftigen Gefahrenstel-len im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht berühre, und in ihrem Entwurf einer Vereinbarung über den Übergang des Besitzes an der Anlage auf
die Klä-gerin eine entsprechende Klausel vorgeschlagen. Die Klägerin sieht darin die Übernahme einer eigenständigen, von den gesetzlichen Voraussetzungen der §
1004 BGB, § 19 Abs. 2 Nr. 1 [X.] losgelösten Beseitigungspflicht durch die Beklagte. Mit der Auslegung dieser Erklärungen der Beklagten hat sich das Be-rufungsgericht -
aus seiner Sicht folgerichtig -
nicht befasst. Sie kann der Senat aber nachholen, da das [X.] diese Erklärungen ausgelegt hat und wei-tere Erkenntnisse nicht zu erwarten sind. Danach erweist sich die Auslegung der Erklärung durch das [X.] als zutreffend. Die Beklagte hat mit der in dem erwähnten Schreiben und dem Vereinbarungsvorschlag gewählten Formu-

dass die Übernahme des Besitzes an der Anlage durch die Klägerin keinen Verzicht auf deren Ansprüche bewirken sollte. Dass die Beklagte mit dieser Er-klärung über den Wortsinn hinaus nach den maßgeblichen gesetzlichen Vor-schriften nicht bestehende Verpflichtungen hat begründen und damit in der Sa-che auf eine Berufung auf den Anspruchsausschluss nach §§
26, 28 [X.] hat verzichten wollen, könnte nur angenommen werden, wenn sich das aus ihren Erklärungen eindeutig ergäbe (vgl. Senat, Urteil vom 30.
September 2005
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V [X.], [X.]-Report 2006, 4, 5 für Anspruchsverzicht). Daran fehlt es. Die Beklagte hat sich in ihrem Schreiben ausdrücklich auf die Vorschrift des §
19 Abs. 2 [X.] bezogen. Anhaltspunkte dafür, dass sie sich von den Rege-lungen des [X.]emeinen Kriegsfolgengesetzes hat entfernen wollen, sind nicht ersichtlich.

III.

Das Berufungsurteil kann keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht [X.], weil es zur Entscheidung der Frage, ob die Ausschlussfrist ge-wahrt worden ist, noch weiterer Feststellungen bedarf. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen. Dafür weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Festzustellen ist zunächst, ob die Behörde über die Außerdienststel-lung
der [X.] als Schutzraum entschieden und dies der Klägerin [X.] gemacht hat. Anknüpfungspunkte hierfür bieten etwa die Errichtung der Mauer, wenn, was bislang nicht festgestellt ist, die Behörde sie für die Klägerin erkennbar im Zuge einer endgültigen Aufgabe des [X.] veranlasst hat, ein Verzeichnis der Schutzbauten oder Korrespondenz mit der Ortsgemeinde, die heute nach § 7 Abs. 1 Satz 2 [X.] für die Errichtung und Unterhaltung von Schutzbauten zuständig ist.

2. Festzustellen wäre weiter, ob die
zu
1 genannte Entscheidung (nebst Bekanntgabe) bis spätestens ein Jahr vor dem Eingang des Schreibens der Klägerin vom 3. Juni 1983 bei der zuständigen Dienststelle der Beklagten
ge-troffen worden ist.

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3. Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass der Klägerin nach § 28 Abs. 2 [X.] Nachsicht zu gewähren gewesen wäre, wenn sie ohne ihr Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten. Ein solcher Grund könnte darin liegen, dass die Klägerin von der -
festzustellenden -
Entscheidung über die endgültige Aufgabe der [X.] als Schutzraum,
etwa bei
einer öffentlichen Be-kanntmachung,
keine Kenntnis hatte. Die Gewährung von Nachsicht scheidet nach § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] allerdings aus, wenn seit dem Ende der versäum-ten Frist ein Jahr verstrichen ist.

Stresemann

Lemke

Schmidt-Räntsch

Brückner

Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.12.2009 -
1 [X.]/09 -

O[X.], Entscheidung vom 10.01.2013 -
1 [X.] -

26

Meta

V ZR 30/13

18.07.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2014, Az. V ZR 30/13 (REWIS RS 2014, 3943)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3943

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 30/13

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