Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2016, Az. 2 StR 413/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 16439

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:100216U2STR413.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 413/15
vom
10. Februar 2016
in der Strafsache
gegen

wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom
10. Februar 2016, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. Fischer,

[X.] am [X.]
Dr. [X.],
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],
[X.] am [X.]
Zeng,
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],

Oberstaatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin
der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 24. Juni 2015 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tra-gen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die dagegen auf die Sachrüge ge-stützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.
Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen beschäftigte sich der in [X.] lebende Angeklagte seit 2013 mit alternativen Heilmethoden und spezialisierte sich im Laufe der [X.] auf die Herstellung und Anwendung von Cannabisöl zu Therapiezwecken in der Schmerz-
und Krebsbehandlung. Durch den Verkauf des
Öls verschaffte er sich eine fortlaufende Einnahmequelle, wodurch er mittlerweile überwiegend seinen Lebensunterhalt finanziert. Da sein 1
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-
bisheriger Lieferant aus [X.] o-wohl in [X.] als auch in [X.] ist der Handel mit Cannabispflanzen musste sich der Angeklagte einen weiteren Lieferweg erschließen.
Er fuhr deshalb Ende Januar/Anfang Februar 2015 in die
Niederlande und kaufte
dort sechs Kilogramm Cannabispflanzen für 2.400
Euro. Da ihm der Transport mit dem
Auto durch [X.] nach [X.] zu riskant
erschien, weil er wusste, dass dies strafbar ist
und die Pflanzen zu viel Stauraum in [X.] nehmen und daher auffällig sein würden, verarbeitete er die Pflanzen noch in [X.] zu insgesamt rund 1,7 Kilogramm
Cannabisöl mit einem Wirkstoffgehalt von rund 870 Gramm THC. Am 5. Februar 2015 begab er sich in Begleitung der nichtrevidierenden Mitangeklagten auf den Weg über [X.] nach [X.]. Die Behältnisse mit dem Cannabisöl verstaute er an verschiedenen Stellen im Fahrzeug. Auf die Gepäckstücke im Gepäckraum [X.] er griffbereit einen Schlagstock sowie eine Schutzweste, um sich und die mitgeführten Betäubungsmittel vor Angreifern zu schützen. Um 21.25 [X.] er in der Nähe von [X.] einer polizeilichen Kontrolle unterzogen, bei der die Betäubungsmittel sowie der Schlagstock aufgefunden wurden.

II.
Schuldspruch und Strafausspruch halten
rechtlicher Überprüfung stand. Der Erörterung bedarf jedoch Folgendes:
1.
Der Angeklagte
hat bereits mit dem Transport des Cannabisöls im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG
.

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4
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-
5
-
Unter den Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln fällt jede [X.] Bemühung, die darauf gerichtet ist, den Umsatz mit [X.] zu ermöglichen oder zu fördern
([X.], NJW 2007, 1193; [X.], [X.] vom 26. Oktober 2005 -
GSSt 1/05, [X.]St 50, 252, 256). Das weit

weit nach vorne

gelegte Vollendungsschwelle als (unechtes) [X.] bezeichnet (vgl. [X.], GSSt
aaO, 262; [X.],
Beschluss
vom 24.
Oktober
2006
-
3 [X.], [X.], 531, 532).
Der vorliegend erfolgte Transport
des Cannabisöls diente dazu, den Um-satz des in [X.] erworbenen Öls aus eigennützigen Gründen zu fördern. Der solchermaßen auf Absatz gerichtete Transport von [X.] ist daher bereits als Handeltreiben im Sinne des
§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG zu werten (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Mai 1986 -
5 [X.], [X.], 415; [X.] vom 1. August 2006 -
3 [X.], [X.], 287).
2.
Der Angeklagte war nach [X.] Betäubungsmittelstrafrecht zu bestrafen.
a)
Der Anwendungsbereich des nationalen Strafrechts bestimmt sich nach den §§
3
ff. StGB, denen zunächst das Territorialitätsprinzip zu Grunde liegt, wonach das [X.] Strafrecht nur für solche Taten gilt, die im Inland sowie auf bestimmten Schiffen oder Luftfahrzeugen begangen werden (§§
3, 4 StGB). Anknüpfungspunkt ist insoweit der Begehungsort der Tat, so dass die nationale Strafgewalt ihre Legitimation in dem Bezug des geahndeten [X.] zum Staatsgebiet findet. Die Feststellung des Tatorts entscheidet von [X.], ob über § 3 StGB ohne weiteres [X.]s Strafrecht anwendbar ist. Wo wiederum der Begehungsort einer Tat liegt, richtet sich für den Täter nach §
9 Abs.
1 StGB. Begangen ist danach eine Handlung an jedem Ort, an dem der 6
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-
6
-
Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen (Handlungsort) oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des [X.] eintreten sollte (Erfolgsort). § 9 Abs.
1 StGB bestimmt demgemäß, dass der Ort des Handelns (§ 9 Abs. 1 [X.].
1 und 2
StGB) und der Ort des Erfolgseintritts (§
9 Abs. 1 [X.]. 3 und 4 StGB) gleicher-maßen Tatorte und damit Anknüpfungspunkte für die Anwendung des Territori-algrundsatzes darstellen.
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ist ein Tätigkeitsdelikt. Für die [X.], ob die Tat gemäß § 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 StGB im Inland begangen ist, ist deshalb allein auf den Handlungsort abzustellen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 31.
März 2011 -
3 [X.]/10;
vom 17. Juli 2002 -
2 [X.], [X.], 269; vgl. [X.], BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 83). Gemäß §§
3, 9 Abs.
1 StGB ist der Täter dem [X.] Strafrecht unterworfen, wenn er im Inland eine zur Tatbestandsverwirklichung führende Tätigkeit vornimmt und sich dadurch in Widerspruch zur Rechtsordnung seines Aufenthaltsortes setzt. Demgemäß ist eine Tat als an jedem Ort begangen anzusehen, an dem der Täter eine auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Tätigkeit entfaltet oder versucht hat (vgl. [X.]/[X.]/Eser,
StGB,
29.
Aufl.,
§
9 Rn.
3; LK-Werle/Jeßberger,
12.
Aufl.,
§
9 Rn.
10). Beim Handeltreiben ist daher ein Hand-lungsort überall dort gegeben, wo ein Teilakt verwirklicht wird
(vgl. [X.], [X.] vom 1.
August 2006 -
3 [X.], [X.], 287;
Körner/[X.]/[X.], BtMG,
8. Aufl.,
Vor §§
29 Rn. 294), mithin auch dort, wo [X.] zum Zweck des Umsatzgeschäftes transportiert werden (vgl. Weber, BtMG, 4.
Aufl.,
Vorb. §§ 29 ff.
Rn. 105).

Da der Angeklagte mit dem Transport des Cannabisöls durch die Bun-desrepublik eine auf die Tatbestandsverwirklichung des § 29 Abs. 1 Nr.
1 BtMG gerichtete Tätigkeit im Inland entfaltet
hat,
ist das durch diesen Teilakt verwirk-10
11
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7
-
lichte einheitliche Handeltreiben als Inlandstat anzusehen
(vgl.
[X.], Urteil vom 13.
Mai 1986 -
5 [X.], [X.], 415; [X.], StGB, 4. Aufl., §
9 Rn.
6).
Dass der Weiterverkauf des Cannabisöls
erst im Ausland eintreten soll-te, ist für die Bestimmung des Begehungsortes ebenso unerheblich wie der Umstand, dass es zu seiner Herbeiführung noch weiterer Tätigkeiten des Ange-klagten bedurfte.
b)
Ob einer Strafbarkeit wegen Handeltreibens nach [X.]
Recht entgegenstehen könnte, wenn dies
in [X.] strafrechtlich nicht
verfolgt wür-de, kann vorliegend schon deshalb dahinstehen, weil gemäß Artikel
246 Abs.
1 des Strafgesetzbuchs der Republik [X.] der Handel mit Cannabisöl auch dann strafbar ist, wenn er zu Heilzwecken erfolgt; die Möglichkeit eines [X.] bzw. Erlasses von Strafe ist für diesen Fall gesetzlich nicht vorgesehen.
Fischer [X.] [X.]

Zeng [X.]

12

Meta

2 StR 413/15

10.02.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2016, Az. 2 StR 413/15 (REWIS RS 2016, 16439)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16439

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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