Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.08.2017, Az. 2 StR 199/17

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 6533

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:160817B2STR199.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 199/17
vom
16. August
2017
in der Strafsache
gegen

wegen Diebstahls mit Waffen u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 16.
August
2017
ge-mäß §
349 Abs.
2 und 4
StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 16. Januar 2017
a)
hinsichtlich der Tat vom 15. Februar 2016 mit den zugrun-deliegenden Feststellungen aufgehoben und
das Verfahren insoweit eingestellt; im Umfang der Einstellung trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendi-gen Auslagen des Angeklagten;
b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben;
c)
im Schuld-
sowie Strafausspruch dahin abgeändert,
dass der Angeklagte wegen Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt ist.
2.
Zur Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung
wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine an-dere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
3.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen in
einem Saturn-Markt am 15.
Februar 2016 (Anklageschrift 2
Js
317/16 Staats-anwaltschaft [X.], im Weiteren Tat vom 15. Februar 2016) zu einer Ein-zelfreiheitsstrafe von zehn Monaten und wegen eines weiteren Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit versuchter
Nötigung am 10.
Mai 2016 in einem [X.] (Anklageschrift 2
Js
535/16
Staatsanwaltschaft [X.], im Weiteren Tat vom 10. Mai 2016) zu einer weiteren Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Aus den beiden Einzelstrafen hat das [X.] eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gebildet und eine Strafaussetzung zur Bewährung versagt.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg.
Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
Hinsichtlich der Tat vom 15.
Februar 2016 ist das Verfahren einzustellen, da es insoweit an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungs-beschlusses fehlt.
1. Wegen des [X.] vom 10.
Mai 2016 erhob die
Staatsanwalt-schaft am
15.
August 2016 Anklage zum [X.] [X.]. Am 30.
August 2016 übersandte das [X.]
das dort noch im Zwischenverfahren anhängige
Verfahren wegen des [X.] vom 15.
Februar 2016
an das [X.] [X.] zur "Prüfung einer Übernahmebereitschaft". Am
16.
September 2016 beschloss das [X.] [X.],
die Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] vom 15.
August 2016 (Tat vom 10. Mai 2016) zur Hauptverhandlung zuzulassen und das Hauptverfahren gegen den Angeklagten vor der 2.
großen [X.] des [X.] zu eröffnen. Ferner beschloss 1
2
3
4
-
4
-
es,
die Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen durchzu-führen sowie den Haftbefehl in Verbindung mit dem Haftverschonungsbe-schluss gegen den Angeklagten wegen der Tat vom 10. Mai 2016 aufrechtzu-erhalten. Darüber hinaus verband es das vom [X.] übersandte Verfahren (Tat vom 15. Februar 2016) zu dem
bei ihm geführten
Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Die dem
Verfahren beim [X.] zugrunde liegende Anklageschrift der Staatsanwaltschaft [X.]
vom 6.
April 2016
findet in dem Eröffnungsbeschluss der [X.]
keine Erwähnung. Insoweit ist auch später keine Eröffnungsentscheidung ergangen.
2. Damit fehlt es hinsichtlich der Tat vom 15.
Februar 2016 an einem
wirksamen Eröffnungsbeschluss. Die Eröffnungsentscheidung der [X.] vom 16.
September 2016 bezog sich ausdrücklich nur auf die Anklage zur Tat
vom 10.
Mai 2016. Der
von der [X.] gleichzeitig beschlossenen Über-nahme und
Hinzuverbindung des
noch im Zwischenverfahren befindlichen amtsgerichtlichen Verfahrens kann nicht die Bedeutung einer konkludenten Er-öffnung des Hauptverfahrens beigemessen werden.
Zur Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß §
203 StPO genügt zwar auch eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die [X.] nach Prüfung und Bejahung der Eröffnungsvoraussetzungen
zur [X.] zuzulassen ([X.], Beschluss vom 4.
August 2016 -
4
StR 230/16, [X.], 747; Senat, Beschluss vom
17. Dezember 1999 -
2 [X.], [X.], 442, 443 mwN). Dennoch bedarf es im Hinblick auf die Bedeutung des [X.] als Grundlage des Hauptverfahrens regelmäßig einer schriftlichen Niederlegung der Entscheidung. Aus Gründen der Rechts-klarheit
ist es erforderlich, dass die Urkunde aus sich heraus und in Verbindung mit sonstigen Urkunden mit Sicherheit erkennen lässt, dass die zuständigen [X.] die Eröffnung des Hauptverfahrens tatsächlich beschlossen haben 5
6
-
5
-
(Senat, Beschluss vom 16.
Juni 2015 -
2
StR 29/15, [X.], 740; [X.], [X.] vom 11.
Januar 2011 -
3
StR 484/10, [X.]R StPO §
207 Beschluss
1).
Die
von der [X.] mit demselben Beschluss herbeigeführte
Ver-bindung des amtsgerichtlichen Verfahrens wegen des [X.] vom 15.
Februar 2016
hat nicht die Wirkung eines Beschlusses über die Zulassung der in dem übernommenen Verfahren erhobenen Anklage und über die Eröff-nung des Hauptverfahrens. Denn dem Verbindungsbeschluss ist nicht mit der erforderlichen
Sicherheit zu entnehmen, dass das [X.] hinsichtlich der übernommenen Anklage die Eröffnungsvoraussetzungen
geprüft und ange-nommen hat (vgl. zur ähnlichen Fallkonstellation [X.], Beschluss vom 9.
Januar 1987 -
3
StR
601/86, [X.], 239; Beschluss vom 11.
Januar 2011 -
3
StR
484/10, [X.], 150; BayObLG, Urteil vom 5.
August 1997

2
St
RR 154/97, [X.], 109).
Die
Entscheidung
der [X.] über die Aufrechterhaltung des [X.] in dem bei ihr angeklagten Verfahren vermag den fehlenden Eröff-nungsbeschluss
ebenfalls nicht zu ersetzen (vgl. [X.], Beschluss vom 5.
Februar 1998

4
StR
606/97, [X.], 14, 15),
da die Aufrechterhal-tung des Haftbefehls lediglich den Tatvorwurf vom 10.
Mai 2016 betrifft.
Eine Eröffnung des Hauptverfahrens ergibt sich auch
nicht daraus, dass in der Hauptverhandlung vom 16.
Januar 2017 beide Anklageschriften unbean-standet verlesen und der Vorsitzende auch hinsichtlich der Anklageschrift vom 6.
April 2016, betreffend den Tatvorwurf vom 15. Februar 2016,
irrtümlich [X.] hat, dass diese durch Beschluss der [X.] vom 16.
September 2016 zur Hauptverhandlung zugelassen
und
das Hauptverfahren vor der 2.
[X.] eröffnet worden
sowie
eine Verbindung zu
dem zuvor beim [X.] geführten
Verfahren erfolgt sei. Die Dokumentation einer
grund-7
8
9
-
6
-
sätzlich möglichen Nachholung des [X.] in der [X.] scheitert hier bereits daran, dass die [X.] lediglich mit zwei Berufsrichtern verhandelte.
Eine
Eröffnungsentscheidung ist indes
durch die [X.] in ihrer Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung, also mit drei Berufsrichtern ohne Schöffen, zu treffen ([X.], Beschluss vom 29.
September 2011

3
StR
280/11, [X.], 225, 226, Urteil vom 25.
Februar 2010

4
StR 596/09, juris, Rn.
12).
Das Fehlen des [X.] stellt ein in der Revisionsinstanz nicht behebbares Verfahrenshindernis dar, das zur
Einstellung des gerichtlichen Verfahrens hinsichtlich des [X.] vom 15.
Februar 2016 nach §
206a StPO mit der Kostenfolge gemäß
§
467 Abs.
1 StPO
führt
(vgl. [X.], Beschluss vom 4.
August 2016

4
StR 230/16, [X.], 747;
Senat, Beschluss vom 16.
Juni 2015

2 StR 29/15, [X.], 740, 741).
Die Einstellung hinsichtlich der Tat vom 15.
Februar 2016 lässt den [X.] sowie die damit verbundene Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung entfallen. Davon unberührt bleibt
die [X.] wegen Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit versuchter Nötigung auf-grund der Tat vom 10.
Mai 2016. Die Nachprüfung des Urteils hat diesbezüglich weder zum Schuld-
noch zum Strafausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§
349 Abs.
2 StPO), so dass auch die Einzelstrafe von einem Jahr und zehn Monaten aufrechtzuerhalten war.
Insoweit
wird die 10
11
-
7
-
nunmehr
berufene [X.] über die Frage der Strafaussetzung neu zu entscheiden haben. Die bislang
rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen blei-ben bestehen. Ergänzende Feststellungen sind möglich.

Appl

Eschelbach

Zeng

Bartel

Schmidt

Meta

2 StR 199/17

16.08.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.08.2017, Az. 2 StR 199/17 (REWIS RS 2017, 6533)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6533

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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