Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2011, Az. IX ZR 244/09

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2095

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 244/09

vom

24. Oktober 2011

in dem Rechtsstreit

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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser, [X.], [X.], [X.] und die Richterin Möhring

am
24. Oktober 2011
beschlossen:

Die Kosten des in der Hauptsache erledigten Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

I.

Mit Vertrag vom 11.
April 2003 beauftragte

[X.]

, der spätere Schuldner, die S.

GmbH (künftig: [X.]), ein Sanierungskonzept für die gesamte [X.]

Unternehmensgruppe zu erstellen. Die [X.] erbrachte Beraterleistungen und stellte diese [X.]

in Rechnung, zuletzt mit Schreiben vom 16.
Juni 2003. Am 24.
Juni 2003 überwies [X.]

ihr den berechneten Betrag von 89.183,99

Juni 2003, stellte er Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 1.
September 2003 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 8.
September 2003 focht er die Zahlung an. Seine diesbezügliche Klage hat das [X.] abgewiesen, die Berufung hat das [X.] zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

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Der Kläger hat, nachdem der Senat Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde bewilligt hatte, die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, diese begründet und Wiedereinsetzung beantragt. Danach wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger meldete die streit-gegenständliche Forderung zur Tabelle an; der Beklagte bestritt sie.

Mit Schriftsatz vom 30.
Dezember 2009 hat der Kläger das Verfahren aufgenommen und angekündigt, nach Zulassung der Revision den [X.] umzustellen und Feststellung zur Tabelle zu beantragen. Der Senat hat dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Revision zugelassen. Nachdem der Kläger sein Rechtsmittel begründet hatte, nahm der Beklagte den Widerspruch gegen die klägerische Forderung zurück.

Daraufhin hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Beklagte, der sich durch Anwälte seiner Kanzlei vertreten lässt, hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen. Beide [X.]en beantragen, die Kosten der jeweils anderen Seite aufzuerlegen.

II.

1. Der Senat hat somit gemäß §
91a Abs.
1 ZPO durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. Er macht von der Möglichkeit Gebrauch, ohne mündliche Verhandlung über die Kostentragungspflicht zu befinden (§
128 Abs.
3 ZPO).

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2. Eine Erledigung der Hauptsache kann auch noch im [X.] erklärt werden. Der Kläger und der Beklagte haben die Erledigungserklärung schriftsätzlich abgegeben. Das genügt den Form-erfordernissen des §
91a Abs.
1 Satz
1 ZPO. Da die Erledigungserklärung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden kann, konnten die den Beklagten vertretenden Rechtsanwälte, obwohl sie beim [X.] nicht zugelassen sind, die Erledigung wirksam erklären, §
78 Abs.
3 ZPO ([X.], Beschluss vom 16.
September 1993 -
V
ZR 246/92, [X.]Z
123, 264, 265
f).

3. Die Revision war nach Zulassung durch den Senat zulässig, mithin sind die übereinstimmenden Erledigungserklärungen wirksam (vgl. [X.], Beschluss vom 15.
Januar 2004 -
IX
ZB 188/03, [X.], 201).

III.

Ist der Rechtsstreit durch die übereinstimmenden Erklärungen erledigt, hat der Senat unter Berücksichtigung des bisherigen Sach-
und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.

1. Die Kosten des Rechtsstreits waren nicht allein dem Kläger aufzubürden, weil dieser sich nicht vor Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß §
240 Satz
1 ZPO, §
180 Abs.
2 [X.] vergewissert hat, ob der Beklagte sein Bestreiten der Forderung aufrechterhält. Dazu hatte der Kläger keinen Anlass, nachdem der Beklagte die Forderungen nicht nur vorläufig, sondern endgültig bestritten hatte (vgl. [X.], Beschluss vom 9.
Februar 2006 -
IX
ZR 160/04, NZI
2006, 295 Rn.
7
ff). Allerdings war zum Zeitpunkt, als der Beklagte die streitgegenständliche Forderung im Prüftermin bestritten hat, das angefochtene 6
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Urteil formell rechtskräftig, weil die Frist für die Einlegung der [X.] abgelaufen war (vgl. [X.], Urteil vom 18.
März 1987 -
IVb
ZR 44/86, [X.]Z
100, 203, 205). Doch hatte der Senat dem Kläger bereits Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde bewilligt. Der Kläger hatte unter Nachholung der versäumten Rechtshandlungen fristgerecht Wiedereinsetzung beantragt, bevor das Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] eröffnet worden war. Der Beklagte musste deswegen damit rechnen, dass die Rechtskraft durch die zu erwartende Wiedereinsetzung rückwirkend gehemmt würde, sobald der Rechtsstreit fortgesetzt würde ([X.], Urteil vom 18.
März 1987, aaO). Der Kläger musste nicht annehmen, dass der Beklagte über den Prozessverlauf keine Informationen besaß. Nachdem die streitgegenständliche Forderung bestritten worden war (§
179 Abs.
1 [X.]), blieb ihm nur der Weg des §
180 Abs.
2 [X.]. Dass er ihn beschreiten
würde, musste er dem Beklagten nicht ankündigen.

Zum Zeitpunkt der Anerkennung der streitgegenständlichen Forderung durch den Beklagten hatte der Kläger den Rechtsstreit wirksam aufgenommen, §
250 ZPO, §
180 Abs.
2 [X.]. Mit Schriftsatz vom 30.
Dezember 2009, der dem Beklagten als Verwalter im Insolvenzverfahren
über das Vermögen der [X.] am 26.
März 2010 zugestellt worden ist, hat er ausdrücklich die Aufnahme erklärt und die Umstellung des [X.]s auf einen Feststellungsantrag zur Tabelle angekündigt. Weiter hat er den [X.] vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass der Beklagte als Insolvenzver-walter die streitgegenständliche Forderung des [X.] bestritten hat. Dieser Schriftsatz ist deswegen dahin auszulegen, dass sich die Klage nunmehr nicht mehr gegen die [X.] selbst, sondern gegen den Beklagten als [X.] kraft Amtes richtet, auch wenn die [X.] im Kopf des Schriftsatzes noch als [X.] genannt wird.
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2. Die Kosten waren auch nicht allein dem Beklagten aufzuerlegen, weil dieser außerhalb des Rechtsstreits sein Bestreiten gegen die zur Tabelle angemeldete Forderung zurückgenommen und diese anerkannt hat.

Begibt sich eine [X.] durch ihr vollzogenes Anerkenntnis in die Rolle
des Unterlegenen, so kann dieser Umstand es allerdings rechtfertigen, dass sie auch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Dies ist in der Rechtsprechung des [X.] insbesondere im Versicherungs-
und Schadensrecht anerkannt (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
Februar 2004 -
VI
ZR 110/03
-
DAR
2004, 344). Dies sind jedoch Fallgestaltungen, in denen das Prozess-verhalten des beklagten Versicherers im Wege der Auslegung keinen anderen Grund haben kann als den, dass der Rechtsstandpunkt des [X.] im Er-gebnis hingenommen werde ([X.], Beschluss
vom 27.
Juli 2010 -
VI
ZR 154/08, juris Rn.
5).

Demgegenüber kann das Verhalten des Beklagten nicht in diesem Sinne verstanden werden. Er hat den Antrag gestellt, der Gegenseite die Kosten aufzuerlegen, und diesen Antrag ausführlich begründet. Er hat sich mithin nicht dem klägerischen Rechtsstandpunkt unterworfen.

3. Vielmehr entspricht es billigem Ermessen, die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben. Denn es ist offen, wie das Verfahren ohne die Erle-digung geendet hätte. Der Rechtsstreit war nämlich nicht zur Endentscheidung reif.

a) Zwar hatte die Revision des [X.] gute Erfolgsaussichten, weil das Berufungsgericht die Grundsätze des [X.] gemäß §
142 [X.] ange-11
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wandt hat, obwohl nach Aktenlage ein inkongruentes Deckungsgeschäft vorgelegen haben dürfte, §
131 Abs.
1 Nr.
1 [X.]. Die Vorschrift des §
142 [X.] war deshalb nicht anwendbar ([X.], Urteil vom 30.
September 1993 -
IX
ZR 227/92, [X.]Z
123, 320, 328 zur KO; vom 7.
März 2002 -
IX
ZR 223/01, [X.]Z
150, 122, 130; vom 7.
Mai 2009 -
IX
ZR 140/08, NJW
2009, 2307 Rn.
13). Der Vertrag zwischen Schuldner und [X.] vom 11.
April 2003, ergänzt durch die Auftragsbestätigung vom 14.
April 2003, sah vor, dass die Rechnungsstellung zum Ende eines jeden Monats zu erfolgen hatte und der Rechnungsbetrag dann sofort fällig war. So waren die Vertragsparteien zunächst auch verfahren. Den Monat Juni 2003, der Grundlage der Rechnung ist, die der Schuldner drei Tage vor Stellung des [X.] beglichen hatte, hat die [X.] jedoch verfrüht abgerechnet.

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b) Allerdings fehlte es insoweit an Feststellungen durch das Berufungs-gericht. Es konnte daher jedenfalls nicht abschließend gesagt werden, dass Zahlungen [X.] zurückgefordert wurden, auf die der Gläubiger keinen fälligen Anspruch hatte.

Kayser
Raebel
Pape

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
LG

[X.],
Entscheidung vom 01.02.2005 -
36 O 27/04 -

O[X.], Entscheidung vom 29.09.2005 -
I-12 [X.] -

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Meta

IX ZR 244/09

24.10.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2011, Az. IX ZR 244/09 (REWIS RS 2011, 2095)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2095

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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