Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2013, Az. IX ZR 30/12

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2080

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

IX ZR 30/12

Verkündet am:

10. Oktober
2013

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 1978; [X.] § 178 Abs. 3, § 201, § 316 Abs. 2
a)
Im Herausgabeprozess des [X.]s gegen den Erben ist nicht zu prüfen, ob die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu Recht er-folgt ist. Das Prozessgericht ist an den rechtskräftigen Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts gebunden.
b)
Wird im Nachlassinsolvenzverfahren die Forderung eines Gläubigers wider-spruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt, ist das Prozessgericht im Rechtsstreit zwischen [X.] und Erben, in dem um die Herausgabe des durch eine Verwaltungsmaßnahme [X.] gestritten wird, an die Feststellung gebunden.
[X.], Urteil vom 10. Oktober 2013 -
IX ZR
30/12 -
OLG [X.] in [X.]

LG [X.]
-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2013 durch den Richter [X.], die Richterin [X.], die [X.] Dr. Fischer, [X.] und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 24.
Zivilsenats in [X.] des Oberlandesgerichts [X.] am Main vom 27.
Januar 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über den Nachlass des am 4. September 2004 verstorbenen R.

W.

(nachfolgend Erblasser). Er nimmt die Beklagte, die als Mutter des Erblassers gemeinsam mit ihrem damals noch lebenden und von ihr beerbten Ehemann und der Ehefrau des Erblassers P.

W.

(jetzt [X.]

) [X.] geworden ist, im Wege der [X.] auf Zahlung von Teilerbauseinandersetzungsvertrag vom 31. März 2005 vereinbarten die [X.], dass die Ehefrau des Erblassers als [X.] zu 3/4 zum Ausgleich für die von ihr übernommenen Geschäftsbeteiligungen des Erblassers einen Betrag 1
-
3
-
von 1
Mio.

an die Beklagte und ihren Ehemann, die jeweils Miterben zu 1/8 geworden [X.], zahlen sollte. Ferner schlossen die Miterben am 31.
März 2005 einen nota-riell beurkundeten Vertrag, in dem die Beklagte und ihr Ehemann ihre als [X.] erworbenen Geschäftsanteile an zwei Gesellschaften für einen Kaufpreis setzte das Finanzamt F.

gegen die [X.] P.

W.

die Erbschafts-steuer in Höhe von 515.793

e-zahlen. Sie beantragte deshalb am 9.
Juni 2008 die Eröffnung des [X.]s, das mit Beschluss vom 11.
September 2008 eröffnet [X.] ist. In diesem Verfahren hat das Finanzamt F.

eine Erbschaftssteuer-forderung in Höhe von 482.126,60

r-spruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt worden ist.

Der Insolvenzverwalter macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Teilbetrages von 350.000

Beklagte sei verpflichtet, den aufgrund der Teilauseinandersetzung im Jahr 2005 erhaltenen Betrag zurückzuzahlen. Das [X.] hat die Klage
abge-wiesen. Die Berufung gegen dieses Urteil ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbe-gehren weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Revision ist uneingeschränkt zulässig.
2
3
-
4
-

Das Berufungsgericht hat die Revision im [X.] ohne be-schränkenden Zusatz zugelassen. In den Entscheidungsgründen wird ausge-führt, die Revision werde hinsichtlich der Frage, ob eine [X.] eines Miterben Nachlassverbindlichkeit und
damit vorliegend in Gestalt des [X.]

ein Nachlassgläubiger vorhanden sei, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Damit ist die Nachprüfung des [X.] Urteils nicht auf diese Frage beschränkt.

Zwar kann die
Beschränkung der Zulassung der Revision -
auch nach der Rechtsprechung des Senats
-
in den Gründen des angefochtenen Urteils erfolgen (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Juli 1983 -
III
ZR 119/82, NJW
1984, 615; vom 3.
März 2005 -
IX
ZR 45/04, NJW-RR 2005, 715, 716;
Beschluss vom 8.
Mai 2012 -
XI
ZR 261/10, NJW 2012, 2446 Rn.
5 ff; Urteil vom 10.
Mai 2012 -
IX
ZR 125/10, NJW
2012, 2435 Rn.
11; vom 25. April 2013 -
IX
ZR 62/12, Z[X.] 2013, 1081 Rn. 7). Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Beschränkung rechtlich zulässig ist und sie sich klar und eindeutig aus dem Berufungsurteil ergibt ([X.], Urteil vom 7.
Juli 1983, [X.]O; vom 3.
März 2005, [X.]O; vom 10.
Mai 2012, [X.]O; vom 25. April 2013, [X.]O). Jedenfalls an der ersten Voraussetzung fehlt es.

Die Zulassung der Revision kann nicht auf die Klärung einer einzelnen Rechtsfrage begrenzt werden; sie muss sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen, abtrennbaren Teil des [X.] beziehen, über den in einem besonderen Verfahrensabschnitt durch Teil-
oder Zwischenurteil ent-schieden werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 29. Juni 1981 -
VII
ZR 284/80, NJW 1981, 2243 unter [X.]; vom 7. Dezember 1989 -
VII ZR 70/89, NJW-RR 1990, 277 unter I; vom 5. November 2002 -
VIII
ZR 320/02, NJW-RR 2004, 426, 4
5
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-
5
-
427; vom 10. Februar 2011 -
VII
ZR 71/10, NJW 2011, 1228 Rn. 11). Nach die-sen Grundsätzen konnte die Zulassung der Revision nicht auf die Frage be-schränkt werden, ob die [X.] eines Miterben Nachlassver-bindlichkeit ist. Diese Frage ist eine rechtliche Vorfrage, die -
sofern sie im [X.] überhaupt beantwortet werden muss
-
für den gesamten Streitstoff von Bedeutung ist. Sie betrifft damit nicht einen abtrennbaren Teil, der einem [X.] zugänglich gewesen wäre. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Be-schränkung der Zulassung der Revision zielt vielmehr auf eine einzelne Rechts-frage ab und ist deshalb unwirksam (vgl. [X.], Urteil vom 27. September 1995
-
VIII
ZR 257/94, NJW 1995, 3380, 3381; vom 21. September 2006 -
I
ZR 2/04, NJW-RR 2007, 182 Rn. 19). Fehlt eine wirksame Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam; die [X.] ist daher unbeschränkt zugelassen ([X.], Urteil vom 5. April 2005 -
XI
ZR 167/04, [X.], 1024 f; vom 4. April 2006 -
VI
ZR 151/05, NJW-RR 2006, 1098, Rn. 8; vom 21. September 2006, [X.]O Rn. 20).

B.

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne sich nicht auf einen Herausgabeanspruch nach §
1978 Abs.
1 Satz
1 in Verbindung mit §
667 [X.] stützen, weil es zum Zeitpunkt der Eröffnung des Nachlassinsolvenzver-7
8
-
6
-
fahrens keinen Nachlassgläubiger mehr gegeben habe. Zwar sei der [X.] der Beklagten, bei der Veräußerung der von ihr ererbten Gesellschaftsan-teile im März 2005 habe es sich um einen
Teil der Auseinandersetzung des Nachlasses und nicht um eine Verwaltungsmaßnahme gehandelt, nicht zu [X.], weil jede Entnahme von Nachlassgeldern "Verwaltung" im Sinne des §
1978 [X.] sei. Hierzu gehöre auch die aufgrund der Vereinbarung erfolgte Entnahme der in den Nachlass fallenden Gewinne in Höhe von jedenfalls 600.000

Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Nachlassinsolvenzeröffnung sei jedoch kein Nachlassgläubiger mehr vorhanden gewesen, dem die Beklagte im Sinne von § 1978 Abs. 1 Satz 1 [X.] hätte verantwortlich sein können. Eine originäre Nachlassgläubigerstellung des [X.] wegen der [X.] eines Miterben komme entgegen der Rechtsprechung des [X.] und verschiedener Oberlandesgerichte im Hinblick darauf, dass das Finanzamt gegenüber dem Nachlass wegen einer [X.] eines Miterben nicht Gläubiger sei, nicht in Betracht. Das Finanzamt
F.

sei wegen der [X.] kein Nachlassgläubiger (mehr) gewesen; die sekundäre Haftung des Nachlasses gemäß § 20 Abs. 3 [X.] habe mit der Auseinandersetzung geendet. Ein Wiederaufleben dieses Anspruchs nach Er-öffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens komme nicht in Betracht. Die Ausei-nandersetzung des Nachlasses sei zu einem im Einzelnen unbekannten Zeit-punkt zwischen der Teilauseinandersetzung am 31. März 2005 und vor dem Insolvenzantrag am 9. September 2008 erfolgt. Es sei ausreichend, dass der Nachlass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als aufgelöst angesehen wer-den könne. Eventuelle Zahlungen von Miterben auf Nachlassverbindlichkeiten seien nicht im Zuge der Verwaltung, sondern zur Auseinandersetzung des Nachlasses erfolgt. Die Feststellung der Forderung des Finanzamts zur [X.]
-
7
-
venztabelle sei materiell zu Unrecht erfolgt. Sie mache das Finanzamt nicht zur [X.] im Sinne des § 1978 [X.], sondern ermögliche ihm [X.] eine Vollstreckung in Höhe der Quote
in den nicht mehr vorhandenen Nachlass.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Frage, ob die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu Recht erfolg-te, ist nicht Gegenstand des [X.] nach § 1978
Abs. 1 [X.]. Das Berufungsgericht ist an die im Nachlassinsolvenzverfahren mit Rechts-kraftwirkung getroffenen Feststellungen gebunden. Auf die vom Berufungsge-richt formulierte Rechtsfrage, wegen derer es die Revision zugelassen hat, kommt es nicht an. Das Finanzamt hat gegen den Nachlass eine zur [X.] festgestellte Erbschaftssteuerforderung in Höhe von 482.126,60

im Rahmen der Herausgabeklage des [X.]s gegen die Miterben nicht mehr in Frage gestellt werden kann.

Gemäß § 1978 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist der Erbe den [X.] für die bisherige Verwaltung des Nachlasses so verantwortlich, wie wenn er von der Annahme der Erbschaft an die Verwaltung für sie als Beauftragter zu führen gehabt hätte, wenn die Nachlassverwaltung angeordnet oder das [X.] eröffnet ist. Zweck dieser Vorschrift ist es, den Nachlass den [X.] möglichst ungeschmälert zur Verfügung stehen zu lassen; zwar bleiben von den Erben als Berechtigten vorgenommene Verfügungen [X.], diese werden aber für ihre Verwaltungsmaßnahmen den [X.] gegenüber so verantwortlich gemacht, als hätten sie den Nachlass von 10
11
-
8
-
der Annahme der Erbschaft an im Auftrag der Nachlassgläubiger verwaltet
([X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 1978 Rn. 3; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 1978 Rn. 1; MünchKomm-[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., §
1978 Rn.
1). Aufwendungen, welche die Erben bei der Verwaltung des Nachlasses gehabt haben, können sie nach § 1978 Abs. 3 [X.] ersetzt verlangen.

1. Voraussetzung für die Anwendung des § 1978 Abs. 1 [X.] ist -
neben der Anordnung einer Nachlassverwaltung, um die es vorliegend nicht geht
-
die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens, die hier am 11. September 2008 erfolgt ist. Das Berufungsgericht setzt sich zwar mit der Frage auseinander, ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Recht erfolgt ist. Jedenfalls ist dies mittelbar seinen Ausführungen zu der Frage zu entnehmen, ob es noch [X.] gibt, oder ob die Verfahrenseröffnung ins Leere gegangen ist, weil keine Nachlassgläubiger mehr vorhanden sind. Hierauf kommt es aber nicht an. Der rechtskräftige Beschluss über die Eröffnung des [X.] ist vom Prozessgericht grundsätzlich auch dann als gültig hinzunehmen,
wenn er [X.] ergangen ist; denn als in dem dafür vorgesehenen Verfahren ergangener hoheitlicher Akt beansprucht er Geltung gegenüber [X.], sofern der Entscheidung nicht ausnahmsweise ein Fehler anhaftet, der zur Nichtigkeit führt ([X.], Urteil vom 14. Januar 1991 -
II ZR 112/90, [X.]Z 113, 216, 218; vom 22. Januar 1998 -
IX
ZR 99/97, [X.]Z 138, 40, 44; vom 9.
Januar 2003 -
IX
ZR 85/02, Z[X.] 2003, 178 f; [X.] in [X.], [X.], 2007,
§
27 Rn.
34
f, 60
ff; [X.], [X.], 13.
Aufl., § 27 Rn. 19; [X.] mwN). Ein Fall, in dem ganz ausnahmsweise die Bindungswirkung des [X.] nicht eintritt, ist hier nicht gegeben. Gründe -
etwa die fehlende Unterschrift des Richters
-, die zur Nichtigkeit des Beschlusses führen können, sind nicht ersichtlich. Die Streitsache ist nicht mit dem Fall vergleich-bar, in dem der [X.] einen Eröffnungsbeschluss für nichtig und 12
-
9
-
damit für das Prozessgericht nicht bindend gehalten hat, weil er sich auf eine voll beendete Gesellschaft bezog ([X.], Urteil vom 7.
Juli 2008 -
II
ZR 37/07, Z[X.] 2008, 973 Rn.
13). Dort wurde das Verfahren über das Vermögen einer nicht mehr existenten Partei eröffnet. Vorliegend bestehen keine Zweifel hin-sichtlich der Existenz des Nachlasses, über den das Verfahren eröffnet worden ist.

a) Auf die Frage, ob die Erbengemeinschaft schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auseinandergesetzt worden ist, kommt es nicht an. Nach §
316 Abs.
2 [X.] ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch dann noch
zulässig, wenn bei einer Mehrheit von Erben die Teilung des Nachlasses be-reits erfolgt ist. Damit wird ausgeschlossen, dass eine schnelle Teilung des Nachlasses zum Nachteil der Gläubiger vorgenommen wird; der Verwalter hat im Fall der bereits vollzogenen
Teilung des Nachlasses bei Eröffnung der [X.] sämtliches Vermögen in Besitz zu nehmen (§§ 80,
148, 159 [X.]) und die Erben sind verpflichtet, das in ihrem Besitz [X.] an ihn heraus-zugeben ([X.] in [X.], [X.], 2011, § 316 Rn.
12
f; [X.]/
[X.]/[X.], [X.], 2012, § 316 Rn. 7; [X.]/[X.], [X.]O, §
316 Rn.
5
f).

b) Im Streitfall wurde der Insolvenzantrag von einer [X.] gestellt. De-ren Antragsberechtigung ergibt sich aus §
317 Abs. 1 [X.]. Soweit eine Frist von zwei Jahren seit Annahme der Erbschaft für Insolvenzanträge von Nach-lassgläubigern gilt (§ 319 [X.]), ist diese Vorschrift auf den Insolvenzantrag eines Miterben nicht anzuwenden, deren Anträge sind ohne zeitliche Beschrän-kung zulässig ([X.] in [X.], [X.]O Rn.
12). Bedenken hinsicht-lich der Zulässigkeit des Insolvenzantrags wegen Fristablaufs bestehen damit nicht. Der Eröffnungsbeschluss ist nicht angefochten. Die Verfahrenseröffnung 13
14
-
10
-
ist wirksam. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger
mangels wirksamer Bestel-lung zum [X.] nicht prozessbefugt gewesen sein könn-te, wie sie von der Revisionserwiderung geltend gemacht werden, bestehen nicht. Der Kläger ist verpflichtet, die von den Miterben bei der Verwaltung des Nachlasses veräußerten Vermögensgegenstände wieder zur Masse zu ziehen oder Ersatzansprüche geltend zu machen (vgl. [X.] in Kübler/Prütting/
Bork, [X.]O Rn. 13; MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 316 Rn.
4; Uhlen-bruck/[X.], [X.]O Rn. 6)

2. Auf die Frage, ob die Finanzverwaltung wegen der Erbschaftssteuer-verbindlichkeit [X.] war und die Forderung zur Insolvenztabelle anmelden konnte, kommt es nicht an. Die Erbschaftssteuerverbindlichkeit ist im Rechtsstreit infolge der Feststellung zur Tabelle als Insolvenzforderung [X.] zu legen.

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Forderung un-widersprochen zur Tabelle festgestellt. Die Feststellung der Forderung zur
Insolvenztabelle hat für den Insolvenzverwalter und die Gläubiger gemäß §
178 Abs. 3 [X.] die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Dezember 2008 -
IX
ZR
156/07, Z[X.] 2009, 142 Rn.
10 mwN; vom 19.
Januar 2012 -
IX
ZR 4/11, Z[X.] 2012, 488 Rn.
13). Die festgestellte
Forde-rung kann von ihnen nur noch mit solchen Rechtsbehelfen angefochten werden, die gegen ein rechtskräftiges Urteil wirken ([X.]/[X.], in Kübler/Prütting/
Bork, [X.], 2010, §
178 Rn. 14 ff; [X.] in [X.]/Uhländer, [X.], § 178 Rn.
21; [X.]/[X.], [X.]O, § 178 Rn. 25 ff). Für eine derartige Anfechtung ist nichts vorgetragen. Entsprechende Rechtsbehelfe sind auch nicht einmal ersichtlich.

15
16
-
11
-

b) Der Streit um die Frage, ob im Nachlassinsolvenzverfahren [X.] gegen Miterben als Nachlassverbindlichkeiten zu qualifizieren sind, hätte nur im Tabellenfeststellungsverfahren oder in dem Streitverfahren zur Beseitigung des Widerspruchs ausgetragen werden können, wenn die Forderung durch einen nach § 178 Satz 1 [X.] Berechtigten bestritten worden wäre.

In diesem Verfahren wäre auch die Beklagte berechtigt gewesen, die Forderung zu bestreiten, weil die Miterben einer Erbengemeinschaft im [X.]verfahren die Stellung des Schuldners einnehmen ([X.], Urteil vom 16.
Mai 1969 -
V
ZR 86/68, NJW 1969, 1349; [X.], [X.]O §
315 Rn.
5
f). Bei mehreren Miterben gilt dies für jeden von ihnen ([X.], [X.]O). Ein [X.] der Beklagten hätte zwar gemäß § 178 Abs. 1 Satz 2 [X.] der Feststel-lung zur Tabelle nicht entgegengestanden. Er hätte jedoch der Beklagten ge-genüber den Eintritt der [X.] nach § 201 Abs. 2 [X.] verhindert, solange der Widerspruch nicht durch Urteil beseitigt worden wäre. Ein entspre-chendes Bestreiten durch die Beklagte ist jedoch unterblieben, so dass die Ein-tragung in die Insolvenztabelle auch ihr gegenüber wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt (vgl. [X.], Urteil vom 30. Januar 1961 -
II ZR 98/59, [X.], 427, 429; [X.], [X.], 597, 599; Graf-Schlicker, [X.], 3. Aufl., § 178 Rn.
15; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl. 2010,
§ 178 Rn. 53; [X.]/[X.]/
[X.], [X.], 2012, § 178 Rn. 24;
[X.]/[X.], [X.]O Rn. 32; [X.]/Uhlen-bruck/Voigt-Salus, Insolvenzrecht, 2. Aufl., [X.]. 28 Rn. 22).

[X.]) Zwar ergibt sich die [X.] für den Schuldner nicht aus §
178 Abs. 3 [X.], weil dieser dort nicht genannt ist. Sie folgt aber mittelbar aus §
201 Abs. 2 [X.] ([X.]/[X.], [X.]O). Nach dieser Vorschrift können [X.], deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im 17
18
19
-
12
-
Prüfungstermin bestritten worden sind, nach Aufhebung des [X.] aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben, wobei einer nicht bestrit-tenen Forderung eine Forderung gleichsteht, bei der ein erhobener [X.] beseitigt ist. Diese Wirkung tritt auch außerhalb des Insolvenzverfahrens ein ([X.], Urteil vom 30. Januar 1961, [X.]O). § 201 Abs. 2 [X.] regelt nur die während des Insolvenzverfahrens nicht mögliche Vollstreckung (§ 89 [X.]) nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Die [X.] außerhalb der Vollstreckung besteht aber schon vor Aufhebung des Verfahrens, sobald die Feststellung zur Tabelle erfolgt ist ([X.], [X.]O; [X.]/[X.], [X.]O). [X.] war die Beklagte im Prüfungstermin
vertreten und hat es unterlassen, die auch sonst nicht bestrittene Steuerforderung der Finanzverwaltung zu be-streiten. Die Gründe, aus denen dieses Bestreiten unterblieben ist, sind uner-heblich. Ebenso, wie bei einer offenen Handelsgesellschaft die Wirkungen des § 201 Abs. 2 [X.] für alle Gesellschafter der Schuldnerin gelten ([X.], Urteil vom 30. Januar 1961, [X.]O), erstrecken sie sich auch im Fall der Erbengemein-schaft, bei der die Mitglieder die Stellung des Schuldners einnehmen, auf sämt-liche Miterben.

bb) Der [X.] entsprechend § 201 Abs. 2 [X.] steht nicht entgegen, dass die [X.] einer Feststellung zur Insolvenztabelle gemäß § 178 Abs. 3 [X.] grundsätzlich nur für Insolvenzforderungen gilt und eine Forderung, die aus Rechtsgründen nicht zur Insolvenztabelle angemeldet werden kann, nicht ohne weiteres durch eine versehentliche Eintragung in die Tabelle zur Insolvenzforderung wird (vgl. zu § 145 Abs. 1 KO: [X.], Urteil vom 21.
Februar 1991 -
IX
ZR 133/90, [X.]Z 113, 381, 382 f; zu § 178 Abs. 3 [X.]: [X.]/[X.], [X.]O §
178 Rn. 18 ff). Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass die rechtliche Einordnung einer Forderung als Insolvenzforderung, soweit sie 20
-
13
-
sich zum Nachteil der Masse auswirkt, nicht der Disposition der Beteiligten
un-terliegt.

Im vorliegenden Fall war über eine Erbschaftssteuerforderung der [X.] zu entscheiden, die sich gegen die [X.] richtet. Eine derar-tige Forderung stellt grundsätzlich eine Insolvenzforderung im Sinne des §
38 Abs.
1 [X.] dar. Für die Steuer der am Erbfall Beteiligten haftet der Nachlass gemäß § 20 Abs. 3 [X.] zumindest bis zur Auseinandersetzung der Erben-gemeinschaft. Sie kann also im Nachlassinsolvenzverfahren zur [X.] angemeldet werden. Zwar ist umstritten, ob eine Haftung des Nachlasses auch nach dessen Auseinandersetzung noch in Betracht kommt. Gleichwohl handelt es sich um eine Forderung, deren Anmeldung im [X.] nicht gesetzlich ausgeschlossen ist. Die Feststellung, ob die [X.] beendet ist, unterliegt dagegen der Disposition der Beteiligten (vgl. [X.], Urteil vom 21. Februar 1991, [X.]O S. 383). Mit der Eintragung in die Insolvenztabelle ist die streitbefangene Forderung als Nachlassverbindlichkeit und damit als Insolvenzforderung rechtskräftig festge-stellt worden.

cc) Die Rechtsprechung des [X.], nach der [X.] auch durch Anmeldung, Anerkennung und Feststellung nicht zu [X.] werden und die [X.] gemäß § 178 Abs.
3, §
183 [X.] die spätere Geltendmachung desselben Anspruchs als Masseforde-rung nicht ausschließt ([X.], Urteil vom 13. Juni 2006 -
IX
ZR 15/04, [X.]Z 168, 112 Rn. 15 ff), steht der [X.] nicht entgegen. Um eine [X.] konnte es sich bei der [X.] nicht handeln.
21
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14
-

dd) Soweit der [X.] entschieden hat, dass sich der [X.] gegenüber einem aus Durchgriffshaftung in Anspruch genomme-nen GmbH-Gesellschafter, der keine Gelegenheit zu einem Widerspruch im Sinne von § 178 Abs. 3 [X.] hatte, auf die [X.] der Eintragung der Gläubigerforderungen in die Insolvenztabelle nicht berufen kann ([X.], Ur-teil vom 14. November 2005 -
II
ZR 178/03, [X.]Z 165, 85, 95 f; vom 9. Okto-ber 2006 -
II
ZR 193/05, Z[X.] 2007, 35 Rn. 11), ergibt sich hieraus kein Recht der Beklagten, die Forderung trotz Feststellung zur Insolvenztabelle zu bestrei-ten. Die Beklagte ist im [X.] beteiligt gewesen und gehört worden. Eine Gehörsverletzung (Art. 103 Abs. 1 GG) scheidet aus. [X.] sind keine Gründe ersichtlich, die einer Bindung der Beklagten an die Feststellung der Erbschaftssteuerforderung zur Insolvenztabelle entgegenste-hen könnten.

3. Die weiteren Voraussetzungen
des §
1978 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind erfüllt. Das Berufungsgericht hat die Auseinandersetzung der Erbengemein-schaft und die Auszahlung der insoweit geschuldeten Beträge zutreffend als Verwaltungsmaßnahme angesehen, die unter §
1978 [X.] fällt. Hiergegen wendet sich die Revisionserwiderung nicht. Soweit die Erwiderung meint, der einzelne Miterbe sei nur insoweit zur Herausgabe des [X.], als das Erlangte zur Befriedigung der Nachlassverbindlichkeiten erforderlich sei, folgt aus den vorstehenden Ausführungen, dass der Betrag von 350.000

benötigt wird, um den Anspruch des [X.] zu befriedigen. Eines [X.] des Erben bedarf es nicht ([X.], Beschluss vom 13.
März 2008 -
IX
ZR 13/05, [X.] 2008, 237 unter Bezugnahme auf [X.], Urteil vom 2.
Juli 1992 -
IX
ZR 256/91, [X.], 2020, 2022).
23
24
-
15
-
III.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben. Sie ist aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz
1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO) kann der Senat nicht treffen, weil das Berufungsgericht sich bisher nicht mit den von der
Beklagten in der Klageerwiderung hilfsweise geltend gemachten aufrechenbaren [X.] befasst hat.

[X.]
[X.]
Fischer

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 05.11.2010 -
1 O 223/10 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 27.01.2012 -
24 U 38/11 -

25

Meta

IX ZR 30/12

10.10.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2013, Az. IX ZR 30/12 (REWIS RS 2013, 2080)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2080

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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