Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.01.2010, Az. IV R 33/07

4. Senat | REWIS RS 2010, 10458

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Gegenstand

(Voraussetzungen der Änderung eines bestandskräftigen Feststellungsbescheids nach § 174 Abs. 3 AO - Einbringung von Grundstücken des Betriebsvermögens in eine vermeintlich gewerblich geprägte GmbH & Co. GbR - Zweifel an der Anwendbarkeit der Änderungsvorschrift des § 174 Abs. 3 AO)


Leitsatz

1. Unter einem "bestimmten Sachverhalt" i.S. von § 174 Abs. 3 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft; darunter fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Merkmal, sondern auch der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex .

2. Ging das FA anlässlich der Beendigung der betrieblichen Nutzung eines vom Kommanditisten einer KG überlassenen Grundstücks und dessen Übertragung auf eine GmbH & Co. GbR --nach späterer Erkenntnis rechtsirrig-- davon aus, dass die Besteuerung stiller Reserven zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen könne, so scheidet die Änderung eines gegenüber der KG ergangenen bestandskräftigen Feststellungsbescheids nach § 174 Abs. 3 AO aus. Die Umstände, die zu einer späteren Aufdeckung stiller Reserven hätten führen können, sind unbestimmt und gehören nicht zu dem Sachverhalt, der rechtsirrtümlich nicht als Entnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten gewürdigt worden ist .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine [X.]mb[X.] & Co. K[X.], betreibt ein Energieversorgungstechnikunternehmen. Kommanditistin der Klägerin und [X.]eschäftsführerin der Komplementär-[X.]mb[X.] ist Frau [X.] ist zugleich Eigentümerin der [X.]rundstücke an der [X.] in [X.] [X.]uf diesen [X.]rundstücken betrieb die Klägerin bis zum Ende des Streitjahres (1995) ihre [X.]eschäfte; ab Mai 1995 zog die Klägerin in ihr neu errichtetes [X.]etriebsgebäude in [X.], [X.], dessen Eigentümerin sie ist. [X.]is zum 31. Dezember 1995 behandelte die Klägerin die [X.]rundstücke der [X.] als deren Sonderbetriebsvermögen.

2

Zu jener [X.] nahm die steuerliche [X.]eraterin der Klägerin, eine [X.]irtschaftsprüfungsgesellschaft ([X.]), in einem Kurzgutachten dazu Stellung, wie bei der [X.]etriebsverlegung der Klägerin die [X.]ufdeckung stiller Reserven vermieden werden könne. [X.] empfahl, die [X.]rundstücke [X.] in ein anderes [X.]etriebsvermögen zu übertragen. [X.]ierzu sollte eine gewerblich geprägte Personengesellschaft in der Rechtsform einer [X.]mb[X.] & Co. [X.]bR (mb[X.]) gegründet werden.

3

Mit Schreiben vom 14. September 1994 bat die Klägerin den [X.]eklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) um eine verbindliche [X.]uskunft u.a. zu der Frage, wie die von [X.] vorgeschlagene [X.]estaltung steuerlich zu würdigen sei. Mit Verfügung vom 17. November 1995 führte das [X.] u.a. aus:

4

  "Die Realisierung stiller Reserven kann nur dann vermieden werden, wenn das [X.]rundstück weiter in einem [X.]etriebsvermögen verbleibt, wobei die Entnahme aus dem einen durch die Einlage in ein anderes [X.]etriebsvermögen möglich ist (§ 6 [X.]bs. 1 Nr. 5 Einkommensteuergesetz). Durch die Neugründung der gewerblich geprägten Personengesellschaft [X.]mb[X.] & Co. [X.]bR kann ein anderes [X.]etriebsvermögen begründet werden. Die Einlage des [X.]etriebsgrundstückes ist mit dem Teilwert für den [X.]punkt der Zuführung anzusetzen; sie ist jedoch höchstens mit dem Entnahmewert anzusetzen, da das zugeführte [X.]irtschaftsgut innerhalb der letzten drei Jahre vor dem [X.]punkt der Zuführung aus einem [X.]etriebsvermögen entnommen worden ist."

5

Mit notariellem Vertrag vom 20. Dezember 1995 wurde die "[X.] [X.]eschäftsführung [X.]mb[X.] und [X.] [X.]esellschaft bürgerlichen Rechts mit [X.]aftungsbeschränkung wie eine [X.]mb[X.] & Co. K[X.]" ([X.]) gegründet. Die "[X.] [X.]eschäftsführung [X.]mb[X.]" ([X.]) und [X.] sind [X.]esellschafterinnen der [X.], wobei [X.] zu 100 % am [X.]esellschaftsvermögen der [X.] beteiligt ist. [X.] ist zugleich [X.]eschäftsführerin der [X.], die allein zur Vertretung der [X.] berechtigt ist. Die [X.]rundstücke [X.] wurden zum 1. Januar 1996 zu [X.]uchwerten in die [X.] eingebracht.

6

Nachdem die Klägerin am 9. Dezember 1996 eine Feststellungserklärung für das [X.] eingereicht hatte, stellte das [X.] mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem [X.]escheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen 1995 vom 11. Februar 1997 die Einkünfte der Klägerin aus [X.]ewerbebetrieb in [X.]öhe von 661.595 DM fest. Der nach einer [X.]ußenprüfung ergangene Änderungsbescheid vom 27. [X.]pril 1999 stellte unter [X.]ufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung die Einkünfte aus [X.]ewerbebetrieb auf 714.594 DM fest.

7

Die [X.] wurde vom [X.] ab 1. Januar 1996 als gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 [X.]bs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (ESt[X.]) behandelt. [X.] waren [X.] und [X.]. Für die Jahre 1996 bis 1999 reichte die [X.] jeweils eine [X.], eine [X.]ewerbesteuer- und eine Umsatzsteuererklärung ein. Das [X.] führte erklärungsgemäß entsprechende Feststellungen und Steuerfestsetzungen durch.

8

Mit Schreiben vom 18. Juli 2000 IV C 2 -S 2241- 56/00 ([X.]St[X.]l I 2000, 1198) nahm das [X.]undesministerium der Finanzen ([X.]MF) Stellung zu den ertragssteuerlichen [X.]uswirkungen des Urteils des [X.]undesgerichtshofs ([X.][X.][X.]) vom 27. September 1999 [X.] ([X.][X.][X.]Z 142, 315), nach dem für die im Namen einer [X.]bR begründeten Verpflichtungen die [X.]esellschafter kraft [X.]esetzes auch persönlich haften und diese [X.]aftung nicht durch einen Namenszusatz oder einen anderen, den [X.]illen, nur beschränkt für diese Verpflichtungen einzustehen, verdeutlichenden [X.]inweis beschränkt werden, sondern nur durch eine individualvertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden kann. Das [X.]MF führte u.a. aus, in Fällen, in denen in der Vergangenheit --beispielsweise bei einer [X.]mb[X.] & Co. [X.]bR-- auf [X.]rund der bisherigen [X.][X.][X.]-Rechtsprechung auch ohne ausdrückliche [X.]brede der Parteien eine [X.]aftungsbeschränkung angenommen worden sei, also steuerlich vom Vorliegen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft i.S. des § 15 [X.]bs. 3 Nr. 2 ESt[X.] ausgegangen worden sei, erweise sich diese [X.]nnahme rückwirkend als unrichtig. Die betreffende [X.]bR habe von [X.]nfang an kein [X.]etriebsvermögen gehabt, sondern es habe von [X.]nfang an Privatvermögen vorgelegen. [X.]erde die [X.]bR gemäß den Regelungen des [X.]andelsrechtsreformgesetzes 1999 ([X.][X.][X.]l I 1998, 1474) bis zum 31. Dezember 2000 in eine [X.]mb[X.] & Co. K[X.] umgewandelt, so könne die [X.]esellschaft aus [X.] bis zum 31. Dezember 2000 beantragen, das Vermögen der Personengesellschaft weiterhin als [X.]etriebsvermögen zu behandeln. In seinem Schreiben vom 28. [X.]ugust 2001 IV [X.] 6 -S 2240- 49/01 ([X.]St[X.]l I 2001, 614) nahm das [X.]MF zur [X.]ehandlung der Fälle Stellung, in denen ein solcher [X.]ntrag nicht gestellt worden war. Unter Ziff. 1. dieses Schreibens führte das [X.]MF aus:

9

  "Stille Reserven, die auf eine [X.]bR übergegangen sind, die bisher irrigerweise als gewerblich angesehen worden ist, sind auch in den Fällen noch zu besteuern, in denen die entsprechenden [X.]escheide bereits bestandskräftig sind. Eine Änderung dieser [X.]escheide ist auf § 174 [X.]bs. 3 [X.] zu stützen. Diese Vorschrift soll verhindern, dass ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der [X.]esteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird (negativer [X.]iderstreit).

Vor dem Ergehen des [X.][X.][X.]-Urteils vom 27. September 1999 ... haben die Finanzämter aufgrund der bisherigen Rechtsauffassung ([X.] 138 [X.]bs. 6 ESt[X.] 1999) auf die [X.]esteuerung von [X.] und Veräußerungsgewinnen sowie auf die gewinnerhöhende [X.]uflösung von Rücklagen nach §§ 6b, 6c ESt[X.] erkennbar in der [X.]nnahme verzichtet, die stillen Reserven seien in späteren [X.] [X.] zu erfassen. Diese [X.]nnahme hat sich nachträglich als unzutreffend erwiesen. [X.]ird die Vertrauensschutzregelung ... nicht in [X.]nspruch genommen, sind bestandskräftige [X.]escheide insoweit nach § 174 [X.]bs. 3 [X.] zu ändern. Die Festsetzungsfrist ist aufgrund der Sonderregelung in § 174 [X.]bs. 3 Satz 2 [X.] noch nicht abgelaufen."

[X.]eiter vertrat das [X.]MF u.a. die [X.]nsicht, dass unter [X.]erücksichtigung des [X.]rundsatzes von Treu und [X.]lauben § 176 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder [X.]bs. 2 der [X.]bgabenordnung ([X.]) einer [X.]escheidänderung nicht entgegen stehe. [X.]ufgrund der [X.]nwendbarkeit des § 174 [X.]bs. 3 [X.] würden jedoch aus [X.] die im [X.]MF-Schreiben in [X.]St[X.]l I 2000, 1198 eingeräumten Fristen, das Vermögen der Personengesellschaft auf [X.]ntrag der [X.]esellschaft weiterhin als [X.]etriebsvermögen zu behandeln sowie die betreffende [X.]bR nach den Regelungen des [X.]andelsrechtsreformgesetzes in eine [X.]mb[X.] & Co. K[X.] umzuwandeln, bis zum 31. Dezember 2001 verlängert.

Dem folgend stellte das [X.] nach [X.]nhörung mit nach § 174 [X.] geändertem Feststellungsbescheid 1995 vom 20. Dezember 2002 Einkünfte der Klägerin aus [X.]ewerbebetrieb in [X.]öhe von 1.638.398,69 DM fest, wobei [X.] zusätzlich Sonderbetriebseinnahmen in [X.]öhe von 923.804,69 DM zugerechnet wurden. In den Erläuterungen zum [X.]escheid führte das [X.] aus:

"Die [X.]erichtigung war erforderlich, da das bisher im Sonderbetriebsvermögen der Frau [X.] stehende [X.]rundvermögen nach den Erlassen des [X.]MF vom 18. Juli 2000 und vom 28. [X.]ugust 2001 nicht in eine [X.]bR mit beschränkter [X.]aftung eingebracht werden kann, um die Eigenschaft als [X.]etriebsvermögen zu erhalten. Der Teilwert wurde mangels eingereichter [X.]utachten mit 1 000 000,00 DM geschätzt. Dieser Teilwert wurde (gemindert) um die [X.]uchwerte zum 31. Dezember 1995 als laufender [X.]ewinn der [X.]esteuerung unterworfen."

Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (F[X.]) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1478 veröffentlichten [X.]ründen statt.

Es führte im [X.]esentlichen aus, das [X.] habe aufgrund einer fehlerhaften rechtlichen [X.]ürdigung angenommen, dass die streitbefangenen [X.]rundstücke noch steuerverstrickt und deshalb bei deren Entnahme aus der K[X.] und Einlage in die [X.] die stillen Reserven nicht aufzulösen seien. Die jeder Verstrickung immanente [X.]nnahme, dass stille Reserven früher oder später realisiert werden, reiche für die nach § 174 [X.]bs. 3 [X.] erforderliche [X.]nnahme einer [X.]erücksichtigung in einem anderen Steuerbescheid nicht aus. Der andere Steuerbescheid sei in diesem Fall nicht hinreichend bestimmbar, weil die [X.] und ihr [X.]nlass völlig offen seien.

Mit seiner Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist unbegründet und nach § 126 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen. Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass das [X.] den --bestandskräftigen-- Feststellungsbescheid 1995 vom 27. [X.]pril 1999 nicht mehr durch den angefochtenen Änderungsbescheid vom 20. Dezember 2002 zuungunsten der Klägerin ändern durfte.

1. Die Voraussetzungen einer Änderung nach § 174 [X.]bs. 3 [X.] liegen nicht vor.

a) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der [X.]nnahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese [X.]nnahme als unrichtig heraus, so kann gemäß § 174 [X.]bs. 3 Satz 1 [X.] die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die für Feststellungsbescheide gemäß § 181 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] sinngemäß geltende Vorschrift soll verhindern, dass ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der Besteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird (z.B. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 15. Januar 2009 [X.]/07, [X.], 1073; Senatsurteil vom 27. Mai 1993 IV R 65/91, [X.], 5, [X.] 1994, 76), und erfordert deshalb einen "negativen Widerstreit". Dieser liegt vor, wenn ein bestimmter Sachverhalt in keinem von mehreren in Betracht zu ziehenden Steuerbescheiden (Feststellungsbescheiden) berücksichtigt worden ist, obwohl er in einem dieser Bescheide hätte berücksichtigt werden müssen (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 29. Mai 2001 [X.]/00, [X.], 23, [X.] 2001, 743, und [X.]/00, [X.] 2001, 1372, jeweils m.w.[X.]).

aa) § 174 [X.]bs. 3 [X.] setzt eine alternative Berücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts in dem einen oder dem anderen Steuerbescheid (Feststellungsbescheid) voraus (Senatsurteile vom 15. Februar 2001 IV R 9/00, [X.] 2001, 1007, und vom 8. März 2007 IV R 41/05, [X.] 2007, 1813; vgl. auch Senatsbeschluss vom 18. [X.]ugust 2005 [X.], [X.], 210, [X.] 2006, 158). Der Sachverhalt muss identisch sein (vgl. Senatsurteil in [X.] 2007, 1813; Senatsbeschluss vom 3. September 1997 [X.], [X.] 1998, 148). Das Tatbestandsmerkmal des bestimmten Sachverhalts ist in § 174 [X.] einheitlich auszulegen (vgl. z.B. von [X.]/ [X.], § 174 [X.] Rz 171; [X.]/Rüsken, [X.], 10. [X.]ufl., § 174 Rz 18 und 40a; [X.] in Tipke/[X.], [X.]bgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 [X.] Rz 5, 29 und 39); deshalb können für § 174 [X.]bs. 3 Satz 1 [X.] auch die für § 174 [X.]bs. 4 Satz 1 [X.] in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten [X.]uslegungsgrundsätze herangezogen werden. Danach ist unter einem bestimmten Sachverhalt der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das [X.]esetz steuerliche Folgen knüpft; darunter fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Merkmal, sondern auch der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex (z.B. Senatsurteil in [X.] 2007, 1813; [X.]-Urteil vom 14. März 2006 [X.], [X.], 517, [X.] 2007, 602; [X.]/Rüsken, a.a.[X.], § 174 Rz 18, jeweils m.w.[X.]). Es muss sich um denselben Lebensvorgang handeln, an den das [X.]esetz steuerliche Folgen knüpft (Senatsurteil in [X.] 2007, 1813). Für die [X.]nwendung des § 174 [X.]bs. 3 [X.] ist entscheidend, dass aus demselben --unveränderten und nicht durch weitere Tatsachen ergänzten-- Sachverhalt steuerliche Folgerungen in einem anderen Steuerbescheid hätten gezogen werden sollen.

bb) Die (erkennbare) [X.]nnahme, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, muss --in sinnvoller Einschränkung des [X.]nwendungsbereichs des § 174 [X.]bs. 3 [X.]-- für dessen Nichtberücksichtigung kausal geworden sein (z.B. [X.]-Urteile in [X.], 23, [X.] 2001, 743, und in [X.] 2001, 1372, jeweils m.w.[X.]; [X.]/Rüsken, a.a.[X.], § 174 Rz 40a). Dabei ist jedoch unerheblich, ob diese [X.]nnahme auf einer sachlichen oder auf einer rechtlichen Fehlbeurteilung beruht (z.B. Senatsurteile in [X.], 5, [X.] 1994, 76, und vom 23. Mai 1996 [X.], [X.] 1997, 89). [X.]n der erforderlichen Ursächlichkeit der [X.]nnahme für die Nichtberücksichtigung fehlt es nur, wenn die Behörde von diesem Sachverhalt gar keine Kenntnis hatte oder rechtsirrtümlich annahm, dieser Sachverhalt sei --jetzt und auch [X.] ohne steuerrechtliche Bedeutung (z.B. [X.]-Urteile in [X.], 23, [X.] 2001, 743, und in [X.] 2001, 1372; [X.]-Beschluss vom 9. [X.]ugust 2007 [X.], juris).

b) [X.]usgehend von diesen Rechtsgrundsätzen sind im Streitfall die Voraussetzungen des § 174 [X.]bs. 3 [X.] nicht gegeben.

aa) Die [X.]nwendung des § 174 [X.]bs. 3 [X.] kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei dem [X.]eschehen im Zusammenhang mit der [X.]ufgabe der betrieblichen Nutzung der im Eigentum der [X.] befindlichen, bis einschließlich des [X.] als Sonderbetriebsvermögen der [X.] behandelten [X.]rundstücke und deren Einbringung in das Betriebsvermögen der zu jener [X.] vermeintlich gewerblich geprägten [X.] einerseits und andererseits der späteren [X.]ufdeckung der in den streitbefangenen [X.]rundstücken ruhenden stillen Reserven aus zeitlich und seiner [X.]rt nach unbestimmtem [X.]nlass nicht um einen identischen Sachverhalt handelt.

Der Sachverhalt, den das [X.] unberücksichtigt gelassen hat, war die Überführung der [X.]rundstücke der [X.] aus deren Sonderbetriebsvermögen in das Betriebsvermögen der neu gegründeten [X.]. Dieser Vorgang wäre, wenn das [X.] die [X.] nicht entgegen seiner später gewonnenen Rechtsauffassung als gewerblich geprägte Personengesellschaft angesehen hätte, als Entnahme zu erfassen gewesen. Denn mit der Nutzungsänderung der [X.]rundstücke wurde deren betriebliche Beziehung zur Klägerin gelöst, so dass die [X.]rundstücke ohne die Einbringung in ein anderes Betriebsvermögen Privatvermögen der [X.] wurden (vgl. z.B. Senatsurteile vom 5. [X.]pril 1979 [X.], [X.]E 128, 49, [X.] 1979, 554, und vom 8. März 1990 IV R 60/89, [X.]E 160, 443, [X.] 1994, 559; [X.]/Wacker, ESt[X.], 28. [X.]ufl., § 15 Rz 538). [X.] hat das [X.] die Besteuerung anlässlich der Nutzungsänderung und Übertragung der [X.]rundstücke auf die [X.] nicht etwa deshalb unterlassen, weil es annahm, diese Entnahme sei in einem späteren Bescheid zu erfassen. Zwar hat es von der Besteuerung eines Entnahmegewinns abgesehen, weil es --nach späterer Erkenntnis rechtsirrig-- der [X.]uffassung war, die in den [X.]rundstücken ruhenden stillen Reserven blieben nicht unversteuert. Die in einem späteren [X.]punkt zu erwartende Versteuerung der stillen Reserven konnte jedoch aus der damaligen Sicht des [X.] auf unterschiedlichen Sachverhalten beruhen (vgl. zu einer vergleichbaren Sachverhaltsabgrenzung auch Senatsbeschluss in [X.], 210, [X.] 2006, 158). Denn zu einer [X.]ufdeckung von stillen Reserven können ganz unterschiedliche Umstände (z.B. die Entnahme oder die Veräußerung eines oder mehrerer [X.]rundstücke) führen, die selbst in ihren wesentlichen Merkmalen auch nicht teilidentisch mit dem im Streitfall vom [X.] beurteilten Sachverhalt der Nutzungsänderung und [X.]rundstücksübertragung sind. Insbesondere handelte es sich bei späteren Entnahmehandlungen nicht um denselben Sachverhalt wie bei der Entnahme in Folge einer von der Klägerin veranlassten Nutzungsänderung der [X.]rundstücke. Denn der Begriff der "Entnahme" bildet nur den Tatbestand für die rechtliche Beurteilung; den maßgeblichen Sachverhalt bilden demgegenüber die Tatsachen, die unter den Tatbestand der Entnahme zu subsumieren sind (vgl. auch Senatsurteil in [X.] 2007, 1813). Die Tatsachen, die einer möglichen späteren Entnahme zugrunde lägen, sind jedoch in jedem Fall andere als die im Streitfall vorliegende Nutzungsänderung und [X.]rundstücksübertragung. Das [X.] hat also die Besteuerung nicht deshalb unterlassen, weil es annahm, der bei der Klägerin verwirklichte Sachverhalt sei in einem späteren Bescheid zu erfassen. Zudem war auch der [X.]punkt einer [X.]ufdeckung stiller Reserven völlig unbestimmt. Ein "bestimmter" (identischer) Sachverhalt i.S. des § 174 [X.]bs. 3 Satz 1 [X.] setzt hingegen auch voraus, dass die tatsächlichen Umstände, die das [X.] seiner Beurteilung zugrunde legt, diesem in ihren wesentlichen [X.]usprägungen hinreichend bekannt sind. [X.]llein die Erwartung des [X.], die stillen Reserven seien irgendwann aufgrund irgendeines Sachverhalts zu erfassen, rechtfertigt die [X.]nwendbarkeit des § 174 [X.]bs. 3 [X.] nicht.

Der erkennende Senat folgt mit seiner Rechtsauffassung im Ergebnis auch den bereits vom [X.] [X.] (Beschluss vom 27. Januar 2004 [X.]/03, [X.] 2004, 913) und in der Fachliteratur (z.B. von [X.]ronau/[X.], [X.], 1926 f.; Ellesser/[X.], Der Betrieb 2001, 2419, 2420 ff.; [X.], Deutsche Steuer-[X.]ung 2002, 66, 67 f.; [X.]/ [X.], Neue Juristische Wochenschrift 2002, 3733, 3735 f.; von [X.] in Beermann/[X.]osch, [X.], § 174 Rz 71) geäußerten Bedenken hinsichtlich der vom [X.] in [X.], 1198, und in [X.], 614 vertretenen [X.]nwendung des § 174 [X.]bs. 3 [X.] auf Fälle, in denen eine Entnahmebesteuerung aufgrund rechtsfehlerhafter Würdigung einer [X.]bR als gewerblich geprägte Personengesellschaft unterblieben ist. [X.]uch sieht sich der erkennende Senat in seiner [X.]nsicht durch Zweifel bestärkt, ob § 174 [X.]bs. 3 [X.] die Rechtsgrundlage dafür bietet, bestandskräftige Steuerbescheide in der Weise zu ändern, dass ein Entnahmegewinn steuerlich berücksichtigt wird, den das [X.] seinerzeit wegen Nichtanwendung der [X.]-Rechtsprechung zur Bedeutung von [X.] bei der Betriebsaufspaltung nicht erfasst hat (vgl. Senatsbeschluss in [X.], 210, [X.] 2006, 158, m.w.[X.]; [X.], [X.] 3, 12501, 12509; [X.]/Wacker, a.a.[X.], § 15 Rz 825). [X.]uch für jene Fallkonstellation rechtfertigte die Finanzverwaltung die [X.]nwendbarkeit des § 174 [X.]bs. 3 [X.] im Ergebnis mit der Erwartung, dass die stillen Reserven irgendwann aufgrund irgendeines Sachverhalts zu erfassen seien.

bb) Hindert schon das Vorliegen verschiedener Sachverhalte an der [X.]nwendung des § 174 [X.]bs. 3 [X.], so kann offenbleiben, ob die [X.]nnahme des [X.], dass ein bestimmter Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, im Streitfall kausal für dessen Nichtberücksichtigung gewesen ist. [X.]uch dies begegnete allerdings Zweifeln, soweit man von der rechtsirrtümlichen [X.]nnahme des [X.] ausgeht, der Sachverhalt der Nutzungsänderung und [X.]rundstücksübertragung sei --jetzt und auch [X.] ohne steuerrechtliche Bedeutung, weil die streitbefangenen [X.]rundstücke weiterhin "steuerlich verstrickt" blieben und erst aufgrund neu hinzutretender Umstände eine Versteuerung der in den [X.]rundstücken ruhenden stillen Reserven erfolgen könne (in diesem Sinne die Kausalität verneinend wohl auch [X.] in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 174 [X.] Rz 29).

2. Weiterhin kann im Streitfall offenbleiben, ob --worüber zwischen den Beteiligten im Übrigen kein Streit besteht-- die Feststellungen des [X.] den Schluss zulassen, dass bei richtiger Sachbehandlung der [X.]punkt der Entnahme der streitbefangenen [X.]rundstücke bereits im Streitjahr und nicht erst im Folgejahr anzusetzen gewesen wäre. [X.]leichfalls bedarf keiner Entscheidung, ob die Verfügung des [X.] vom 17. November 1995 als verbindliche [X.]uskunft anzusehen ist, wegen der das [X.] auch nach [X.] und [X.]lauben am Erlass des angefochtenen Feststellungsbescheids gehindert gewesen wäre (vgl. z.B. Senatsurteil vom 17. September 1992 IV R 39/90, [X.]E 169, 290, [X.] 1993, 218; [X.]-Urteil vom 16. November 2005 [X.], [X.]E 211, 30, [X.] 2006, 155). [X.]uch braucht nicht entschieden zu werden, ob dem angegriffenen Änderungsbescheid auch § 176 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] entgegenstünde, weil das [X.] seine ursprüngliche Rechtsauffassung, die [X.] sei eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, erst aufgrund einer neuen Rechtsprechung des B[X.]H (Urteil in B[X.]HZ 142, 315) geändert hat, oder ob insoweit zu berücksichtigen wäre, dass das [X.] mit seinen Schreiben in [X.], 1198, und in [X.], 614 auch Vertrauensschutzregelungen getroffen hat.

Meta

IV R 33/07

14.01.2010

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 10. Mai 2007, Az: 6 K 2818/03 F, Urteil

§ 174 Abs 3 AO, § 176 Abs 1 S 1 Nr 3 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.01.2010, Az. IV R 33/07 (REWIS RS 2010, 10458)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10458

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