Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.10.2020, Az. 4 StR 214/20

4. Strafsenat | REWIS RS 2020, 2195

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Gegenstand

Einziehung: Berücksichtigung des Wertes des eingezogenen Gegenstandes bei der Strafzumessung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] ([X.]) vom 5. Februar 2020

a) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des schweren Raubes und des versuchten Diebstahls schuldig ist;

b) aufgehoben im Ausspruch über

aa) die Strafe im Fall [X.] der Urteilsgründe,

bb) die Gesamtstrafe,

cc) die Einziehung des [X.] CLS;

die jeweils zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen „gemeinschaftlichen schweren Raubes in Tatmehrheit mit gemeinschaftlichen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall“ unter Einbeziehung der Strafen aus drei Vorverurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es in [X.] vollzogene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet und neben weiteren Gegenständen einen PKW [X.] eingezogen. Schließlich hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 9.804,84 € bei gesamtschuldnerischer Haftung angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 [X.]).

2

1. Der [X.] hat den Schuldspruch berichtigt; in die Urteilsformel ist nicht aufzunehmen, ob der Angeklagte als Alleintäter oder als Mittäter gehandelt hat und ob die Tat wegen Vorliegens eines gesetzlichen Regelbeispiels als besonders schwerer Fall einzuordnen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 15. April 2009 - 3 [X.], [X.], 248; [X.]/[X.], [X.], 63. Aufl., § 260 Rn. 24 mwN).

3

2. Die Einzelstrafe im Fall [X.] der Urteilsgründe und die Gesamtstrafe können nicht bestehen bleiben. Denn das [X.] hat nicht bedacht, dass dem Angeklagten mit der Einziehung des [X.] möglicherweise ein ihm gehörender Gegenstand von erheblichem Wert entzogen worden und dies bei Festsetzung der Einzelstrafe sowie der Gesamtstrafe strafmildernd zu berücksichtigen ist. Dies entzieht auch der Gesamtstrafe sowie der Einziehungsentscheidung die Grundlage.

4

a) Das [X.] hat die Einziehung des zur Tatbegehung im Fall [X.] der Urteilsgründe verwendeten Kraftfahrzeugs rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 StGB gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine [X.] dar (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. November 2018 - 4 StR 332/18, NStZ-RR 2019, 88; vom 3. Mai 2018 - 3 StR 8/18, [X.], 526 und vom 12. März 2013 - 2 StR 43/13, [X.], 565). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb als ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege der Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 11. Februar 2020 - 4 StR 525/19, [X.], 407, 408; vom 5. November 2019 - 2 StR 447/19, [X.], 232; vom 3. Mai 2018 - 3 StR 8/18, [X.], 526). Dies hat das [X.] nicht bedacht. Den Wert des Fahrzeugs hat es nicht festgestellt. Der [X.] kann daher nicht ausschließen, dass das [X.] bei Beachtung dieser Grundsätze die Einzelstrafe im Fall [X.] der Urteilsgründe und die Gesamtstrafe milder bemessen hätte.

5

b) Dies zieht auch die Aufhebung der für sich genommen [X.] Einziehungsentscheidung nach sich, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. [X.], Beschluss vom 21. November 2018 - 4 StR 332/18, NStZ-RR 2019, 88).

6

c) Die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zugrundeliegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht wird ergänzende Feststellungen zum Wert des Kraftfahrzeugs zu treffen haben.

7

3. Für die neue Hauptverhandlung weist der [X.] auf Folgendes hin:

8

Die Urteilsgründe ergeben nicht, ob die Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 19. März 2019 gemäß § 55 StGB zu Recht in die Gesamtstrafe einbezogen worden ist, weil Feststellungen zum Zeitpunkt der Tat, des Eintritts der Rechtskraft und zum Vollstreckungsstand fehlen. Die neu zur Entscheidung berufene [X.] wird Gelegenheit haben, dies nachzuholen. Dabei wird auch das Verbot der reformatio in peius zu beachten sein; dem Angeklagten darf ein in der nachträglichen Gesamtstrafenbildung des angegriffenen Urteils liegender Vorteil nicht mehr genommen werden (§ 358 Nr. 2 [X.]). Eine auf § 55 Abs. 2 StGB gestützte Anordnung der Aufrechterhaltung der im Urteil des [X.] vom 28. Dezember 2018 angeordneten Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, die im Zeitpunkt des Urteils noch nicht abgelaufen war, kommt daher nicht mehr in Betracht.

9

4. Der [X.] sieht mit Blick auf die in den Urteilsgründen enthaltene Beweiserwägung, am Tatfahrzeug habe sich „DNA des Angeklagten sicherstellen“ lassen, Anlass zu dem Hinweis, dass dies den Anforderungen, die an die Darlegung der Ergebnisse von [X.] zu stellen sind (vgl. nur [X.], Beschluss vom 20. November 2019 - 4 StR 318/19, NJW 2020, 350), nicht genügt.

Quentin     

        

Bender     

        

Bartel

        

Sturm     

        

Lutz     

        

Meta

4 StR 214/20

20.10.2020

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankenthal, 5. Februar 2020, Az: 5171 Js 112/18 - 3 KLs

§ 74 Abs 1 StGB, § 74 Abs 3 S 1 StGB, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.10.2020, Az. 4 StR 214/20 (REWIS RS 2020, 2195)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2195

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