Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.12.2015, Az. 4 StR 397/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 1523

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 397/15

vom
1. Dezember
2015
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen
zu 1.:
Diebstahls u.a.

zu 2. und 3.:
schweren Bandendiebstahls u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 1.
Dezember 2015 gemäß §
349 Abs.
2 und 4, §
357 Satz
1 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revisionen der Angeklagten

M.

, [X.]

und S.

wird das Urteil des [X.] vom
9.
März 2015
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass
aa)
der Angeklagte S.

im Fall
II.
27 der Urteils-
gründe der gewerbsmäßigen Hehlerei schuldig ist,
bb)
die Angeklagten S.

, [X.]

und K.

in den Fällen
II.
30 und II.
31 der Urteilsgründe eines
schweren Bandendiebstahls schuldig sind; die im Fall
II.
30 der Urteilsgründe jeweils verhängte [X.] entfällt,
b)
aufgehoben
aa) mit den Feststellungen im Fall
II.
14 der Urteilsgründe,
bb) im gesamten Strafausspruch betreffend den Angeklag-ten S.

,
cc) mit den Feststellungen im Ausspruch über die Ein-ziehung der bei den Angeklagten

M.

,
[X.]

, S.

und K.

sichergestell-
ten Gegenstände mit Ausnahme des Abschleppfahr--
3
-
zeugs und des PKW [X.] des Angeklagten
S.

.
2.
Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten

M.

, [X.]

und S.

werden verworfen.
3.
Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten

M.

, [X.]

und
S.

, an eine andere [X.] des [X.] zu-
rückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: den Angeklag-ten S.

wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen, wegen Dieb-
stahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in 19
Fällen, wegen Diebstahls in sechs Fällen und wegen Beihilfe zum Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht
Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten

M.

wegen Dieb-
stahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in zwölf Fällen sowie wegen versuchter Hehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren, den Angeklagten [X.]

wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen, wegen Diebstahls
oder gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen und wegen Diebstahls in drei Fäl-len zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten und den nicht revidierenden Angeklagten K.

wegen schweren Bandendieb-
stahls in fünf Fällen und wegen
Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1
-
4
-
fünf Jahren und sechs Monaten. Im Übrigen wurden die Angeklagten [X.]. Das [X.] hat ferner eine [X.] getroffen.
Die Angeklagten

M.

, [X.]

und S.

wenden sich
mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts gegen ihre Verurteilung. Der Angeklagte [X.]

hat darüber hinaus eine Verfahrensrüge erhoben. Die
Rechtsmittel führen auch hinsichtlich des nicht revidierenden Angeklagten
K.

in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zur Än-
derung des Schuldspruchs und Aufhebung des Urteils; im Übrigen sind sie un-begründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Im Fall
II.
14 der Urteilsgründe wird die Feststellung, der Angeklagte

S.

sei zusammen mit mindestens zwei unbekannten Mittätern durch
Aufhebeln des Zufahrtstores und Aufbrechen eines Fensters in die Büroräume einer Firma in L.

eingedrungen und habe mit den dort vorgefundenen Fahr-
zeugschlüsseln insgesamt drei hochwertige Fahrzeuge entwendet, von den Ausführungen in der Beweiswürdigung nicht getragen. Der Angeklagte hat zu dem Tatvorwurf geschwiegen. Ihre Überzeugung von der Täterschaft des An-ng der molekulargenetischen Tatortspuren. An einem der in dem Bürogebäude in
L.

von den [X.] zurückgelassenen Werkzeuge konnte ein DNA-Iden-
tifizierungsmuster des Angeklagten gesichert werden. Weiter hat die [X.] berücksichtigt, dass die Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe des Wohnortes des Angeklagten S.

entwendet wurden und eines der Fahrzeuge in
E.

in der Nähe seines Betriebsgeländes sichergestellt wurde. Nähere Aus-
führungen zu den ausweislich der Urteilsgründe verlesenen [X.] enthält das Urteil nicht.
2
3
-
5
-
Dies genügt den Anforderungen an eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdi-gung nicht. Denn das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das [X.] kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfah-rungssätzen des täglichen Lebens und
den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind. Für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekular-genetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberech-nung ist danach erforderlich, dass der Tatrichter mitteilt, wie viele Systeme
untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den unter-suchten Systemen ergeben haben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die festge-stellte Merkmalskombination zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, inwieweit dieser Umstand bei der Auswahl der Ver-gleichspopulation von Bedeutung war (vgl. [X.], Urteile vom 5.
Juni 2014

4
StR
439/13, NJW 2014, 2454; vom 21.
März 2013

3
StR
247/12, [X.]St 58, 212, 217; Beschlüsse vom 25.
Februar 2015

4
StR
39/15 und vom
22.
Oktober 2014

1
StR
364/14, [X.], 87, 88).
Da das Urteil hierzu keinerlei Ausführungen enthält, hat es im Fall
II.
14 der Urteilsgründe keinen Bestand. In den Fällen
II.
23, II.
26 und II.
32 schließt der [X.] angesichts der weiteren gewichtigen Indizien für die Täterschaft des Angeklagten aus, dass die Beweiswürdigung auf dem Rechtsfehler beruht.
2.
Der Schuldspruch im Fall
II.
27 der Urteilsgründe war dahin zu ändern, dass der Angeklagte S.

der gewerbsmäßigen Hehlerei schuldig ist.

4
5
6
-
6
-
a)
Das [X.] hat sich in diesem Fall rechtsfehlerfrei davon über-zeugt, dass der Angeklagte S.

am 11.
September 2013 auf seinem Be-
triebsgelände einen zuvor von unbekannten [X.] in den Niederlanden ent-wendeten LKW [X.] entgegengenommen und anschließend demontiert hat, um die Fahrzeugteile gewinnbringend zu verkaufen. Eine [X.] des Angeklagten an dem Diebstahl vermochte die [X.] weder festzustellen noch auszuschließen.
b)
Bei einer derartigen Fallgestaltung der Nichterweislichkeit der [X.] bei der Vortat und der zweifelsfreien Feststellung einer Hehlerei-der Hehlerei im Wege der Postpendenzfeststellung möglich und geboten (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
Februar 2011

4
StR
651/10, [X.], 510 mwN).
3.
In den Fällen
II.
30 und II.
31 ist das [X.] rechtsfehlerhaft von zwei selbständigen Verbrechen des schweren Bandendiebstahls ausgegangen. Nach den Feststellungen des [X.] fuhren die Angeklagten S.

,
[X.]

und K.

zusammen mit einem gesondert Verfolgten in der
Nacht vom 22. auf den 23.
September 2013 nach Le.

und brachen dort in
ein Schuhgeschäft ein. Sie entwendeten ca. 1.000
Paar Schuhe und weitere
Lederwaren im Händlereinkaufswert von über 80.000

II.
31 der Urteils-gründe). Da der Platz im Fahrzeug der Angeklagten zum Abtransport der Beute nicht ausreichte, stahlen sie kurzerhand einen [X.] zum Zeitwert von mindestens 4.000

(Fall
II.
30 der Urteilsgründe).
Die Annahme von zwei rechtlich selbständigen Taten hält rechtlicher [X.] nicht stand. Zwar enthalten die Feststellungen keine näheren Angaben zum (zeitlichen und örtlichen) Ablauf der Taten; es ist aber

wie zugunsten der 7
8
9
10
-
7
-
Angeklagten anzunehmen ist

jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass das Fahr-zeug noch während des [X.] aus dem Schuhgeschäft entwendet wurde und dass dies auf einem einheitlichen

gegebenenfalls wäh-rend der Tatausführung erweiterten

Willensentschluss beruhte. Die Tathand-lungen zu den Fällen
II.
30 und II.
31 sind vor diesem Hintergrund als [X.] und damit rechtlich als eine Tat anzusehen (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 27.
Juni 1996

4
StR
166/96; [X.], 493, 494).
Der [X.] schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weiter gehende Feststellungen getroffen werden könnten und ändert den Schuld-spruch entsprechend ab. Insoweit hätten sich die Angeklagten nach einem Hinweis ersichtlich nicht wirkungsvoller als bisher verteidigen können. Die [X.] ist gemäß §
357 Satz
1 StPO auf den nicht [X.] Mitangeklagten K.

zu erstrecken. Die für die Tat im Fall
II.
30
der Urteilsgründe gegen die Angeklagten S.

und K.

festgesetz-
ten Einzelstrafen von jeweils drei Jahren und drei Monaten und die gegen den Angeklagten [X.]

festgesetzte Einzelstrafe von drei Jahren und sechs
Monaten entfallen.
Die gegen die Angeklagten [X.]

und K.

verhängten Ge-
samtfreiheitsstrafen werden davon nicht berührt. Es kann ausgeschlossen wer-den, dass die Kammer niedrigere Gesamtfreiheitsstrafen verhängt hätte, wäre sie sich der tateinheitlichen Begehung in den Fällen
II.
30 und II.
31 bewusst gewesen.
4.
Der Strafausspruch gegen den Angeklagten S.

hat insgesamt
keinen Bestand. Die Einziehung der zur Tatbegehung gebrauchten Fahrzeuge 11
12
13
-
8
-
des Angeklagten S.

hat das [X.] rechtsfehlerfrei auf §
74 StGB
gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine [X.] dar [X.], StGB, 62.
Aufl., §
74 Rn.
2 mwN). Wird dem Täter auf diese Weise eine ihm gehörende Sache von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängen-den Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter [X.] Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. [X.], [X.] vom 16.
Februar 2012

3
StR
470/11, [X.], 169). Dies hat das [X.] nicht bedacht. Den Wert der Fahrzeuge hat es offen gelassen. Der [X.] kann deshalb nicht ausschließen, dass das [X.], hätte es die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von dem Angeklagten verwirkten [X.] und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte.
5.
Auch die [X.] hat überwiegend keinen Bestand. Sie hat

mit Ausnahme des näher konkretisierten Abschleppfahrzeugs und des näher konkretisierten PKW
[X.] des Angeklagten S.

keinen
vollstreckungsfähigen Inhalt, da die sichergestellten Mobiltelefone, Personal-computer und Laptops, Einbruchs-
und Manipulationswerkzeuge, [X.], Motorsteuerungsgeräte, Kennzeichen und Fahrzeugschlüssel, der [X.] GPS-Jammer

im [X.] nicht näher spezifiziert werden (vgl. [X.], Beschluss vom 7.
März 2006

3
StR
37/06 mwN). Auch den [X.] lässt sich nicht entnehmen, welche Gegenstände im Einzelnen von der Einziehung erfasst werden sollen.
Vielmehr ergibt sich aus ihnen, dass sicher-gestellte Gegenstände bereits wieder an die Angeklagten herausgegeben [X.], wiederum ohne dass diese näher bezeichnet werden. Die einzuziehenden Gegenstände sind in der Urteilsformel so konkret zu bezeichnen, dass für die 14
-
9
-
Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Ein-ziehung besteht.
Gemäß §
357 Satz
1 StPO war die teilweise Aufhebung der Einzie-hungsanordnung auf den nicht revidierenden Mitangeklagten K.

zu er-
strecken.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Cierniak

Mutzbauer
Quentin
15

Meta

4 StR 397/15

01.12.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.12.2015, Az. 4 StR 397/15 (REWIS RS 2015, 1523)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1523

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 18/16

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